Mikro-Elektrogravimetrie

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Seaborg
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Mikro-Elektrogravimetrie

Beitrag von Seaborg »

Mikro-Elektrogravimetrie

Elektrochemische Verfahren wie die Elektrodeposition, das heißt die Abscheidung geeigneter Elemente durch elektrischen Gleichstrom, wurden früh auch für die Mikrochemie erschlossen. Mit geeigneten Instrumenten lassen sich Mikrogramm-Mengen zum Beispiel wichtiger Metalle relativ sauber schon nach einem "Durchgang" gewinnen. Auch Trennungen verschiedener Metalle sind oft leicht möglich, wenn notwendige Reaktionsbedingungen eingestellt werden. Vielfach ist eine quantitative Bestimmung von Metallgemischen schwierig, wenn sie Kupfer neben zum Beispiel Kobalt enthalten, weil diese Elemente sich häufig gegenseitig beeinflussen und stören. Eine Abtrennung im Voraus ist deshalb oft sehr willkommen.
Im Folgenden wird eine Anordnung beschrieben, die sich durchaus noch weiter verkleinern ließe, und die ich gebraucht habe, um Bestimmungen der Metalle verschiedener Kolwezit-Minerale zu bewerkstelligen.

Material/Geräte:
Außer den in den Bildern sichtbaren Haltevorrichtungen (Mikromanipulatoren, Klemmen) noch Kabel und ein Laborgerät zur regelbaren Spannungsversorgung, mehrere mm-große Platinschälchen mit Dicken von bis zu 0,025 mm, Platindrähte, Cahn-Waage oder andere Mikrowaagen


Chemikalien:
Kolwezit-Lösung (Kolwezit: Mineral mit der Idealzusammensetzung CuCo(CO3)2) in HCl
Kupfersulfat-Lösung Warnhinweis: attn Warnhinweis: n
Salzsäure 1-2 N Warnhinweis: c
Schwefelsäure 1 N Warnhinweis: c


Versuchsdurchführung:
Hier die Gesamtanordnung mit meinen unersetzlichen, wenn auch etwas ramponierten Prior-Mikromanipulatoren. Ein Labornetzteil liefert den Strom. Man beachte den hilfreichen Einsatz von Reissfedern für die Mikrochemie!
Anordnung1.jpg


Ein Ausschnitt mit Kathodenschale und Anodenstift aus Platin. Unter starker Vergrößerung (Lupe) wird die Absenkung der Anode kontrolliert.
Anordnung2.jpg

In einem wenige mm großen Platinschälchen die Probe, hier einige in 2M HCl aufgelöste Kristalle Kolwezit. Unter einer starken IR-Lampe wird das HCl verdampft und durch H2SO4 ersetzt, die für die Elektrolyse besser geeignet ist.
Anordnung3.jpg

Hier der Elektrolysevorgang bei etwa 2,5 V. Man sieht bereits die Abscheidung größerer Cu-Mengen im Randbereich.
Anordnung4.jpg

Hier die gewaschene Cu-Abscheidung.
Anordnung5.jpg

Eine andere Probe, nach Trocknung, auf einer Waagschale der CAHN-Mikrowaage.
Anordnung8.jpg

In einer weiteren Probe sieht man schon unmittelbar nach Beginn des Stromflusses die erste Abscheidung von Cu, wahrscheinlich noch im Nanogramm-Bereich.
Anordnung6.jpg

Entsorgung:

Die µg- bzw. µl-Mengen werden verdünnt über das Abwasser entsorgt.


Erklärungen:
Mit dem Versuch sollte die Möglichkeit gezeigt werden, elektrodepositorische Metallabscheidungen im mikrochemischen Maßstab durchzuführen. Die Idee dazu stammt unter anderem von Julius Donau (s. Literatur). Die dahinterstehenden physikochemischen Vorgänge sind dieselben, wie in der Makrochemie.


Literatur:
J.Donau: Mikrochemie, 27, 14 (1939) ausführliche Beschreibung in: Anorganische Mikrogewichtsanalyse, F.Hecht und J.Donau, (1940)
Calciumcitrat
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Re: Mikro-Elektrogravimetrie

Beitrag von Calciumcitrat »

Sehr eindrucksvoll, ein typischer AC-Praktikumsversuch im Mikromaßstab...

Wird bei solch kleinen Mengen irgendwann die Physisorption von den bei der Elektrolyse entstehenden Gasen signifikant bezüglich des Gewichts?
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Seaborg
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Re: Mikro-Elektrogravimetrie

Beitrag von Seaborg »

Calciumcitrat hat geschrieben: Dienstag 11. Mai 2021, 23:10
Wird bei solch kleinen Mengen irgendwann die Physisorption von den bei der Elektrolyse entstehenden Gasen signifikant bezüglich des Gewichts?
In der einschlägigen Literatur der damaligen Zeit (Benedetti-Pichler, Donau, Alimarin und El-Badry) bzgl. Mikroelektrolyse kommt der von Dir verwendete Begriff nicht vor und ich will nicht päpstlicher sein als der Papst. :)

Das deponierte Metall wird ja im allgemeinen noch erhitzt und aus dem Überstand werden evtl. weitere Metalle gefällt.
Wobei könnte die Physisorption denn eine Rolle spielen?
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lemmi
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Re: Mikro-Elektrogravimetrie

Beitrag von lemmi »

Ich würde diesen Artikel gerne in die Analytik verschieben und bitte darum, die eingefügten Formatfelder (Material und Geräte, Chemikalien, Entsorgung und Erklärungen - Sicherheitshinweise optional) noch auszufüllen. Nicht jeder weiß gleich, was Kolwezit ist (bitte nicht nur auf die onlinesuche vereisen!). Literaturhinweise wären schön.
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Glaskocher
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Re: Mikro-Elektrogravimetrie

Beitrag von Glaskocher »

Jetzt, mit etwas Abstand nochmal durchgelesen, fällt mir auf, daß zwar der Vorgang beschrieben, jedoch keine Probe exemplarisch ausgewertet wurde. Zur Demonstration reicht es schon, eine Lösung bekannten Gehaltes einzuwiegen und das daraus abgeschiedene Kupfer zurück zu wiegen. Daran läßt sich eventuell noch eine Fehlerdiskussion "aufhängen", um diese Methode besser einordnen zu können. Und zu guter Letzt ist ein Tipp zur Reinigung der Platingeräte hilfreich, besonders der Tipp, wie bitte nicht (Zerstörung wegen Auflösung in z.B. Königswasser).

Der Tipp mit der Reißfeder ist echt gut. Man hat eine "fixierbare Pinzette" mit langem Stiel.
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lemmi
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Re: Mikro-Elektrogravimetrie

Beitrag von lemmi »

EDIT by lemmi: Korrekturgelesen, Formatierung angepasst

@Seaborg: bitte noch die Anregungen von Glaskocher einarbeiten (sofern du dazu Informationen hast). Ausserdem ist in der Chemikalienliste eine Kupfersulfatlösung erwähnt, die in der Versuchsbeschreibung augenscheinlich keine Verwendung findet. Hast du damit die Methode geprüft/kalibriert oder sowas?
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mgritsch
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Re: Mikro-Elektrogravimetrie

Beitrag von mgritsch »

Edit: korrekturgelesen und verschoben.
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