[6080-56-4], Bleizucker, Bleiessig, essigsaures Blei
Bleiacetat ist eine schon seit dem Altertum bekannte Chemikalie und im Labor als gut wasserlösliche Bleiverbindung oft nützlich. Sie kann mit relativ einfachen "Haushaltsmitteln" hergestellt werden.
Als Blei-Quelle wurden in dem Fall die Abfälle aus dem Kugelfang für das Luftdruckgewehr benutzt - eine billige Quelle und außerdem liegt das Blei so bereits in passenden kleinen Stückchen vor die sich rascher auflösen. Nachteil ist allerdings, dass es sich dabei in der Regel nicht um reines Blei handelt - Beilegierungen von Antimon und manchmal Zinn sind üblich um Härte und Gießbarkeit einzustellen. Natürlich kann auch entsprechend mit reinem Blei gearbeitet werden. Ob die zu Silvester beliebten Sets zum Bleigießen reines Blei enthalten oder auch legiert sind, ist mir nicht bekannt, vermutlich dürfte es hier aber einen Zusatz von Zinn geben um den Schmelzpunkt zu senken.
Geräte:
Bechergläser, Trichter, Filter, Glasstäbe, Uhrglas, Heizplatte, Sinternutsche
Chemikalien:
Blei



Wasserstoffperoxid 12%



Ethanol (Brennspiritus)


Bleiacetat


Hinweis:
Blei und Bleiverbindungen sind giftig und potenziell krebserregend - beim Umgang damit ist entsprechende Vorsicht geboten (Handschuhe, ggfs Schutzmaske um keine Stäube einzuatmen, im Abzug oder im Freien arbeiten!)
Die Reaktion ist stark exotherm - eine größere Ansatzgröße als hier dargestellt ist nicht zu empfehlen da es durch die begrenzte Wärmeabfuhr dann leicht zu unkontrolliertem Überkochen kommen kann!
Durchführung:
In einem 100 ml Becherglas wurden 30 g (0,145 mol) Bleigranulat vorgelegt und 20 ml (0,290 mol) einer 80% Essigsäure und 40 ml (0,145 mol) einer 12% Lösung von Wasserstoffperoxid zugegeben. Das Becherglas wurde mit einem Uhrglas bedeckt um Aerosole und Verdunstung zu vermeiden, mit dem Glasstab wird nun immer wieder kurz umgerührt. Rasch kam es zu einer Reaktion, der Ansatz wurde dunkelgrau von einem feinen Niederschlag und erwärmte sich stark (kann bis zu 80° heiß werden!). Nach etwa 30 - 60 Minuten wenn die Reaktion abgeklungen war, wurde das Becherglas bedeckt auf die Heizplatte gestellt und die Temperatur zur Fertigstellung der Reaktion für weitere 2 Stunden bei ca. 80-90° gehalten. Dabei sollte immer wieder gut umgerührt werden. Diese Nachbehandlung sorgte auch dafür, dass sich durch Zusammenballung gröbere Antimon-Aggregate bilden, die leichter filtrierbar sind.
Nun wurde die noch heiße Lösung in ein 250 ml Becherglas abfiltriert, nicht aufgelöste Blei-Stückchen sollen aber möglichst im 100 ml Becherglas verbleiben. Auf die verbleibenden Stückchen wurde nun erneut 20 ml (0,290 mol) einer 80% Essigsäure und 40 ml (0,145 mol) einer 12% Lösung von Wasserstoffperoxid gegeben und die Prozedur wiederholt. Nach dem zweiten Durchlauf waren neben dem grauen Schlamm nur noch wenige ganz kleine Blei-Stückchen übrig.
Die vereinigten Filtrate (zusammen ca 120 ml) wurden nun auf der Heizplatte bei mäßiger Temperatur (80-100°) langsam weiter auf ein Volumen von ca 50 ml eingeengt. Die eingeengte Lösung wurde auskühlen gelassen, wobei sich in der Regel bereits schöne Kristalle abscheiden. Sollte die Kristallisation nicht spontan einsetzen, kann etwas Kratzen mit einem Glasstab oder ein kurzer Aufenthalt im Gefrierfach helfen. Der Ansatz wurde zur Vervollständigung der Kristallisation noch ein paar Stunden im Kühlschrank stehen gelassen und die Kristalle mit der Sinternutsche abgesaugt.
Die Mutterlauge wurde ins Becherglas zurück gegeben und die Kristalle in der Nutsche mit einer kleinen Menge Ethanol nachgewaschen um anhaftende Mutterlauge und Essigsäure abzuwaschen. Im abfließenden Ethanol schied sich erneut eine größere Menge an Kristallen ab die nach ein paar Stunden stehen im Kühlschrank ebenfalls abgesaugt wurden.
Die abgesaugte Mutterlauge aus der ersten Fällung (ca 20 ml) wurde mit Ethanol auf ca 80 ml verdünnt und nach ein paar Stunden stehen im Kühlschrank wurden die ausgefallenen Kristalle ebenfalls abgesaugt.
Alle drei Fraktionen wurden bei Raumtemperatur ein paar Tage getrocknet und gewogen.
Ausbeute:
erste Fraktion: 35,8 g
zweite Fraktion: 3,2 g
dritte Fraktion: 6,1 g
In Summe 45,1 g (82,1% d.Th. bezogen auf die eingesetzte Menge Roh-Blei)
Entsorgung: Reste und Abfälle kommen zu den schwermetallhaltigen Abfällen
Erklärung:
Blei ist mit einem Standardpotenzial von −0,125 V (Pb2+ + 2 e− → Pb) ein nur wenig unedles Metall, darüber hinaus hat Wasserstoff an ihm eine merkliche Überspannung (kinetische Hemmung zu Gasabscheidung). Essigsäure ist mit einem pKs von 4,75 eine schwache Säure, der pH im Ansatz beträgt nur etwa 2. Bei einer Aktivität des H+ von nur 0,01 sinkt das Redox-Potenzial der Halbzellen-Reaktion 2 H+ + 2 e- → H2 auf - 0,118 V, es besteht praktisch fast kein Potenzialunterschied mehr. Das Blei wird daher von der Säure selbst in der Siedehitze nach der Reaktion:
Pb + 2 CH3COOH → Pb(CH3COO)2 + H2
praktisch nicht angegriffen. Historisch wurde Bleiacetat durch langsame Auflösung von Blei in Essig an der Luft gewonnen, dabei kommt es zu einer Oxidation durch den Luftsauerstoff. Rascher geht es durch Zusatz von Wasserstoffperoxid nach der Gleichung:
Pb + 2 CH3COOH + H2O2 → Pb(CH3COO)2 + 2 H2O
Elektronen aus der Halbzellen-Reaktion Pb → Pb2+ + 2 e− werden dann an H2O2 übergeben, nach H2O2 + 2e- → 2 OH-. Die Essigsäure fängt die dabei entstehenden OH- unter Bildung von Acetat ab, die Reaktion ist somit abgeschlossen.
Diese Reaktion ist so energisch, dass sich die Lösung dadurch stark erwärmt. Dennoch kommt sie auch hier mit abnehmender Säure- bzw. Peroxid-Konzentration und gleichzeitig zunehmender Blei-Konzentration in der Lösung zum erliegen - trotz stöchiometrischem Einsatz von Säure und Peroxid bleibt im ersten Durchgang ein wesentlicher Teil des Bleis unaufgelöst zurück.
Man könnte den Überschuss an Säure und Peroxid zwar gleich von Anfang an zugeben, aufgrund der hohen Bleikonzentration im Ansatz würde dabei aber trotzdem die Reaktion gebremst und eine langsamere und weniger vollständige Umsetzung erreicht. Daher ist es günstiger, die verbliebenen Reste an Blei mit einem frischen Ansatz aufzulösen.
Bei Verwendung des technischen Bleis aus den Luftgewehr-Kugeln bildet sich eine große Menge eines schwarzen Schlamms - dabei handelt es sich überwiegend um andere Legierungsbestandteile, vor allem Antimon das zur Steigerung der Härte beigemischt ist. Antimon ist mit einem Normalpotenzial von +0,150 V (Sb3+ + 3 e− → Sb) bereits deutlich edler als Blei und wird daher unter den Bedingungen nicht angegriffen bzw. wieder abgeschieden - solange noch etwas ungelöstes Blei übrig ist. Auch andere edlere Metalle wie Cu oder Verunreinigungen fallen hier aus. Für die Reinheit des Produkts ist es also günstig, wenn man keine ganz vollständige Auflösung erzielt. Lediglich Zinn, das etwa gleich unedel wie Blei ist, würde ebenfalls aufgelöst. In schwachen, verdünnten Säuren und unter Einfluss eines Oxidationsmittels bildet es aber leicht Zinnoxid (SnO2) das ebenfalls unlöslich ist und mit dem Schlamm abfiltriert werden kann.
Bleiacetat ist ein sehr gut wasserlösliches Salz, es lösen sich in Wasser 456 g/l bei 20 °C. Für eine einigermaßen vollständige Ausfällung ist es also vorteilhaft, die Lösung noch mal stark einzuengen. Bei einem Essigsäuregehalt in der Lösung von <70% bildet sich dabei das Trihydrat Pb(CH3COO)2 ⋅ 3 H2O, zwischen 70 und 90% ein "Hemihydrat" Pb(CH3COO)2 ⋅ 0,5 H2O und aus Eisessig kristallisiert es mit 1 Mol Essigsäure. Durch Trocknen im Exsiccator über H2SO4 erhält man es wasserfrei[1].
Bleiacetat löst sich auch in Ethanol merklich auf - die Löslichkeit beträgt immerhin 33 g/l[2]. Durch das Waschen der Kristalle mit Alkohol in der Sinternutsche werden Reste an Mutterlauge und Essigsäure ausgespült, das vereinfacht die Trocknung und steigert die Reinheit des Produkts. Dabei kommt es allerdings wegen der schlechten Löslichkeit im Alkohol zu einer Ausfällung des noch in der Mutterlauge befindlichen Bleiacetats - nach kurzer Zeit bilden sich schöne, feine Nädelchen. Nach dem gleichen Prinzip wurde auch die restliche Mutterlauge aufgearbeitet - nach Zugabe des Alkohols ist die Löslichkeit nunmehr so schlecht, dass ohne weiteres Einengen jede Menge Bleiacetat ausfällt.
Die Ausfällung von Kristallen ist dem Eindampfen zur Trockene vorzuziehen, da man so ein reineres Produkt erhält und Verunreinigungen in der restlichen Mutterlauge verbleiben.
Bilder: Das Ausgangsmaterial - alte Reste aus dem Kugelfang des Luftdruckgewehrs.
Bereit zur Reaktion
Nach Zugabe des Peroxids kommt es sehr rasch zur Reaktion, erkennbar am schwarzen Schlamm aus Antimon
Die Lösung erwärmt sich selbst auf etwas über 80 °C!
Nach dem Einengen in der Wärme scheiden sich beim Auskühlen schöne, lange Kristallnadeln aus Bleiacetat ab
Abnutschen der Kristalle...
Kristallisation aus der Mutterlauge nach Zugabe von Ethanol
Die fertigen Kristallfraktionen
Leider verwittern die Kristalle relativ rasch - nach einem Tag sind sie schon matt und stumpf.
Literatur:
[1] THE SYSTEM LEAD ACETATE, ACETIC ACID, WATER, J. Am. Chem. Soc. 1932, 54, 12, 4537–4544
[2] Encyclopedia of Reagents for Organic Synthesis https://doi.org/10.1002/047084289X.rl004