Im Folgenden wird die Synthese von Komplexen des Platins beschrieben, die leider nicht so farbenprächtig sind wie die Kobaltkomplexe. Ausgangssubstanz ist Kaliumtetrachloroplatinat(II). Interessant ist der tetrakis-Triphenylphosphin-Komplex, der Platin in der Oxidationsstufe Null enthält.
Material/Geräte:
Zweihals-Rundkolben 100 ml und 250 ml, Magnetrührer, Tropftrichter, Quickfit mit Gaszuleitungsrohr, Destillierbrücke, Gasableitungsrohr, Schläuche, Aquarien-Luftpumpe, Saugflasche mit Nutsche, Glassintertiegel G3, Pipetten, Messzylinder 50 ml,
Chemikalien:
Kaliumtetrachloroplatinat(II)



cis-Diammindichloroplatin(II)



trans-Diammindichloroplatin(II)



Ammoniaklösung 25% und 6 N



Salzsäure 25%

Natriumnitrit



Ethanol 96% und absolut


Aceton


Triphenylphosphin



Kaliumhydroxid


Kaliumpermanganat




Wasserstoffperoxidlösung 3 %

Argon
Tetraamminplatin(II)-chlorid



Tetraamminplatin(II)-tetrachloroplatinat(II) (Magnus´sches Salz)



cis-Diammindinitroplatin(II)



cis-Diammintetrachloroplatin(IV)



trans-Diammintetrachloroplatin(IV)



tetrakis-Triphenylphosphinplatin(0)



Sicherheitshinweise:
Beim Kochen der ersten Ansätze gehen erhebliche Mengen Ammoniak flüchtig, weshalb Arbeiten in einer geschlossenen (Destillations-)Apparatur notwendig ist. Die Durchführung im Abzug ist zu empfehlen.
Versuchsdurchführung:
1. Tetraamminplatin(II)-tetrachloroplatinat(II) (grünes Magnus‘sches Salz)2
[Pt(NH3)4][PtCl4] – Molmasse: 600,1 g/mol
6,25 g Kaliumtetrachloroplatinat(II) (15 mmol) werden in ca. 35 ml Wasser gelöst und im Messkolben auf 50,0 ml aufgefüllt. Von der Lösung werden 25,0 ml in einem Zweihals-Rundkolben, an den eine Destillierbrücke angeschlossen ist, zum Sieden erhitzt und mit 6 ml conc. Ammoniaklösung versetzt. Beim weiteren Erhitzen klart die dunkelrote Lösung rasch auf und wird zuletzt klar hell-gelbbraun. Dann wird destillativ ziemlich weit eingeengt, mit 25 ml Wasser zugegeben und erneut eingeengt, bis kein Ammoniakgeruch mehr wahrnehmbar ist. Es wird abkühlen gelassen, mit Wasser auf 75 ml verdünnt und die Lösung erneut etwas erwärmt. Nun gibt man unter Rühren den - zuvor ebenfalls erwärmten - zweiten Teil der Tetrachloroplatinatlösung (25,0 ml) zu. Sofort fällt ein dichter dunkelgrüner Niederschlag aus, der recht voluminös ist (Anmerkung 1). Es wird noch einige Minuten gerührt, dann abgesaugt, auf der Nutsche mit 200 ml heißem Wasser in Portionen ausgewaschen und gut abgesaugt. Ein Teil des noch feuchten Niederschlags (etwa die Hälfte) wird zur anschließenden Darstellung von Tetraamminplatin(II)-chlorid (Präparat 2) verwendet, der andere Teil wird getrocknet, zerrieben und als Präparat 1 aufbewahrt.
Ausbeute: 1,65 g dunkelgrünes Pulver (2,75 mmol, entsprechend 5,5 mmol Platin), wasserunlöslich
Das Filtrat war bei mir noch deutlich blass-gelbbraun gefärbt, was mir nicht ganz erklärlich ist. Möglicherweise hatte ich nicht genug Ammoniak zugesetzt und es war nicht das gesamte Tetrachloroplatinat(II) in Tetraamminplatin(II) umgewanndelt worden. Das Filtrat wurde zur Rückgewinnung des darin enthaltenen Platins asserviert.
2. Tetraamminplatin(II)-chlorid (Chlorid der ersten Base von Reiset)2
[Pt(NH3)4]Cl2 – Molmasse 334,1 g/mol
Der zweite Teil des grünen Niederschlags von Präparat 1 wird im gleichen Zweihalskolben unter gutem Rühren in ca. 10 ml Wasser suspendiert und zum Sieden erhitzt. Es werden zuerst 15 ml konzentrierte Ammoniaklösung zugegeben und danach etwa alle 5 Minuten weitere 5 ml Ammoniaklösung, sowie zwischendurch nach Bedarf etwas Wasser, um das Volumen der Reaktionsmischung bei 25-30 ml zu halten. Nach etwa 40 Minuten klart die Mischung zunehmend auf und nach etwa 45 Minuten liegt eine klare, hell-gellbraune Lösung vor.
Nun wird durch den seitlichen Ansatz mit Hilfe einer Aquarienluftpumpe ein Luftstrom durch die Apparatur geleitet, der Kolbeninhalt auf ca. 10 ml eingeengt, dann 20 ml Wasser zugesetzt, erneut eingeengt und diese Prozedur im ganzen dreimal wiederholt, bis beim Öffnen des Stopfens kein Ammonaikgeruch mehr wahrnehmbar ist. Die Lösung wird über eine Glasfritte abgesaugt, mit 5-10 ml Wasser nachgewaschen und das Filtrat auf ca. 25 ml verdünnt. Es wird zunächst mit verdünnter Salzsäure gegen Lackmus eben sauer eingestellt (bei mir 3 Tropfen HCl 25 %) und dann 0,5 ml rauchende Salzsäure zugefügt.
Nun muss das Präparat möglichst rasch gefällt werden (Anmerkung 2). Man gibt die Lösung in ein 400 ml-Becherglas und setzt unter ständigem Rühren allmählich eine Mischung aus gleichen volumenteilen Ethanol (96%) und Aceton zu. Nach Zugabe von ca. 100 ml beginnt ein bleibender Niederschlag auszufallen und nach Zugabe von 200 ml (etwa 8-faches Volumen) ist die Fällung vollständig. Man lässt eine Viertelstunde stehen und überzeugt sich in einer Probe des klaren Überstandes durch Zugabe von noch etwas Alkohol-Aceton von der Vollständigkeit der Fällung. Dann wird abgesaugt, mit zweimal 25 ml der Alkohol-Aceton-Mischung gewaschen und getrocknet. Das Filtrat kann eingedampft und auf Platin weiterverarbeitet werden (Ich habe es verworfen).
Ausbeute: 2,07 g (6,2 mmol) feines, blass cremeweißes Pulver, leicht wasserlöslich
Gesamtausbeute Präparate 1 und 2: 11,7 mmol Platin = 78 %. Der hauptsächliche Verlust dürfte bei der unvollständigen Fällung des Präparates 1 aufgetreten sein.
Abb.: die verwendete Apparatur
Abb.: Die Präparate Tetraamminplatin(II)-tetrachloroplatinat(II) (oben) und Tetraamminplatin(II)-chlorid (unten)
3. cis-Diammindinitroplatin(II) (mod. nach[5])
[Pt(NH3)2(NO2)2] – Molmasse 321,1 g/mol
In einem kleinen Becherglas werden 2,24 g (5,4 mmol) Kaliumtetrachloroplatinat(II) unter Rühren in 20 ml Wasser gelöst und portionsweise 1,5 g (21,6 mmol) Natriumnitrit zugefügt, wobei sich die Farbe der Lösung zu Gelb aufhellt. Nun wird fast bis zum Sieden erhitzt und spatelspitzenweise weiter Natriumnitrit zugefügt, bis sich die Lösung entfärbt hat. Sie wird über einen Glasfiltertiegel abgesaugt und dieser mit 5 ml heißem Wasser nachgewaschen.
Das Filtrat wird in einem Kaltwasserbad abgekühlt und dann 1,8 ml 6 N Ammoniaklösung (10,8 mmol) zugegeben. Nach kurzer Zeit fällt in der wasserklaren Mischung ein flockiger weißer Niederschlag aus, der beim Stehen soweit zunimmt, dass sich ein dünner Brei bildet. Dieser wird auf einer Nutsche abgesaugt (geht gut) mit 3 x15 ml kaltem Wasser, dann mit 2 x 5 ml Ethanol 96% gewaschen und getrocknet.
Ausbeute: 1,46 g (85 %) feines weißes Pulver mit einem diskreten Stich ins Grünliche
Abb.: Entfärbung der Reaktionsmischung beim Zusatz von Natriumnitrit
Abb.: Fällen des Produktes
Abb.: Das Präparat
4. cis-Diammintetrachloroplatin(IV) (mod. nach[3])
[Pt(NH3)2Cl4] – Molmasse 371,1 g/mol
In einem 100 ml-Erlenmeyerkolben werden 42 ml Wasser und 3 ml Salzsäure 25 % zum Sieden erhitzt und darin 600 mg cis-Diammintetrachloroplatin(II) gelöst (notfalls noch etwas Wasser zugeben). Dann gibt man 2,5 ml einer lösung von 5 g Kaliumpermanganat in 100 ml Wasser zu, wobei sich das Permanganat rasch entfärbt und eine tief goldgelbe Lösung resultiert. Nun werden weitere 600 mg cis-Diammintetrachloroplatin(II) zugefügt, die sich erneut lösen und wieder mit 2,5 ml Kaliumpermanganatlösung oxidiert werden. Zuletzt wird tropfenweise Permanganatlösung zuegegeben, bis die Lösung einen rötlichgelben Ton annimmt. Das überschüssige Permanganat wird durch Zusatz eines Tropfens Wasserstoffperoxidlösung (3 %) reduziert, die Rektionsmischung in kaltem Wasser abgekühlt und dann zum Kristallisieren für einige Stunden in den Kühlschrank gestellt. Die ausfallenden Kristalle werden abgesaugt, mit wenig eiskaltem Wasser gewaschen und getrocknet.
Ausbeute: 1300 mg (87,5 %) hellgelbes, feines Kristallpulver
5. trans-Diammintetrachloroplatin(IV) (mod. nach[3])
[Pt(NH3)2Cl4] – Molmasse 371,1 g/mol
Im Erlenmeyerkolben werden wie oben 45 ml ca. 0,5N Salzsäure zum Sieden erhitzt (ich habe die Mutterlauge der Umkristallisation des trans-Diammintetrachloroplatin(II) verwendet, die mit Salzsäure versetzt worden war), 300 mg cis-Diammintetrachloroplatin(II) zugegeben und ggf etwas Wasser zugefügt, bis sich das Salz klar gelöst hat. Nun wird durch Zugabe von 1,25 ml Kaliumpermanganatlösung (5 g/100 ml) oxidiert. In der gebildeten, klar goldgelben Lösung werden ncoh zweimal 300 mg cis-Diammintetrachloroplatin(II) gelöst und jedesmal mit 1,25 ml Permanganatlösung oxidiert. Zuletzt wird wiede tropfenweise Permanganat zugegeben, bis ein leichter Überschuss vorliegt, der durch Wasserstoffperoxid beseitigt wird. Abkühlen, Kristallisation, absaugen und Waschen mit kaltem Wasser wie oben.
Ausbeute: 872 mg (78,3 %) leuchtend gelbes, kristallinisches Pulver mit einem Stich ins Grüngelbe
Um zu überprüfen, dass die Präparate 4 und 5 tatsächlich verschieden sind, und nicht etwa aus derselben Substanz verschiedenen Zerteilungsgrades bestehen, habe ich sie dem Kurnakov-Test6 unterzogen: je eine Spatelspitze Substanz wurde mit der doppelten Menge Thioharnstoff und 1 ml Wasser in einem kleinen Reagenzglas bis zur Lösung erhitzt, abkühlen gelassen und 1 ml Salzsäure 25 % zugegeben. Mit der cis-Verbindung entsteht dabei eine orangegelbe Lösung und mit Salzsäure fällt ein voluminöser, gelber Niederschlag aus. Das cis-Isomere gibt eine farblose Lösung, aus der sich ein dichter, schwerer weißer Niederschlag abscheidet.
Abb.: Darstellung der Diammintetrachloroplatin(IV)-Verbindungen
Abb.: die Präparate: oben cis- und unten trans-Diammintetrachloroplatin(IV)
Abb: Reaktion mit Thioharnstoff: links cis- und rechts trans-Diammintetrachloroplatin(IV)
6. tetrakis-Triphenylphosphinplatin(0)2
[Pt(P(C6H5)3)4] – Molmasse 1243,1 g/mol
Ein 250 ml-Zweihalskolben, der mit einem Rückflusskühler versehen ist, wird in ein Wasserbad gesetzt, dessen Temperatur während des Versuchs zwischen 60 und 65 °C gehalten wird (Anmerkung 3). Man legt im Kolben 5 g Triphenylphosphin (19 mmol) in 65 ml absolutem Ethanol vor und rührt, bis vollständige Lösung eingetreten ist. Man stellt eine Lösung von 1 g Kaliumhydroxid in 3 ml Wasser her, die mit 96%igem Ethanol auf 25 ml aufgefüllt wird. Davon lässt man 15 ml (8,9 mmol KOH - unter Annahme eines Gehaltes von 85 %) zu der Triphenylphosphinlösung fließen, die sich ganz leicht gelblich färbt. Nun wird über einen kleinen Tropftrichter, unter gutem Rühren und immer bei 60-65 °C, langsam eine Lösung von 1,8 g Kaliumtetrachloroplatinat(II) (4,35 mmol) zutropfen gelassen. Jeder Tropfen bewirkt eine gelbliche Trübung und nachdem die gesamte Menge zugegeben wurde (ca. 7 Minuten) ist der Kolbeninhalt zitronengelb gefärbt. Die Mischung wird nun in kaltem Wasser etwas abgekühlt, abgesaugt und der Nutschkuchen nacheinander mit 50 ml warmem Ethanol, 20 ml kaltem Wasser und 50 ml kaltem Ethanol gewaschen. Das Präparat wird soweit wie möglich trockengesaugt, in einem evakuierten Exsikkator über Schwefelsäure für 2-3 Stunden getrocknet, zerrieben und in Reagenzgläsern unter Argon eingeschmolzen. Das Filtrat mit den Waschlösungen habe ich zur Rückgewinnung des Ethanols über eine Füllkörperkolonne destilliert und den weißen Rückstand (Platinhaltig aber mit viel Triphenylphosphin vermengt) verworfen.
Ausbeute: 4,2 g (78%) feines, hellgelbes Pulver, das sich leicht elektrostatisch auflädt
Die Löslichkeit des Präparates wurde in Reagenzglasversuchen geprüft: Die Substanz löst sich weder in Wasser, noch in Salzsäure (6n) oder Natronlauge (4N). Auch in Benzin ist sie augenscheinlich völlig unlöslich. In Dimethylformamid und Chloroform löst sie sich mit goldgelber Farbe, wobei sich die Lösungen nach einiger Zeit entfärben, aber klar bleiben. Mit Diethylether (etwas mehr Volumen nötig) entsteht ebenfalls eine gelbe Lösung, die sich im Laufe der Zeit entfärbt, wobei sich ein weißer Niederschlag bildet.
Um die Zusammensetzung des Präparates zu überprüfen wurden 202,1 mg in einem ausgeglühten und tarierten Porzellantiegel im Freien erhitzt. Die Substanz schmolz zu einer dunkelroten Flüssigkeit und überzog teilweise die Tiegelwandungen. Unter Abgabe weißer Dämpfe, die benzolartig rochen, färbte sich der Tiegelinhalt grau bis schwarz. Nach dem Ausglühen und Erkalten im Exsikkator wurde das zurückgebliebene Platin ausgewogen. Gefunden wurden 32,8 mg = 16,22 %, was einen etwas zu hohen Gehalt darstellt (stöchiometrischer Gehalt: 15,68%).
Abb.: Fällen von tetrakis-(Triphenylphosphin)platin(0)
Abb: das Präparat, in Ampulle unter Argon eingeschmolzen
Abb: Löslichkeit in (v.l.n.r): Wasser – Ether – Chloroform – Dimethylformamid – Benzin
Abb.: Platinrückstand im Tiegel bei der Gehaltsbestimmung
Anmerkungen:
1. Bei der Fällung des Magnus’schen Salzes wäre es evtl. vorteilhaft, die Lösungen vor dem Vermischen stärker zu verdünnen. Keller1 gibt an, dass zur Fällung von 10 mmol die Tetraaminplatinatlösung auf 175 ml und die Tetrachloroplatinatlösung auf 50 ml verdünnt werden soll. Auf meine Mengen umgerechnet hätte das etwa 115 ml und 35 ml entsprochen. Dieses Detail der anscheinend so simplen Darstellung ist im Brauer5 nicht wiedergegeben.
2. Die Fällung muss ohne Verzögerung erfolgen, weil sich die Lösung verändert. Nach Zugabe der Salzsäure färbt sie sich langsam dunkler gelbbraun. Vermutlich tritt eine teilweise Substitution des Ammoniaks im Komplex durch Chlorid ein, wenngleich dies viel langsamer geschieht als umgekehrt (vgl. die Darstellung von cis- und trans-Diammindichloroplatin(II)!)
3. Bei zu hohen Temperaturen und zu langem Erhitzen könnte sich tris-Triphenylphosphinplatin(0) bilden. Außerdem wäre ein etwas größerer Überschuss von Triphenylphosphin (z.B. 5,15 g = 15 Mol%, wie in [2] angegeben) eventuell vorteilhaft.
Entsorgung:
Die Mutterlaugen und Abfälle und bei Bedarf die Präparate werden auf Platin recycelt oder kommen zu den anorganischen Abfällen
Erklärungen:
Im Tetrachloroplatinat(II)-Ion werden die Chlorid-Liganden beim Kochen mit Ammoniak rasch und quantitativ durch letzteres ersetzt. Mit einer äquimolaren Menge von Tetrachloroplatinat fällt das in Wasser unlösliche, dunkelgrüne Magnus’sche Salz aus
[PtCl4]2- + 4 NH3 ---> [Pt(NH3)4] 2+ + 4 Cl-
[PtCl4]2- + [Pt(NH3)4] 2+ ---> [Pt(NH3)4][PtCl4]
Zur Reindarstellung des Tetraamminkomplexes wird das Magnussalz wieder mit Ammoniak erhitzt
[Pt(NH3)4][PtCl4] + 4 NH3 ---> 2 [Pt(NH3)4]Cl2
Aus der Lösung, die jetzt keine Nebenprodukte mehr enthält, wird das gut wasslösliche Tetraamminplatin(II)-chlorid mit Ethanol-Aceton gefällt.
Die Darstellung des cis-Diammindinitroplatins(II) verläuft ganz analog derjenigen des Cisplatins unter Ausnutzung des trans-Effekts der Nitritliganden. Zunächst bildet sich das farblose Tetranitroplatinat(II):
[PtCl4]2- + 4 NO2- ---> [Pt(NO2)4] 2- + 4 Cl-
In diesem werden dann zwei Nitrit durch Ammoniak ersetzt und es resultiert cis-Diammindinitroplatin (II)
[Pt(NO2)4]2- + 2 NH3 ---> cis- [Pt(NO2)2(NH3)2] + 2 NO2-
Das schwer lösliche Präparat löst sich leicht in einem Überschuss von Ammoniak unter Bildung von [Pt(NO2)(NH3)3]NO2. Diese Lösung wird für galvanische Bäder zum Platinieren verwendet.
Oxidiert man die Diammindichloroplatin(II)-Komplexe in der Wärme, so bleibt die Konfiguration der Ammoniak-Liganden erhalten und es entstehen je nach Ausgangssubstanz die entsprechenden cis- bzw. [/I]trans[/I]-Diammintetrachloroplatin(IV)-Komplexe. Als Oxidationsmittel wird das Einleiten von Chlor in die erwärmte Suspension des Ausgangsstoffes (über Stunden!) beschrieben.4 Bequemer ist die Anwendung von Kaliumpermanganat, wobei im salzsauren Milieu pro Mol Platin zwei Val Permanganat verbraucht werden:
[Pt(NH3)2Cl2] + 2 Cl- ---> [Pt(NH3)2Cl4] + 2 e-
MnO2- + 8 H+ + 5 e- ---> Mn2+ + 4 H2O
Molmasse Diammindichloroplatin(II): 300,1 g/mol
Molmasse Kaliumpermanganat: 158,05 g/mol
Äquivalentmasse (im Sauren): 31,61 g/val
Durch die Umsetzung mit der stöchiometrischen Menge Permanganat von 63,2 mg auf 300 mg Edukt wird auch eine weitergehende Oxidation – wie sie bei Verwendung von Chlor beschrieben ist4 - bis zum Hexachloroplatinat(IV) vermieden und die Ausbeute verbessert. Eine Schwierigkeit war die relativ schlechte Löslichkeit der Edukte in Wasser, die sich insbesondere beim trans-Komplex nicht wesentlich von der des Produkts unterscheidet. Das Problem wurde so gelöst, dass, wie oben beschrieben, das Edukt portionsweise zugegeben und oxidiert wurde. So konnte eine befriedigende Ausbeute erzielt werden. Dass die Präparate tatsächlich verscheiden sind, zeigt der Reaktionsausfall mit Thioharnstoff. Welche Produkte dabei entstehen, ist mir nicht bekannt.
Erwärmt man Tetrachloroplatinat(II) mit einer alkalischen ethanolischen Lösung von Triphenylphosphin, so bildet sich interessanterweise ein Komplex, der Platin in der Oxidationsstufe Null enthält. Die Reduktion wird durch das Ethanol bewirkt, das seinerseits zu Acetaldehyd oxidiert wird:
K2[PtCl4] + 4 P(C6H5)3 + C2H5OH + 2 KOH ---> [Pt(P(C6H5)3)4] + CH3CHO + 4 KCl + 2 H2O
Dieses Präparat ist Ausgangssubstanz für eine Reihe weiterer Platinkomplexe mit organischen Liganden. Ein analoger Palladium(0)-Komplex wird in der organischen Chemie als Katalysator verwendet. Beim Kochen mit Ethanol spaltet die Substanz ein Mol Triphenylphosphin ab und es entsteht tris-Triphenylphosphinplatin(0). Dass mein Produkt einen etwas zu hohen Platingehalt aufweist, könnte auf einer teilweisen Zersetzung beruhen (obwohl die Temperatur genau eingehalten wurde), oder ich hätte einen größeren Überschuss an Triphenylphosphin anwenden müssen (dieses war schon einige Jahre alt und könnte einen gewissen Anteil an Triphenylphosphinoxid enthalten) – es könnte aber auch einfach an unzureichenden Glühen (unzersetzte Anteile unter dem spiegelartigen Belag an der Tiegelwandung) gelegen haben.
Die Triphenylphosphinplatin(0)-Komplexe sind an der Luft nicht stabil. Unter Oxidation und Aufnahme von Kohlendioxid bildet sich u.a. bis-(Triphenylphosphin)carbonatoplatin(II):
[Pt(P(C6H5)3)4] + ½ O2 + CO2 ---> [Pt(P(C6H5)3)2(CO3)] + 2 P(C6H5)3
Diese Reaktion läuft nach der Literatur2 auch in der benzolischen Lösung der Substanz ab und führt zur Ausscheidung eines weißen Niederschlages. Vermutlich ist in meiner etherischen Lösung dasselbe passiert. Das Präparat ist offenbar ein "Sensibelchen"! Ich hatte es in zwei Ampullen eingeschmolzen, wobei mir für die zweite kein Argon mehr zur Verfügung stand. In dieser ist die Substanz nach jetzt nach nur knapp drei Wochen bereits etwas bräunlich verfärbt und deutlich verklumpt!
Schlussbemerkung:
Erneut habe ich feststellen müssen, dass man Syntheseanleitungen aus der Sekundärliteratur nicht trauen kann! Die Anleitungen zur Darstellung der Präparate 1,2,4 und 5, die Brauer5 in seinem Standardwerk gibt, sind teils unvollständig, teils sachlich falsch. Bei der Darstellung des Magnus‘schen Salzes unterschlägt er die notwenige Verdünnung der Lösung, die in der Quelle1 detailliert angegeben wird. Zur Fällung des Tetraaminplatin(II)-chlorids gibt er die Zugabe von 10 ml Aceton-Alkohol auf 50 ml Flüssigkeit an, während es im Original klar heißt “… adjusted to about 50 ml … and … precipitated immediatly with ten volumes of a solution of equal parts of alcohol and acetone.“ Auch die Anleitung zur Darstellung der Präparate 4 und 5 bleibt sehr im Allgemeinen, macht keine Angaben zum Lösungsvolumen und die eingesetzte Kaliumpermanganatlösung (0,05 N = ca. 1,6 g/l !) ist viel zu schwach. Bei diesem Vorgehen ist ein Auskristallisieren der Präparate nicht zu erwarten. Man sollte bei Synthesen - so trivial sie auch erscheinen mögen - immer die Originalliteratur konsultieren!
Abb.: die im Rahmen der Versuche dargestellten Platin-Komplexe
Literatur:
1. Keller RN: Tetraammineplatinum(II)-chloride; Inorganic Syntheses 2 (1946): 250-253
2. Ugo N, Cariati F und LaMonica G: tris- and [/I]tetrakis[/I]-Triphenylphosphineplatinum(0); Inorganic Syntheses 11 (1968): 105-108
3. Jörgensen SM: Zur Konstitution der Platinbasen, III Mitteilung - Z. f. anorgan. Chemie 25 (1900): 368-369
4. Kauffmann GB: cis- and [/I]trans[/I]-Diammintetrachloroplatinum(IV); Inorganic Syntheses 7 (1963): 236-238
5. Ferdinand Brauer (Hrsg.): Handbuch der präparativen anorganischen Chemie; Ferdinand Enke Verlag Stuttgart 1975: S. 1721
6. Kurnakow N: Ueber complexe Metallbasen - Journal für Praktische Chemie 50 (1894): 481 - 507