Hochselektiver Kupfer-Nachweis

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lemmi
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Re: Hochselektiver Cu-Nachweis

Beitrag von lemmi »

Der Denkfehler, wenn du es so nennen willst, besteht darin, dass das Iodid nicht von sich aus die Eisenthiocyanatlösung entfärbt, sondern nach Zugabe von Natriumthiosulfat und dadurch Kupfer vortäuscht. Will man die Störung sicher vermeiden, so gibt es keine andere Möglichkeit als seine Anwesenheit auszuschließen, zumindest in größeren Mengen. In kleinen Mengen ist die Katalyse so viel langsamer als die des Kupfers, dass es nicht wirklich stört. Man darf halt mit der Erfassungsgrenze des Kupfers nicht allzu anspruchsvoll sein... :wink:

Danke für die netten Grüße! :dita:
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Seaborg
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Re: Hochselektiver Cu-Nachweis

Beitrag von Seaborg »

Wenn ich zu einer verdünnten Eisen-thiocyanat-Lösung kaliumjodid zugebe, entfärbt sich diese, je nach zugesetzter Menge, bis hin zu einer hellbräunlich gefärbten "Endlösung", die sich dann mit Na-thiosulfat noch weiter bis nahezu farblos aufhellen läßt.
Deshalb vermutete ich, daß auch das im Fe-thiocyanat-Molekül gebundene 3-wertige Eisen aus KI Iod freizusetzen imstande ist und damit als "Vorprobe" für den katalytischen Cu-Nachweis geeignet wäre.
Glaskocher
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Re: Hochselektiver Cu-Nachweis

Beitrag von Glaskocher »

Ist diese Entfärbung mit Iodid ähnlich, wie die Farbaufhellung durch Zusatz von Brine zur Eisen(III)thiocyanat-Lösung? Oder ist die Aufhellung mit Iodid deutlicher?

Hintergrund: Wenn man eine deutlich rote Eisen(III)thiocyanat-Lösung mit dem gleichen Volumen Brine versetzt, dann hellt sich die Farbe deutlich stärker auf, als bei Verdünnung mit reinem Wasser, da das Chloriod in Konkurrenz zum Thiocyanat am Eisen ist. Ein weiterer Zusatz an Thiocyanat vertieft die "gelöschte" Färbung wieder und kommt näher an die nur mit Wasser verdünnte Farbe.
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Seaborg
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Re: Hochselektiver Cu-Nachweis

Beitrag von Seaborg »

Keine Ahnung, was Brine ist. :oops:
Ist es das?
https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q= ... Ttqj2CYRSQ

Ich habe zur tiefdunkelroten Fe-thiocyanat-Lösung festes KI zugegeben und die Aufhellung ist so, daß ich (unwissender) vermuten könnte, es finde folgende Reaktion statt:
Fe(SCN)3(tiefrot) + 2KI = Fe(SCN)2(farblos) + I2 + alles andere.
Das entstehende Iod führt dazu, daß sich die Lösung nicht bis wasserklar aufhellt; dies erst nach Zugebe von -thiosulfat (als weiterer Nachweis der Iodbildung)
Glaskocher
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Re: Hochselektiver Cu-Nachweis

Beitrag von Glaskocher »

Nee, ich meinte eine gesättigte Kochsalzlösung. Sorry, zuviel LaborDenglisch in letzter Zeit gesprochen...
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lemmi
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Re: Hochselektiver Cu-Nachweis

Beitrag von lemmi »

Der Punkt ist, dass man zur Entfärbung von Eisenthiocyanat mit Iodid alleine eine stöchiometrische - und damit ziemlich große -Menge benötigt, während bei Zusatz vom Natriumthiosulfat eine kleine - katalytische - Menge ausreicht (siehe den von mgritsch diskutierten Mechanismus weiter oben).

[OT] wie um alles in der Welt kommt man auf die Bezeichnung "Brine" für gesättigte Kochsalzlösung?![/OT]
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Glaskocher
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Re: Hochselektiver Cu-Nachweis

Beitrag von Glaskocher »

Das kommt aus der englischen Literatur. Oft wird das letzte Ausschütteln mit "Brine" gemacht, bevor man mit Natriumsulfat trocknet.
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Seaborg
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Re: Hochselektiver Cu-Nachweis

Beitrag von Seaborg »

Also Jungens,

ich versuche nochmals zu erläutern, was ich in den letzten Beiträgen dieses "threads" versucht habe, 'rüberzubringen.
Der ursprüngliche Einwand von mgritsch war ja, daß Jodid in der Probelösung ebenfalls zu einer Entfärbung der Eisen(III)-thiocyanatlösung führen kann, indem das KI durch das Fe3+ zu I2 oxidiert und dieses dann durch überschüssiges Thiosulfat wiederum entfärbt wird, sodaß durch Iod Kupfer vorgetäuscht werden könnte.

Auch wenn lemmi nachgewiesen hat, daß der (wahrsch. ja nicht katalytische) Effekt des Iodid weitaus geringer ausgeprägt ist als der katalytische durch Kupfer, bleibt natürlich dennoch eine Störung durch das Halogenion.

Mein Ansatz war nun, Iodid deshalb in der Probe vorab nachzuweisen (bzw. besser auszuschliessen), indem man zunächst einen Teil der Probelösung in einen stark verdünnten kleinen Anteil der Eisen(III)-thiocyanat-Lösung (natürlich ohne Thiosulfat) gibt und beobachtet, ob es eine Entfärbung gibt.
Neu möchte ich nun die Empfehlung hinzufügen, zu dieser Lösung anschliessend ein paar Tropfen Stärkelösung hinzuzufügen, sodaß dann eine Blaufärbung auch kleinste Mengen Iodid nachzuweisen imstande ist.

Wenn hierdurch kein Iod nachgewiesen werden kann, ist die Probe hochselektiv, auch dadurch, daß lemmi Störungen durch Arsenat, Platin (!), Blei, Cobalt, Quecksilber, Silber, Zink und auch Schwankungen durch pH-Veränderungen weitesgehend ausgeschlossen hat.

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Re: Hochselektiver Cu-Nachweis

Beitrag von Glaskocher »

Man müßte in der Reihenfolge Eisen(III)thiocyanat, Probe, warten, Stärke, Thiosulfat, nochmal warten vorgehen, um größere Mengen Iodid nachweisen zuu können. Sobald das Thiosulfat zugegeben ist reduziert es sowohl das Blassbraun vom iod alsauch das Eisen unter Cu-Katalyse.

Inzwischen sehe ich es auch so, daß die rascheste Entfärbung nur mit Cu stattfindet. Alle Anderen arbeiten langsamer, aber man braucht Ergahrung, um mit dieser Methode zu arbeiten. Trotzdem ist sie eine sehr interessante Methode, die nicht überall gelehrt wird. Ob man sie auch im Quali-Praktikum anwenden wird weiß ich nicht. Dazu müßte man noch Störungen durch Reduktionsmittel (Sulfit, Ascorbat, Oxalat, ...) betrachten.
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lemmi
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Re: Hochselektiver Cu-Nachweis

Beitrag von lemmi »

Aber die Metalle werden doch gefällt und so von störenden Anionen abgetrennt. Nur bei einer Analyse mit der Ausgangssubstanz träte so ein Problem auf.
Das Ausfällen, z.B. als Sulfid, wäre überhaupt auch ein Weg der Iodid-Problematik (dürfte bei den Seaborg vor allem beschäftigenden Mineralanalysen überhaupt kaum vorkommen) aus dem Weg zu gehen.
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Re: Hochselektiver Cu-Nachweis

Beitrag von Seaborg »

Glaskocher hat geschrieben: Sonntag 21. August 2022, 18:37
Dazu müßte man noch Störungen durch Reduktionsmittel (Sulfit, Ascorbat, Oxalat, ...) betrachten.

Das ist natürlich richtig und man sollte die Anwesenheit von Reduktionsmitteln (für Fe3+) oder von (stärkeren) Maskierungsmitteln vorab ausschließen, da insbesondere die Reduktionsmittel naturlich auch das Kupfer zum Cu+ reduzieren und damit den Test sowieso sinnlos machen.
Wenn natürlich die Reduktionsmittel, sagen wir Oxalat, in einer zum Cu2+ stöchiometrisch deutlich niedrigeren Konzentration vorlägen, würden diese vom Überschuss des Fe3+ aufgefangen (mit dem Resultat einer etwas weniger intensiv rot gefärbten Eisen(III)-thiocyanat-Lösung) und das Kupfer, das dann vom verbliebenen Fe3+-Überschuss im Ox.Zustand 2+ gehalten würde, würde dann seine katalytische Wirkung bis zur Entfärbung der Lösung ausüben.
Man sieht auch an der Dynamik der Entfärbung, ob eher eine stöchiometrische Umsetzung stattfindet (rasche Umsetzung bis zum Verbrauch des Red.Mittels) oder ein katalytischer Prozeß (vollständige Entfärbung mit unterschiedlicher Geschwindigkeit, je nach Kupferkonzentration)
Wenn trotz stark vermuteter Anwesenheit von Cu in der Probe der Test negativ ausfiele, hätte man mit diesem Test
viewtopic.php?f=33&t=5910
eine starke Absicherung.
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Seaborg
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Re: Hochselektiver Cu-Nachweis

Beitrag von Seaborg »

Habe meinen ursprünglichen Beitrag überarbeitet und die interessanten Untersuchungen von lemmi bezüglich der Störungen eingearbeitet.

Seaborg
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lemmi
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Re: Hochselektiver Kupfer-Nachweis

Beitrag von lemmi »

EDIT by lemmi: korrekturgelesen, einzelne missverständlich formulierte Sätze umgeändert und verschoben
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