Salocin_Lemalf

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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Und was ist mit Galilei (um 1610)? Experimentelle Ermittlung des Zeit-Geschwindigkeitsgesetzes! Oder mit Newton (um 1690)? Der hat auch was wichtiges entdeckt und mathematisch gefasst. Ich verrate aber nicht was ... :dita:

Die Aufklärung ist sicher ein wichtiger Meilenstein in der europäischen Kulturgeschichte - der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Aber die moderne Naurwissenschaft begann 200 Jahre früher. Und Zivilisationen gibt es seit der Steinzeit. :wink:
"Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden. Aber nicht einfacher." (A. Einstein 1871 - 1955)

"Wer nur Chemie versteht, versteht auch die nicht recht!" (G.C. Lichtenberg, 1742 - 1799)

"Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung der Leute, die die Welt nie gesehen haben." (Alexander v. Humboldt, 1769 - 1859)
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

War klar dass diese etwas provokante Ansage Widerspruch erregt :angel:

Und natürlich kann/muss man es differenzierter sehen. Selbstverständlich gab es auch in der Antike bereits herausragende Leistungen in Wissenschaft und Technik. Allerdings - wo und in welcher Frequenz und unter welchen Rahmenbedingungen?

Fakt ist, dass im Nahen und Fernen Osten bereits Mathematik und Astronomie auf hohem Niveau betrieben wurde während wir in Mitteleuropa noch bloßfüßig im Kuhdung herumstapften und vor allem mit Beten oder Köpfe einschlagen (teils abwechselnd, teils gleichzeitig) beschäftigt waren. Fakt ist auch, dass es früher eher vereinzelte Jahrhundert-Erscheinungen und isolierte Exponenten waren, die teils für ihre Arbeit sogar schwerstens angefeindet wurden - just der zitierte Galiei wurde dafür prominent von der Inquisition gepiesackt... eine akzeptierte Kultur der Wissenschaft und Vernunft gab es aber definitiv nicht - darauf gründet mein Infragestellen ob man das schon als "Zivilisation" bezeichnen dürfe. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, sagt man. Hätte das 20. Jahrhundert gerade mal 2 oder 3 Köpfe wie Einstein (um einen zu nennen...), ich würde immer noch in Frage stellen ob das schon "Zivilisation" wäre. Fotos wie dieses sind es, die ich als prägend für unser Zeitalter empfinde und die mich emotional sehr ansprechen - da wäre ich wirklich gerne dabei gwesen:

Bild

Vergleichbares gab es zB auch in der Mathematik, geprägt von Hilbert als führendem Kopf - https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der ... 900,_Paris

Der gesellschaftliche Umbruch und kulturelle Wandel auf breiterer Basis der all das erst ermöglichte begann (in unseren Breiten) nun mal erst mit der Aufklärung, das ist schon so (gut, das Hobby mit dem Köpfe ein- und abschlagen das brauchte noch ein wenig bis wir uns das mal einigermaßen abgewöhnt haben...).

Was die Chemie im speziellen betrifft würde ich auch sehr differenzieren - dass man auch früher zufällig mal Elemente entdeckte (ohne es zu wissen) und Metalle schon in der Antike erschmelzen konnte, dass man zwischen unzähligen haarsträubenden Hokuspokus-Ansätzen auch mal ein wirksames Medikament fand, das würde ich eher in der Kategorie "ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn" sehen. Was Alchimisten damals trieben hatte mit Wissenschaft so viel zu tun wie heute die Esoterik. Dogmen und Glaube statt Fakten als Basis, Geschäft statt Erkenntnis als Treiber - eine unheilvolle Verbindung. Einen Grundstock sehe ich darin allenfalls insofern, als es für die Chemiker späterer Zeit (die sich dann schon so nenen dürfen :)) eine schöne Beschäftigung war das aufzuarbeiten und erklären zu können.

Wohl gemerkt - es geht dabei nicht um die (absolute) Richtigkeit der Modelle dieser Zeit, denn sonst hätte man selbst um 1900 mit dem damaligen Atommodell noch so seine große Not. Und mir ist auch klar dass man recht wahrscheinlich in 100 oder 300 Jahren milde lächelnd auf unser derzeitiges Erkenntnis-Niveau blicken wird. Nicht die einzelnen Erkenntnisse Lavoisiers machen ihn zum Begründer der heutigen Chenmie, sondern die Systematik (die wohl erstmalig diesen Namen verdiente) die er in die wissenschaftliche Arbeit eingebracht hatte. Das ganze war so nur möglich weil es einen großen Umbruch gab, weil Klerus und Absolutismus auf einmal auf breiter Basis in Frage gestellt wurden, ich würde generell sagen: weil auf einmal Fragen gestellt werden durften! Und so finde ich es angemessen, meine Zeitrechnung erst in etwa mit der Epoche seines Wirkens beginnen zu lassen und alle vor ihm (Ausnahmen die ihr sicher herbeizitieren werdet bestätigen wohl die Regel... :mrgreen:) ins Reich der Alchimisten zu verbannen.
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bahmtec
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Beitrag von bahmtec »

Fotos wie dieses sind es, die ich als prägend für unser Zeitalter empfinde und die mich emotional sehr ansprechen - da wäre ich wirklich gerne dabei gwesen:
Dito! War dort vor kurzem, leider knapp 100Jahre zu spät. Ausserdem wollte ich immer wissen wie der blick richtung Kamera ausgesehen haben müsste. ;)

Voila:
Bild
Bild
-konnt ich mir grad nicht verkneifen-

Willkommen Salocin Lemalf!

Ich bin zur zeit hier inaktiv, da ich mich sehr mit Mineraliensammeln beschäftige, lese aber doch noch mit.
Grüsse an alle!
Hopfen und Malz-Gott erhalt´s
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Feli
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Beitrag von Feli »

-
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Lithiumoxalat
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Beitrag von Lithiumoxalat »

Willkommen im Forum!

@Bahmtec: Was für Mineralien (und in welchen Regionen) sammelst Du? Mich interessiert dieses Gebiet auch sehr, ich war auch schon öfters im Tessin und im Wallis (Binntal...) unterwegs...
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

bahmtec hat geschrieben:Dito! War dort vor kurzem, leider knapp 100Jahre zu spät. Ausserdem wollte ich immer wissen wie der blick richtung Kamera ausgesehen haben müsste. ;)
Künstlerisch interessante Fotos! Verrätst du noch, welches Gebäude darauf zu sehen ist?
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CD-ROM-LAUFWERK
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Beitrag von CD-ROM-LAUFWERK »

Ich kann leider keinen Link einfügen, weil die Forensoftware irgendwie Probleme hat. Jedenfalls hier die Kooridinaten der Kamera: 50°50'22.5"N 4°22'43.2"E
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Ja - und was ist das jetzt für ein Ort?
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Pok
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Beitrag von Pok »

Wenn man die Koordinaten bei google eingibt, sieht man wo das Foto aufgenommen wurde: in Brüssel zwischen dem
Haus der Europäischen Geschichte und der Sekundarschule Lycée Emile Jacqmain (Hintergrund des Fotos von 1927).
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

Und weil auf dem Bild auch ein paar weniger bekannte Namen sind - hier gibt's eine nette Kurzbeschreibung:
https://www.astropage.eu/2011/06/13/wis ... -von-1927/
Salocin_Lemalf
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Beitrag von Salocin_Lemalf »

Ganz nebenbei - ich fühle mich aufgenommen.
:lol:

Danke für eure sehr interessanten Beiträge,
und ich meine das wirklich ernst!!!
Bin schon sehr gespannt auf die anderen Themen.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Salocin_Lemalf hat geschrieben:Ganz nebenbei - ich fühle mich aufgenommen. :lol:
Das darfst du wirklich! Du hast eine interessante Konversation initiiert. :D

Um nochmal Stellung zu dem Thema Geschichte zu beziehen:

@mgritsch: Ich teile deine Faszination für die Zeit der großen Entdeckungen in der Atomphysik/Quantenmechanik durchaus und die Diskussionen die sich damals ergaben finde ich heute noch spannend.

Mich interessieren in der Wissenschaftsgeschichte immer besonders diese Momente von Paradigmenwechsel: was bringt einen Wissenschaftler, oder ein Gruppe, dazu, plötzlich neue Konzepte zu entwickeln? Konzepte, die dann eine ganze Lawine neuer Entdeckungen lostreten. Alfred Werner und die Koordinationstheorie ist ja mein Lieblingsbeispiel. Die Quantentheorie ist ein anderes.
Unter diesem Aspekt muss man sagen, daß Galileo und Newton lange vor der Aufklärung absolut bahnbrechend waren. Ersterer hat quasi die moderne experimentelle Physik begründet und letzterer die mathematische Formulierung von Naturgesetzen. Ich frage mich, ob das nicht als geistige Grundlage für die Aufklärung entscheidend war. U.a. hat Kant auch eine kosmogenetische Theorie (zur Entstehung des Sonnensystems) ausfgetellt und die Frage, die seine Kritik der reinen Vernunft beflügelt hat, war die: wie es denn möglich ist, dass wir die Welt wissenschaftlich überhaupt beschreiben können. Insofern könnte man die Aufklärung nicht als Grundlage sondern als Folge der modernen Naturwissenschaft ansehen. Die Wahrheit leigt wohl wie immer irgendwo dazwischen.

Dazu empfehle ich übrigens ein sehr spannendes und von berufener Hand geschriebenes Buch: Steven Weinberg: to explain the World. Fängt bei den Griechen an und endet mit Newton. besonders schön finde ich immer weider die Vergeliche zwischen der Denkweise zu bestimmten hsitorischen Zeiten und der neuzeitlichen Methodik. Ihm zufolge gibt es in der Wissenschaftsgeschichte nur eine handvoll Figuren, die einen weit überragenden Einfluss auf die Entwicklung der Physik hatten: Galileo, Newton und Einstein. Und irgendwo sagt er über Galileo und Newton: "when I read them, I feel at home".
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