Forensische Chemie: Sichtbarmachen von Fingerabdrücken

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mgritsch
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Forensische Chemie: Sichtbarmachen von Fingerabdrücken

Beitrag von mgritsch »

Forensische Chemie: Sichtbarmachen von Fingerabdrücken

Professor Callidus wurde seit Tagen nicht mehr gesehen, als sein Assistent im Labor Nachschau hält, findet er es unordentlich vor und es gibt einige verdächtige Spuren - wurde der Professor vielleicht entführt oder gar ermordet? Ein Fall für CSI Illumina! 8)

Also Sonnenbrillen abnehmen - als erstes gilt es die Spuren zu sichern. Gibt es vielleicht irgendwelche Fingerabdrücke eines Täters?


Geräte:

Bechergläser, Petrischale, Schraubdeckelglas, Sprühflasche, Heißluftpistole, ggfs. Druckluft, UV-Lampe, diverse Materialien


Chemikalien:

Aktivkohle-Pulver
Talkum-Pulver
Stärke
Iod Warnhinweis: nWarnhinweis: xnWarnhinweis: attn
Rhodamin B Warnhinweis: c
Ninhydrin Warnhinweis: attn
Ethanol Warnhinweis: f Warnhinweis: attn
2-Cyanacrylsäureethylester (Superkleber) Warnhinweis: attn
Rhodamin 6G Warnhinweis: attn
Methanol Warnhinweis: fWarnhinweis: tWarnhinweis: xn
Coomassie-Brillant-Blau G-250 (Alternativ: R-250)
EssigsäureWarnhinweis: fWarnhinweis: c


Durchführung:

Vorbereitung:

Auf diversen Materialien (glattes Fotopapier, Schreibpapier, Glasoberflächen, iPad Display, Kunststoffoberfläche) die vorher ggfs. gründlich gereinigt und abgewischt wurden, wurden Fingerabdrücke durch einmaliges, kurzes kräftiges Anfassen hinterlassen. Für schöne Demonstrations-Ergebnisse sollte man sich die Hände nicht unmittelbar vorher gewaschen haben.


Pulver-Methode:

Die Fingerabdrücke wurden vorsichtig mit verschiedenen feinpulvrigen Stoffen (Aktivkohlepulver, Talkum-Pulver, Stärke, Rhodamin B) bestreut, das Pulver ggf. durch Schütteln etwas verteilt um eine gleichmäßige Bedeckung zu erzielen, und schließlich überschüssiges Pulver abgeschüttelt bzw. Reste noch mit Druckluft vorsichtig abgeblasen.
Die Wahl des Pulvers richtet sich nach Beschaffenheit und Farbe des Materials - Fingerabdrücke treten dabei deutlich sichtbar hervor.


Iodkammer:

Ein kleines Becherglas mit Fingerabdrücken wurde in eine Iodkammer gestellt (Schraubdeckelglas oder dgl., Boden mit ein wenig Sand + ein paar Körner Iod bedeckt) und an einen warmen Ort gestellt. Nach ca. 10 Minuten waren Fingerabdrücke deutlich in Dunkelbraun erkennbar, (zur besseren Sichtbarkeit wurde ein Papier dahinter gelegt).


Cyanacrylat-Bedampfung:

auf den Boden eines Schraubdeckelglases wurden getrennt jeweils eine kleine Menge Sekundenkleber (ca 0,5 ml) und Wasser so gegeben, dass sich die beiden Flüssigkeiten nicht berührten.

Die Probe mit dem Fingerabdruck (ein Objektträger) wurde in das Glas gestellt (möglichst nicht direkt in den Kleber stellen!), und verschlossen an einem warmen Ort stehen gelassen, bis sich auf der Oberfläche ein deutlicher Niederschlag an polymerisiertem Cyanacrylat gebildet hatte.

Zur besseren Sichtbarmachung wurde der Objektträger in eine Lösung einer Spatelspitze Rhodamin 6G in 10 ml Methanol gelegt, kurz mit Methanol nachgewaschen und getrocknet. Unter UV Licht fluoreszieren die Stellen, an denen sich das Cyanacrylat niedergeschlagen hat, und die den Farbstoff adsorbiert haben, hell orange.


Ninhydrin-Test:

Ein Papier mit Fingerabdrücken wurde mit einer 1%igen Lösung von Ninhydrin in Ethanol besprüht und getrocknet. Zur Sichtbarmachung wurde mit der Heißluftpistole erwärmt, bis die Abdrücke kräftig violett erkennbar wurden. Alternativ kann auch mit einem Bügeleisen erwärmt werden.


Coomassie-Staining:

Es wurde in 2 Bechergläsern eine Lösung von 44 mg Coomassie-Brillant-Blau G-250 in 20 ml Methanol + 20 ml dest. Wasser + 4 ml Essigsäure sowie eine Mischung von 20 ml Methanol + 20 ml dest. Wasser + 4 ml Essigsäure vorbereitet. Die Finger wurden vor Hinterlassen der Abdrücke mit einer verdünnten Eiweiß-Lösung leicht befeuchtet und der Abdruck vor Entwicklung gut trocknen gelassen.

Zur Sichtbarmachung wurde die Oberfläche zuerst eine Zeit lang mit der Coomassie-Brillant-Blau Lösung gespült, dann mit der Mischung aus Methanol / dest. Wasser / Essigsäure nachgewaschen. Abdrücke werden dunkelblau sichtbar.


Entsorgung:

Abfälle kommen zu den halogenfreien organischen Abfällen.


Erklärung:

Die Daktyloskopie ist eine Methode die schon mehr als 150 Jahre alt ist, ihre Bedeutung in der Spurensicherung ist aber nach wie vor groß. Jeder Mensch verfügt über ein einzigartiges Muster an Papillarlinien an den Händen und Füßen. Selbst bei eineiigen Zwillingen die mittels DNA-Analyse nicht unterscheidbar sind gibt es kleine Unterschiede! Berührt man eine Oberfläche, dann erzeugt man mit den darauf befindlichen Spuren an Schweiß und Sekreten einen Abdruck wie mit einem personalisierten Stempel. Durch Abgleich mit in Datenbanken gespeicherten Abdrücken kann so zweifelsfrei festgestellt werden, ob eine Person ein Objekt angefasst hat.

Die Spuren die man bei Berührung hinterlässt, sind nur selten ohne Hilfsmittel erkennbar, in der Regel muss man entsprechende Reagenzien zur Sichtbarmachung der latenten Fingerabdrücke anwenden. Dazu hat die forensische Chemie heute ein ganzes Arsenal an Methoden und Stoffen zur Verfügung, aus denen je nach Umständen - auf welcher Oberfläche gearbeitet werden soll - gewählt werden kann.

Die einfachste, aber immer noch sehr robuste und zuverlässige,Methode ist die "Pulvermethode". Dabei werden die Abdrücke vorsichtig in Kontakt mit einem sehr feinen Pulver gebracht. Durch die stärkere Adhäsion an den Proteinen, Fetten und Verunreinigungen bleiben sie am Abdruck stärker haften als an anderen Stellen der Oberfläche, ein rein physikalischer Effekt. Der Phantasie, welche Pulver man dazu einsetzen kann, sind fast keine Grenzen gesetzt. Ionische Substanzen wie z.B. der Farbstoff Rhodamin B haften noch etwas besser als ungeladene Moleküle wie Kohlenstoff oder Stärke. Fluoreszierende Pulver können durch UV-Licht noch besser sichtbar gemacht werden. Auf elektrostatisch aufgeladenen oder zu rauen Oberflächen kann das Verfahren eventuell versagen, da zu viel Pulver in der Oberflächenrauigkeit haften bleibt. Eine mögliche Alternative zum trockenen "Bepulvern" ist auch die Anwendung von Suspensionen (z.B. MoS2 in Wasser mit etwas Netzmittel).

Eine weitere Gruppe von Verfahren basiert darauf, dass auf den latenten Fingerabdrücken Dämpfe niedergeschlagen werden. Dies kann z.B. einfach in einer Iodkammer mit Ioddampf erfolgen, der bevorzugt in dem Mix aus Fetten und Proteinen kondensiert. So eine Methode ist sehr einfach und mechanisch besonders schonend für die Spur, dementsprechend können auch feinste Details gut aufgelöst werden.

Ähnlich ist es mit der heute weit verbreiteten Methode der Bedampfung mit Cyanacrylat ("Sekundenkleber") - auch hier kommt es je nach den an der Oberfläche angebotenen Molekülen zu unterschiedlich starker Beladung und vor allem zu unterschiedlich rascher Polymerisation. In dem Beispiel schlug sich z.B. der Cyanacrylatdampf bevorzugt auf der reinen Glasoberfläche nieder, die Stellen wo die Papillarleisten das Glas berührt haben blieben frei, da sie mit Fett "maskiert" waren. Cyanacrylat polymerisiert auf Basis einer anionischen Polymerisation, Starter für eine Kettenreaktion könnte z.B. eine freie OH- Gruppe an der Glasoberfläche sein. Die gleichzeitige Anwesenheit von ausreichend Luftfeuchtigkeit (etwas Wasser mit im Gefäß) beschleunigt den Prozess:
Cyanacrylat.png
Die mit Cyanacrylat bedampften Fingerabdrücke sind dadurch auch gleichzeitig relativ gut konserviert und stabilisiert. Das Verfahren funktioniert nur auf nicht-porösen Oberflächen. Der weiße, feine Niederschlag kann noch besser und vor allem kontrastierend zur Eigenfarbe der Oberfläche sichtbar gemacht werden, indem er mit Farbstoffen angefärbt wird - auch dafür gibt es wieder eine große Auswahl. Ich habe hier als Beispiel eine Lösung von Rhodamin 6G benutzt das unter UV schön kräftig hellorange fluoresziert.


Die dritte Gruppe an Verfahren schließlich nutzt die chemischen Eigenschaften der hinterlassenen Inhaltsstoffe aus. Der Klassiker unter diesen Verfahren ist das Ninhydrin (Indantrionhydrat). Ninhydrin reagiert selektiv mit den primären Aminogruppen von Aminosäuren zur Zwischenstufe Amino-Ninhydrin, dieses wiederum reagiert mit einem zweiten Molekül zu einer intensiv violett gefärbten Verbindung, dem "Ruhemanns Purpur":
Ninhydrinreaktion.png
Ninhydrin findet vor allem auf rauen, saugenden Oberflächen Anwendung.

Der Nachweis mittels Coomassie-Brillant-Blau hingegen basiert darauf, dass dieser geladene Farbstoff sich sehr stark an Proteine bindet.
Coomassie Blue.png
Er ist merklich weniger empfindlich als Ninhydrin weswegen "normale" Fingerabdrücke damit nur schlecht sichtbar werden. Gerne wird er jedoch eingesetzt um z.B. Fingerabdrücke mit Blutspuren besser sichtbar zu machen. Auch Spermaspuren oder dgl. werden damit intensiv angefärbt. Für Demonstrationszwecke wurden die Finger daher mit einer Eiweißlösung "vorbehandelt". Die Einsetzbarkeit ist eher begrenzt, da nur auf hellen, glatten Flächen gearbeitet werden kann


Bilder:


001 pulver.JPG
Verschiedene Ergebnisse mit Pulvern - Aktivkohle (auf Fotopapier), Talkum (auf Bildschirm-Oberfläche), Rhodamin B (auf Glas). Die Adsorption des Rhodamin B - Pulvers ist besonders stark ausgefallen.
Abdrücke aus Sicherheitsgründen anonymisiert.


002 flasche.JPG
Fingerabdrücke auf einer Chemikalienflasche, mit Stärkepulver (Maisstärke) sichtbar gemacht. Stärke haftet an der Oberfläche schon fast zu gut an und der Überschuss ist nur mit Druckluft gut entfernbar.
Abdrücke aus Sicherheitsgründen anonymisiert.


003 Iod.JPG
Fingerabdrücke auf einem Becherglas durch Bedampfen mit Iod sichtbar gemacht, zur besseren Sichtbarkeit wurde ein Papier dahinter gestellt.
Abdrücke aus Sicherheitsgründen anonymisiert.


06 cyanacr - uv.JPG
Einfache Kammer zur Bedampfung einer Probe mit Cyanacrylat


007a cyanacr - uv.JPG
Das Ergebnis der Bedampfung eines Objektträgers mit Cyanacrylat
Abdrücke aus Sicherheitsgründen anonymisiert.


007b cyanacr - uv.JPG
Cyanacrylat-Bedampfung mit Rhodamin 6G angefärbt, unter UV Licht
Abdrücke aus Sicherheitsgründen anonymisiert.


004 Ninhydrin2.JPG
Fingerabdrücke auf Schreibpapier, mit Ninhydrin-Lösung sichtbar gemacht.
Abdrücke aus Sicherheitsgründen anonymisiert.


05 coomassie.JPG
Fingerabdrücke (mit etwas Eiweiß "gespiket") auf einem weißen Kunststoff-Tray, mit Comassie-Blau eingefärbt.
Durch die Feuchtigkeit beim Hinterlassen des Abdrucks sind sie etwas verschmiert. Forensisch wären sie vermutlich nicht mehr verwertbar.


Literatur:

https://www.fbi.gov/about-us/lab/forens ... 01/lpu.pdf
https://www.cbdiai.org/uploads/1/2/4/0/ ... _guide.pdf
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lemmi
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Re: Forensische Chemie: Sichtbarmachen von Fingerabdrücken

Beitrag von lemmi »

Mal sehen wann die Soko Illumina ihren ersten Einsatz hat! :D

Sowas wollte ich schon immer mal sehen. Wie immer eine sehr schöne, systematische und detallierte Darstellung - für jede Gelegenheit das passende Reagenz!
"Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden. Aber nicht einfacher." (A. Einstein 1871 - 1955)

"Wer nur Chemie versteht, versteht auch die nicht recht!" (G.C. Lichtenberg, 1742 - 1799)

"Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung der Leute, die die Welt nie gesehen haben." (Alexander v. Humboldt, 1769 - 1859)
Heliumoxid
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Re: Forensische Chemie: Sichtbarmachen von Fingerabdrücken

Beitrag von Heliumoxid »

Toller Artikel :thumbsup:
Einzig fehlt mir beim Coomassie-Brillant-Blau-Test ob es sich bei Deinem Exp. um die R- oder G-Variante handelt.
Bei Heliumoxid, genauer Helium(II)- oxid, handelt es sich um eine Mischung aus Helium(I)- oxid und Helium(III)- oxid. Richtigerweise heisst es somit Helium(I,III)- oxid.
aliquis
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Re: Forensische Chemie: Sichtbarmachen von Fingerabdrücken

Beitrag von aliquis »

lemmi hat geschrieben: Donnerstag 27. Januar 2022, 23:28 Mal sehen wann die Soko Illumina ihren ersten Einsatz hat! :D
:shock: Naja, wenn schon, dann hoffentlich nur zur Fingerabdrucks- und nicht zur Blutspurensuche... :angel:
Und bitte auch max. nur wegen unbekannten Vergreifens an der Dose mit den Lieblingskeksen... :wink:

@mgritsch: Klasse Artikel - bereits der zweite forensisch ausgerichtete. Hast Du Deine kriminalistische Ader entdeckt? Oder die ohnehin bestehende nun auch in die Experimentalchemie transferiert?
Gab's womöglich einen bestimmten literarischen Auslöser dafür (Krimi oder Fachliteratur)? Die beiden Links zu den US-Behörden-Seiten sind ja per se schon cool... 8)

Für die Kohlepulvermethode konnten sich unsere Kids beide schon begeistern und ihr detektivisches Talent unter Beweis stellen (@immi07: Wäre das nicht auch mal was für Euch?). Die Iod-Methode haben meine Tochter und ich auch bereits mal ausprobiert. Schade, dass die anderen Reagenzien und Farbstoffe so sündhaft teuer sind (aber zumindest grundsätzlich verfügbar).
Und Talkum ist möglicherweise gar nicht mal so harmlos wie lange Zeit gedacht... (naja, beim Umgang mit Mineralstäuben empfiehlt sich ja ohnehin das Tragen einer der aktuell eh geläufigen Filtermasken...).

"Lustig" auch, wenn man unbeabsichtigt im gleichen "Arbeitsschritt" Fingerabdrücke hinterlässt, fixiert und visualisiert, indem man nach dem Umfüllen von Aktivkohle ein Gebinde mit Etikettenkleberresten anfasst - und das sogar ziemlich beständig... :wink:
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eule
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Re: Forensische Chemie: Sichtbarmachen von Fingerabdrücken

Beitrag von eule »

Ja cool, hatte mich schon gefragt, ob das nach dem anderen Artikel zur forensischen Untersuchung in Vorbereitung ist.

Einen kleinen Einwand zu einer Formulierung hätte ich allerdings: Die Dakyloskopie kann nicht zeigen, ob / wer ein Objekt berührt hat, nur ein Anfassen ist so nachweisbar. Das mit dem Berühren bräuchte eine andere Methode, die Zellrückstände detektiert und mittels DNA-analysierender Methodik laufen würde.

Ein wenig vermisse ich die elektrolytischen Methoden. Vllt. ein Thema für einen Folgeartikel :D .

Insgesamt ein erhellender Beitrag und eine gute Ergänzug zum Einstieg in die Forensik für Hobbyisten - gelungen :thumbsup: :yeah:

Achja, fast vergessen:
elektrochemisch über Berliner Blau
elektrochemisch Ergänzung zum Artikel in Spektrum
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Agressiv und feindselig, boshaft, manipulierend und hinterhältig, hämisch, überkritisch, herrschsüchtig und sinnlos brutal, das sind die Primärtugenden, die zusammengenommen Menschen vor allen anderen Spezies auszeichnen.
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mgritsch
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Re: Forensische Chemie: Sichtbarmachen von Fingerabdrücken

Beitrag von mgritsch »

Heliumoxid hat geschrieben: Freitag 28. Januar 2022, 00:28 Einzig fehlt mir beim Coomassie-Brillant-Blau-Test ob es sich bei Deinem Exp. um die R- oder G-Variante handelt.
Danke für den Hinweis, das war das G-250 was ich benutzt habe, sollte ggfs auch die Strukturformel entsprechend anpassen. Macht aber meines Wissens nach keinerlei Unterschied für diese Zwecke, oder? Das leicht andere λmax muss man nur bei quantitativen Bestimmungen berücksichtigen.
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mgritsch
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Re: Forensische Chemie: Sichtbarmachen von Fingerabdrücken

Beitrag von mgritsch »

aliquis hat geschrieben: Freitag 28. Januar 2022, 01:41 @mgritsch: Klasse Artikel - bereits der zweite forensisch ausgerichtete. Hast Du Deine kriminalistische Ader entdeckt? Oder die ohnehin bestehende nun auch in die Experimentalchemie transferiert?
und noch nicht der letzte, für mindestens einen weiteren sind die Arbeiten schon am laufen :)
Einfach nur ein bisschen angewandte Analytik.
In einem alten Columbo letztens hat er einfach aus der Not heraus einen Bleistift mit dem Messer zu Pulver zerrieben, das einbauen wäre auch noch eine nette "Reminiszenz" :)
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mgritsch
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Re: Forensische Chemie: Sichtbarmachen von Fingerabdrücken

Beitrag von mgritsch »

eule hat geschrieben: Freitag 28. Januar 2022, 06:04Einen kleinen Einwand zu einer Formulierung hätte ich allerdings: Die Dakyloskopie kann nicht zeigen, ob / wer ein Objekt berührt hat, nur ein Anfassen ist so nachweisbar. Das mit dem Berühren bräuchte eine andere Methode, die Zellrückstände detektiert und mittels DNA-analysierender Methodik laufen würde.
berühren, anfassen... okay natürlich fällt es auch unter "berühren" wenn ich mit dem Handrücken über etwas streiche und dabei keine Abdrücke hinterlasse, also die virtuelle Erbse gehört dir, bessere ich aus :thumbsup:
Ein wenig vermisse ich die elektrolytischen Methoden. Vllt. ein Thema für einen Folgeartikel :D
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oh, sieh an! Das ist völlig an mir vorübergegangen, die Methode wird vom FBI etc. nicht genannt. Ist auch relativ neu, erst 2013 publiziert... macht natürlich unter gewissen Umständen Sinn - "wer hat das Messer angefasst?" Ich schau's mir mal an. Neues Netzteil wartet eh auf einen Test, wenngleich ich von den Elektroden her nicht so umfassend ausgestattet bin, aber mal sehen. Wenn dann packe ich das da noch mit rein, Folgeartikel hat schon ganz anderes Thema. Thx! :thumbsup:
Calciumcitrat
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Re: Forensische Chemie: Sichtbarmachen von Fingerabdrücken

Beitrag von Calciumcitrat »

Etwas Korinthenkackerei:

"Ninhydrin reagiert selektiv mit der primären Aminogruppe von Aminosäuren zur Zwischenstufe Amino-Ninhydrin"

Ich würde "den primären Aminogruppen" bevorzugen, hat Lysin doch zwei davon. Mit den sek. in Prolin und Hydroxyprolin reagiert es übrigens auch, aber nach einem anderen Mechanismus und zu einen anders gefärbten Komplex.
aliquis
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Re: Forensische Chemie: Sichtbarmachen von Fingerabdrücken

Beitrag von aliquis »

mgritsch hat geschrieben: Freitag 28. Januar 2022, 09:12 In einem alten Columbo letztens hat er einfach aus der Not heraus einen Bleistift mit dem Messer zu Pulver zerrieben, das einbauen wäre auch noch eine nette "Reminiszenz" :)
Das hätte auch Mc Guyver gewesen sein können... :wink:

Das fand ich bei Deinem YouTube-Fund Lab Lulz übrigens interessant, dass er dessen Ideen einem Reality-Check unterzieht...
Meistens ist das ja Quatsch, was dem Zuschauer da vorgegaukelt wird...
(Ich erinnere mich noch daran, dass mein damaliger Chemielehrer das in einen Fall auch geprüft hat, nach dem Schokolade mit konz. Schwefelsäure angeblich eine Art Klebstoff ergeben soll... :roll: ).
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Re: Forensische Chemie: Sichtbarmachen von Fingerabdrücken

Beitrag von mgritsch »

Calciumcitrat hat geschrieben: Freitag 28. Januar 2022, 10:53Mit den sek. in Prolin und Hydroxyprolin reagiert es übrigens auch, aber nach einem anderen Mechanismus und zu einen anders gefärbten Komplex.
... eher gelb, bei weitem nicht so intensiv gefärbt und daher für die Abdrücke nicht von Bedeutung :)
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lemmi
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Re: Forensische Chemie: Sichtbarmachen von Fingerabdrücken

Beitrag von lemmi »

Zur Vervollständigung des Ermittlungsteams fehlt jetzt noch ein IT-Spezialist, der die Fingerabdrücke mit einer Software vergleichbar und identifizierbar macht.

Wir hatten das im Studium mal gemacht, lange vor der Entwicklung des PCs. Es gibt eine Formel, mit der man Fingerabdrücke sozusagen in ihrer Zusammensetzung beschreiben kann. Ich erinnere mich dunkel eine eine Folge aus Zahlen und Buchstaben und daran, dass man eine Linie vom Vortex zur Peripherie ziehen musste und dann zählen, wie viele Fingerabdrucklinien sie schneidet. Leider habe ich das entsprechende Skript nicht mehr (man soll nie etwas wegschmeißen :) ) aber im Netz findet man das System bestimmt irgendwo.
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Heliumoxid
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Re: Forensische Chemie: Sichtbarmachen von Fingerabdrücken

Beitrag von Heliumoxid »

OT
Wenn man das Bild mit entsprechendem threshold in ein BW-Binärbild umwandelt ist die Suche nach den Finger-Linien nicht sehr schwer zu programmieren. Allerdings müsste man dem Programm aber mitteilen wo denn bitte schön der Vortex ist. Habe ich 10000 Fingerabdrücke so ist das ein ganz schöne Aufgabe. Darüberhinaus ist eine 100x100 Binärmatrix notwendig. Es sei denn, man würde die Abstände der Fingerlinien mit einbeziehen - so dass überhaupt Sinn macht. Aber selbst mit Linien und "Formel" kannst du immer nur die Aussage treffen: Diese beiden Fingerabdrücke sind gleich oder nicht. Du bräuchtest also noch einen Entscheidungsbaum (Binärbaum ?) , um einen vorliegenden Fingerabdruck in einem Bestand zu finden. Es sei denn du beschränkst dich auf die üblich Verdächtigen : z.B. dem Gärtner .
OT-Ende
Bei Heliumoxid, genauer Helium(II)- oxid, handelt es sich um eine Mischung aus Helium(I)- oxid und Helium(III)- oxid. Richtigerweise heisst es somit Helium(I,III)- oxid.
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eule
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Re: Forensische Chemie: Sichtbarmachen von Fingerabdrücken

Beitrag von eule »

Du meinst eine Encodierung wie diese hier? http://www.ewetel.net/~heinz-gerd.freese/dakty.htm
Du hast recht, wenn du den Vergleich der einmal encodierten Muster mit Daten aus einer Datenbank meinst mit "leicht zu programmieren" - hat was von Hashing-Algorithmus.
Willst du jedoch gleich die optische Erfassung mit ins Programm packen, dann ist das nicht mehr so trivial. Das Bild zu rastern und farblich aufzubereiten -> Kantendetektion ist noch nicht schwer, aber aus dem Ergebnis einen Datensatz zu generieren ist nicht mehr so simpel - zumindest wenn man nicht auf spezialisierte Libraries/Funktionssammlungen zurückgreifen kann.
Für einen sinnvollen Versuch des Abgleichs braucht es, ganz nebenbei, ja auch erstmal eine möglichst umfangreiche Datenbank voller Referenzmuster und da kommt man aus gutem Grund nicht ganz so leicht an die großen Datensammlungen heran, um eigene Vergleiche anzustellen.
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Re: Forensische Chemie: Sichtbarmachen von Fingerabdrücken

Beitrag von lemmi »

und noch nicht der letzte, für mindestens einen weiteren sind die Arbeiten schon am laufen :)
Einfach nur ein bisschen angewandte Analytik.
Da bin ich aber gespannt, was da noch kommt! Ich stelle mir schon die nächste Einleitung vor:

" im Institutsgebäude scheint alles friedlich zu sein als plötzlich aus Richtung des Labors von Professor Calidus eine schwere Detonation zu hören ist. Die Assistenten stürmen in den halb zerstörten Raum und finden nur noch ein Ohr des Professors an der Wand vor. In Boden klafft ein riesiger Krater. Können die Ermittler der Sonderkommission Illumina herausbekommen, welche Substanz die Explosion verursacht hat?“
:angel:
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