Synthese von Bariumtetracyanoplatinat(II) (“Bariumplatinzyanür“)

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lemmi
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Synthese von Bariumtetracyanoplatinat(II) (“Bariumplatinzyanür“)

Beitrag von lemmi »

Synthese von Bariumtetracyanoplatinat(II) (“Bariumplatinzyanür“)

Das Bariumsalz der komplexen Tetracyanoplatin(II)-säure, das bei Einwirkung von energiereicher Strahlung lebhaft gelbgrün fluoresziert, ist ein auch historisch interessantes Präparat. Im Jahre 1895 entdeckte der Physiker Wilhelm Röntgen (1845-1923) in Würzburg, dass ein mit “Bariumplatinzyanür“ beschichteter Karton in der Nähe einer Kathodenstrahlröhre aufleuchtete – und zwar auch dann, als diese in lichtundurchlässiges, schwarzes Papier eingehüllt war. Röntgen experimentierte weiter mit den Strahlen, die er X-Strahlen nannte, und beobachtete, dass die Knochen seiner Hand auf dem Fluoreszenzschirm einen Schatten warfen, wenn er die Hand zwischen die Strahlenquelle und den Schirm hielt. Seine Entdeckung dessen, was später im deutschen Sprachraum “Röntgenstrahlen“ genannt wurde, war nicht nur für die Physik spektakulär. Sie revolutionierte auch die Medizin - “das Röntgen“ ist heute aus der Diagnostik nicht mehr wegzudenken.

Überraschenderweise findet man zu diesem Präparat keine einfache, gut ausgearbeitete Syntheseanleitung. Brauer[1] schreibt, man solle “eine Lösung von Kaliumtetrachloroplatinat(II) unter einem gut ziehenden Abzug in eine konzentrierte Kaliumcyanidlösung“ einfließen lassen, als ob mit der Freisetzung von Blausäure zu rechnen sei. Daraufhin kristallisiere Kaliumtetracyanoplatinat(II) aus, das dann auf nicht näher beschriebene Weise mit Bariumchlorid zum Bariumsalz umgesetzt werden soll. In Gmelin-Krauts Handbuch der anorganischen Chemie vn 1915 (V-3) werden nicht weniger als 6 Synthesewege genannt, die alle umständlich und unbequem sind (elektrolytische Oxidation von Platinblech in Ba(CN)2-Lösung, Einleiten von HCN-Gas in eine Mischung von BaCO3 und PtCl2, Kochen von Cu[Pt(CN)4] mit Ba(OH)2 etc.)[2].
Im Folgenden beschreibe ich meine Versuche, eine einfache und ergiebige Synthese auszuarbeiten. Die Ergebnisse der Experimente wurden nach der Versuchsbeschreibung in einer Syntheseanleitung zusammengeführt, die gesondert angegeben wird.


Material/Geräte:
Zweihals-Rundkolben 100 ml, Magnetheizrührer, Qucikfit mit Gaszuleitungsrohr, Gasableitungsrohr, Schläuche, Aquarien-Luftpumpe, Saugflasche mit Nutsche, Glassintertiegel G3, Pipetten, Messzylinder 50 ml,


Chemikalien:
Kaliumtetrachloroplatinat(II) Warnhinweis: t Warnhinweis: c Warnhinweis: xn
Kaliumcyanid Warnhinweis: t Warnhinweis: n
Bariumchlorid-Dihydrat Warnhinweis: t
Ethanol Warnhinweis: f Warnhinweis: attn
Methanol Warnhinweis: t Warnhinweis: f Warnhinweis: xn
Bariumtetracyanoplatinat(II) Warnhinweis: attn Warnhinweis: xn


Sicherheitshinweise:
Kaliumcyanid ist stark giftig und muss sehr vorsichtig gehandhabt werden. Bei dem Versuch können geringe Mengen Cyanwasserstoff freigesetzt werden, weswegen unter einem Abzug oder – wie hier – in einer geschlossenen Apparatur gearbeitet werden muss.


Versuchsdurchführung:
Zunächst wurden 4,15 g (10 mmol) Kaliumtetrachloroplatinat(II) unter Rühren in 30 ml Wasser gelöst. Mit einem Milliliter der Lösung wurde ein Reagenzglasversuch durchgeführt, indem vorsichtig, spatelspitzenweise festes Kaliumcyanid zugegeben wurde. Es trat eine Trübung auf, die beim Umschwenken verschwand und nach einiger Zeit entfärbte sich die Lösung völlig. Eine Gasentwicklung wurde nicht beobachtet und mit Reagenzpapier ließ sich kein Cyanwasserstoff nachweisen, jedoch trat eine erhebliche Erwärmung der Flüssigkeit auf.

Daraufhin wurde die gesamte Lösung in einen 100 ml Zweihalskolben gegeben, der auf dem Magnetrührer in ein Eiswasserbad gestellt wurde. Über den seitlichen Ansatz wurde mit Hilfe einer Luftpumpe ein Luftstrom in den Kolbenraum (nicht durch die Flüssigkeit!) geleitet und über einen Gasableitungsaufsatz mit Olive und Schlauch ins Freie abgeleitet. Dabei hatte ich eine Waschflasche (WF 1) mit etwas stark verdünnter Natronlauge zwischengeschaltet, um eventuell freiwerdenden HCN auffangen und später nachweisen zu können. Nun wurden im Laufe von 5 Minuten spatelweise 2,6 g (40 mmol) festes Kaliumcyanid zugegeben, indem der Gasableitungsstopfen gelüftet und nach jeder Zugabe wieder aufgesetzt wurde. Gegen Ende hellte sich die Flüssigkeit immer mehr auf und war zuletzt noch blassgelb gefärbt. Es wurde weiter spatelspitzenweise KCN zugesetzt, bis völlige Entfärbung eingetreten war (nochmals ca. 75 mg).

Die farblose Lösung wurde nun - immer im geschlossenen System - in einem Heißwasserbad (80-90 °C) erhitzt und 5 Minuten auf dieser Temperatur gehalten. Dann wurden 2,5 g (10 mmol) Bariumchlorid-Dihydrat in 4 ml Wasser heiß gelöst und auf einmal zugegeben. Es traten eine weiße Trübung und ein leichter weißer Niederschlag auf, wobei zunächst unklar war, ob es sich schon um das Zielprodukt handelte. Die Lösung wurde auf Zimmertemperatur abkühlen gelassen und dann in den Kühlschrank gestellt. Nach einigen Stunden hatten sich gelbe, nadelförmige Kristalle am Gefäßboden abgesetzt. Beim Umrühren ließ sich aber immer noch ein feiner weißer Niederschlag aufwirbeln, während die ziemlich schweren gelben Kristalle sich rasch absetzten. Es wurde nun die überstehende, trübe Flüssigkeit durch einen Glasfiltertiegel abgesaugt. Das klare Filtrat wurde benutzt um das Präparat erneut aufzuschlämmen und die Prozedur wiederholt, bis die Mutterlauge sich beim Umrühren nicht mehr trübte. Dann wurde der gelbe Niederschlag abgesaugt, auf der Nutsche mit wenigen Millilitern kaltem Wasser und zweimal 5 ml Ethanol 96 % gewaschen und getrocknet.

Ausbeute I: 1,9 g gelbe, nadelförmige Kristalle

Die Mutterlauge, die gegen Lackmus alkalisch reagierte, wurde erneut in der geschlossenen Apparatur unter Rühren und Durchleiten von Luft für 15 Minuten im heißen Wasserbad erhitzt um das Ethanol auszutreiben, wobei eine leere Waschflasche (WF 2) in die Gasableitung eingeschaltet wurde, in der sich einige Milliliter eines klaren Destillates sammelten. Dann wurden in der heißen Mutterlauge weitere 5 g Bariumchlorid-Hexahydrat gelöst und die wasserklare Lösung abgekühlt. Diesmal begann schon beim Abkühlen im Kaltwasserbad eine Kristallisation. Nach mehrstündigem Stehen im Kühlschrank hatte sich ein Bodensatz aus feinen gelbgrünen Kristallen gebildet, der abgesaugt, mit wenig kaltem Wasser und Ethanol gewaschen und getrocknet wurde.

Ausbeute II: 2,15 g fluoreszierend gelbgrüne, feine Kristalle

Gesamtausbeute: 4,05 g (80 %)

Die Mutterlauge wurde erneut mit 2,5 g Bariumchlorid erhitzt, beim Abkühlen wurde jedoch keine weitere Kristallisation beobachtet. Daraufhin wurde die farblose, aber leicht trübe, Flüssigkeit filtriert und eingedampft, wobei ein hell gelbgrüner, kristalliner Rückstand erhalten wurde. Aus diesem wurde versucht, das verbliebene Platin in konzentrierter, schwach salzsaurer Lösung durch Zinkpulver auszuzementieren, was jedoch nicht gelang: es bildete sich ein weißgrauer Niederschlag (vermutlich Zinktetracyanoplatinat(II)), der sich in Salzsäure vollständig auflöste, so dass der Rückstand verworfen werden musste.

Die in den Waschflaschen enthaltenen Flüssigkeiten wurden auf Anwesenheit von Cyanwasserstoff geprüft, indem sie mit etwas festem Eisen(II)-sulfat und einigen Tropfen 3N Natronlauge versetzt und dann mit 6 N Salzsäure übersättigt wurden. Bei der Flüssigkeit aus der WF 1 trat eine hellblaue Färbung auf, jedoch kein Niederschlag, so dass hier geringe Mengen Cyanwasserstoff zurückgehalten worden waren. Die Flüssigkeit aus WF 2 ergab eine negative Reaktion.

Eigenschaften der Präparate :
Präparat 1 besteht aus feinen, kurzen, zitronengelben Nadeln, die unter UV 365 und 254 nm hell gelbgrün fluoreszieren und in Wasser eine farblose, diskret trübe Lösung geben. Eine Probe von 100 mg wurde im Reagenzglas mit einem Milliliter der Mutterlauge von der zweiten Kristallisation bis zur Lösung erhitzt und abgekühlt. Die Substanz schied sich in kleinen gelbgrünen Kriställchen wieder aus.

Präparat 2 besteht aus einem feinen, gelbgrünen Kristallpulver, dessen Farbe der eines Textmarkers oder einer Fluoreszein-Lösung entspricht. Es fluoresziert im UV bei 365 und 254 nm ebenfalls hell gelbgrün. In Wasser gibt es eine farblose, völlig klare Lösung.

Beide Präparate sind in Ethanol (96%) nicht merklich löslich. Im Methanol lösen sie sich dagegen ziemlich gut und kristallisieren beim Verdunsten des Lösungsmittels wieder aus (probiert mit der gelben Varietät, Präparat 1: kleine, gelbe Kristalle).


Synthesevorschrift Barium-tetracyanoplatinat(II)
In einem 100 ml Rundkolben, der zur Kühlung in einem Eiswasserbad steht, legt man eine Lösung von 4,15 g (10 mmol) Kaliumtetrachloroplatinat(II) in 30 ml Wasser vor und trägt unter Rühren binnen etwa 5 Minuten 2,6 g (40 mmol) festes Kaliumcyanid ein. Die Lösung muss sich zuletzt vollständig entfärben, wenn nicht wird noch eine Spatelspitze Kaliumcyanid zugegeben. Die Reaktionsmischung wird nun im Heißwasserbad auf 80-90 °C erhitzt (Abzug oder geschlossenes System mit Gasableitung!), zunächst unter Rühren 1 g Bariumchlorid-Dihydrat zugegeben und beobachtet, ob eine weiße Trübung auftritt (Bariumcarbonat). Ist dies der Fall, wird heiß über einen Glasfiltertiegel abgesaugt und mit 3-4 ml heißem Wasser nachgewaschen In dem wasserklaren Filtrat wird zunächst der pH-Wert geprüft und gegebenenfalls mit einigen Tropfen Bariumhydroxidlösung leicht alkalisch eingestellt. Dann werden weitere 6,5 g Bariumchlorid (im Ganzen 30 mmol) heiß darin gelöst, die Lösung in kaltem Wasser abgekühlt und für einige Stunden in den Kühlschrank gestellt. Das ausgefallene Produkt wird abgesaugt, mit wenigen ml kaltem Wasser sowie mit Ethanol gewaschen und getrocknet. Ausbeute 4,0-4,1 g (ca. 80 % der Theorie) gelbgrünes feinkristallines Pulver oder gelbe nadelige Kristalle. Die Ausbeute kann erhöht werden, indem man die Mutterlauge eindampft, den trockenen Rückstand mit Methanol auszieht und diesen abdampft. Sollte die zweite Fraktion überschüssiges Kaliumcyanid erhalten, kann aus 15-20%iger, leicht alkalisch eingestellter Bariumchloridlösung umkristallisiert werden.


(Diese Vorschrift ist eine Synthese aus den oben beschrieben Versuchen und wurde in dieser Form nicht durchgeführt, sollte aber funktionieren)


Entsorgung:
Die Mutterlauge sowie das Produkt kommen zu den anorganischen Abfällen


Erklärungen:
Die Substitution von Chlorid durch Cyanid im Tetrachlorplatinat(II) geht in wässriger Lösung offenbar schnell und quantitativ vor sich:

K2[PtCl4] + 4 KCN ---> K2[Pt(CN)4] + 4 KCl

Molmasse Kaliumtetrachloroplatinat(II): 415,1 g/mol
Molmasse Kaliumcyanid: 65,1 g/mol

Das Kaliumtetracyanoplatinat(II) wird dann mit Bariumchlorid umgesetzt:

K2[Pt(CN)4] + BaCl2 ---> Ba[Pt(CN)4] + 2 KCl

Molmasse Bariumchlorid-Dihydrat: 244,3 g/mol
Molmasse Bariumtetracyanoplatinat(II)-Tetrahydrat: 508,5 g/mol

Da Kaliumcyanid häufig etwas Kaliumcarbonat enthält, kann dabei schwerlösliches Bariumcarbonat ausfallen, von dem abgesaugt werden muss, bevor man das “Bariumplatinzyanür“ auskristallisieren lässt.

Bariumtetracyanoplatinat(II) kristallisiert mit 4 Mol Kristallwasser (Ba[Pt(CN)4] + 4 H2O), die beim Erhitzen abgegeben werden, wobei das Salz weiß wird (ausprobiert). Es löst sich nach Literaturangaben zu 3 g in 100 ml Wasser, in Bariumchloridlösung ist es schwer löslich.[3] Laut Gmelin-Kraut[2] existiert es in zwei Varietäten, die ich offenbar auch im Rahmen meiner Versuche erhalten habe. Die eine ist gelb, die andere gelbgrün gefärbt. Erstere soll sich eher aus neutralen oder sauren, letztere eher aus schwach alkalischen oder Ba(CN)2 enthaltenden Lösungen ausscheiden. Beide lassen sich ineinander überführen. Für Fluoreszenzschirme und Spinthariskope wurde die grüne Form bevorzugt. Der Komplex scheint ziemlich stabil zu sein, da aus der Lösung des Salzes mit Zink kein Platin abgeschieden werden kann, was mit Tetrachloroplatinat(II) ohne weiteres gelingt.


Bilder:
Ausgangsstoffe.jpg
Ausgangsstoffe: Kaliumtetrachloroplatinat(II)-lösung und abgewogenes Kaliumcyanid resp. Bariumchlorid

Versuchsaufbau 1.jpg
die verwendete geschlossene Apparatur

Synthese 1.jpg
Synthese 2.jpg
Synthese 4.jpg
Synthese 5.jpg
Entfärbung der Kaliumtetracyanoplatinat(II)-Lösung unter Zugabe von Kaliumcyanid

Synthese 6.jpg
Trübung nach Zugabe von Bariumchlorid

Synthese 7.jpg
Präparat 1 Nutsche.jpg
Auskristallisieren der ersten Fraktion, Absaugen

Versuchsaufbau 3.jpg
Abdampfen des Ethanols aus der Mutterlauge

Präparate im vis.jpg
Präparate im UV.jpg
die Präparate 1 (kleines RG) und 2 (großes RG] bei Tageslicht und im UV. Der Farbunterschied kommt auf den digitalen Bildern nicht so gut heraus. In Wirklichkeit ist das Präparat 2 “neongrün“ gefärbt.

Cyanidprobe.jpg
nur schwach positive Berlinerblau-Reaktion im Wasser aus der Waschflasche 1



Literatur:
1. Georg Brauer (Hrsg.): Handbuch der präparativen anorganischen Chemie; Ferdinand Enke Verlag Stuttgart 1975: S. 1721
2. Gmelin-Krauts Handbuch der anorganischen Chemie; 7. Auflage Band V Abteilung 3, Carl Winters Universitätsbuchhandlung Heidelberg 1915: S. 844 – 847
3. Ludwig Vanino: Handbuch der präparativen Chemie; Verlag von Ferdinand Enke Stuttgart 1913: Band 1 S. 382
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mgritsch
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Re: Synthese von Bariumtetracyanoplatinat(II) (“Bariumplatinzyanür“)

Beitrag von mgritsch »

Nice, genau so einfach wie man es sich wünscht. :thumbsup: Man fragt sich nur warum es die Literatur bisher komplizierter gemacht hat?

Führst du die 80% Ausbeute auf die restliche Löslichkeit zurück oder waren die Ausgangsstoffe nicht rein genug? Könnte sich ein CN/Cl Mischkomplex bilden der besser löslich ist (und mehr CN Überschuss würde dann helfen?)

Wie beständig ist das Produkt gegen Säure? Könnte man es mit verd. HCl behandeln um BaCO3 auszuwaschen?
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Seaborg
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Re: Synthese von Bariumtetracyanoplatinat(II) (“Bariumplatinzyanür“)

Beitrag von Seaborg »

Eine wunderschőne anorganisch-präparative Arbeit, die jedem alten Radiologen Tränen der Rührung und der Dankbarkeit in die Augen treibt. :cry:

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lemmi
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Re: Synthese von Bariumtetracyanoplatinat(II) (“Bariumplatinzyanür“)

Beitrag von lemmi »

Der Komplex scheint gegen verdünnte Säuren in der Kälte stabil zu sein. Wenn man das Bariumcarbonat auswaschen wollte, würde sich allerdings ein Teil des Produkts ebenfalls wieder lösen. Es ist wahrscheinlich besser, es vorher abzufiltrieren.

Die Ausbeute von 80% führe ich auf Restlöslichkeit zurück. Auch hier habe ich den Verdacht, dass die Löslichkeit besser ist als das von der Literatur angegebene 1g in 33 ml, denn das war ungefähr die Löslichkeit die ich in meinem Ansatz beobachtet habe, als bereits eine 22,5%ige Bariumchloridlösung vorlag. Die Ausgangsstoffe waren hinreichend rein. Das KCN (frisch titriert) 98%, das Kaliumtetrachloridoplatinat war verunreinigt und musste von etwas grau-gelben Sediment, wohl fein verteiltes Platin und -hexachloroplatinat(IV), filtriert werden. Dennoch dürfte das nicht so viel ausgemacht haben. Außerdem habe ich die Eduktmenge um 3% erhöht.

Ich weiß nicht, ob Chloro-Cyano-Komplexe existieren. Das heißt, existieren tun sie bestimmt, aber ob sie sich unter den gegebenen Umständen bilden? Das Chlorid dissoziiert aus Komplexen ja relativ leicht weg und das Cyanid bindet sich sehr stark. Der Verlauf mit vollständiger Entfärbung der Lösung ziemlich genau beim Zusatz der stöchometrisch berechneten Menge spricht meines Erachtens dafür, dass die Reaktion sehr glatt verläuft.
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lemmi
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Re: Synthese von Bariumtetracyanoplatinat(II) (“Bariumplatinzyanür“)

Beitrag von lemmi »

Habt ihr einen Vorschlag, wie ich einen "Schirm" mit dem Präparat beschichten kann, ohne allzu viel zu verschwenden? Ich habe ein bisschen von der gelben Variante geopfert und versucht, das Pulver mit Tapetenkleister oder verdünntem Alleskleber anzuteigen und auf Karton aufzupinseln. Das Ergebnis war aber schlecht: die Schicht ist äußerst ungleichmäßig, deckt nicht und fluoresziert irgendwie mau (vielleicht absorbiert das Bindemittel UV?)

Ich habe mir überlegt, kleinere Brötchen zu backen, einen Objektträger dünn mit farblosem Lack zu bestreichen und dann das gepulverte Präparat einfach darüber zu streuen. Was hängen bleibt, bleibt hängen und der Überschuss fällt ab. Was haltet ihr davon?
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Re: Synthese von Bariumtetracyanoplatinat(II) (“Bariumplatinzyanür“)

Beitrag von Seaborg »

Was willst du dann damit machen?
Vllt. koentest du auch etwas zwischen zwei duenne Glasscheibchen pressen und die Fluoreszenz von der Rueckseite beobachten?
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Uranylacetat
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Re: Synthese von Bariumtetracyanoplatinat(II) (“Bariumplatinzyanür“)

Beitrag von Uranylacetat »

Das ist ein schöner Ausflug in die Zeit des Wilhelm Röntgen und die Anfänge der Fluoroskopie einfach klasse! :thumbsup:

Meine Idee wäre, eine kleine unglasierte dünne Porzellanplatte direkt mit dem Präparat zu beschichten und Wasserglas als Bindemittel zu verwenden. Diese kleinen unglasierten Porzellanplatten gibt es im Juwelierbedarf. Dort werden diese für Abstriche von Schmuckstücken zur Prüfung auf den Goldgehalt mit Prüfsäure verendet …
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Re: Synthese von Bariumtetracyanoplatinat(II) (“Bariumplatinzyanür“)

Beitrag von mgritsch »

Sehr fein (!) mahlen sollte für eine Gleichmäßigkeit helfen, ich nehme für meinen Vorschlag mal Anleihe bei DC-Platten - die arbeiten mit ca 10% Gips-Anteil als Binder (am besten gleich mit vermahlen), sollte auf verschiedenen Trägermaterialien gut klappen :)
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lemmi
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Re: Synthese von Bariumtetracyanoplatinat(II) (“Bariumplatinzyanür“)

Beitrag von lemmi »

Aber womit "anteigen"? Oder einfach Gips und Wasser nehmen?
Was willst du dann damit machen?
Gucken, ob es aufleuchtet wenn ich mein Heinrichit-Stückchen drauflege...
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Re: Synthese von Bariumtetracyanoplatinat(II) (“Bariumplatinzyanür“)

Beitrag von mgritsch »

lemmi hat geschrieben: Montag 16. Januar 2023, 22:20 Aber womit "anteigen"? Oder einfach Gips und Wasser nehmen?
Klar, würde es versuchen wie beim DC Platten machen. Gips/Platinat verreiben, mit Wasser streichfähig anteigen, auf Glasplatte ausgießen, trocknen lassen.
Die Löslichkeit in Wasser könnte sogar helfen eine gleichmäßige Verteilung zu erzielen und eine Reaktion mit CaSO4 ist nicht zu erwarten. Schichtdicke ist gut kontrollierbar über Feststoffmenge/Fläche, der weiße Gips hilft eventuell sogar bei der Sichtbarkeit der Fluoreszenz. Heinrichit Probe würde ich auf die Glasseite legen um Kratzer zu vermeiden, super stabil ist es vermutlich nicht. Mit dem Gips-Anteil kann man mit kleinen Pröbchen spielen, vielleicht braucht es auch 15 oder 20%?
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Uranylacetat
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Re: Synthese von Bariumtetracyanoplatinat(II) (“Bariumplatinzyanür“)

Beitrag von Uranylacetat »

Oder Du machst es wie der Entdecker der X-Strahlen: Das Bariumplatinzyanür mit einem Bindemittel gemixt auf Papier aufstreichen ...

https://nat.museum-digital.de/object/763200?navlang=de

Vorläufige Mitteilung des Herrn Röntgen von Dezember 1895:

"Lässt man durch eine Hittorf’sche Vacuumröhre, oder einen genügend evacuirten Lenard’schen, Crookes’schen oder ähnlichen Apparat die Entladungen eines grösseren Ruhmkorff’s gehen und bedeckt die Röhre mit einem ziemlich eng anliegenden Mantel aus dünnem, schwarzem Carton, so sieht man in dem vollständig verdunkelten Zimmer einen in die Nähe des Apparates gebrachten, mit Bariumplatincyanür angestrichenen Papierschirm bei jeder Entladung hell aufleuchten, fluoresciren, gleichgültig ob die angestrichene oder die andere Seite des Schirmes dem Entladungsapparat zugewendet ist. Die Fluorescenz ist noch in 2 m Entfernung vom Apparat bemerkbar."

Heinrichit …, zufälligerweise im Schmiedestollen in Wittichen gefunden? :mrgreen:
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Re: Synthese von Bariumtetracyanoplatinat(II) (“Bariumplatinzyanür“)

Beitrag von lemmi »

@mgritsch: Hast du schon mal DC Platten gegossen? Ich noch nie. Soweit ich mich erinnere wurden die auch nicht gegossen sondern eher mit einem speziellen streichgerät bestrichen.

@uranyl: das mit dem Bindemittel habe ich ja probiert und es hat nicht gut funktioniert, auf Papier schon gar nicht. Vielleicht habe ich aber einfach zu dünn aufgetragen
Ja, der Heinrichit ist aus dem Stollen in Wittichen, hat mein Cousin dort gefunden. :)
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Re: Synthese von Bariumtetracyanoplatinat(II) (“Bariumplatinzyanür“)

Beitrag von Uranylacetat »

@lemmi,

Platin-Verbindungen und ihre Edukte sind halt doch etwas zu teuer und man möchte gerne die sinnvoll einsetzen. Da verstehe ich schon, dass man sparsamer umgeht.

Beim Heinrichit bin ich nicht so sicher, ob die Energie der Gammastrahlung ausreicht, eine ausreichende Menge Bariumplatinzyanür aufleuchten zu lassen. Die X-Strahlen aus der Zeit Ende des 19./Anfang des 20. Jhdt. waren ja ein ganz anderes Kaliber ... :wink:
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Re: Synthese von Bariumtetracyanoplatinat(II) (“Bariumplatinzyanür“)

Beitrag von lemmi »

In den Sphintariskopen werden die Lichtblitze soweit ich erinnere hauptsächlich durch Betastrahlen ausgelöst. Das ist es eigentlich, was ich zu sehen hoffe! Deswegen ist es wahrscheinlich nicht sinnvoll, das Mineral auf die andere Seite der mit BaPtCy4 beschichteten glasplatte zu legen.
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Re: Synthese von Bariumtetracyanoplatinat(II) (“Bariumplatinzyanür“)

Beitrag von virgil »

Wenn du das BaPtCy4 auf Papier auftragen willst , versuch doch mal Polyvinylalkohol ( als 20%ige Wässrige lösung von Polyvinylalkohol Typ 8/88 ) wird auch als basis für die meisten gängigen Fingermalfarben verwendet, auch geeignet für Glasbeschichtung
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