Kolloidales Gold und Silber präparativ

Anorganische Chemie.

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PSE
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Kolloidales Gold und Silber präparativ

Beitrag von PSE »

Ich denke mal dass jeder von euch den Versuch "Goldpurpur" kennt bei dem kolloidales Gold durch die Reduktion von
Tetrachlorogold(III)säure mit Zinn(II)chlorid in starker Verdünnung erzeugt wird.

Jetzt habe ich folgendes Problem:
Ich brauche wägbare Mengen bzw. gleich eine verarbeitbare stabile Dispersion von Gold und/oder Silber um folgenden Effekt beim Herstellen
von Schmuck aus Borosilikatglas zu erzeugen:

Bild

Das Bild stammt aus diesem Forum:
http://www.lampworketc.com/forums/showt ... p?t=202974

In der Regel wird dabei Gold und Silber abwechselnd in die Sauerstoff/Erdgas-Flamme (2800°C) des Brenners gehalten und das dabei entstehende
Gas wieder weiter hinten in der Flamme auf einem Stück "kaltem" Boro kondensiert.
Wenn dieser Belag mit Boro wiederum umhüllt und weiter im Brenner bearbeitet wird, lässt sich der oben zu sehende Effekt erzielen.
Über das Verhältnis von Gold und Silber und die entsprechende Schichtdicke lässt sich die gesamte Farbpalette abbilden.

Da ich momentan keinen Arbeitsplatz mit Absaugung besitze, als auch das Verfahren an sich durch den Zeitbedarf und das dafür nötige Trainig
für unpraktikabel halte, würde ich gerne mit entsprechenden Beizen arbeiten.
In den USA, mit seinem großen Markt für extravagante Wasserpfeifen aus Boro, wird dabei gerne mit diesen gearbeitet.
Leider sind die Beizen teuer und ich sehe nicht ein, da ich die Rohstoffe verfügbar habe, dafür Geld auszugeben.

Jetzt ist meine Frage ob sich die entsprechenden Kolloide auch durch die Reaktion von konzentrierten Lösungen erzeugen
und sich ohne zu agglomerieren in ein geeignetes Medium (wohl Terpentin o.Ä.) übertragen lässt.
Dass ich dabei erstmal, ohne konkrete Informationen zu haben, einen Bogen drum machen möchte, versteht sich sicher von selbst...

Oder lassen sich die Dispersionen durch das Nassaufmahlen der Metalle in einer geeigneten Kolloidmühle erzeugen?
Dafür hätte ich einen Attritor mit 1mm Siliciumcarbid bzw. ZrO2 / Y2O3 - Keramik zur Verfügung.
Ich weiß aber dass Metallpulver bei der Trockenmahlung zum Verschmieden neigen und es dabei eine, von der Mahldauer unabhängige,
Untergrenze für die Partikelgröße gibt.

Zum Schluss noch eine Frage @Glaskocher:
Lassen sich die folgenden Glasuren dafür bereits nutzen?:
https://welte-glasuren.com/produkt/glanz-gold-12/
https://www.keramik-kraft.com/de/Farben ... -800C.html
(Falls ja, bitte nicht mit dem Argument verhauen dass ich die Metalle nur in µg-Mengen brauche und sie gefälligst kaufen soll - ich wills ja selber machen)


Gruß
PSE
"Bei seinen Experimenten mit der gefährlichen Verbindung kam es zu einer Explosion, bei der Dulong drei Finger verlor, was ihn dazu anregte, den Stoff weiter zu untersuchen."
Glaskocher
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Beitrag von Glaskocher »

Mit den genannten Edelmetallpräparaten trägt man für gewöhnlich zu viel Material auf und bekommt eine metallisch glänzende Schicht. Wenn man das Goldpräparat sehr weit verdünnt, dann könnte es den gewünschten rosa Hauch ergeben. Es ist allerdings eine Menge an Experimenten nötig, um diesen Effekt zuverlässig reproduzieren zu können. Auch beim Verarbeiten dieser Präparate kommt man recht schnell zu Werkstück-Temperaturen, bei denen das Gold (Silber) wieder abdunstet.

Diese Präparate basieren auf mit Schwefel moifizierten Harzsäuren, die dann mit Goldchlorid reagieren gelassen werden. Das Gold ist hier zwischen den an die Harzsäuren gebundenen Schwefelatome komplexiert. Man kann das Metall auf mechanischem Weg nie so fein mahlen, daß Cluster von einigen ..zig Atomen entstehen. Du sagst ganz richtig, daß die Partikel vorher wieder miteinander verschmieren und agglomerieren. Im Link unten wird das Ganze für den metallischen Auftrag auf glasierte Keramik gut beschrieben.
https://www.keramikbedarf.ch/michel/kat ... True#G-GP2

Solche Effekte, wie in der abgebildeten Implosionsmurmel, lassen sich eventuell noch durch den Auftrag von silberhaltigen Effektgläsern erzeugen. Das Pink aus dem Golddampf ist allerdings nur mit Golddampf zu machen. Das Problem dabei ist, daß Goldcluster in Nanogröße giftig sind und Silber sich unter der Haut anreichert. Die Argyrie genannte Deponierung von Silber in der Unterhaut ist zwar nicht gefährlich, bleibt aber als permanenter Grauschleier drin.

Wenn man einmal den "Dreh" heraus hat, dann ist das Bedampfen (engl. Fuming) relativ einfach. Für Silber reguliert man das etwas verkleinerte Spitzlicht auf leicht reduzierend ein und hält den Trägerstab mit dem Silbertropfen knapp hinter die "Kerzchen" vor der Düsenplatte. Bei Gold nimmt man das etwas verkleinerte Spitzlicht mit neutraler bis leicht oxidierrender Flamme und hält die Metallperle ebenfalls knapp hinter die "Kerzchen". Das Werkstück zum "Auffangen" des Metalldampfes soll ungefähr am oberen Kühlpunkt oder knapp wärmer sein und wird bei ungefähr 2/3 der Flammlänge (gelbes Natriumlicht) gehalten. Ungefähr so mach(t)en es John Olson und andere Glaskünstler. Eine wesentlich größere Flamme ist nicht nötig und bläst den Metalldampf am Werkstück vorbei.

Schau mal im Perlenwiki, ob Du dort eine Idee zu einer sinnvollen Absauganlage für Dich findest. Die Datenbank befindet sich momentan im "Nurlesemodus" und soll irgendwann beim Verein Glasperlenspektrum e.V. angesiedelt (und wiederbelebt) werden. Als letzter aktiv gewesener Schreiber warte ich schon darauf, das Projekt ergänzen zu können.
http://glasperlenwiki.de/wiki2016.perle ... seite.html



Silberbeize, zum Aufmalen von braunen Eichstrichen, Skalen und allgemeinem Lichtschutz, funktioniert etwas anders. Man nimmt eine Mischung aus Kaolinton, Bariumsulfat und etwas Silbernitrat (+ weitere Zusätze), schlämmt sie in Wasser an und pinselt sie auf das Werkstück. Beim Tempern sorgt man für eine leicht reduzierende Ofenatmosphäre (einige Grillkohlen...) und hält etwas länger als gewöhnlich. Das Silber diffundiert ins Glas und das Sulfat wird zu Sulfid reduziert. Im Glas bildet sich kolloidales Silbersulfid, das für die gelbbraune Farbe sorgt. Die Farbe ist auch deutlich von dem Basisglas abhängig.

Solche gebeizten Silberschichten können auf Borosilikat ähnlich reagieren, wie aufgedampftes Silber. Allerdings dunstet das so aufgetragene Silber beim nachträglichen Schmelzen auch wieder in der Gegend herum und kann bei Reparaturen Ärger mit der Haltbarkeit machen. Die Oberflächen werden dann beige und bekommen zum Teil den begehten Lüster oder dieses neblige bläuliche Schimmern.
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Beitrag von PSE »

Die Silberbeize(Braunbeize) habe ich bisher noch nicht verarbeitet, konnte aber entsprechende dem Fuming nahekommende
Effekte beim Verwenden von braunem transparentem Boro beobachten das ich vor ein Paar Wochen mal verarbeitet habe.

Es gibt doch auch Rotbeize die beim Durchscheinen dem Goldrubin sehr ähnlich ist.
(Für Leute die nicht vom Fach sind: Goldrubinglas bekommt seine Farbe durch, in Spuren enthaltenes, kolloidal vorliegendes Gold)
Falls diese auch welches enthält, ließe sie sich nach dem gleichen Verfahren verarbeiten bzw. gibt es Golrubinboro das sich ähnlich
verhält wie das braune Boro?

Dass man beim Fuming, solange man noch keinen Überfang aufgetragen hat, vorsichtig mit den Metallschichten sein muss ist mir
auch schon aufgefallen.
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Beitrag von Glaskocher »

Die angesprochene Rotbeize basiert wahrscheinlich auf Kupfer, das ins Glas diffundiert und dort als Kupfer(I)oxid eingelagert wird. Dieses Rot ist etwas gelb- und braunstichiger als das Magenta vom Goldrubin.

Diese rot gebeizten Gläser müßten sich deutlich anders verhalten, als mit Gold Bedampfte oder braun Gebeizte. Es sind schließlich drei unterschiedliche Metalle im Spiel. Die Verwandschaft von Kupfer und Silber (beides Münzmetalle) ist im Diffusionsverhalten zu erkennen. Kupfer ist wesentlich unedler und läßt sich vermutlich in der Flamme leichter zum (blass) türkisen Kupfer(II)-Ion oxidieren. Die Silberfärbung wird vermutlich eher ins Metall thermolysiert, was dann den Beige-Ton ausmacht, wenn man das Glas erneut erhitzt.
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Beitrag von PSE »

Hmm hört sich dann doch komplexer an als ich gedacht habe.
Da ich bisher keine Quelle, selbst für die unbehandelten Harzsäuren/Tallöl, auftun konnte,
werde ich mir wohl mal die fertigen Päparate zulegen.
Mit µl-Spritze und geeigneter Verdünnungsstrategie ließe sich sicherlich ein praktikabeles Verfahren entwickeln...
Nur steht hier noch kein Muffelofen auf dem Balkon - es wird also noch etwas dauern bis ich hier meine
Ergebnisse dokumentieren kann.

Haus du zufällig einen Händler für kleine Gebinde der Beizen zur Hand?

Gehört vllt. nicht ganz zum Thema, aber kannst du mir zufällig sagen wie das bei dem Keramikbedarf angebotene
"Glanzplatin" funktioniert? Weil es kann sich dabei nicht um das reine Metall handeln, selbst wenn man mit einbezieht
dass Sintern unterhalb vom Schmelzpunkt stattfindet...
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Beitrag von Glaskocher »

Das "Glanzplatin" funktioniert ähnlich wie die Goldpräparate. Da das Platin durch Komplexierung im Präparat nahezu atomar verteilt ist können sich diese Atome zu einem mikrokristallinen Film zusammenfügen. Die Diffusion auf der Oberfläche macht es möglich.
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Beitrag von PSE »

Huch - ich stelle immerwieder fest, dass es Prozesse zwischen Himmel und Erde gibt von denen ich nie gedacht hätte dass sie stattfinden... :roll:

Ließe sich diese Platinschicht mit einem Überfang AR-Glas oder Boro versehen, ohne dabei durch die Diffusion zu dispergieren`?
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Beitrag von Glaskocher »

Test beweist... Ich vermute, daß die Schicht zu kleinen Flitterchen zerbröselt, wenn man sie vorsichtig genug überfangen hat. Allerdings kann sie auch zu einem unscheinbaren grauen Etwas werden, wenn man sie über den Schmelzpunkt erhitzt. Bei Goldfluß und Blattmetallen kenne ich es, daß dann der Glanz nahezu weg ist, wenn man über den Schmelzpunkt (va. 1000°C) erhitzt.
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Beitrag von BJ68 »

Mal ne Frage an Euch beide.....


Bin wegen meiner Photosachen u.a. die Chemigramme https://illumina-chemie.org/chemigrams-a ... html#77346 schwer am überlegen, mit einen Raum anzumieten um dort ein (Photo)-Labor/Werkstatt einzurichten.....um der Größenbeschränkung bei mir im Bad zu entgehen....plus dass auch noch so einige andere Sachen https://illumina-chemie.org/glass-etching-t4577.html im Bad einfach nicht so gut kommen ;-)

Wenn ich Eure Ideen so lese könnte ich mir vorstellen, dass Ihr da ähnliche Einschränkungen habt...daher die Frage besteht da u.U. Interesse in der Richtung was zu machen?


Btw. die Bücher stehen auch bei mir rum:
-Patina: 300+ Coloration Effects for Jewelers & Metalsmiths
https://www.penguinrandomhouse.com/book ... w-runfola/

-The Colouring, Bronzing and Patination of Metals: A Manual for Fine Metalworkers, Sculptors and Designers


da juckt es mich in den Fingern Sachen auszuprobieren auch, wenn die dort verwendete Chemikalienliste Behörden-Menschen Schnapp-Atmung verpassen dürfte.....


bj68



Edit: Bei mir in BY steht eine Bedampfungseinheit für Kohlenstoff, die in der EM eingesetzt wurde herum....habe das Teil vor Jahren mal von der Uni hier erworben...könnte man die u.U. auf Metall-Verdampfen umrüsten? Wenn ja dann stünde das https://en.wikipedia.org/wiki/Metal-coated_crystal zum ausprobieren offen.....
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Beitrag von PSE »

@BJ68

Also wenn das Gerät bereits für Kohlenstoff ausgelegt ist und alles andere sicher bereitwilliger bei dem angelegten Strom unter Vakuum
in die Gasphase übergeht, wüsste ich nichts was dagegen Spricht.
Habe aber keine Ahnung ob es bei der Verwendung von Metallen gesonderte Vorgehensweisen (Spülgase, Qualität des Vakuums...) gibt.
(Ich hab schon das Vergnügen gehabt Probem fürs REM mit Kohlenstoff zu beschichten)


btw.
Ich hab dir mal auf dem Threat zum Glas-Ätzen geantwortet.
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