2-Carboxy-2'-hydroxy-5'-sulfoformazyl-benzol Mononatriumsalz, [62625-22-3}
Zincon ist ein Metallochromer Indikator und photometrisches Reagenz aus der Klasse der Formazane. Wie der Name verrät, ist sein Haupt-Einsatzgebiet die Bestimmung von Zink. Erstmals vorgestellt wurde es von Rush und Yoe 1952[1] als colorimetrisches Reagenz auf Zn und Cu, bald schon fand es auch Anwendung als Indikator in der Komplexometrie. Es bildet zwar auch noch mit zahlreichen anderen Metallionen Komplexe, durch geeignete Maskierung / Demaskierung kann die Reaktion jedoch selektiv auf Zink gemacht werden[2]. Zincon zeigt im schwach alkalischen Bereich dabei einen wunderschönen Farbumschlag von kräftig orange nach klar blau.
Synthetisiert wird es wie üblich bei den Formazanen durch eine Diazo-Kupplung zwischen einem Phenylhydrazon und einem Diazoniumsalz in stark basischem Medium. Eine konkrete Vorschrift für dieses Produkt konnte ich nicht finden, sie wurde daher nach folgendem Reaktionsschema selbst entwickelt:
Geräte:
Bechergläser, Magnetrührer, Eisbad, Filternutschen
Chemikalien:
Anthranilsäure

Salzsäure


Natriumnitrit



Natriumhydroxid

Natriumsulfit
Essigsäure


Zink (Pulver)


Benzaldehyd

2-Aminophenol-4-Sulfonsäure

Natriumcarbonat

Methanol



o-Hydrazinobenzoesäure Hydrochlorid

Benzaldehydphenylhydrazon-o-carbonsäure

Zincon

Durchführung:
Synthese von o-Hydrazinobenzoesäure Hydrochlorid[4]:
13,7 g (100 mmol) Anthranilsäure wurden mit 30 ml konz. HCl (300 mmol) und 65 ml Wasser aufgelöst und im Kühlbad bei 0 °C mit einer Lösung von 7,25 g (105 mmol) Natriumnitrit in 20 ml Wasser diazotiert. In einem zweiten Becherglas wurden 53 g (420 mmol) Natriumsulfit und 12 g (300 mmol) NaOH in 210 ml aufgelöst. Nun wurde die Lösung der diazotierten Anthranilsäure in die Natriumsulfit-Lösung eingegossen, das Becherglas bedeckt und bis zum nächsten Tag stehen gelassen.
Am nächsten Tag wurden 17,5 ml (305 mmol) Essigsäure zugegeben und dann unter kräftigem Rühren portionsweise insgesamt 19,5 g (300 mmol) Zinkpulver in den dunkel orangen Ansatz eingetragen. Die Farbe verblasst dabei immer weiter bis der Ansatz schließlich fast farblos ist. Nun wurde von nicht umgesetztem Zink abfiltriert und 10 ml (120 mmol) konz. Salzsäure zugegeben. Erneut wurde über Nacht (ca 24 Stunden) stehen gelassen.
Am nächsten Tag wurden weitere 50 ml (600 mmol) konz. Salzsäure zugegeben. Achtung - durch den jetzt stark sauren pH kommt es dabei zum Ausgasen von SO2, dieser Vorgang ist unbedingt im Abzug durchzuführen! Es bildete sich bereits bald eine kleine Menge Niederschlag, das Becherglas wurde mit Plastikfolie und Alufolie gut bedeckt um weiteres Ausgasen von SO2 zu verhindern, diesmal wurde zur Vervollständigung der Abscheidung 3 Tage lang stehen gelassen.
Nach 3 Tagen war die Wand des Becherglases dicht mit einem fast reinweißen kristallinen Belag von o-Hydrazinobenzoesäure Hydrochlorid bedeckt. Der Belag und etwas abgesetzter Niederschlag wurden abgenutscht, etwas zerkleinert, mit etwas verd. HCl suspendiert (wobei noch etwas anhaftendes Sulfit zersetzt wird - ebenfalls Freisetzung von SO2!), erneut abgenutscht und getrocknet.
Ausbeute: 7,5 g (39,8% d.Th) eines weißen, kristallinen Pulvers.
Ein wesentlicher Teil des Ausbeuteverlusts ist beim Waschen des Produkts passiert, hier muss man offensichtlich etwas vorsichtiger vorgehen.
Synthese von Benzaldehydphenylhydrazon-o-carbonsäure:
7,3 g (39 mmol) o-Hydrazinobenzoesäure Hydrochlorid wurden in ca 130 ml Wasser unter leichtem Erwärmen gelöst und eine Lösung von 4,11 g (39 mmol) Benzaldehyd in ca 30 ml Ethanol (kein vergällter Spiritus!) unter gutem Rühren zugegeben. Bereits nach kurzer Zeit beginnt die Abscheidung des Hydrazons. Der Ansatz wurde noch gut gekühlt, das blassgelbe Produkt abgenutscht und mit Wasser nachgewaschen.
Ausbeute: 7,8 g (83,4% d.Th) eines blassgelben, kristallinen Pulvers.
Synthese von Zincon:
In einem 400 ml Becherglas in 150 ml Methanol wurden 11,5 g (285 mmol) NaOH aufgelöst und anschließend 7,7 g (32 mmol) Benzaldehydphenylhydrazon-o-carbonsäure zugegeben und unter leichtem Erwärmen gelöst. Die Lösung wurde anschließend im Eisbad auf ca. 5 °C abgekühlt.
Inzwischen wurden in einem 100 ml Becherglas 6,8 g (32 mmol; Gehalt war auf 90% bestimmt) 2-Aminophenol-4-Sulfonsäure in 32 ml Wasser suspendiert und durch langsame Zugabe von 2,25 g (21 mmol) Natriumkarbonat in Lösung gebracht. Die Lösung wurde im Eisbad gekühlt und noch 2,32 g (4,34 mmol) Natriumnitrit darin aufgelöst. In einem 150 ml Becherglas wurden 10 ml (100 mmol) konz. HCl vorgelegt und ca 35 g zerstoßenes Eis zugegeben wodurch sich die Salzsäure sehr stark abkühlte. Die Salzsäure wurde in einem Eisbad weiter gekühlt und nun langsam die Lösung von 2-Aminophenol-4-Sulfonsäure/Natriumnitrit zugetropft. Es bildet sich dabei eine braunrote Lösung des Diazoniumsalzes der 2-Aminophenol-4-Sulfonsäure.
Die Lösung des Diazoniumsalzes wurde nun unter gutem Rühren zur vorbereiteten, gekühlten alkalischen Lösung der Benzaldehydphenylhydrazon-o-carbonsäure gegeben. Dabei bildete sich sofort eine intensive dunkelrote Farbe. Es wurde noch 2 Stunden weiter gerührt um die Reaktion zu vervollständigen, dann wurde mit ca 18 ml Essigsäure angesäuert. Dabei fällt das Zincon als dunkelviolett-roter Niederschlag aus.
Der Niederschlag wurde abgenutscht und mit Wasser und etwas Ethanol nachgewaschen, das Produkt an der Luft getrocknet.
Ausbeute: 11,3 g (76,2% d.Th) eines dunkelvioletten kristallinen Pulvers.
Test von Zincon als Reagenz auf Metallionen:
In Reagenzgläsern wurde in einem Borax-Puffer von pH ca. 9 jeweils eine Spatelspitze an ZnSO4 bzw CuSO4 aufgelöst und ein paar Tropfen einer verdünnten ethanolischen Lösung von Zincon zugegeben. Mit Zn und Cu bildet sich sofort eine schön klar blaue Farbe, die Blindprobe ist leuchtend orange.
Entsorgung:
Abfälle kommen zu den halogenfreien organischen Abfällen.
Erklärung:
Setzt man das Diazoniumsalz der Anthranilsäure zunächst mit Natriumsulfit um, so bildet sich in alkalischer Lösung das kräftig orange und stabile Salz des Diazosulfonats. Dieses kann durch Zink zur Hydrazinsulfonsäure reduziert werden welche wiederum sauer zum Hydrazin hydrolysiert wird[3]: Nach diesem Schema lassen sich zahlreiche Amine erfolgreich in Hydrazine umsetzen.
Das Hydrazin kondensiert leicht mit Benzaldehyd zu Benzaldehydphenylhydrazon-o-carbonsäure. Aus 2-Aminophenol-4-Sulfonsäure und Natriumnitrit wird durch Diazotierung das Diazoniumsalz erzeugt, dieses reagiert in alkalischer Lösung nach bekanntem Mechanismus mit dem Phenylhydrazon zum Formazan.
Mit Metallionen bildet sich im pH-Bereich von 7 - 10 (optimal: 8,5 - 9,5) ein stabiler kräftig blauer Chelatkomplex[1]. Der Gebrauch eines NH3/NH4+ Puffers ist dabei zu vermeiden, da es anscheinend zu einer Konkurrenzreaktion des Aminkomplexes kommt und je nach Konzentration keine oder nur eine schwache Komplexbildung (Farbumschlag) mit dem Zincon erfolgt. Die Literatur empfiehlt einen Borsäure/NaOH Puffer, auch TRIS wird teils eingesetzt. Bei Titrationen mit EDTA kann Zincon direkt als Indikator genutzt werden, je nach Analyt ist auf die Querempfindlichkeit zu anderen Metallionen Rücksicht zu nehmen.
Für photometrische Zwecke der Zink-Bestimmung wird zum gepufferten Analyten zunächst Cyanid zugesetzt wodurch fast alle Metallionen als Cyanido-Komplexe maskiert werden. Zugabe eines Aldehyds oder Ketons (Formaldehyd, Chloralhydrat oder besonders empfohlen Cyclohexanon) setzt selektiv nur aus dem Zink-Cyanido-Komplex wieder das Zn frei indem die Cyanid-Ionen mit dem Keton zum Cyanhydrin reagieren. Auf dieser Basis kann Zink sowohl sehr spezifisch als auch empfindlich (Nachweisgrenze: 0,02 mg/l) bestimmt werden.[2]
Bilder: Diazotierung der Anthranilsäure im Kältebad
Diazotierte Anthranilsäure und Sulfit-Lösung bereit zur Reaktion
Orange Farbe des Diazosulfonats
Reduktion mit Zink - bereits deutlich hellgelb
Beendete Reduktion
Ausgeschiedene Kristalle des Hydrazinobenzoesäure Hydrochlorids
Ausgefallenes Hydrazon
Gekühlte Suspension von 2-Aminophenol-4-Sulfonsäure in Wasser
Diazotierte 2-Aminophenol-4-Sulfonsäure
Bildung von Zincon durch Reaktion mit dem Hydrazon
Das fertige Produkt
pH-Abhängigkeit der Farbe von Zincon (v.l.n.r. pH 4 / 7 / 10)
Farbumschlag von Zincon bei pH 9 (links) mit Zn (Mitte) und Cu (rechts)
Literatur:
[1] Analytica Chimica Acta (1952), 6, pp. 526-527 https://doi.org/10.1016/S0003-2670(00)86986-X
[2] Journal (Water Pollution Control Federation) (1979), 51, 10 pp. 2402-2412 https://www.jstor.org/stable/25040443
[3] Journal of the Washington Academy of Sciences (1927), 17, pp. 433-444 https://www.biodiversitylibrary.org/page/39914149
[4] Ber. dtsch. Chem. Ges. (1921), 54, pp. 1107-1117 https://doi.org/10.1002/cber.19210540529