Die Standardmethoden zur Bestimmung von Nitrat bestehen entweder darin, die Probe zur Trockene einzudampfen und den Rückstand in konz. H2SO4 mit einem Reagenz wie Salicylat, Chromotropsäure, Xylenol, Brucin etc. zu einem stark gefärbten, nitrierten Produkt umzusetzen[3] oder das Nitrat mit einer sogenannten Reduktorsäule mittels aktiviertem Cadmium-Granulat zu Nitrit zu reduzieren, das mittels Griess-Reagenz bestimmt werden kann.
Beide Methoden sind durchaus empfindlich aber relativ aufwändig in der Probenvorbereitung. In der Literatur[1] findet sich jedoch eine vereinfachte Reduktions-Methode bei der das Cadmium direkt in Situ an Zink als Cadmium-Schwamm abgeschieden wird. Mit kleineren Anpassungen ergibt sich damit eine einfache und robuste Methode die für die üblichen Konzentrationen z.B. in Trinkwasser hervorragend funktioniert.
Geräte: Messkolben, Pipetten, Reagenzgläser, Gummistopfen, Spektralphotometer
Chemikalien:
Kaliumnitrat

Ammoniumchlorid

Kaliumchlorid
Cadmiumchlorid



Salzsäure


Phosphorsäure 85%


Zink-Pulver


N-(1-Naphtyl)ethylendiamin-dihydrochlorid


Sulfanilamid
Durchführung:
Ansetzen der Standards für die Kalibration und der Reagenzlösungen:
In einem 100 ml Messkolben wurden 163 mg Kaliumnitrat das zuvor einige Tage im Exsikkator gut getrocknet wurde genau eingewogen und auf 100 ml aufgefüllt. Das ergab eine Stammlösung mit einem Gehalt von 1000 mg/l Nitrat.
Durch entsprechende Verdünnungen in 25 ml Messkolben wurden daraus die 5 Standards für die Kalibration mit Gehalten von (nominell) 2, 5, 7, 10 und 15 mg/l Nitrat hergestellt. Das entsprechende Volumen wurde dazu grob mit Messpipette in tarierte Messkolben pipettiert und anhand der genauen Einwaage die exakte Konzentration ermittelt.
Weiters wurden folgende Reagenzlösungen angesetzt:
30% (w/v) Ammoniumchlorid
3 % (w/v) Cadmiumchlorid
Puffer pH 1,8: auflösen von 0,746 g Kaliumchlorid in 34 ml einer genau 0,1 M Salzsäure und auffüllen auf 200 ml
Nitritreagenz: man verdünnt 2,5 ml Phosphorsäure mit ca. 15 ml Wasser und löst darin 1 g Sulfanilamid und 50 mg N(1-Naphtyl-)ethylendiamin-dihydrochlorid. Zuletzt wird mit Wasser auf 25,0 ml aufgefüllt
(Alternativ dazu[2] können Sulfanilamid und N(1-Naphtyl-)ethylendiamin-dihydrochlorid auch einfach in einer 2 M HCl aufgelöst werden)
Durchführung der Bestimmung:
in 8 Reagenzgläser wurden der Reihe nach als Leerwert 20 ml dest. Wasser, je 20 ml der 5 Standards und zwei Wasserproben (Leitungswasser) mit der Vollpipette einpipettiert.
Anschließend wurden in dieser Reihenfolge zugegeben:
1 ml der Ammoniumchlorid-Lösung
1 ml des Puffer pH 1,8
1 ml der Cadmiumchlorid-Lösung
ca 100 mg Zink-Pulver (eine kleine Spatel voll)
Die Reagenzgläser wurden mit einem Gummistopfen verschlossen und während der nächsten 15-20 Minuten immer wieder durch Kippen gut durchmischt.
Relativ rasch kann man erkennen wie aus dem feinen Zinkpulver ein etwas flockiger Cadmium-Schwamm entsteht der sich gut absetzt.
Nach Ablauf der Reaktionszeit wurde noch ca. 2 Minuten absetzen gelassen und dann aus den Reagenzgläsern je 5 ml mit der Vollpipette in 25 ml Messkolben pipettiert. Es wurde bis ca 20 ml mit dest. Wasser aufgefüllt, 1 ml Nitritreagenz zugegeben, bis zur Marke mit dest. Wasser aufgefüllt und gut umgeschüttelt.
Nach weiteren ca. 15-20 Minuten war die Nitrit-Reaktion abgeschlossen und es wurde am Photometer bei 540 nm gegen den Proben-Leerwert die Absorption gemessen. Die Messung gegen Leerwert ist dabei wichtig, da auch diese Probe aufgrund des Blindwerts der Reagenzien eine merkliche Eigenfärbung aufweist. Nitrat ist ähnlich wie Chlorid eine relativ weit verbreitete Verunreinigung und die Methode durchaus empfindlich.
Vergleichende Prüfungen und Anpassungen des Verfahrens:
Die Literatur[1] arbeitet original mit einer Cadmiumchlorid-Lösung von nur 0,1%. Tests haben gezeigt, dass diese geringe Konzentration weniger reproduzierbare Ergebnisse bringt da sich anscheinend zu wenig Cd-Schwamm bildet. Eine Zugabe von 1 ml einer 0,1% (w/v) Lösung würde nur 0,6 mg Cd einbringen - auch wenn der Effekt am Ende überwiegend katalytisch ist, macht das in Relation zu den 100 mg Zn keinen Sinn. Eine quantitative Zementation dürfte nicht erfolgen und vermutlich bleibt auf dem Weg viel freie Zn-Oberfläche die stören könnte. Ich habe die Menge daher entsprechend nach oben angepasst, bei einer 3% Lösung können sich schon bis zu 18 mg Cd abscheiden mit entsprechend besserer Wirksamkeit. Ebenfalls schlägt die Literatur[1] eine Reduktionsdauer von nur 5 Minuten vor. Eine Prüfung, bei der ich nach 2, 5, 10 und 20 Minuten Proben entnommen und mit Nitritreagenz versetzt habe, zeigte jedoch deutlich, dass frühestens nach 10 Minuten eine vollständige Umsetzung erreicht ist:
Dementsprechend wurde eine Zeit von mindestens 15 Minuten eingehalten.
Das destillierte Wasser war jedenfalls Nitrit-frei, das Leitungswasser zeigte ein schwach positives Ergebnis: v.l.n.r: Destilliertes Wasser + Nitritreagenz, Leitungswasser + Nitritreagenz, Leitungswasser mit Cd reduziert (unverdünnt) + Nitritreagenz.
Nitrite können sich im Leitungswasser leicht durch Reduktion der immer vorhandenen Nitrate an metallischen Oberflächen (Leitungen, Armaturen) bilden.
Dieser ist aber als so gering einzustufen dass er zum Gesamtergebnis jedenfalls <5% beiträgt. Eine vorherige Entfernung des Nitrits z.B. duch Amidoschwefelsäure wäre mit Blick auf die folgende gewünschte Bildung von Nitrit nicht zielführend. Ob unter den Bedingungen ein quantitativ additives Ergebnis erzielt würde und man so einen Wert einfach abziehen könnte, müsste noch untersucht werden - in dem Fall wäre die Bestimmung beider Ionen in einem Gang (einmal mit und einmal ohne Reduktion) besonders komfortabel.
Ebenso konnte kein positiver Effekt durch Zugabe von Metaphosphat wie in der Literatur[1] beschrieben erzielt werden. Im Gegenteil - das erschwerte nur das Einstellen des gewünschten pH-Werts für die Reduktion (soll zwischen 2 und 5 liegen). Da es nur der Maskierung größerer Mengen an Fe+3 dienen sollte, wurde das Reagenz daher ersatzlos weggelassen.
Weiters wurde in der Originalliteratur[1] p-Aminoacetophenon statt Sulfanilsäure im Nitritreagenz benutzt - auch darin ist kein Vorteil gegenüber der üblichen Zusammensetzung des modifizierten Griess-Reagenz zu erkennen.
Zur Prüfung des Absorptionsmaximums wurde aus der 15 mg/l-Probe ein Spektrum aufgenommen und die 540 nm als optimale Wellenlänge des Nitrit-Reagenz bestätigt:
Auswertung:
Die Absorptionswerte der 5 Standards wurden mithilfe von Excel gegen die errechneten Konzentrationen aufgetragen und daraus eine Regressionsgerade (mit Nulldurchgang) ermittelt:
Mit dem größten Wert von 15 mg/l Nitrat wurde eine Absorption von knapp 1 erreicht sodass die Rahmenbedingungen zur Einhaltung des Lambert-Beer'schen Gesetzes gegeben waren. Der Korrelationskoeffizient von 0,9992 bestätigt die gute Linearität der Kalibrationskurve.
Die beiden Leitungswasser-Proben zeigten eine Absorption von 0,505 bzw. 0,524 - entsprechend einer Nitrat-Konzentration von 8,04 bzw. 8,34 mg/l - Mittelwert somit 8,2 +/- 0,15 mg/l NO3-.
Zu beachten ist dabei, dass das Wasser auch einen geringen Nitrit-Gehalt aufwies der aber hier keinen wesentlichen Einfluss haben sollte (siehe bei vergleichende Prüfungen)
Der gemessene Nitratwert ist in guter Übereinstimmung mit der Angabe des Wasserversorgers - der hat bei seiner letzten Messung Ende November einen Wert von 7,5 mg/l ermittelt. Ein leichter Anstieg im Frühling aufgrund der stärkeren Regenfälle und der Auswaschung von Düngemitteln ins Grundwasser ist durchaus plausibel.
Mit dem Verfahren wie hier beschrieben ist eine hinreichend genaue Quantifizierung bis unter 1 mg/l (ppm) Nitrat problemlos möglich, bei durchgängigem Einsatz reinster Chemikalien und entsprechend geringerem Reagenzien-Blindwert vermutlich auch durchaus bis 0,1 mg/l (ppm). Der dynamische Bereich des Verfahrens kann noch nach unten erweitert werden - indem man einfach 20 statt nur 5 ml des Ansatzes zur Umsetzung mit dem Nitrit-Reagenz in den Messkolben überführt, erreicht man ohne weiteres bereits einen Faktor 4 und ist somit schon in der Größenordnung von 10 µg/l (ppb) Nitrat. Auch soll die getrennte Zugabe der sauren Lösungen des Sulfanilamids und N-(1-Naphtyl)ethylendiamin die Empfindlichkeit gegenüber einem gemischten Reagenz verbessern da Nitrit auch mit dem Stickstoff des Amins reagieren kann und so der Diazotierung entzogen wird[2]. Weitere Steigerungen sind zB durch Extraktion des Farbstoffs in n-Butanol möglich.
Entsorgung:
Reste kommen zu den schwermetallhältigen Abfällen.
Erklärung:
Aus dem Cadmiumchlorid scheidet sich am Zinkpulver durch Zementation ein fein verteilter Cadmium-Schwamm ab:
Cd2+ + Zn -> Cd + Zn2+
Cadmium reduzuiert Nitrat spezifisch zu Nitrit:
Cd + NO3- + H2O -> Cd2+ + NO2- + 2 OH-
Das Redoxpotenzial von Cd liegt dabei im schwach sauren Bereich so optimal, dass es zu keiner Über-Reduktion z.B. zu Ammoniak kommt.
Nitrit diazotiert in saurer Lösung das Sulfanilamid das mit N-(1-Naphtyl)ethylendiamin zu einem roten Azofarbstoff kuppelt. Eine genauere Beschreibung hat hier bereits lemmi geliefert.
Bilder: Standards und Proben sind für die Reaktion vorbereitet
Die benutzten Reagenzien-Lösungen
Reduktion zu Nitrit nach Zn-Zugabe
der etwas flockige, dunkelgraue Cd-Schwamm am Boden des Reagenzglases
Entwicklung der Farbe mit dem Nitrit-Reagenz. Man beachte den deutlichen Farbstich beim Blindwert! (ganz links)
Literatur:
[1] Int J Environ Anal Chem, (1983), 15:3, p. 213-219 http://doi.org/10.1080/03067318308071918
[2] K. Bendschneider, RJ Robinson: "A New Spectrophotometric Method for the Determination of Nitrite in Sea Water" (University Of Washington, Technical Report, 1952) http://hdl.handle.net/1773/15938
[3] Soil Science Society of America Journal (1998) 62, p. 1108-1115 https://doi.org/10.2136/sssaj1998.03615995006200040036x