Synthese und Test von Glyoxal-bis-2-hydroxyanil (Calciumrot)

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mgritsch
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Synthese und Test von Glyoxal-bis-2-hydroxyanil (Calciumrot)

Beitrag von mgritsch »

Synthese und Test von Glyoxal-bis-2-hydroxyanil (Calciumrot)
2,2'-(Ethandiylidendinitrilo)-diphenol, 1,2-Bis(2-hydroxyphenylimino)-ethan; [1149-16-2]

Glyoxal-bis-2-hydroxyanil ist eine einfache Schiff'sche Base aus Glyoxal und o-Aminophenol und ein selektives Reagenz zur Identifizierung und Bestimmung von Calcium(II)-Ionen. In alkalischer Lösung bildet sich ein roter Komplex, der auch in organische Lösesmittel ausgeschüttelt werden kann.


Geräte:

Bechergläser, Filternutschen, Reagenzgläser


Chemikalien:

Glycin

Natriumchlorid
2-Aminophenol Warnhinweis: attn Warnhinweis: xn
Glyoxal Warnhinweis: attn Warnhinweis: xn
Ethanol Warnhinweis: attn Warnhinweis: f
Natronlauge 0,1M Warnhinweis: c
Glyoxal-bis-2-hydroxyanil Warnhinweis: attn


Durchführung:

a) Synthese von Glyoxal-bis-2-hydroxyanil:

in einem 2-Liter Becherglas wurden 8,8 g (80 mmol) 2-Aminophenol in 1 Liter dest. Wasser bei 80 °C unter Rühren aufgelöst. Dann wurden 5,85 g einer 40-%igen Lösung (40 mmol) von Glyoxal zugegeben und kräftig gerührt. Bereits nach kurzer Zeit kam es zu einer Gelbfärbung, dann zu einer leichten Trübung und schließlich bildete sich ein schöner, glitzernder flockiger Niederschlag von Glyoxal-bis-2-hydroxyanil. Es wurde noch 30 Minuten bei 80 °C weiter gerührt und dann zur vollständigen Abscheidung 24 Stunden kalt stehen gelassen. Der hellbräunliche Niederschlag wurde abgenutscht, mit Wasser nachgewaschen, getrocknet und schließlich aus siedendem Ethanol umkristallisiert (ca. 200 ml erforderlich). Die Umkristallisation ist relativ verlustreich, da die Löslichkeit in Ethanol nicht besonders hoch ist und die Temperaturabhängigkeit anscheinend eher flach.

Ausbeute : 4,1 g (42,3% d. Th.) hell beige, glänzende Kristall-Schüppchen

Durch Einengen der Mutterlauge kann nochmal etwa die gleiche Menge verunreinigtes, etwas brauneres Produkt zurückgewonnen werden, das zumindest für qualitative Nachweise auch tauglich ist.


b) Test der Spezifizität:

Es wurden jeweils ca. 5 mM Lösungen von Mg, Ca, Sr, Ba und Cu vorbereitet. Weiters wurde aus 32 ml einer Lösung die 0,1 mol/l Glycin und 0,1 mol/l NaCl enthält + 68 ml einer 0,1 M NaOH ein Puffer mit pH = 12,6 hergestellt.

In einem Reagenzglas wurden (in der Reihenfolge) 1 ml Probenlösung, 1 ml Ethanol, 1 ml Pufferlösung und 1 ml einer kalt gesättigten ethanolischen Lösung von Glyoxal-bis-2-hydroxyanil pipettiert. Sofort bildete sich eine kräftige Gelbfärbung aus. Lediglich bei Ca vertieft sich die Farbe immer weiter bis schließlich nach gut einer Minute ein dunkles Rot erreicht ist. Mit Cu kann man direkt nach Zugabe eine Violettfärbung erkennen, die jedoch rasch in ein schmutziges Braun übergeht.


Entsorgung:

Abfälle kommen zu den organischen, halogenfreien Abfällen.


Erklärung:

2 Moleküle 2-Aminophenol und Glyoxal kondensieren unter Wasserabspaltung zur Schiff'schen Base Glyoxal-bis-2-hydroxyanil:
Reaktion.png
Das Molekül ist mit seinem Strukturelement aus 2 phenolischen OH und dem Stickstoff der Schiff-Base zur Komplexbildung mit Metallionen befähigt. Zur Nutzung als Reagenz findet man in der Literatur[1-7] durchaus unterschiedliche Angaben, allen gemein ist jedoch eine Umsetzung im stark alkalischen Bereich. Teils wird vorgeschrieben, dass Natriumcarbonat zugesetzt werden muss, um innerhalb der Erdalkalien spezifisch zu sein (Sr und Ba Carbonat sind stärker unlöslich und geben keine Färbung). Die jüngste Publikation[1] zeigt die sehr hohe Empfindlichkeit (photometrisch quantitativ nutzbar von 0,1 - 15 mg/l) und auch, dass unter den geeigneten Bedingungen auch Sr und Ba bis 10 mg/l keine (quantitative) Interferenz ergeben. Meine Versuchsreihe ergab auch bei 5 mmol/l Sr (440 mg/l) bzw. 5mmol/l Ba (685 mg/l) keine sichtbare Interferenz. Eine Literaturstelle[3] beschreibt auch den Einsatz für komplexometrische Bestimmungen von Ca. Ebenfalls beschrieben sind Anwendungen in der klinischen Chemie (Serum-Ca, Zytologie).

Andere Ionen können damit zwar auch gefärbte Komplexe bilden, sie sind jedoch ggfs. leicht durch Triethanolamin oder Cyanid maskierbar, sodass sie praktisch nicht stören. Der Test kann also durchaus als spezifisch für Calcium angesehen werden.

Durchaus bemerkenswert ist die relativ langsame Bildung des roten Farbkomplexes. Das Maximum wird erst nach ca. 10 Minuten erreicht, nach 25 Minuten ist durch Zersetzung des Reagenz wieder eine leichte Abnahme zu beobachten[1]. Normalerweise finden solche Farbreaktionen praktisch sofort statt, lediglich bei Ionen wie Al oder Cr, die sehr stabile Aquokomplexe bilden, ist oft eine kinetische Hemmung des Ligandenaustausches von Wasser zum Komplexbildner zu beobachten. Ca sollte keine vergleichbaren Aquokomplexe bilden, auch die Dissoziation von unlöslichem Ca(OH)2 sollte kein Zeitfaktor sein. Warum es zu so einer verzögerten Reaktion kommt, ist in der Literatur nach meinem Kenntnisstand nicht erforscht.


Bilder:

01 Ansatz.JPG
Ansatz ist bereit

02 Beginn Fällung.JPG
Die Fällung beginnt

03 Rohprodukt.JPG
das Rohprodukt

03a Umkrist 1.JPG
03a Umkrist 2.JPG
Schönheiten der Umkristallisation

04 Umkristallisiert.JPG
Das umkristallisierte Produkt

05 Ca Nachweis.JPG
Nachweisreaktion - v.l.n.r: Blindprobe - Mg - Ca - Sr - Ba - Cu


Literatur:

[1] Anal. Chem. (1972), 44(11), 1822–1829 https://doi.org/10.1021/ac60319a019
[2] http://www.chemikalienlexikon.de/cheminfo/1285-lex.htm
[3] Collect.czech.chem.Commun. (1962), 27, 246-253 https://doi.org/10.1135/cccc19620246
[4] Analytica Chimica Acta (1958), 19, 437-439 https://doi.org/10.1016/S0003-2670(00)88191-X
[5] Clinical Chemistry, (1966), 12(4) 234–242 https://doi.org/10.1093/clinchem/12.4.234
[6] J. of Histochemistry & Cytochemistry (1963), 11(2), 258-264 https://doi.org/10.1177%2F11.2.258
[7] Anal. Chem. (1961), 33(2), 244–245 https://doi.org/10.1021/ac60170a026
Xyrofl
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Re: Synthese und Test von Glyoxal-bis-2-hydroxyanil (Calciumrot)

Beitrag von Xyrofl »

Interessantes Nachweisreagenz und die Synthese sieht soweit angenehm aus, aber woher bekommt man o-Aminophenol?
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mgritsch
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Re: Synthese und Test von Glyoxal-bis-2-hydroxyanil (Calciumrot)

Beitrag von mgritsch »

Die Synthese ist super einfach, lediglich die UK ist etwas unbefriedigend da das Reagenz anscheinend in Lösung nicht ganz stabil ist und die bräune beim kochen zunimmt - was sich wiederum nachteilig auf die (optische) Qualität auswirkt.

Woher das Aminophenol - na vom Händler deines geringsten Misstrauens ;) wenn man anfragt bekommt man auch was nicht im Shop gelistet ist.
aliquis
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Re: Synthese und Test von Glyoxal-bis-2-hydroxyanil (Calciumrot)

Beitrag von aliquis »

Schöne Synthese, faszinierende Kristallbildung, Hauptgrundsatz der Chemikalienbeschaffung gut auf den Punkt gebracht... :thumbsup:

Ist das da einfache Alufolie, in den Du die Heizfläche des Rührers (vermutlich zum Schutz vor Verunreinigungen?) eingewickelt hast?
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lemmi
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Re: Synthese und Test von Glyoxal-bis-2-hydroxyanil (Calciumrot)

Beitrag von lemmi »

Und wieder eine einfache Synthese eines ungewöhnlich selektiven Reagenzes. Einfach nur schön! Ich frage mich, warum sowas , wenn es seit den 60ern bekannt ist, in den einschlägigen Lehrbüchern der Analytik nicht erwähnt wird!?

2-Aminophenol müsste aus dem entspr. Nitrophenol leicht zugänglich sein. Letzteres ist ja einfach und in guter Ausbeute aus Phenol und verdünnter Salpetersäure erhältlich (hab ich vor Jahrzehnten mal gemacht aber leider nix mehr davon übrig :cry: ).

Gibt es vielleicht auch ein Analog mit 3-Aminophenol?
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mgritsch
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Re: Synthese und Test von Glyoxal-bis-2-hydroxyanil (Calciumrot)

Beitrag von mgritsch »

aliquis hat geschrieben: Donnerstag 6. Januar 2022, 23:00 Ist das da einfache Alufolie, in den Du die Heizfläche des Rührers (vermutlich zum Schutz vor Verunreinigungen?) eingewickelt hast?
jup, habe ich mir mal angewöhnt. wenn man die etwas stärkere "Grill-Alufolie" benutzt ist das ein sehr stabiler und nützlicher und einfach zu tauschender Schutz. Könnte in die Schlau-stücke...
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Re: Synthese und Test von Glyoxal-bis-2-hydroxyanil (Calciumrot)

Beitrag von aliquis »

Könnte in die Schlau-stücke...
Nur zu...
Ebenso wie Magnete vor Spielereien mit magnetischen Pulvern in Frischhaltefolie einzuwickeln - ist mir in den letzten Tagen auf dem Magnetrührer wieder eingefallen, als ich Nitrat mit Eisen-III-hydroxid zu Ammoniak reduzieren wollte und dabei natürlich auch Magnesit entstand... :wall: Dank der PTFE-Hülle des Rührfisches war das Problem hier aber mit einem Bad in heißer Oxalsäurelösung schnell wieder behoben...
Ich lasse Dir den Vortritt beim Eintragen... :wink:
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mgritsch
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Re: Synthese und Test von Glyoxal-bis-2-hydroxyanil (Calciumrot)

Beitrag von mgritsch »

lemmi hat geschrieben: Freitag 7. Januar 2022, 14:02 Ich frage mich, warum sowas , wenn es seit den 60ern bekannt ist, in den einschlägigen Lehrbüchern der Analytik nicht erwähnt wird!?
nun, gemäß http://www.chemikalienlexikon.de/cheminfo/1285-lex.htm wird damit sogar der Calciumnachweis nach Ph.Eur.1997 gemacht...?
Es gibt aber sicher noch ganz viele "Schätze" dieser Art zu heben, ich bleibe dran 8)
2-Aminophenol müsste aus dem entspr. Nitrophenol leicht zugänglich sein. Letzteres ist ja einfach und in guter Ausbeute aus Phenol und verdünnter Salpetersäure erhältlich (hab ich vor Jahrzehnten mal gemacht aber leider nix mehr davon übrig :cry: ).
grundsätzlich ja, aber die Aminophenole sind ziemlich oxidationsempfindlich - es könnte also eine mühsame und verlustreiche Isolierung eines Reinprodukts werden. Und Glyoxal ist auch eher ein Kandidat den man nur sinnvoll kauft - großindustriell einfach aus Glykol durch kat. Oxidation zugänglich, im Labor eher schwierig.
Gibt es vielleicht auch ein Analog mit 3-Aminophenol?
gibt es sicher, detto mit 4-Aminophenol.
Allerdings rechne ich nicht mit analytischer Relevanz da dann das chelatbildende Strukturelement fehlt.
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mgritsch
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Re: Synthese und Test von Glyoxal-bis-2-hydroxyanil (Calciumrot)

Beitrag von mgritsch »

aliquis hat geschrieben: Freitag 7. Januar 2022, 16:34 Ebenso wie Magnete vor Spielereien mit magnetischen Pulvern in Frischhaltefolie einzuwickeln
du meinst Rührfische? also ansich sind Fe Pulver da recht leicht mit einem Tuch abstreifbar, so stark sind die Magnete nicht. Und Frischhaltefolie ist chemisch mäßig beständig...
...Nitrat mit Eisen-III-hydroxid zu Ammoniak reduzieren wollte...
...dabei natürlich auch Magnesit entstand...
gleich 3 chemische Rätsel wie soll das gehen? Fe(III) ist kein Reduktionsmittel, woher stammt MgCO3 und wieso ist es magnetisch? :P
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Re: Synthese und Test von Glyoxal-bis-2-hydroxyanil (Calciumrot)

Beitrag von aliquis »

Nein, natürlich keine Rührfische in Folie wickeln... :out: - könnte sonst lustig werden beim Rühren...
Magnetit geht mechanisch schlecht wieder runter. Chemische Reinigung mit Oxal- oder Zitronensäure hilft...
Folie nur bei nicht umhüllten Stabmagneten - bevor meine Tochter interessante Magnetfeldlinienbilder mit Eisenfeilspäne erzeugt... :wink:

Sorry, hatte mich gleich zweimal verschrieben, meinte Magnetit, nicht Magnesit, und nicht Eisen-III-, sondern -II-hydroxid... :oops:
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Re: Synthese und Test von Glyoxal-bis-2-hydroxyanil (Calciumrot)

Beitrag von aliquis »

Gute Idee mit der Folie!

Bei meinem Rührer bringt sie leider wenig, da läuft die Suppe im Zweifelsfall durch den Abwärmespalt in den Innenraum und korrodiert dort alles (vgl. hier: viewtopic.php?f=32&t=5617&p=86063&hilit ... ung#p86063). Aber bei einem Kaufpreis von 33 Euro jammere ich auch auf hohem Preis-Leistungs-Niveau... :roll:
Da ist Dein Rührer für 270 Euro von Amazon schon das schützenswertere Produkt...
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lemmi
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Re: Synthese und Test von Glyoxal-bis-2-hydroxyanil (Calciumrot)

Beitrag von lemmi »

mgritsch hat geschrieben: Freitag 7. Januar 2022, 16:34 nun, gemäß http://www.chemikalienlexikon.de/cheminfo/1285-lex.htm wird damit sogar der Calciumnachweis nach Ph.Eur.1997 gemacht...?
Es gibt aber sicher noch ganz viele "Schätze" dieser Art zu heben, ich bleibe dran 8)
Tatsache! sogar im DAB9 (1986) steht das schon drin!

Calciumnachweis mit Glyoxalbishydroxyanil, DAB 9 -1.jpg
Calciumnachweis mit Glyoxalbishydroxyanil, DAB 9 -1.jpg (125.12 KiB) 3768 mal betrachtet
Calciumnachweis mit Glyoxalbishydroxyanil, DAB 9 -2.jpg
Calciumnachweis mit Glyoxalbishydroxyanil, DAB 9 -2.jpg (50.87 KiB) 3768 mal betrachtet

Dass Barium und Strontium irgendwie stören konntest du aber nicht nachweisen!? Magst du mal den Einfluß der genannten Stör-anionen ausprobieren?
Spannend wäre noch das Ausschütteln mit Chloroform/Ethanol. Wahrscheinlich geht auch Dichlormethan. Und da ist das Absorptionsmaximun angegeben, das könnte zur photometrischen Bestimmung herangezogen werden.

Dass das p-Aminophenol keine Komplexe bildet ist klar, aber bist du dir bei dem m-Derivat ganz sicher?

EDIT: auch in der aktuellen Ph.Eur. wird die Reaktion als Identitätsreaktion auf Calcium angeführt. Als Alternative wird die Niederschlagsbildung mit Hexacyanoferrat(II) und Ammoniumchlorid als (NH4)2Ca[Fe(CN)6]angeführt (hallo aliquis! :mrgreen: ). Die "klassische" Nachweisreaktion, nämlich mit Ammoniumoxalat (bis zum DAB 8 gängig), wird gar nicht mehr erwähnt.
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Re: Synthese und Test von Glyoxal-bis-2-hydroxyanil (Calciumrot)

Beitrag von Sebacylbrause »

Im Römpp steht neben Uran und Calcium auch noch Scandium. Dazu soll der Calciumkomplex nicht in Natriumcarbonatlsg. löslich sein, die Sr und Ba aber schon.
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mgritsch
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Re: Synthese und Test von Glyoxal-bis-2-hydroxyanil (Calciumrot)

Beitrag von mgritsch »

lemmi hat geschrieben: Freitag 7. Januar 2022, 18:46 Calciumnachweis mit Glyoxalbishydroxyanil, DAB 9 -2.jpg
diese Komplexstruktur mag eine Erklärung für die langsame Färbung sein.
Im Gleichgewichts-Zustand wird das Molekül sicher nicht in dieser Konfiguration vorliegen ("cis" um die C-C-Einfachbindung des Glyoxal). Die Elektronenpaare der beiden N würden sich massiv abstoßen, energetisch super ungünstig. Damit es zu einer chelatartigen Bindung kommt, muss zuerst das Ca an einem -OH...N- Ende andocken und sich dann das Molekül um die Einfachbindung rotieren sodass auch die zweite Hydroxylgruppe hinzutreten und die Chelatstruktur schließen kann, dann ist wieder ein stabiler Zustand erreicht. Das kann durchaus dauern, je nach Temperatur und Aktivierungsenergie dieser Drehung!
Dass das p-Aminophenol keine Komplexe bildet ist klar, aber bist du dir bei dem m-Derivat ganz sicher?
auch ohne die Literatur danach abgegrast zu haben behaupte ich: ja, absolut sicher. Das kann sich aus sterischen Gründen nie ausgehen. O und N viel zu weit voneinander entfernt. Warum die Frage? Hast du m-Aminophenol lagernd?
Dass Barium und Strontium irgendwie stören konntest du aber nicht nachweisen!? Magst du mal den Einfluß der genannten Stör-anionen ausprobieren?
Siehe die Literatur. Es gibt hier eine große Bandbreite an Bedingungen des Einsatzes. Im DAB-Test heißt es zB:
"2 Tropfen einer Calciumsalzlösung (bzw. einer unbekannten Probelösung) werden mit 0,5 ml Reagenzlösung, 0,2 ml verdünnter Natriumhydroxid-Lösung (10%) und 0,2 ml Natriumcarbonat-Lösung (10%) versetzt." 10% NaOH! Das ergibt einen pH von ~14! mag sein dass bei dem pH auch Ba und Sr reagieren und dadurch das Carbonat nötig ist.
Ich habe alle Erdalkalien getestet, gepuffert bei 12,6 in ca 50% EtOH - unter den Bedingungen konnte ich keine Interferenz feststellen, trotz kräftigem Gehalt (siehe Artikel). Meine Bedingungen sind nahe an https://doi.org/10.1021/ac60319a019 gewählt, da war das Reagenz glaube ich ein bisschen verdünnter und es wurde jedenfalls ein Sulfid-Puffer benutzt (auf den ich aus olfaktorischen Gründen gerne verzichte ;) )
Spannend wäre noch das Ausschütteln mit Chloroform/Ethanol. Wahrscheinlich geht auch Dichlormethan. Und da ist das Absorptionsmaximun angegeben, das könnte zur photometrischen Bestimmung herangezogen werden.
auch dazu gibt es in der zitierten Lit. Vorschriften. Ich fand es mäßig spannend da nicht unbedingt erforderlich. https://doi.org/10.1021/ac60319a019 zeigt wie es ohne geht und erreicht 0,1 mg/l LOQ, https://doi.org/10.1021/ac60170a026 erreicht mit Extraktion auch nur 1 mg/l LOQ. Aus analytischer Sicht ist das ein Schritt den man nur macht wenn es nicht anders geht da dadurch die Genauigkeit merklich leidet. In manchen Fällen (bei entsprechendem Verteilungskoeffizienten) kann es durch Anreicherung die Empfindlichkeit steigern. Angesichts des publizierten LOQ von 0,1 mg/l aber durchaus verzichtbar.
Die "klassische" Nachweisreaktion, nämlich mit Ammoniumoxalat (bis zum DAB 8 gängig), wird gar nicht mehr erwähnt.
ja es wird alles komplizierter aber nicht unbedingt besser... 8)
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lemmi
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Re: Synthese und Test von Glyoxal-bis-2-hydroxyanil (Calciumrot)

Beitrag von lemmi »

Ich denke, das Ausschütteln dient nicht zur Steigerung der Empfindlichkeit, sondern der Selektivität. Im Arzneibuch geht es an der zitierten Stelle ja um eine Identifizierung, nicht um eine Grenzprüfung (letztere wird übrigens noch immer mit Ammoniumoxalat durchgegführt!). Andere Metallionen, die ähnlich gefärbte Komplexe bilden lassen sich nicht ausschütteln. Vielleicht geht auch abtrennen ... In deinen dunkelgelben lösungen mit z.B. Strontium geht ein bisschen Calciun doch unter. Wie sieht es mit Mischungen aus die neben viel Mg oder Sr wenig Ca enthalten? Möglicherweise kann man das durch Áusschütteln besser sichtbar machen.

... https://doi.org/10.1021/ac60319a01 ... LOQ. ...

finde ich m ißverständlich. In welchem Artikel wird welche Nachweisgrenze erreicht?
Nota bene: das sind kolorimetrische Bestimmungen, die dürften per se empfindlicher sein als einfache optische Reagenzglasversuche.
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