Die Weißgerberei ( Alaungerberei ) eines Kaninchenfells und eines Mäusefells

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immi07
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Die Weißgerberei ( Alaungerberei ) eines Kaninchenfells und eines Mäusefells

Beitrag von immi07 »

Warum man lieber ein Kaninchenfell gerben sollte, als ein Mäusefell
"Papa, können wir ein ganz kleines Fell machen."


Das Zweitschwierigste am Gerben eines Mäusefells ist es, eine gesunde tote Maus aufzutreiben. Eine gesunde Maus kann nur aus einer Zucht kommen.

Bei wilden Mäusen besteht in jedem Fall ein Infektionsrisiko. Wie groß es ist, ist schwer abzuschätzen und sicher auch von einer Mäusepopulation zur anderen ungleich verteilt. Wirklich gefährliche Erkrankungen (Leptospirose, Tularämie, Hantaviren) dürften selten sein, aber man kann es halt nicht wissen, ob das Tier, das man vor sich hat, gesund ist. Toxoplasmose ist häufig und für immungesunde Menschen harmlos. Nur eine schwangere Frau, die noch keinen Kontakt mit dem Erreger hatte, darf sich nicht infizieren, weil das zu schweren Schädigungen des Kindes führen kann.

Das Schwierigste am Gerben eines Mäusefells ist seine sehr geringe Dicke. Kaninchenfelle sind wesentlich stabiler und dadurch leichter zu handhaben.

Der Gerbvorgang ist geruchlos. (bis auf etwas Essiggeruch zu Anfang) Geruchsbelästigung tritt auf, wenn die Mikroorganismen die Haut zersetzen. Dann ist irgendwas schief gegangen. Dann sollte man abbrechen und entsorgen.


Geräte:

(für das Mäusefell)
Kunststoffschale, sauberes Schraubglas mit Deckel (min. 650 ml), Messbecher, Nagelschere, Pinzetten, Taschenmesser mit kleiner Klinge, Küchenwaage 1g Genauigkeit, Rührstab aus Kunststoff oder Glas, alte Zahnbürste, kleiner Pinsel, kleines Glas, Teelöffel, Schnapsglas oder sehr kleine Schüssel

(für das Kaninchenfell)
große Schüssel, min. 5l, Rührlöffel, Messbecher 1l, Haushaltsschere, Küchenwaage 10g Genauigkeit, kleines Küchenmesser


Chemikalien:

Aluminiumkaliumsulfat-Dodecahydrat (Alaun aus der Kristallzucht) oder Aluminiumsulfat Warnhinweis: c (Poolflockungsmittel),
Essigessenz (25%), Warnhinweis: c
Natriumchlorid (Kochsalz)
Wasser
eventuell
Eigelb und Mehl
Leinöl oder Sonnenblumenöl


Sicherheitshinweis:

Alle im folgenden erklärten Arbeiten dürfen nur an einer Maus oder einem Kaninchen aus Zucht durchgeführt werden.
Alle Arbeitsschritte können von den Kindern unter Aufsicht selbst durchgeführt werden.
Die Warnhinweise (Symbole, H- und P-Sätze) auf den Verpackungen der verwendeten Chemikalien sind unbedingt zu beachten.
Ein Gesichtsschild schützt nicht nur die Augen sondern auch Mund und Nase vor Spritzern.

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P1160425.JPG (50.16 KiB) 5123 mal betrachtet
Für Kinder ist die Tischplatte viel mehr "auf Augenhöhe", als für die Eltern. Eine Schutzbrille oder ein Gesichtsschild sind deshalb zwingend notwendig.
Sollte das Aluminiumsulfat als Poolflockungsmittel in Tablettenform vorliegen, dann muss die Zerkleinerung im Freien mit Mund-Nase-Schutz erfolgen. Der Staub ist ätzend. Deshalb muß auch die Endreinigung mit Ausbürsten, Ausblasen und Absaugen im Freien mit Mund-Nase-Schutz erfolgen.
Alle Tätigkeiten sollen mit Handschuhen erfolgen.
Alle Arbeitsflächen und Geräte müssen nach Benutzung gründlich gereinigt und desinfiziert werden.

Bei Häuten von Wildschwein, Reh und Rotwild ist mit Zecken auf der Suche nach einem neuen Wirt zu rechnen.


Durchführung:

Als Umgebungstemperatur wird Zimmertemperatur erwartet.

Wenn man die Rohhaut nicht sofort verarbeiten kann, muss man sie vorübergehend konservieren, am besten einfrieren und kann sie nach dem Auftauen wie eine frische Haut behandeln. Auch die Lagerung im Pickel (Rezept siehe weiter unten – aber mit halber Säuremenge) oder mit Kochsalz abwechselnd lagenweise in einen Behälter eingeschichtet ist möglich. An störungsanfälligsten ist die Trocknung weil sie die meiste Zeit braucht. Dazu muss das Fell an einem warmen, schattigen und luftigen Ort auf einer Unterlage ca. einen Zentimeter hoch mit Kochsalz bestreut werden. Wenn das Salz etwas Wasser aus der Haut gezogen hat und nicht mehr rieselt, wird die Unterlage soweit wie möglich schräg gestellt. Das Salzwasser kann ablaufen. Dieser Vorgang wird so oft wiederholt, bis die Haut trocken ist. Zur Weiterverarbeitung müsste dann das Salz durch einstündiges Einweichen aus der Haut entfernt und die Rohhaut wieder auf den ursprünglichen, natürlichen Wassergehalt gebracht werden. Beim Mäusefell sollte es maximal eine halbe Stunde dauern.
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Die gefrorene Haut wird vorsichtig im Wasserbad aufgetaut. Wenn man zu sehr mechanisch nach hilft können Haarbüschel ausgerissen werden. Immer wenn hier im Wasser gearbeitet wird, soll dieses maximal handwarm sein.
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An der Haut befinden sich noch Fleischreste und die Unterhaut.
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Hier ist schön die Lederhaut unter der Unterhaut zu sehen. Das Entfernen von Unterhaut und Fleischresten nennt man Entfleischen. Dazu wird die Hautseite mit Kochsalz bestreut, um die Unterhaut etwas zu entwässern. Das Salz bleibt für 20 - 30 Minuten auf der Haut. Das hier verwendete grobe Salz ist eigentlich ungeeignet. Wenn es bei der Arbeit zwischen Unterlage und Haut gelangt wird die Fellseite unnötig mechanisch beansprucht. Es können Haare gelockert werden, die im weiteren Prozess ausfallen können.
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Die Unterhaut lässt sich dann leichter mit der Rückseite eines Messers abschaben. Das ist anstrengend, deshalb ist hier erwachsene Unterstützung sinnvoll.
Wenn man mehrere Felle hat, könnte man nach dem Entfleischen ungespült einfrieren und 3 Felle gemeinsam in einem 5 l Ansatz weiter verarbeiten.
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Die entfleischte Haut wird anschließend kurz unter fließendem Wasser gespült.
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Der Abfall vom Entfleischen beginnt ganz schnell zu stinken. Er wird in ein Schraubglas gefüllt und vorsichtig in den Müll gegeben.
Für die Haut folgt ein halbstündiges Wasserbad, dem einige Tropfen Spülmittel zugesetzt werden können. Dabei wird das Kochsalz sowie Blut und Schmutz ausgewaschen. Es muss viel umgerührt werden. Gegebenen falls muß das Wasser mehrfach gewechselt werden bis es klar ist.
Für das folgende Säurebad (Pickel) lösen wir 300 g Kochsalz in 5 Litern Wasser auf und geben 320 g Essigessenz dazu. Die Haut verbleibt für mindestens 8 Stunden bei halbstündlichem Rühren im Pickel.
Im Anschluss wird die Haut für eine viertel Stunde unter Rühren gewässert und nach einem Wasserwechsel noch einmal für eine viertel Stunde unter Rühren gewässert.
Die Gerbflotte wird aus 5 Litern Wasser, 260 g Aluminiumsulfat (alternativ 300g Kalialaun) und 125 g Kochsalz hergestellt. Unter halbstündlichem Rühren verbleibt die Haut ca. 24 Stunden in der Lösung.
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Das Flockungsmittel macht seinem Namen alle Ehre. Herum schwimmende Haare sind normal und kein Grund zur Panik solange sie nicht bei leichtester Berührung büschelweise ausfallen.
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Am Ende wird die Fellseite kurz unter fließendem Wasser gespült und das Fell zum Abtropfen aufgehangen. Das Abspülen ist wichtig, um möglichst viel Aluminiumsulfat von den Haaren zu entfernen. Beim Trocknen kristallisiert es in staubfeinen Kristallen an den Haaren und muß dann mühsam mit Druckluft unter Benutzung eines Mund-Nase-Schutzes entfernt werden.
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In der Gerbflotte können noch mindestens 5 Felle behandelt werden. Die Gerbflotte ist nicht unbegrenzt haltbar. Bei Zimmertemperatur beginnt sie nach 6 Wochen zu schimmeln.

Das Trocknen kann je nach Temperatur und Luftbewegung mehrere Tage dauern. Kaninchen muß man nicht spannen. Man hängt sie einfach mit Klammern auf die Wäscheleine und dehnt täglich vorsichtig. Direkte Sonneneinstrahlung ist zu vermeiden. Entstandene Risse lassen sich am mäßig feuchten Leder recht einfach nähen.
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Wenn die Haut trocken und die Fleischseite schmutzig grau ist, dann haben wir alles richtig gemacht. Das Fell wird jetzt mit der Fleischseite vorsichtig kräftig über eine Stuhllehne oder eine Tischkante gezogen und wird dabei weiß.
Links das fertige Fell, die dunklen Stellen sind noch nicht ganz trocken und werden beim späteren Ziehen auch weiß. Rechts unser erstes Fell nach folgendem, etwas verschiedenen Rezept.

Ansalzen, Entfleischen, danach mit Salz Trocknen (1 Woche und 1 cm Salzschicht),
Einweichen Entsalzen und Reinigung zuerst 45 min mit Spülmittel und nach Wasserwechsel 30 min jeweils unter Rühren
Pickel aus 5 l lauwarmem Wasser, 310 g Essigessenz 25% und 150 g Kochsalz (8 Stunden unter gelegentlichem Rühren)
Wässern (5 Stunden unter gelegentlichem Rühren)
Gerbflotte aus 5 l lauwarmem Wasser, 130 g Kalialaun oder Aluminiumsulfat und 50 g Kochsalz (5 Stunden unter gelegentlichem Rühren)
25 g Natron zugeben (Vorsicht Schaum) nach 15 Stunden unter gelegentlichem Rühren noch mal 25 g Natron zugeben (Vorsicht Schaum)
nach 5 Stunden unter gelegentlichem Rühren nicht Wässern, nur Abtropfen lassen, trocknen und ziehen, trocknen und ziehen
nach 2 Tagen Eigelb, Olivenöl (Sonnenblumenöl oder Leinöl sind zu bevorzugen) und Mehl, trocknen und ziehen, trocknen und ziehen
Risse noch am feuchten Leder nähen


Die Verarbeitung eines Kaninchenfells ist an einem Wochenende möglich!
Samstag
a8.30 – a9.00 Uhr auftauen
a9.00 – 10.30 Uhr Entfleischen mit elterlicher Unterstützung
10.30 – 11.00 Uhr Wässer mit viel Rühren
11.00 – 19.30 Uhr Pickel halbstündlich Rühren
19.30 – 20.00 Wässer mit viel Rühren
20.00 –
Sonntag 20.00 Uhr Gerben – nachts gelegentlich, am Tag halbstündlich Rühren
Abtropfen lassen und zum Trocknen aufhängen
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Vorsicht ist bei der Endreinigung der Felle geboten. Nachdem wir eine kahle Stelle ins Fell gekämmt hatten, kämmen wir mit grobem Kamm ganz vorsichtig, saugen dann mit einem Staubsauger das Fell aus und blasen die letzten losen Haare und Aluminiumsulfat - und Kochsalzreste mit Druckluft unter Verwendung eines Mund-Nase-Schutzes aus.


und wenn man unbedingt die Maus ausprobieren möchte


Zum Abziehen der Haut fassen wir vorsichtig mit einer Pinzette die Haut am Bauch und ziehen sie etwas hoch. Jetzt können wir mit einer Nagelschere die Haut aufschneiden, ohne die darunter liegende Muskulatur zu beschädigen. So bleiben Blut und Innereien in der Maus und beschmutzen nicht unser Fell. Wenn man erst mal einen Anfang hat, lässt sich die Haut ziemlich einfach abziehen. Dazu hält man mit der einen Pinzette den Körper fest und zieht mit der zweiten Pinzette Stück für Stück.
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Um die Pfoten, den Schwanz, die Ohren, die Augen und die Schnauze wird die Haut rundherum aufgeschnitten und weiter vom Körper gelöst.
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An der Haut befinden sich noch Fleischreste und die Unterhaut. Diese werden wie beim Kaninchen entfernt.
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Die fertig entfleischte Haut. Nun füllen wir das große Schraubglas mit Wasser (max. 20°C), geben die Haut hinein und verschließen mit dem Deckel. Das Kochsalz soll ausgewaschen werden. Wenn man an diesem Tag nicht mehr genügend Zeit hat, könnte man an dieser Stelle eine Pause machen und das Glas mit der Haut bis zum nächsten Tag zur Seite stellen.
Ansonsten wird die Haut für eine halbe Stunde unter gelegentlichem Schütteln gewässert und nach einem Wasserwechsel wird das Ganze noch einmal wiederholt.
Das folgende Säurebad dauert vier Stunden und wir benötigen einen halben Liter Wasser (max. 20°C), 20 g Kochsalz und 10 g Essigessenz. Dazu geben wir das Wasser in unser Schraubglas und lösen das Kochsalz darin. Wenn jetzt die nötige Zeit fehlt gibt man nur die Haut in die Salzlösung und stellt das verschlossene Glas bis morgen zur Seite. Ansonsten geben wir zu Salz und Haut die Essigsäure dazu und verschließen wieder mit dem Deckel. Wir schütteln gelegentlich für die nächsten vier Stunden.
Im Anschluss wird die Haut für eine viertel Stunde unter gelegentlichem Schütteln gewässert und nach einem Wasserwechsel wird das Ganze noch einmal wiederholt.
Die Gerbflotte wird aus 10 g Aluminiumkaliumsulfat und 3 g Kochsalz in 500 ml Wasser hergestellt. Unter gelegentlichem Schütteln verbleibt die Haut mindestens 12 Stunden in der Lösung. Nach der Entnahme wird mit Küchenpapier abgetupft aber nicht abgewaschen.
Während des weiteren Trocknens muss das Fell immer wieder leicht gedehnt werden. Das muss gaaaaanz vorsichtig geschehen, denn das Fell ist extrem dünn.
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Wir sind fertig, wenn das Fell trocken und weich ist. Ist es aber nicht. Dieses hier lässt sich einfach nicht Dehnen. Und es hat nur noch 75 % seiner ursprünglichen Größe, denn es sind immer wieder Teile abgerissen.

Wenn ihr das Fell weich und trocken bekommen habt, dann könnt ihr das Fell auf der Hautseite ganz wenig mit einer Sprühflasche anfeuchten, mit Eigelb bestreichen und einziehen lassen. Das kann mehrfach wiederholt werden.

Wir haben mit farblosem Lederfett vorsichtig gefettet. Und auf die Rauchgerbung verzichten wir ganz. Dazu hängt man das Fell für mindestens drei Stunden in den Rauch. Die Temperatur des Fells darf auch dabei 30°C nicht überschreiten. Bitte benutzt nur saubere, naturbelassene Brennmaterialien und spült das Fell danach gut aus.


Entsorgung:

Die Unterhautreste mit dem Salz kommen in ein verschließbares Gefäß und dann in den Hausmüll und die nackte Maus auch, wenn man keine Katze hat.
Die wässrigen Lösungen (Pickel und Gerbflotte sowie Spülwässer) gehen ins Abwasser.


Erklärung:

Jede rohe Tierhaut beginnt mit dem Tod des Tieres zu faulen. Dieser Vorgang endet, solange genug Feuchtigkeit vorhanden ist, erst wenn die Haut völlig zersetzt ist. Durch Trocknen kann man sie vorübergehend vor Fäulnis schützten. Allerdings kleben dabei die einzelnen Hautfasern zusammen und die Haut wird hart und hornig. Eine getrocknete Haut wird beim Einweichen zwar wieder geschmeidig, aber auch wieder fäulnisanfällig. In vielen tausend Jahren machten die Menschen Entdeckungen, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, diese Eigenschaften einer Haut mehr oder weniger zu verändern und sie dadurch weich und haltbar zu machen. Diesen Vorgang nennt man Gerben und die Stoffe, welche diese Veränderungen hervorrufen, nennt man Gerbstoffe. Das Ergebnis heißt Leder.

Leder bleibt also im trockenen Zustand weicht. Im kalten Wasser wird das Gerbmittel nicht ausgewaschen. Und es liefert beim Kochen mit Wasser keinen Leim mehr. Wenn alle drei Punkte erfüllt sind, spricht man von echter Gerbung ansonsten von unechter Gerbung.

Rauch ist eine Möglichkeit, das Einarbeiten von Fetten eine andere. Man kann pflanzliche Substanzen verwendeten oder Mineralstoffe und man kann die Gerbverfahren auch kombinieren. So haben die nordamerikanischen Indianer meistens zu erst mit Fetten aus dem Gehirn der Tiere (jedes Tier hat genau so viel Gehirn, dass man seine Haut damit gerben kann) und danach im Rauch weiter gegerbt.

Wir führen hier eine Alaungerbung durch. Man nennt sie auch Weißgerbung, weil das entstehende Leder sehr hell ist. Das Kalialaun KAl(SO4)2 x 12 H2O ist ein Doppelsalz aus Kaliumsulfat und Aluminiumsulfat, welches natürlich vorkommt, aber auch künstlich hergestellt wird. Da sich das Kaliumsalz nicht an der Gerbung beteiligt, kann auch reines Aluminiumsulfat verwendet werden. Leider ist die Bindung der Aluminiumsalze an die Hautfaser nicht sehr stabil. Deshalb lässt es sich zum größten Teil durch Wasser wieder auswaschen. Die Weißgerbung ist also eine unechte Gerbung. Wenn man das Leder aber vor Feuchtigkeit schützt, hat man ein einfaches und schnelles Gerbverfahren.

Voraussetzung für eine erfolgreiche Gerbung ist eine gute Vorbereitung der Rohhaut und die Einhaltung einer Temperaturobergrenze von maximal 30°C Hauttemperatur. Auch direkte Sonneneinstrahlung ist zu vermeiden. Beides würde zu einer Zersetzung der Hautfasern führen.

Zur Vorbereitung müssen als erstes alle Fleischreste und die Unterhaut entfernt werden. Diese lassen sich nicht gerben. Sie trocknen zu einer harten Schicht, die mit der Lederhaut verbunden ist. Die Alaunlösung durchdringt zwar die Unterhaut und umhüllt die Kollagenfasern. Das Leder bleibt trotzdem ziemlich steif. Wenn man nach dem Trocknen die übrig gebliebenen Unterhautreste noch abschleift oder abkratzt, dann wird das Leder deutlich weicher

Das Säurebad, auch Pickel genannt dient dem ersten Aufschluss der Haut. Die Säure löst verschiedene Bestandteile aus der Haut, die kein Leder ergeben und lässt außerdem die Haut aufquellen. Das sogenannte Schwellen ist aber nur in sehr geringem Maße erwünscht. Deshalb wird dem Pickel Kochsalz hinzugefügt, welches dem Schwellen entgegenwirkt. Zu viel Kochsalz macht die Haut dünn und würde den Gerbvorgang erschweren. Es ist also wichtig, für jeden Arbeitsschritt die richtige Menge Kochsalz im Wasser und in der Haut zu haben. Deshalb wird auch immer wieder gewässert zwischen den Arbeitsschritten.

Das Aluminiumsulfat zerfällt im Wasser in Aluminiumhydroxid und Schwefelsäure. Wie beim Pickel muss auch hier der schwellenden Wirkung der Säure entgegengewirkt werden durch den Zusatz von Kochsalz. In der Literatur gibt es viele verschiedene Theorien, wie das Aluminiumsalz in der Haut bewirkt, dass sich die Hautfasern auch nach dem Trocknen auf fäulnisresistente 7 - 15 % Wassergehalt noch bewegen können. Wer will kann das in den im Literaturverzeichnis angegeben Büchern nachlesen oder sich andere Bücher in der Bibliothek ausleihen. Uns reicht hier zu wissen, dass es so ist.

Das Gerben mit Eigelb und und Mehl ist uralte Handwerkskunst. Im Eigelb sind Fette und Emulgatoren enthalten. Das sind Stoffe, die dafür sorgen, dass sich Wasser und Fette oder Öle mischen können. So können die Fette aus dem Eigelb in die feuchte Haut eindringen und die Hautfasern zusätzlich vernetzen.
Das Fett behindert außerdem ein Auswaschen des Alauns und schützt dadurch die Wirkung der Alaungerbung.

Im Internet kursieren Gerbrezepte, die Olivenöl zur Fettgerbung einsetzen. Aber schon Versuche in den 30iger Jahren des vorigen Jahrhunderts haben gezeigt, dass das Olivenöl nur fettet, also die Beweglichkeit der Fasern verbessert, aber nicht gerbt, also keine weitere Vernetzung stattfindet.
Hier kann man sehen, warum das so ist. Das Olivenöl enthält nur sehr wenig mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Leinöl oder Sonnenblumenöl dagegen viel mehr. Deshalb könnte man mit diesen Ölen das Fell wirklich nachgerben. (drei Eigelb und 20 ml Sonnenblumenöl pro Kaninchenfell)

Zum Schluss muss das Leder trocknen. Wir benutzten zuerst Omas alte Wäscheschleuder. Sonst muss man vorsichtig auswringen. Je weniger Wasser die Haut zu Beginn der Trocknung enthält, um so weniger Chancen haben die zersetzenden Mikroorganismen. Das alaungare Leder ist starr und grau und wird erst nach mechanischer Bearbeitung weich und weiß. In manchen Anleitungen steht, man solle das Fell/ Leder während des Trocknens immer wieder ziehen und dehnen. Das ist der beste Weg. Wir dehnen 1 x täglich. Das Dehnen funktioniert trocken sehr viel weniger gut.

Unser Mäusefell ließ sich nicht mechanisch weich machen. Wir vermuten, dass die Haut bereits mikrobiell vorgeschädigt, weil nicht mehr gefroren war. Möglicher Weise ist die Mäusehaut auch grundsätzlich zu dünn.


Literatur:

Die Chemie der Lederfabrikation: Erster Band 1930 pdf 451 S.
Die Chemie der Lederfabrikation: Zweiter Band 1931 pdf 616 S.
Neuere Gerbemethoden und Gerbetheorien 1915 pdf 152 S.
Kombinationsgerbungen der Lohe-, Weiß- und Sämischgerberei 1914 pdf 294 S.
Handbuch der Gerbereichemie und Lederfabrikation 1/1 1944 Die Haut pdf 1122 S.
Handbuch der Gerbereichemie und Lederfabrikation 1/2 1938 Die Wasserwerkstatt pdf 529 S.
Handbuch der Gerbereichemie und Lederfabrikation 2/1Die Gerbung mit Pflanzengerbstoffen: Gerbmittel und Gerbverfahren pdf 578 S.
Handbuch der Gerbereichemie und Lederfabrikation 2/2 Die Gerbung Mineralgerbung und andere nicht rein pflanzliche Gerbungsarten pdf 836 S.
Handbuch der Gerbereichemie und Lederfabrikation 3/2 1955 Die Lederarten und deren Herstellung pdf 1300 S.
Handbuch der Gerbereichemie und Lederfabrikation 4 1960 Bibliographie der gerbereichemischen und ledertechnischen Literatur 1700–1956 pdf 1360 S.
Lehrbuch über die Roth-, Sämisch- und Weißgerberei Johann Nikolaus Weth Walthr, 1838 - 144 Seiten
Handbuch der Weißgerberei Christian Heinrich Schmidt Voigt, 1854 - 214 Seiten


Links:

Bezugsquelle für sichere Mäuse
Vom Kollagen tierischer Häute zum Werkstoff Leder - Chemikalien für die Lederherstellung
www.leder-info.de - Weißgerbung
felle-gerben.blogspot.com - Felle selbst gerben
www.leder-info.de - Hirngerbung
www.chilirezept.de - Anleitung zum Gerben von Fellen
parey-jagdausbildung.de - Anleitung zum Gerben
www.lederpedia.de - Hausgerbung Fell und Leder
www.lederpedia.de - Pergament und Trommelleder
www.lederpedia.de - Weissgerbung als Gerbung mit Aluminiumsalzen Alaungerbung enthält das in der Literatur der 1930iger Jahre oft genannte Rezept

Bei der allgemeinen Weißgerbung werden die üblich enthaarten, vollständig entkälkten, sehr gut gebeizten Blößen im Faß oder Haspel behandelt, wobei auf 100 kg Blöße etwa 8 - 10 kg Kalialaun oder 5,5 - 7 kg Aluminiumsulfat sowie etwa 25 - 30 % Kochsalz - auf Alaun berechnet - zugesetzt werden. An Wasser ist etwa die sechs- bis zehnfache Menge des Alaungewichtes erforderlich.

weitere Rezepte:

Rehdecke
1. Entfleischen
2. Waschen mit etwas Spülmittel
3. Pickel 300 g Kochsalz auf 5 Litern Wasser und 320 g Essigessenz mindestens 24 h bei halbstündlichem Rühren
4. wässern mit mind. einem Wasserwechsel 30 min
5. Gerbflotte aus 5 Litern Wasser, 260 g Aluminiumsulfat (alternativ 300g Kalialaun) und 125 g Kochsalz 48 h bei halbstündlichem Rühren
6. Haarseite spülen, abtropfen lassen oder schleudern
7. spannen, trocknen und weich schaben, Rahmen 160 x 140 cm - 28/38 mm

Rotwilddecke
1. Entfleischen
2. Waschen mit etwas Spülmittel, dann 30 min abtropfen lassen (sehr viel Wasser in den Haaren)
3. Pickel 1200 g Kochsalz auf 20 Litern Wasser und 1300 g Essigessenz mindestens 48 h bei halbstündlichem Rühren
4. wässern mit mind. einem Wasserwechsel, dann 30 min abtropfen lassen (sehr viel Wasser in den Haaren)
5. Gerbflotte aus 20 Litern Wasser, 1000 g Aluminiumsulfat (alternativ 1200g Kalialaun) und 500 g Kochsalz 72 h bei halbstündlichem Rühren
6. Haarseite spülen, abtropfen lassen
7. spannen, trocknen und weich schaben, Rahmen 220 x 180 cm - min 38/58 mm

Schwarzwildschwarte
(mögl. nur Bache verwenden - beim Keiler ist die Fettschicht z.T. extrem hart und läßt sich nicht ordentlich entfernen)
1. Entfleischen
2. Waschen mit viel Spülmittel 24 - 48 h, ordentl. Wässern, abtropfen lassen (sehr viel Wasser in den Haaren)
3. Pickel 1200 g Kochsalz auf 20 Litern Wasser und 1300 g Essigessenz mindestens 48 h bei halbstündlichem Rühren
4. wässern mit mind. einem Wasserwechsel, dann 30 min abtropfen lassen (sehr viel Wasser in den Haaren)
5. Gerbflotte aus 20 Litern Wasser, 1000 g Aluminiumsulfat (alternativ 1200g Kalialaun) und 500 g Kochsalz 72 h bei halbstündlichem Rühren
6. Haarseite spülen, abtropfen lassen
7. spannen, trocknen und weich schaben, Rahmen je nach Größe zwischen 160 x 140 cm - 28/38 mm und 220 x 180 cm - min 38/58 mm

die immis
Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann rufe nicht die Menschen zusammen, um Pläne zu machen, Arbeit zu verteilen, Werkzeug zu holen und Holz zu schlagen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer. Dann bauen sie das Schiff von alleine.

Du hast eine Handvoll Brombeeren und wirfst sie zur Erde. Sie verbinden sich mit der Erde zu Erdbeeren. Und Brom wird frei.

Können ist, wenn "Glück gehabt" zur Gewohnheit wird.
aliquis
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Re: Ein Mäusefell abziehen und gerben - Weißgerberei

Beitrag von aliquis »

https://www.umweltbundesamt.de/hausmaus ... massnahmen

Es empfiehlt sich zusätzlich das Tragen einer Partikelfiltermaske zum Schutz vor Infektionen.
Fell, Werkzeuge und Arbeitsplatz sind im Anschluss gründlich zu desinfizieren.

Edit:
Besser auf etwas grössere und domestizierte Nager zurückgreifen.
Im ländlichen Raum sind Hausschlachtungen von Kaninchen ja durchaus noch üblich.
Tiefgefrorene erregerfreie Futterratten gibt es im auf Reptilien- und Amphibienhaltung spezialisierten Zoofachhandel.
Das Fell müsste man anschliessend zwar noch auf Puppenhausformat zurechtscheidern, dafür ist es dann aber die gesundheitlich unbedenklichere Alternative.
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BJ68
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Re: Ein Mäusefell abziehen und gerben - Weißgerberei

Beitrag von BJ68 »

Falls in der Stadt eine Uni oder Forschungsinstitute vorhanden sind, die auch Tierversuche machen...dort fallen leider zwangsweise regelmäßig Kadaver von Mäusen und auch Ratten an, die definitiv aus biologischer Sicht sauber sind.
Bei "Wildfunden" oder dem Fang einer Katze, wäre ich da etwas vorsichtiger, könnte mir vorstellen, dass es da ähnlich aussieht wie bei Igeln vgl. https://apothekentheater.wordpress.com/ ... od-bringt/

bj68
Fuck the "REGULATION (EU) 2019/1148" of the European Parliament and of the Council...denn
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immi07
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Re: Ein Mäusefell abziehen und gerben - Weißgerberei

Beitrag von immi07 »

Hallo aliquis,

P1250626.JPG
P1250625.JPG
den ersten großen Nager haben wir nach gleichem Verfahren in den letzten Tagen schon gegerbt. Und jetzt sollte es was kleines sein und meine Fragestellung war, ob man das Fell überhaupt im Ganzen von einer Maus runter bekommt.

Hallo Bj68,

die nächsten Unis sind in Frankfurt(O) und in Berlin - nicht gleich um die Ecke

Grüße von den immis
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Du hast eine Handvoll Brombeeren und wirfst sie zur Erde. Sie verbinden sich mit der Erde zu Erdbeeren. Und Brom wird frei.

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notaccounteule
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Re: Ein Mäusefell abziehen und gerben - Weißgerberei

Beitrag von notaccounteule »

Oh wow, ihr habt echt immer so Ideen, das ist echt klasse.
Habt ihr schon mal überlegt, das Mäuse verpelzen zu einem 'etwas größeren' Hobby zu machen und so viele Mäuse zu verpelzen, bis ihr eine Jacke oder einen Mantel daraus machen könnt?
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Uranylacetat
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Re: Ein Mäusefell abziehen und gerben - Weißgerberei

Beitrag von Uranylacetat »

Auch ein interessantes Projekt, wie ich finde!
"Der einfachste Versuch, den man selbst gemacht hat, ist besser als der schönste, den man nur sieht." (Michael Faraday 1791-1867)

Alles ist Chemie, sofern man es nur "probiret". (Johann Wolfgang von Goethe 1749-1832)

„Dosis sola facit venenum.“ (Theophrastus Bombastus von Hohenheim, genannt Paracelsus 1493-1541)

"Wenn man es nur versucht, so geht´s; das heißt mitunter, doch nicht stets." (Wilhelm Busch 1832 -1908)
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immi07
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Re: Ein Mäusefell abziehen und gerben - Weißgerberei

Beitrag von immi07 »

Hallo eule,
Johanna geht mit offen Augen... da kann man sich vor Projekten nicht retten :yeah: :thumbsup:

wenn man eine größere Menge zulässige Mäuse auftreiben könnte, wäre das möglich. Die Gerbflotte ist eh überdimensioniert. Man könnte im Glas nach obigem Rezept auch 10 Häute gleichzeitig bearbeiten.
Das Fell ist extrem dünn. Um es ernsthaft nutzen zu können, müßte man die Fell auf ein Trägermaterial aufnähen. Der Stoff müßte dann die bei der Nutzung auftretenden Kräfte aufnehmen. Die Felle wären nur Verblendung.

@ Uranylacetat - Danke :thumbsup:

Grüße von den immis
Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann rufe nicht die Menschen zusammen, um Pläne zu machen, Arbeit zu verteilen, Werkzeug zu holen und Holz zu schlagen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer. Dann bauen sie das Schiff von alleine.

Du hast eine Handvoll Brombeeren und wirfst sie zur Erde. Sie verbinden sich mit der Erde zu Erdbeeren. Und Brom wird frei.

Können ist, wenn "Glück gehabt" zur Gewohnheit wird.
aliquis
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Re: Ein Mäusefell abziehen und gerben - Weißgerberei

Beitrag von aliquis »

immi07 hat geschrieben: Sonntag 10. September 2023, 13:24 wenn man eine größere Menge zulässige Mäuse auftreiben könnte, wäre das möglich.
https://www.tropic-shop.de/terraristik/ ... ter/maeuse
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immi07
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Re: Ein Mäusefell abziehen und gerben - Weißgerberei

Beitrag von immi07 »

Hallo aliquis,

eingebaut :thumbsup:

Gruß Thomas
Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann rufe nicht die Menschen zusammen, um Pläne zu machen, Arbeit zu verteilen, Werkzeug zu holen und Holz zu schlagen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer. Dann bauen sie das Schiff von alleine.

Du hast eine Handvoll Brombeeren und wirfst sie zur Erde. Sie verbinden sich mit der Erde zu Erdbeeren. Und Brom wird frei.

Können ist, wenn "Glück gehabt" zur Gewohnheit wird.
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immi07
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Re: Ein Mäusefell abziehen und gerben - Weißgerberei - Alaungerberei

Beitrag von immi07 »

Hallo,

dann sind wir erstmal durch.

Grüße von den immis
Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann rufe nicht die Menschen zusammen, um Pläne zu machen, Arbeit zu verteilen, Werkzeug zu holen und Holz zu schlagen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer. Dann bauen sie das Schiff von alleine.

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Glaskocher
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Re: Ein Mäusefell abziehen und gerben - Weißgerberei - Alaungerberei

Beitrag von Glaskocher »

So ein Mausefell ist eine feine Sache, im wahsten Sinne des Wortes. Falls Ihr dieses Experiment widerholen wollt, dann habt Ihr ja schon Erfahrung, wie empfindlich das Fellchen ist. Dann solltet Ihr es schaffen, das Fell weniger zu beschädigen. Aber trotzden ist das Ergebnis echt gut. Man müßte eventuell noch die Reste Dotter irgendwie heraus holen, die nicht eingezogen sind.

Man soll auch die Häute von Fischen gerben können. Zumindest habe ich schon Fischleder im Netz zum Verkauf gesehen.

Meinen Onkel kann ich leider nicht mehr fragen, der war Tierpräparator. Er hatte viele Häute (von Kleintieren) mit Hilfe von Borax konserviert, bevor er sie ausstopfte und aufzog. Seine Spezialität waren Fische aus den Kawartha Lakes. Er konnte zuletzt dem Angler anhand der Hautzeichnung bei Muskies (ähnlich dem Hecht) sagen, aus welchem Gewässer der Fisch kam. Er hatte auch Häute von größeren Tieren gegerbt, allerdings per Chromgerbung.
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immi07
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Re: Ein Mäusefell abziehen und gerben - Weißgerberei - Alaungerberei

Beitrag von immi07 »

Hallo glaskocher,

wir haben unsere Kaninchenfellgerberei leider nicht dokumentiert. Diese lassen sich deutlich besser bearbeiten und beim trocknungsbegleitenden Ziehen und Walken fällt die nicht eingezogene Eigelb/Olivenöl/Mehl-Beschichtung einfach ab. Ja, bei den alten Rezepten ist meist auch noch 1 - 2 % Borax (bezogen aufs Gewicht der Blößen) im Spiel.

Das Fell kommt jetzt so wie es ist in die Sammlung - als Beleg der Möglichkeit. Weitere Versuche an Mäusefellen sind eher unwahrscheinlich.

Wenn wir noch mal Kaninchenhäute bekommen, werden wir den Prozess dokumentieren.

Grüße von Johanna und Thomas
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mgritsch
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Re: Ein Mäusefell abziehen und gerben - Weißgerberei - Alaungerberei

Beitrag von mgritsch »

Sieh an, mal ein ganz anderes Projekt! Wahrlich zum Mäusemelken… :yeah:

Ich hätte nicht gedacht dass so verdünnte Essigsäure einen wesentlichen denaturierenden / konservierenden Effekt hat? Detto beim Alaun, 10 g enthalten gerade mal 0,57 g Al - in 500 ml Wasser - somit nur etwa 0,11%!

Die Menge Natron ist auch ein guter Überschuss zum Aluminium, 60 vs 21 mmol. Das fällt de facto einfach alles Al aus der Lösung aus, gleich wohl innerhalb der Haut.

Wie wirkt sich das nachträgliche Einbringen von Öl/Eigelb auf die Haltbarkeit aus? Verdirbt das nicht sehr leicht und riecht bald übel? Wie ist generell die Haltbarkeit des so gewonnenen Fells? Wären nicht noch weitere Konservierungsmittel empfehlenswert?
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immi07
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Re: Ein Mäusefell abziehen und gerben - Weißgerberei - Alaungerberei

Beitrag von immi07 »

Hallo mgritsch,

Pickelrezepte aus dem Internet

1. 15l Wasser 150ml- 200ml Ameisensäure 100% 1500 g Kochsalz
2. 10l Wasser Essigessenz 150 g 1000 g Kochsalz
für die Maus habe ich Nummer 2 durch 20 geteilt und bei der Säure etwas zugegeben,
0,5 l Wasser Essigessenz 10 g statt 7,5 g und nur 20 g Kochsalz statt 50 g, die Haut sollte etwas schwellen
ist sie aber nicht :out: :wall:

Pickelrezept aus der Literatur (später gefunden)

für Blößengewicht: 500 kg
650 l Wasser 2,5 – 10 kg Ameisensäure konzentriert und 39 kg Kochsalz

Gerbflottenrezepte Internet

1. 250 – 300 g Alaun 250 g Kochsalz 10 Liter Wasser
2. 250g-350g Kalialaun und die gleiche Menge Kochsalz 15 Liter Wasser
3. 1000 g Alaun 100 g Kochsalz 12 Liter Wasser

Wir haben Nr 2 durch 30 geteilt
10 g Alaun 3 g Kochsalz (in der Literatur ist immer von 30% vom Alaungewicht die Rede) 0,5 l Wasser


und Rezept Nr 3 hatte dann noch Fixierung der Gerbung

15 Gramm (oder mehr) Natriumhydrogencarbonat NaHCO3 je Liter Gerbbrühe
die Lauge sollte dann auf einen ph-Wert von 4 - 4,5 gebracht werden.
der Schaum geht dann übrigens nach einigen Stunden wieder weg.


Gerbflottenrezepte Literatur (später gefunden)

Bei der allgemeinen Weißgerbung werden die üblich enthaarten, vollständig entkälkten, sehr gut gebeizten Blößen im Faß oder Haspel behandelt, wobei auf 100 kg Blöße etwa 8 - 10 kg Kalialaun oder 5,5 - 7 kg Aluminiumsulfat sowie etwa 25 - 30 % Kochsalz - auf Alaun berechnet - zugesetzt werden. An Wasser ist etwa die sechs- bis zehnfache Menge des Alaungewichtes erforderlich.

Für besseres Farbenschuhleder, wenn man sehr weiche,
sammetartige Leder herstellen will, gibt man noch Eidotter
zu; die Nahrung besteht dann für je 100 kg Bloßen aus
8 kg Kalialaun oder 5,5 kg Tonerdesulfat,
2,5 bis 3 kg Kochsalz,
8 kg Weizenmehl und
100 Stuck Eidotter
nachträgliche Einbringen von Öl/Eigelb
wird eine Kombinationsgerbung aus Weißgerbung und Fettgerbung (Sämischgerbung)
Haltbarkeit
alle Schaffelle (die Babyschlaffelle) im Handel mit weißer Lederseite sind alaungegerbt. Solange die Aluminiumsalze nicht ausgewaschen werden sind sie haltbar.

Gruß Thomas
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mgritsch
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Re: Ein Mäusefell abziehen und gerben - Weißgerberei - Alaungerberei

Beitrag von mgritsch »

Kein Thema, ich glaube dir schon dass das ein „übliches“ Rezept ist!

Wundern tut es mich trotzdem, denke mal zurück wie sich selbst über hoch Schwermetall-belastetes Gel der Schimmel her gemacht hat und jetzt langt plötzlich ein bisschen in verdünnten Essig baden und 0,1% Al Lösung tunken und die MiBi ist gebannt, die Haut zu Leder…?
10 g 25% Essigsäure sind 2,5 g auf 500 ml Wasser - gerade mal 0,5%! Auf jeden Salat kommt ein vielfach stärkeres Gebräu! Bringt so verdünnte Säure überhaupt noch Milch oder Eiklar zum gerinnen? Schätze nicht. Wie kann das dann Einfluss auf die sehr robusten Kollagene einer Haut haben?
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