Fluorid gehört zu den Anionen, deren Nachweis nicht ganz einfach ist. Im Gegensatz zu den anderen Halogeniden steht keine ausreichend spezifische Fällungsreaktion zur Verfügung. Größere Mengen lassen sich mit der Ätz- oder Kriechprobe erkennen. Aber in Gegenwart anderer Anionen oder bei kleinen Mengen im Analysengut sind diese Methoden sehr unsicher.
Im Folgenden wird ein Verfahren dargestellt, das es erlaubt, auch kleine Mengen von Fluorid neben großen Mengen anderer Anionen sicher nachzuweisen. Die Methode bedient sich der Eigenschaft des Fluorwasserstoffes, mit Silikaten flüchtiges Siliziumtetrafluorid zu bilden, was eine hohe Selektivität des Nachweises erlaubt. Ihre Erfassungsgrenze liegt nach meinen Versuchen bei etwa 10 µg Fluorid in der Probe.
Material/Geräte:
Reagenzglas mit seitlichem Ansatz, Schlauchstücke, rechtwinklig gebogenes Glasrohr, spitz ausgezogenes rechtwinklig gebogenes Glasrohr, durchbohrter Stopfen, Hand-Gummiballgebläse, Reagenzgläser 10 x 100 mm, 50 ml-Erlenmeyerkolben, Siedesteine, Spiritusbrenner, Dreifuß mit Drahtnetz, kleines Stativ, Pipetten mit ml-Einteilung, Uhr
Chemikalien:
Schwefelsäure konzentriert, p.a.

Ammoniummheptamolybdat

Salpetersäure 2,5 M (15%)


Benzidin



Essigsäure 1N

Ammoniumacetat
Kieselgur
Ammoniaklösung 25%



Natriumfluorid

Natriumcarbonat p.A.

Calciumchloridlösung 6% (ca. 0,5 M)

Analysengut:
Flußspat
Knochenasche
Zahnpasta
Speisesalz, fluoridiertes
Sicherheitshinweise:
Benzidin ist ein nachgewiesenes Karzinogen und kann durch die Haut resorbiert werden. Beim Arbeiten Handschuhe tragen!
Versuchsdurchführung:
Benötigt werden folgende Reagenzlösungen:
Ammoniummolybdatlösung, ca 0,5 M : 880 mg Ammoniumheptamolybdat werden mit 0,1 ml Ammoniaklösung in dest. Wasser zu 10,0 ml gelöst. Die Lösung wird filtriert und ist in einer Kunststofflasche aufzubewahren!
Ammoniumacetatlösung 5M : 3,85 g Ammoniumacetat werden in dest. Wasser zu 10,0 ml gelöst. Die Lösung sollte jedesmal frisch bereitet werden.
Benzidiniumacetatlösung 0,005 M : 9 mg Benzidin werden im Reagenzglas in 2 ml 1N Essigsäure unter leichtem Erwärmen gelöst und 8,0 ml Wasser zugegeben. Im Kühlschrank einige Zeit haltbar.
Vor der Durchführung der Analyse ist jedes Mal eine Blindprobe mit den verwendeten Reagenzien durchzuführen, da der Nachweis sehr empfindlich ist (siehe Anmerkungen)! Dazu gibt man 1 ml des eingesetzten Wassers in ein Reagenzglas und fügt der Reihe nach je 2 Tropfen Salpetersäure, Ammoniummolybdatlösung und Benzidinlösung sowie 1 ml Ammoniumacetatlösung hinzu. Es darf keine Blaufärbung auftreten, auch nicht bei der Aufsicht auf das Reagenzglas von oben! Andernfalls ist anderes Wasser (in Kunststoffgefäßen aufbewahrt, ggf. frisch destilliert) und frisch angesetzte Reagenzlösungen zu verwenden. Zumindest ein Mal sollte man auch in einem Leerversuch testen, ob die verwendete Schwefelsäure und Kieselgur frei von Fluorid sind.
Für die Analyse wird der folgende Versuch aufgebaut:
Abb: Versuchsaufbau zum Fluoridnachweis
In das Reagenzglas mit Ansatz gibt man etwa 10 mg Analysengut, eine Spatelspitze Kieselgur und 1 ml konzentrierte Schwefelsäure. In die Säure ragt der lange Schenkel des Winkelrohres, so dass mittels des Handgebläses Luft durch die Reaktionsmischung geleitet werden kann. Das Reagenzglas hängt in einem kleinen Wasserbad (Erlenmeyerkolben mit Siedesteinen). An den seitlichen Ansatz ist ein Winkelrohr angeschlossen, dass zu einer Spitze ausgezogen ist und in einem kleinen Reagenzglas endet, das mit 1 ml dest. Wasser beschickt ist.
Das Wasserbad wird angeheizt und sobald es siedet wird ein langsamer (!) Luftstrom durch die Apparatur gepumpt. Die Luft perlt durch das im Reagenzglas vorgelegte Wasser (wenn man zu schnell pumpt, droht das Wasser aus dem Reagenzglas geschleudert zu werden! Vorsicht!). Nach fünf Minuten (Uhr!) wird der Versuch abgebrochen. Man zieht das spitze Winkelrohr aus dem Wasser und bläst darin verbliebene Reste noch in die Vorlage aus.
Das Wasser in der Vorlage bleibt klar und makroskopisch unverändert. Nun werden die Reagenzien hinzugegeben (Reihenfolge einhalten!) und jedes Mal kurz geschüttelt:
2 Tropfen Salpetersäure 2,5 M
2 Tropfen Ammoniummolybdatlösung 0,5 M
2 Topfen Benzidiniumacetatlösung 0,005 M
1 ml Ammoniumacetatlösung 5 M
Bei Anwesenheit von Fluorid färbt sich die Flüssigkeit nach Zugabe des Ammoniumacetats mehr oder weniger stark blau. Die Färbung ist bei kleinen Mengen nicht sehr beständig und verblasst relativ rasch – man muss dann unverzüglich gegen den Leerwert vergleichen, gegebenenfalls in der Draufsicht.
Sensitivität:
Nach Jander/Blasius1 soll die Erfassungsgrenze bei 1 µg Fluorid liegen. Um das zu überprüfen habe ich zunächst eine Lösung von 1 µg F-/µl hergestellt (110,5 mg Natriumfluorid in 50,0 ml Wasser). Davon wurden Mengen von 2, 5 und 10 µl mit je 1 ml Schwefelsäure, sowie 20 und 50 µl mit je 1,5 ml Schwefelsäure für den Versuch eingesetzt. Das Ergebnis ist hier zu sehen:
Abb.: Nachweisreaktion mit fallenden Mengen F-, ganz rechts der Leerwert
Abb.: die Proben mit 50, 20 und 10 µg Fluorid sowie der Leerwert in der Draufsicht (von oben links im Uhrzeigersinn)
In dem Ansatz mit 10 µg ist in der Draufsicht eben noch eine schwache Blaufärbung zu erkennen. Die Erfassungsgrenze liegt bei dem hier beschriebenen Vorgehen also bei ca. 10 µg.
Spezifität des Nachweises/Störungen:
Nach dem “Jander/Blasius“1 stören “Carbonat, Sulfid, Iodid und Bromid sowie größere Mengen von Chlorid und Nitrat“ in der Analysensubstanz. Um diese Angaben zu überprüfen, wurden Verreibungen von Natriumcarbonat, Natriumchlorid, Natriumnitrat, Natriumsulfid und Natriumiodid mit je 1 % Natriumfluorid hergestellt und davon 10 mg der Analyse unterworfen.
Abb: Fluoridnachweis mit je 0,1 mg Natriumfluorid in 10 mg Na2CO3, NaCl, NaNO3, NaI, Na2S und Leerwert (v.l.n.r.)
Bei der Verarbeitung der Natriumiodid-Probe wurden violette Ioddämpfe fei, die sich teilweise im Ableitungsrohr sublimierten, teils in die Vorlage übergingen und die Flüssigkeit gelb färbten. Mit den Reagenzien entsteht eine dunkel violettbraune Färbung. Offensichtlich ist der Fluoridnachweis hier nicht möglich. Bei Anwesenheit von Bromid wäre eine ähnliche Störung unter Bildung von Br2 zu erwarten. Neben Chlorid lässt sich Fluorid nachweisen, doch fällt die Reaktion deutlich schwächer aus, als nach der vorgelegten Menge (100 µg NaF) zu erwarten gewesen wäre und die Färbung schien auch schneller zu verblassen. Die Proben mit Carbonat, Nitrat und Sulfid verlaufen unauffällig, obwohl beim Einsatz von Sulfid zunächst etwas H2S frei wird und sich die Reaktionsmischung dann unter Abscheidung von Schwefel gelblichweiß trübt.
Abb.: Freiwerden von Iod bei der Analyse der Iodid-haltigen Probe
Abb.: Ausfällung von Schwefel bei der Analyse der Sulfid-haltigen Probe
Die mögliche Störung durch Chlorid konnte nur durch Anwesenheit von HCl bewirkt worden sein. Es wurde daher überprüft, ob HCl die Nachweisreaktion beeinträchtigt: eine Spur Wasserglas wurde in dest. Wasser gelöst und 1 ml davon mit einem Tropfen Salzsäure (25 %) versetzt. Dann wurden die Fluoridreagenzien zugegeben. Die Blaufärbung blieb aus, während eine Probe ohne Salzsäurezusatz die normale Reaktion zeigte. Zutropfen von HCl zu der schon blau gefärbten Lösung führte dagegen nicht zu einer Farbänderung.
Welche Stufe der Nachweisreaktion wird gestört? Erneut wurde silikathaltiges Wasser mit und ohne Salzsäurezusatz mit Salpetersäure und Ammoniummolybdatlösung versetzt und erwärmt. Bei Anwesenheit von HCl blieb die Gelbfärbung (Molybdatokieselsäure) aus. Die Salzsäure verhindert offenbar die Bildung des Heteropolyanions!
Abb: Ausbleibende Bildung von Molybdatokiselsäure in Anwesenheit von Salzsäure (jeweils rechtes Reagenzglas)
Könnte eine oxidierende Wirkung von NOx - entstanden aus dem Nitrat unter Einwirkung der Schwefelsäure - oder eine reduzierende Wirkung von H2S, gebildet aus dem Sulfid, eine falsch-positive Reaktion hervorgerufen haben? Ich habe eine Prüfung durchgeführt indem ich 1 ml Wasser mit je einer Spur Bromwasser, Natriumnitrit und Ammoniumsulfid versetzt und dann die Fluoridreagenzien zugegeben habe. Nitrit löst keine Reaktion aus. Brom bewirkt bei der Zugabe von Benzidin eine grünbraune Färbung, die bei Zugabe des Ammoniumacetats in rötlichgelb umschlägt. Mit Sulfid entsteht sofort bei Zugabe der Ammoniummolybdatlösung eine sehr dunkle, blauschwarze Färbung, die jedoch im Verlauf rasch zu grünbraun verblasst.
Abb.: Reaktion der Fluoridreagenzien in Anwesenheit von Spuren von Bromwasser, Natriumnitrit und Ammoniumsulfid (v.l.n.r.)
Bei der Durchführung der Fluoridprobe mit Natriumsulfid hatte ich diese grünbraune Färbung jedoch nicht bemerkt, sondern die Reaktionsmischung färbte sich rein blau. Ich habe daher 10 mg reines Natriumsulfid in der beschriebenen Weise (also Destillation mit H2SO4) behandelt und in der Reagenzlösung bleib jegliche Farbreaktion aus! Offenbar wird das Sulfid durch die Schwefelsäure zu Schwefel oxidiert und der Fluoridnachweis wird nicht gestört:
Abb. Fluoridreaktion in Gegenwart von Natriumsulfid (rechts) und Leerprobe nur mit Natriumsulfid (links). Die Farbe der fluoridhaltigen Probe ist durch die Wartezeit bereits etwas verblasst.
Zusammenfassend bewirken Iodide und Bromide in der Analysensubstanz eine Störung des Nachweises durch überlagerte Verfärbungen. Die Anwesenheit größerer Mengen von Chlorid vermindert die Sensitivität der Nachweisreaktion deutlich, indem die Bildung von Silicomolybdat durch die übergehende Salzsäure unterdrückt wird. Entgegen den Angaben beeinflussen Nitrat, Carbonat oder Sulfid auch in großen Mengen (hier 99 Gewichts-%) den Nachweis nicht.
Nachweis von Fluorid in verschiedenen Proben:
Abb.: Analysengut: fluoridiertes Speisesalz, Zahnpasta, Knochenasche, Flußspat
Ein wenig Flußspat wurde pulverisiert und 10 mg zur Analyse eingesetzt. Beim Versuch wurde der Austritt schwacher Nebel aus der Vorlage beobachtet (vermutlich SiF4).
Von mit Fluorid und Jod versetztem Speisesalz (Packungsangabe: 310 ppm Fluorid und 20 ppm Iodid) wurden 10,0 g (entsprechend 3,1 mg Fluorid) in 35 ml Wasser gelöst und 100 mg Natriumcarbonat (ca. 1 mmol) zugesetzt. Dann wurde mit wenigen Tropfen Ammoniaklösung alkalisch gemacht und mit 3 ml Calciumchloridlösung 6% (ca. 1,5 mmol) gefällt. Der Niederschlag wurde auf einer kleinen Glasfilternutsche (G4) abgesaugt, kurz mit Aqua dest. gewaschen, getrocknet – erhalten wurden 105 mg - und 10 mg davon zur Analyse eingesetzt.
Eine kleine Menge Zahnpasta (Packungsangabe: 1400 ppm Fluorid als Olaflur) wurde auf dem Uhrglas eintrocknen gelassen (wird wegen des Glyceringehaltes nicht ganz trocken) und 10 mg (entsprechend ca. 15 µg Fluorid) zur Analyse eingesetzt. Der Ansatz färbte sich beim Erhitzen dunkelbraun (Verkohlung der organischen Bestandteile durch die Schwefelsäure).
15 mg selbst hergestellte Knochenasche (aus Rinderknochen) wurden zur Analyse eingesetzt.
Abb: Halbmikro-Glasfilternutsche
Abb: Fluoridnachweis in Flußspat, fluoridiertem Speisesalz, Zahnpasta und Knochenasche (v.l.n.r), ganz rechts der Leerwert.
Abb.: Ausflockung der Ansätze mit hohem Fluoridgehalt
Beim Flußspat färbt sich die Reagenzlösung sofort dunkelblau und nach kurzer Zeit tritt eine blaue Ausflockung ein. Auch im Speisesalz lässt sich mit der geschilderten Methode Fluorid nachweisen. Die Zahnpasta gibt eine ganz schwache Blaufärbung, die an der Nachweisgrenze liegt (auch hier in der Draufsicht sicher zu erkennen). Die Knochenasche reagiert negativ. Dass dies nicht etwa durch Anwesenheit von störenden Fremdionen bedingt ist, habe ich in einer Positivkontrolle nachgewiesen: die Verreibung von Knochenasche mit 1% Calciumfluorid gab eine kräftige Blaufärbung (nicht gezeigt).
Anmerkung:
Die Leerprobe ist unerlässlich! Und zwar nicht etwa, weil die Gefahr bestünde, dass die Reagenzien Fluorid enthalten könnten, sondern weil die Reaktion sehr empfindlich auf Verunreinigungen durch gelöste Kieselsäure resp. Silikate in den eingesetzten Lösungen ist. Insbesondere die Ammoniummolybdatlösung ist nach längerem Aufbewahren in einer Glasflasche bald mit Silicomolybdat verunreinigt und gibt dann im Leerversuch eine Blaufärbung. Man kann die Verunreinigung erkennen, indem man die Molybdatlösung mit etwas Ammoniumnitrat versetzt, mit Salpetersäure ansäuert und erhitzt: ist Silicomolybdat anwesend, entsteht eine Gelbfärbung. Nach meinen Versuchen müssen die anderen Lösungen nicht unbedingt frisch hergestellt werden. Ich habe käufliches demineralisiertes Wasser (aus Plastikkanistern) mit Erfolg eingesetzt.
Entsorgung:
Die Säure aus dem Reagenzglas wird in Wasser eingegossen, neutralisiert und ins Abwasser gegeben. Die Reagenzlösungen können angesichts der minimalen Mengen der eingesetzten Gefahrstoffe ebenfalls mit dem Abwasser entsorgt werden.
Erklärungen:
Aus dem in der Probe vorhandenen Fluorid wird durch Schwefelsäure Fluorwasserstoff freigesetzt, der mit der Kieselgur flüchtiges Siliziumtretrafluorid bildet:
CaF2 + H2SO4 ---> 2 HF + CaSO4
SiO2 + 4 HF ---> SiF4 + H2O
Das gasförmige Siliziumtetrafluorid wird in die Vorlage übergetrieben, wo es hydrolysiert. Es entstehen Hexalfluorokieselsäure und lösliche Kieselsäure
3 SiF4 + 4 H2O ---> 2 H2[SiF6] + H4 SiO4
Laut Jander/Blasius1 ist der Zusatz von Kieselgur gar nicht notwendig, denn auch aus dem Glas der Apparatur wird SiF4 gebildet! Diese Aussage ist offenbar zutreffend: Ich habe die Versuche mit der NaCl/NaF- und Na2CO3/NaF-Mischung ohne Kieselgurzusatz wiederholt und das selbe Resultat erhalten. Dagegen schreibt das europäische Arzneibuch, das eine ähnliche Versuchsanordnung zur Grenzprüfung von Arzneistoffen auf einen unzulässigen Gehalt von Fluorid angibt, einen Zusatz von gewaschenem Seesand zur Reaktionsmischung vor (dort wird das überdestillierte Fluorid mit Aminomethylalizarindiessigsäure-Cer(III)-Komplex durch Farbänderung von Rot nach Blau direkt nachgewiesen).
In salpetersaurem Milieu setzt sich die Kieselsäure mit Molybdat zu Molybdatokieselsäure (Silicomolybdat) um:
H4SiO4 + 12 MoO42- + 24 H+ ---> H4[Si(Mo3O10)4] + 12 H2O
Silicomolybdänsäure ist gelb gefärbt, was bei Anwesenheit größerer Mengen schon vor Zugabe des Benzidins in den Reaktionslösungen auffällt. Das Heteropolyanion wird durch Benzidin zu Molybdänblau reduziert, wobei sich ersteres gleichzeitig zu Benzidinblau oxidiert. Molybdänblau ist eine heterogene Mischung verschiedener Molbdän(V,VI)-oxidhydroxide. Wird z.B. die Hälfte des vorhandenen Molybdäns von der Oxidationsstufe +VI zu +V reduziert so erhält man Mo4O10(OH)2]. Benzidinblau ist ein Charge-Transfer-Komplex, der aus einem Molekül des oxidierten, chinoiden Benzidinium-Dikations und einem Molekül unverändertem Benzidin (zu dessen Bildung muss der pH-Wert durch Ammoniumacetat gepuffert werden) besteht und isoliert werden kann2:
Der Nachweis ist durch zwei eingebaute “Verstärkereffekte“ sehr empfindlich: einmal ist 1 Mol Kieselsäure in der Lage, 12 Mol Molybdat zu binden und damit zur Bildung von Molybdänblau zur Verfügung zu stellen und zweitens entstehen zwei blau gefärbte Reaktionsprodukte gleichzeitig. Die Reaktion entspricht dem Phosphatnachweis, der ebenfalls auf der Reduktion einer Heteropolysäure (dort Phosphomolybdat) durch Benzidin beruht.
Da unter den gegebenen Bedingungen Fluorid selektiv verflüchtigt und in der Volage angereichert wird, ist der Nachweis sehr spezifisch. Störend können sich oxydierende oder stark reduzierende Reaktionsprodukte auswirken. Wie die Versuche zeigen, stören vor allem Iodid und Bromid (nicht getestet habe ich Sulfit und Nitrit). Bei Anwesenheit von viel Chlorid destilliert HCl mit über, das - wie oben gezeigt - die Bildung der Molybdatokieselsäure stört und die Reaktion weniger empfindlich macht. Um die Störungen sicher zu umgehen fällt man das Fluorid mit Calciumchloridlösung als Calciumfluorid aus.
2 F- + CaCl2 ---> CaF2 + 2 Cl-
Diesen Weg habe ich zum Nachweis im fluoridierten Speisesalz eingeschlagen. Das Chlorid (oder auch andere störende Begleitionen) bleibt in Lösung. Da die vorgelegte Fluoridmenge sehr gering war (ca. 3 mg F- in 40 ml Lösung), wurde etwas Carbonat zugesetzt, um einen wägbaren Niederschlag zu erhalten:
Na2CO3 + CaCl2 ---> CaCO3 + 2 NaCl
Der Calciumcarbonatniederschlag enthält das mitgefällte Calciumfluorid, das sich dann in der Reaktion identifizieren lässt.
Knochenasche soll laut Wikipedia 4 % Calciumfluorid enthalten. In meiner (aus Rinder-Hüftknochen) selbst hergestellten Knochenasche war jedoch mit der hier beschriebenen Methode kein Fluorid nachweisbar, so dass unter Berücksichtigung der Erfassungsgrenze der Gehalt - sofern vorhanden - unter 0,1% F- liegen muss.
Literatur:
1. Jander/Blasius, Lehrbuch der analytischen und präparativen anorganischen Chemie; 11. Neubearbeitete Auflag 1979, S. Hirzel Verlag Stuttgart (ISBN 3-776-0353-8): S. 438
2. Kallmayer H-J und Trojan B: Struktur und Eigenschaften des Benzidinblau-Chromophors N,N‘-unsusbtituierter Benzidine; Scientia Pharmaceutica 71 (2003): 263-279