Die Springbrunnenversuche und Knallgas aus dem Supermarkt

Spannende Experimente zum Vorführen.

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lemmi
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Die Springbrunnenversuche und Knallgas aus dem Supermarkt

Beitrag von lemmi »

Die Springbrunnenversuche und Knallgas aus dem Supermarkt


Die Springbrunnenversuche - bei denen sich in einem “leeren“ Kolben gegen die Schwerkraft spontan eine Fontäne ausbildet - gehören spätestens seit dem Ende des 19 Jahrhunderts zum Kanon der Schauexperimente. Hier werden sie in ihrer bekannten Form vorgestellt. Das Besondere ist, dass zur Erzeugung der Gase Chlorwasserstoff und Ammoniak nur Haushaltsprodukte aus dem Supermarkt verwendet werden. Als kleiner Nebeneffekt wird außerdem die Darstellung von Wasserstoff unter Verwendung derselben Ausgangsstoffe gezeigt.


Material/Geräte:

Erlenmeyerkolben 100 ml, mehrere Gummistopfen mit Bohrung, zwei rechtwinklig gebogene Glasrohre, kurzes Schlauchstück, zwei Rundkolben 500 ml, Glasrohr mit Spitze, Chlorcalciumröhre (optional), Dreifuß mit Drahtnetz, Spiritusbrenner, Stativmaterial, (Glas)Wanne mit 1000 ml Fassungsvermögen, Reibschale, Reagenzgläser (für den Wasserstoffversuch)


Chemikalien:

Natriumhydroxid-haltiger Rohrreiniger in Pulverform Warnhinweis: c
Hirschhornsalz (Ammoniumhydrogencarbonat) Warnhinweis: attn
Natriumhydrogensulfat-haltiger WC-Reiniger in Pulverform Warnhinweis: c
Brennspiritus (vergälltes Ethanol) Warnhinweis: fWarnhinweis: attn
Rotkohlblatt

Chlorwasserstoff Warnhinweis: cWarnhinweis: tWarnhinweis: p
Ammoniak Warnhinweis: cWarnhinweis: tWarnhinweis: nWarnhinweis: p
Wasserstoff Warnhinweis: fWarnhinweis: p


Sicherheitshinweise:

Bei diesem Versuch werden Gase dargestellt, die in größeren Mengen gesundheitsschädlich sind. Dieser Teil des Experimentes sollte bei guter Lüftung, optimal unter einem Abzug, erfolgen.
Die verwendeten Rundkolben müssen absolut unversehrt sein und dürfen keine Sprünge aufweisen (kontrollieren!), da in Ihnen während des Versuchs ein erheblicher Unterdruck entsteht, und sie bersten können, wenn sie beschädigt sind!


Versuchsdurchführung:

Vorbereitung: Herstellung der Indikatorlösung:

Als Indikator wird hier Rotkohl eingesetzt. Um eine haltbare Indikatorlösung herzustellen wird ein großes Rotkohlblatt von der fleischigen Mittelrippe befreit, der Rest möglichst fein zerschnitten und in einem Erlenmeyerkolben mit so viel Brennspiritus übergossen, dass er gut bedeckt ist. Der Kolben wird über einer Spiritusflamme (Vorsicht! Alkoholdampf kann sich entzünden!) oder in einem heißen Wasserbad (besser!) erhitzt, bis der Spiritus siedet und dann bedeckt langsam abkühlen gelassen. Danach wird die tiefviolette Tinktur abgegossen und mit etwas Säure (z.B. einigen Körnchen WC-Reiniger) versetzt, bis sie klar tiefrot gefärbt ist. In dieser Form ist sie lange haltbar. Um 1 Liter Wasser eine kräftige Farbe zu erteilen sind ca. 20 ml davon erforderlich.

Alternativ kann man den Rotkohl auch mit kochendem Wasser aufbrühen, nach dem Abkühlen filtrieren und auf die gewünschte Farbkraft verdünnen. Die wässrige Abkochung ist aber nicht haltbar (im Kühlschrank für einige Tage - eingefroren nahezu unbegrenzt).


1. Der Ammoniak-Springbrunnen

Für diesen Versuch wird ein Rohrreiniger verwendet, der Natriumhydroxid enthält. Betrachte man die Substanz, so erkennt man, dass sie in einem körnigen, weißen Pulver silbrig glänzende Metallkörnchen enthält. Um diese abzusondern zerreibt man einen leicht gehäuften Esslöffel Rohrreiniger in der Reibschale und klopft dann mehrere Male rhythmisch seitlich gegen die Schale. Die groben Metallteilchen sondern sich in einer Seite der Schale ab und das Pulver kann mit einem kleinen Löffel entnommen werden. Durch wiederholen des Vorganges erhält man einen gestrichenen Esslöffel metallfreien, weißen Pulvers. Der Rest wird für den Zusatzversuch aufbewahrt

Zur Vorbereitung wird eine Schüssel unter ein Stativ gestellt (in das später der Kolben eingespannt werden kann) und mit 750 ml Wasser befüllt. Man setzt 20 ml Rotkohltinktur und eine Prise WC-Reiniger zu, so dass das Wasser deutlich rotviolett gefärbt ist. Ein 15-20 cm langes Glasrohr, das zu einer nicht zu feinen Spitze ausgezogen ist (Öffnung ca. 1,5-2 mm) wird in einen durchbohrten Stopfen geschoben, der auf die Öffnung des verwendeten Rundkolbens passt und zwar so weit, dass es, wenn der Stopfen eingesetzt wird gerade etwas über den Hals hinaus in den Kolben hineinragt. Nun kann der eigentliche Versuch beginnen.

In einem 100 ml-Erlenmeyerkolben mischt man das gepulverte Rohrfrei (ca. 12 g) mit einem Teelöffel Hirschhornsalz (ca. 4 g) und baut die unten gezeigte Apparatur auf. Das gebildete Ammoniak wird über zwei verbundene, rechtwinklig gebogene Glasrohre von unten in einen leeren, trockenen (!) 500 ml-Rundkolben (bevorzugt mit rundem Boden, also kein Stehkolben!) geleitet, dessen Hals locker mit einem Wattebausch verschlossen wird. Optimalerweise wird zwischen den Kolben und die Glasrohre ein Chlorcalciumrohr geschaltet, um Kondenswasser und mitgerissenen Rauch zurückzuhalten. In dieses legt man einen kleinen Bausch Watte, schüttet man etwas (nicht pulverisiertes) Rohrfrei darauf und schließt wieder mit einem Wattebausch ab.

Nun wird das Gemisch im Kolben mit dem Spiritusbrenner erhitzt, wobei Ammoniak frei wird, der sich bald durch seinen Geruch bemerkbar macht. Das Füllen des Rundkolbens geht schnell, nach etwa 2 Minuten kann man davon ausgehen, dass es beendet ist. Man zieht das Glasrohr samt Wattebausch aus der Kolbenöffnung (diese muss weiter nach unten gerichtet bleiben!) und setzt den vorbereiteten Stopfen mit dem spitzen Glasrohr ein. Dann spannt man den Kolben in das Stativ, so dass das Ende des Glasrohrs fast bis zum Boden der Schüssel in das Wasser eintaucht, und beobachtet.
Das Wasser steigt langsam im Glasrohr empor und färbt sich dabei bereits bläulich. Nach einer bis anderthalb Minuten ist es an der oberen Öffnung angelangt. Kurz nachdem der erste Tropfen ausgetreten ist, spritzt ein kräftiger Flüssigkeitsstrahl aus der Rohrmündung, prallt mit hörbarem Rauschen gegen die Kolbenwand und färbt sich dabei tief grün. Der Springbrunnen hält an, bis der Kolben fast völlig mit Flüssigkeit gefüllt ist


2. Der Chlorwasserstoff-Springbrunnen

Hierfür wird der saure WC-Reiniger verwendet. Er liegt als körniges, weißes Pulver vor, das einzelne kleine, blaue Kristalle enthält. Ein leicht gehäufter Esslöffel davon wird in der Reibschale solange verrieben, bis ein homogenes Pulver entstanden ist, in dem keine blauen Kristalle mehr zu sehen sind. Dieses gibt man in den Erlenmeyerkolben. Die Apparatur zur Gaserzeugung entspricht der vorigen, nur wird das Chlorcalciumrohr diesmal mit etwas (nicht pulverisiertem) WC-Reiniger beschickt und das zweite Winkelrohr nach unten gerichtet, um den entstehenden Chlorwasserstoff von oben in einen 500 ml-Rund- oder Stehkolben einzuleiten. Das Wasser, das wie oben mit Indikator versetzt und in der Glasschüssel vorgelegt wird, wird diesmal durch Zugabe einer Prise Rohrfrei blaugrün gefärbt.

Wieder wird die Substanz (ca. 15 g) im Erlenmeyerkolben mit einem Spiritusbrenner erhitzt. Sie färbt sich zunehmend schwarz, bläht sich etwas auf und schäumt ein wenig. Nach etwa fünf Minuten treten weiße Nebel aus dem Hals des Stehkolbens aus. Man erhitzt noch kurze Zeit, entfernt dann das Einleitungsrohr und setzt - die Kolbenöffnung stets nach oben gerichtet - den Stopfen mit dem spitzen Glasrohr auf. Spannt man nun den Kolben ist das Stativ über der Wasserschüssel, so steigt das Wasser allmählich - es geht deutlich langsamer als beim Ammoniak - empor und kommt nach etwa 2 Minuten an der oberen Öffnung an. Wieder entsteht, kaum dass der erste Tropfen ausgetreten ist, ein schöner Springbrunnen, der diesmal nicht ganz so heftig ist, wie beim Ammoniak. Der Indikator schlägt nach hellrot um, der Kolben füllt sich zu ca. ¾, dann kommt der Springbrunnen zum Stillstand.

Anmerkungen:
1. Man kann die Versuche auch ohne Zwischenschalten einer Chlorcalciumröhre durchführen. Dabei ist das entwickelte Gas aber durch mitgerissene Schwebeteilchen undurchsichtig trübe und daher die Spitze des Glasrohrs im Kolben nicht so schön zu sehen. Außerdem setzt sich in den Winkelrohren Kondenswasser an, das vor Wiederholung des Versuchs ausgetrieben werden muss. Dazu eignet sich ein Heißluftfön ganz gut.
2. Beim Chlorwasserstoffversuch verwendet man an Stelle von Watte besser Glaswolle zum Beschicken der Chlorcalciumröhre. Die Watte wird durch das Gas stark angegriffen und zerfällt zu einer schmierigen Masse.
3. Man kann die befüllten Kolben mit aufgesetztem Stopfen mit Glasrohr bis zur Vorführung des Versuches einige Stunden aufbewahren, wenn man die äußere Rohrmündung mit einem kleinen Gummistopfen verschließt. Dabei kühlt das Gas im Kolben jedoch ab, sodass das spontane Emporsteigen des Wassers seeehr lange (über 10 Minuten) dauert. Man verfährt daher so, dass man die Kolbenwand kurz vor der Vorführung, oder nachdem der Kolben ins Stativ eingespannt ist, von außen erwärmt (auch hier mit einem Fön) und dann einen mit kaltem Wasser getränkten Lappen auf den Kolben legt. Die Volumenkontraktion des Gases beim Abkühlen beschleunigt das Aufsteigen des Wassers erheblich.


3. Darstellung von Wasserstoff - Knallgasreaktion

Der bei der Vorbereitung des Ammoniakspringbrunnens erhaltene Rest des Rohrreinigers, der die Metallkörner angereichert enthält, wird in eine gewöhnliches Reagenzglas gegeben (ca. 2-3 cm hoch) und dieses schräg in ein Stativ eingespannt. Der auf das Glas aufgesetzte Stopfen trägt ein Winkelrohr, dessen Ende in eine mit Wasser gefüllte Glasschale eintaucht. Man bereitet mehrere mit Wasser gefüllte Reagenzgläser vor, die kopfüber in die so improvisierte pneumatische Wanne gestellt werden. Nun gibt man mit einer Pipette so viel Wasser zu dem Rohrfreipulver, dass dieses eben gut bedeckt ist und setzt rasch den Stopfen wieder auf.

Sofort entwickelt sich in lebhafter Reaktion Wasserstoff, der in den vorbereiteten Reagenzgläsern aufgefangen wird. Die Gläser werden in der pneumatischen Wanne unter Wasser mit einem Stopfen verschlossen. Man kann problemlos drei Reagenzgläser (zu 25 ml) mit Wasserstoff füllen. Eines oder mehrere Gläser befüllt man nur zu 2/7 mit Wasser (8 ml Wasser eingeben), so dass in ihnen eine Mischung aus 5 Raumteilen Luft und 2 Raumteilen Wasserstoff erhalten wird.

Der Nachweis des Wasserstoffs geschieht durch seine Brennbarkeit. Man öffnet die gefüllten Gläser und hält sie mit der Öffnung nach Unten an die Flamme des Spiritusbrenners. Das Gas entzündet sich mit einem leisen "Plopp!“ und eine kleine Flamme wandert in das Reagenzglas hinein. Beim ersten Glas, das noch die in der Apparatur vorhanden gewesene Luft enthält, ist ein leiser Knall zu hören. Beim Entzünden des Gasgemisches in den nur zu 2/7 mit Wasserstoff gefüllten Gläsern ertönt ein scharfer Pfiff. In der Regel wird die Flamme des Spiritusbrenners durch die Explosion gelöscht.


Entsorgung:

Die Rückstände in den Gasentwicklungsgefäßen und das gefärbte Wasser aus den Springbrunnenversuchen können über das Abwasser entsorgt werden.


Erklärungen:

Vorbemerkung: Bevor ich diese Versuche durchgeführt habe, habe ich die verwendeten Haushaltschemikalien qualitativ und quantitativ analysiert. Die Ergebnisse sind zusammengefasst wie folgt:

“00-WC-Reiniger“ enthält 48 % titrierbares Natriumhydrogensulfat und 40 % Natriumchlorid. Daneben ist ein wenig Natriumcarbonat enthalten, denn beim Anfeuchten entsteht Kohlendioxid (was selbsttätige Schaumbildung bewirkt), so dass der ursprüngliche Anteil an NaHSO4 etwas höher gewesen sein dürfte. Der Rest besteht (neben etwas Feuchtigkeit) aus einem Detergens, vermutlich Natriumdodecylsulfat. Die blauen Kristalle sind oberflächlich eingefärbte Kochsalzkristalle. Das Produkt ist parfümiert.

“Rohrreiniger PowerPulver“ enthält 40 % Natriumhydroxid und 1 % Aluminiumgrieß. Daneben fand ich 57 % Kochsalz, der Rest dürfte Feuchtigkeit sein.


Das in der Weihnachtsbäckerei als Treibmittel für Lebkuchen verwendete Hirschhornsalz ist Ammoniumhydrogencarbonat. Beim Erhitzen zerfällt es in Ammoniak, Kohlendioxid und Wasser, das Kohlendioxid wird vom Natriumhydroxid als Natriumcarbonat gebunden:

NH4HCO3 ---> NH3 + H2O + CO2

2 NaOH + CO2 ---> Na2CO3 + H2O

Ein Teil des Kohlendioxids entweicht aber und bildet mit dem Ammoniak wieder Ammonium(hydrogen)carbonat, das als feiner Rauch das gebildete Gas trübt. Durch das Natriumhydroxid im Chlorcalciumrohr wird dieser sowie mitgerissener Wasserdampf zurückgehalten, da Natriumhydroxid stark hygroskopisch ist. Ammoniak ist leichter als Luft (Verhältnis etwa 0,6:1), daher wird er in einem nach unten offenen Kolben aufgefangen.

Ammoniakgas löst sich sehr gut in Wasser, bei Raumtemperatur kann 1 Volumenteil (VT) 650 VT Ammoniak aufnehmen. Beim Eintreten des ersten Tropfens Wasser in den Kolben löst sich in diesem eine große Menge Ammoniak und es bildet sich ein gasverdünnter Raum aus. Der äußere Luftdruck presst das Wasser in den Kolben, wodurch der Springbrunnen entsteht. Wenn die Luft im Kolben vollständig durch Ammoniak verdrängt und das Wasser abgekocht - d.h. frei von gelöster Luft - war, füllt sich der Kolben vollständig mit Wasser.

Der Chlorwasserstoff wird durch die Reaktion des Natriumhydrogensulfates im WC-Reiniger mit dem darin ebenfalls enthaltenen Kochsalz erzeugt:

NaHSO4 + NaCl ---> HCl + Na2SO4

Bei den hohen Temperaturen zersetzt sich das im Reiniger vorhandene Detergens und verkohlt, außerdem entstehen Wasserdampf und multiple Nebenprodukte, die als Rauch das gebildete Gas trüben. Wieder werden diese in der Chlorcalciumröhre zurückgehalten. Auch Chlorwasserstoff ist außergewöhnlich gut wasserlöslich (460 VT in 1 VT Wasser bei 20°C), so dass dieselben physikalischen Vorgänge ablaufen, wie beim Ammoniak. Es ist mir nie gelungen, dass sich der Kolben ganz mit Wasser füllt. Dafür gibt es mindestens zwei Gründe. Chlorwasserstoff ist zwar schwerer als Luft (Verhältnis ungefähr 1,22:1) und wird daher in einem nach oben offenen Kolben aufgefangen. Da das entwickelte Gas aber warm ist, wird dieser Effekt teilweise wieder aufgehoben, indem die dichte des warmen Gases geringer ist als bei Raumtemperatur. Zweitens entwickelt der WC-Reiniger etwas Kohlendioxid, das sich dem Chlorwasserstoff beimengt und aus diesem nicht mit einfachen Mitteln zu entfernen ist.

Die Tatsache, dass die aufgefangenen Gase etwas wärmer sind als die Umgebung, beschleunigt das Hochsteigen des Wassers im Glasrohr zu Beginn des Versuchs, denn durch die Volumenkontraktion beim Abkühlen entsteht auch hier ein Sogeffekt. Das geringe Gasvolumen innerhalb des Glasrohres hat nur einen geringen Effekt, da er zunächst Luft enthält, und erst Gas durch die Glasrohrspitze hineindiffundieren muss. Wenn man den Versuch erst einige Zeit nach dem Füllen der Kolben vorführt ist daher der oben beschriebene Trick anzuwenden.

Zu den mit Rotkohl zu erzielenden Farben siehe diesen thread hier im Forum! Natürlich können auch andere Indikatoren eingesetzt werden, aber die Zielsetzung dieses Versuches war es, vollständig mit Ausgangsstoffen aus dem Supermarkt auszukommen.

Zuletzt der Wasserstoff! Er entsteht durch die Einwirkung von Natriumhydroxid auf Aluminium:

6 NaOH + 2 Al + 6 H2O ---> 2 Na3[Al(OH)6] + 3 H2

Die Reaktion beginnt spontan und verstärkt sich durch die Lösungswärme von Natriumhydroxid in Wasser selbst, so dass ein Erwärmen der Mischung unnötig ist. Wenn sie nachlässt, kann man durch Erhitzen mit dem Spiritusbrenner etwas nachhelfen.

Reiner Wasserstoff entzündet sich ohne größere Geräuschentwicklung. Sobald ihm Luft (d.h. Sauerstoff) beigemengt ist, tritt eine mehr oder weniger deutliche Explosion auf. Darauf beruht die sogenannte Knallgasprobe: muss eine mit Wasserstoff gefüllte Apparatur erhitzt erden so entnimmt man zuerst am Ende eine Probe des ausströmenden Gases mit einem Reagenzglas und prüft, ob dieses ohne Geräuschentwicklung abbrennt. Erst dann darf die Apparatur erhitzt werden (z.B. beim Arsennachweis nach Marsh). Die Bedingungen für eine Knallgasexplosion sind optimal, wenn man 5 VT Luft mit 2 VT Wasserstoff mischt. Da Luft 20 % (1/5) Sauerstoff enthält, entspricht das Gemenge einer stöchiometrischen Mischung aus Wasserstoff und Sauerstoff – wenngleich es mit etwas Stickstoff verdünnt ist.

2 H2 + O2 ---> 2 H2O

Diese Versuche geben Anlass, über das Volumen der entstehenden Gase zu staunen! Tatsächlich sind die eingesetzten Mengen etwa dreimal so groß, wie nötig wäre um 500 ml Gas zu erzeugen. Die Berechnung dazu funktioniert folgendermaßen: Ein Mol eines jedweden Gases nimmt unter Standardbedingungen (20 °C / 1013 HPa) ein Volumen von 22,4 Liter ein, darin sind 6,023 x 1023 Gasmoleküle enthalten - die Avogadro’sche Zahl. 500 ml Gas entsprechen damit 0,0223 Mol.

In meinem WC-Reiniger ist das Natriumhydrogensulfat die limitierende Komponente, Kochsalz ist im Überschuss enthalten. Aus 1 Mol NaHSO4 entsteht nach obiger Gleichung 1 Mol HCl. Die Molmasse des Natriumhydrogensulfats beträgt 120 g, was ungefähr 250 g Rohrreiniger entspricht. Um 0,5 Liter HCl zu erzeugen benötigt man 0,0223 x 250 = 5,58 g des Produktes.
Die Molmasse des Hirschhornsalzes ist 75 g. Um 0,5 Liter Ammoniak zu erhalten muss man 0,0223 x 75 = 1,67 g davon zersetzen. Um das Kohlendioxid zu binden sind außerdem 0,0223 x 80 = 1,78 g Natriumhydroxid (Molmasse 40 g) nötig, was 4,46 g Rohrreiniger mit einem Gehalt von 40% entspricht.
Und wie viel Aluminium muss man mit Natriumhydroxid umsetzen, um 0,1 Liter (4 Reagenzgläser zu 25 ml) Wasserstoff zu erhalten? Wie die Gleichung zeigt, entstehen aus 2 Mol Aluminium (54 g) 3 Mol Wasserstoff, also 67,2 Liter. Für 100 ml Wasserstoff sind 0,1 x 54 : 67,2 = 0,08 g (80 mg) Aluminium ausreichend!

Nachbemerkung : Die Angaben zur Löslichkeit von Ammoniak und Chlorwasserstoff in der Literatur sind auffällig inkonstant! Die oben genannten Werte stammen aus dem HAGER von 1949


Literatur:

Frerichs G, Arends G, Zörnig H: HAGER´s Handbuch der Pharmazeutischen Praxis; 2. berichtigter Neudruck 1949, Springer-Verlag Berlin-Göttingen-Heidelberg
Heumann, Karl: Anleitung zum Experimentiren bei Vorlesungen über anorganische Chemie zum Gebrauch an Universitäten und technischen Hochschulen sowie beim Unterricht an höheren Lehranstalten; zweite vermehrte und verbesserte Auflage 1893; Braunschweig, Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn: Seite 205
Kreißl, Friedrich und Krätz, Otto: Feuer und Flamme, Schall und Rauch – Schauexperimente und Chemiehistorisches; WILEY-VCH Verlag GmbH & CO KG Weinheim 2003 (ISBN 3-527-30791-5): Seite 254-257
Waselowsky, Kurt: 225 x Chemie – ein Experimentierbuch; Kosmos - Franck’sche Verlagshandlumg Stuttgart 1982 (ISBN 3-440-05045-9): Seite 49


Bilder:
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Die verwendeten Produkte

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Extraktion von Rotkohl mit Brennspiritus (besser im Wasserbad und nicht wie hier über dem Spiritusbrenner machen!) und die fertige Rotkohltinktur

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Rohrreiniger - man erkennt die Aluminiumkörnchen


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Füllung eines Kolbens mit Ammoniak, in der Mitte liegt der Stopfen mit dem spitzen Glasrohr für den Versuch bereit


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Ammoniakspringbrunnen zu drei verschiedenen Zeiten




Der Ammoniakspringbrunnen im Video


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“00“-WC-Reiniger – die blauen Kristalle sind gefärbte Kochsalzkristalle


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Versuchsaufbau zur Füllung des Kolbens mit Chlorwasserstoff.




Der Chlorwasserstoffspringbrunnen im Video


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Versuchsaufbau zur Darstellung von Chlorwasserstoff ohne Chlorcalciumrohr. Das austretende Gas ist rauchartig getrübt und füllt den Kolben von unten her an.


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Derselbe Effekt beim Füllen eines Kolbens mit Ammoniak – hier von oben nach unten. Auch der in die Glasmündung gestopfte Wattebausch hält den Ammoniumcarbonatrauch nicht zurück.


Wasserstoff Versuchsaufbau 2.jpg
Darstellung von Wasserstoff - Versuchsaufbau


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Detail der Gasentwicklung




Entzünden des Wasserstoffs im Video: das erste Reagenzglas enthält die erste Portion Wasserstoff (noch Luft aus der Apparatur enthaltend), das zweite reinen Wasserstoff und das dritte enthält Knallgas (aus 2 VT Wasserstoff und 5 VT Luft).
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mgritsch
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Re: Die Springbrunnenversuche und Knallgas aus dem Supermarkt

Beitrag von mgritsch »

Sieh an, "back to the roots" mit einfachen, klassischen Demo-Experimenten :)

Das problematische an Haushaltschemikalien ist dass allgemeine Bezeichnungen wie "WC Reiniger" leider sehr irreführend sein können, unter dem Titel findet man wohl das gesamte pH-Spektrum. Anhand der Bilder ist das konkrete Produkt zwar erkennbar, aber man wird sehen was Nachahmer da für Varianten erzeugen :angel:

Wozu denkst du setzen die blau gefärbtes Kochsalz zu? Weder als Chemikalie noch die Farbe haben irgend einen tieferen Sinn, oder?
War das auf der Packung so deklariert oder hast du analysiert?
aliquis
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Re: Die Springbrunnenversuche und Knallgas aus dem Supermarkt

Beitrag von aliquis »

Tolle Ausführung bekannter Demonstrationsversuche unter interessantem Aspekt, nämlich unter ausschließlicher Verwendung von im Lebensmittel- und Haushaltswarenladen vor Ort verfügbarer Chemikalien! Ein Aspekt, der aufgrund der zunehmend schwerer werdenden Beschaffung von Chemikalien (sowie unter Kostengesichtspunkten) für Hobbychemiker wichtig ist.
Nicht ganz unaufwendig bleibt es (für Anfänger) von den Laborgerätschaften her. Aber deren Beschaffung ist in den vergangenen Jahren ja gefühlt immer einfacher und günstiger geworden und unterliegt hierzulande (im Gegensatz zu manchen US-Staaten) zumindest noch keinerlei Beschränkungen oder etwaigem Monitoring.

Zu den Versuchsinhalten: die hohe Löslichkeit der Gase ist auch der Grund dafür, warum man niemals versuchen sollte, Salzsäure oder Ammoniaklösung ohne echte Gaswaschkomponente (keine Waschflasche!) oder zumindest ohne Trichterfalle selbst herzustellen. Anderenfalls wird das Wasser schlagartig in den Gasentwickler gezogen, was im Falle erhitzten Glases mit stark ätzendem Inhalt schon mal zum größeren Malheur werden kann...

Ein paar kleine Anmerkungen und Ideen bzgl. möglicher Optimierungen oder Erweiterungen:

- Man kann zur Herstellung von Ammoniak auch eine konz. (aluminiumfreie!) Rohrreinigerlösung auf das Hirschhornsalz tropfen lassen (ohne erhitzen zu müssen). Das ermöglicht eine gute Steuerung der Gasentwicklung und schont die Laborgläser, die sonst sehr schnell abgängig werden, wenn man Alkalihydroxid trocken darin erhitzt. Außerdem entwickelt sich bei dieser Alternative auch kein sichtbehinderndes Sublimat. Wenn ich das richtig erkenne, wäre die zweite Bohrung des Gummistopfens, die Du anscheinend mit einem Stück Glasstab verstopft hast, eh noch frei gewesen für einen (langstieligen/verlängerten) Tropftrichter.
- Bei der Herstellung von Chlorwasserstoff kommt man hier ohne Erhitzen der Reaktionsmischung nicht aus. Erstarrende Hydrogensulfatschmelzen lassen beim Abkühlen leider gern die Gläser springen. Welche Erfahrung hast Du hier damit gemacht?
Wenn man die zugelassenen Einkaufsmöglichkeiten auf den Baumarkt erweitert, bekommt man dort technisch reines Natriumhydrogensulfat als Pool-pH-Minus-Granulat. Vermischt mit Kochsalz aus dem Supermarkt und ohne die ganzen Fremdstoffe, ergibt das deutlich weniger unerwünschte Nebenprodukte und sichtbehindernden Qualm im Auffangkolben.
- Stichwort Baumarkt: dort bekommt man auch Calciumchlorid im Nachfüllpack für Luftentfeuchter. Das wäre sogar die Originalsubstanz fürs Trockenrohr - wenn auch eher für den neutralen Wasserstoff geeignet als für saure oder alkalische Gase.
Ansonsten kann man natürlich auch der Baumarkt-Salzsäure leicht HCl durch Erhitzen austreiben, so dass man kein Hydrogensulfat und dessen problematische Schmelze bräuchte. Aber irgendwie wäre das ja schon wieder zu direkt und zu einfach - und entwickelt auch unerwünschten Wasserdampf. :wink:
Allerdings gibt es im Baumarkt auch noch eine interessante andere Substanz zur Ammoniakherstellung anstelle des Hirschhornsalzes: Ammoniumchlorid als Lötstein. Und natürlich auch Salmiakgeist, der durch Auftropfen auf den trockenen, alufreien Rohrreiniger Ammoniak freisetzt.
- Aber bleiben wir mal beim Supermarkt: das Hirschhornsalz als Backtriebmittel ist keine einheitliche Reinsubstanz, sondern eine Mischung aus Ammoniumhydrogencarbonat, Ammoniumcarbonat und Ammoniumcarbamat in veränderlichen Anteilen. Das ist hier nicht weiter tragisch, man muss es nur bei der Molmasse berücksichtigen, wenn es um die Berechnung der zu entwickelnden Gasmengen geht. (Lötstein besteht hingegen ausschließlich aus Ammoniumchlorid).

Toll, dass auch der Alu-Grieß noch einer kleinen spektakulären Verwendung zugeführt wurde! Nett (insbesondere für Kinder als Zuschauer oder Mitexperimentatoren) ist das immer, wenn man den Wasserstoff in eine kleine Wanne mit Spüli-Wasser einleitet und die entstehenden Schaumbläschen (bitte immer nur ein paar kleine auf einmal) dann mit einem Stabfeuerzeug entzündet. Etwas spannender (weil lauter) wird das Ganze noch, wenn man mit einer Plastikpipette zuvor noch ein paar Luftbläschen in den Wasserstoffschaum pustet hat... Oder wenn man gleich reinen Sauerstoff erzeugt und dazu leitet, indem man etwas Natriumpercarbonat erhitzt (gibt's in Mischung mit Soda als Heitmanns Reine Sauerstoffbleiche ebenfalls im gut sortierten Supermarkt!).
Wieso hast Du die zugestopperten RGs eigentlich kopfüber in Wasser gestellt? Um kontrollieren zu können, ob vor der Knallgasprobe Gas entwichen ist?

Abschließend möchte ich mich mgritsch' Andeutung anschließen, dass es beim Nachahmen des Versuches für ein verlässliches Gelingen entscheidend ist, exakt die gleichen Supermarktprodukte auszuwählen und dabei auch zu berücksichtigen, dass die Zusammensetzung herstellerseitig auch mal geändert werden kann. Die meisten sauren WC-Reiniger, die ich kenne, sind flüssig und enthalten eher Salz-, Essig- und Amidosulfonsäure. Auch flüssige Rohrreiniger enthalten meist Alkalihydroxid, daneben aber häufig auch Hypochlorit. Bei entsprechenden Abwandlungen der o. g. Beschreibung mit solchen Produkten kann das zu enttäuschenden Ergebnissen führen, u. U. aber sogar zu bösen Überraschungen, z. B. wenn mit hypochlorithaltigem Rohrreiniger Ammoniak entwickelt werden soll, oder am Ende - in guter umweltfreundlicher Absicht - ein alkalischer Reiniger auf Chlorbasis mit einem sauren Reiniger vor Entsorgung neutralisiert wird...

Edit: bei den Chemikalien/Gefahrensymbolen bekommt Ammoniumhydrogencarbonat stattdessen und Ethanol zusätzlich das Ausrufungszeichen (attn), denn das Backtriebmittel ist Gott sei Dank kein CMR-Stoff und Hochprozentiges brennt nicht nur im Hals, sondern noch unangenehmer in den Augen... :wink:
Streng genommen fehlen außerdem noch die Produkte Wasserstoff, Ammoniak und Chlorwasserstoff mit ihren jeweiligen Gefahrensymbolen...

Meine Vermutungen zu den blauen Kristallen im WC-Reiniger:
1. Möglichkeit: die werden nachträglich zugemischt und beherbergen Tenside, Duft- und Farbstoffe.
2. Möglichkeit: die sollen Signalcharakter haben, damit es niemand mit Salz oder Zucker verwechselt (es gibt Leute, die sowas in Lebensmittelbehälter ala Tupper umfüllen...).
Erinnert mich ein bisschen an Waschpulver. Da sieht das oft ähnlich aus...
3. Möglichkeit: ich hatte mal solch ähnliche Kristalle als Poolpflegekomponente gegen Algenbildung (hier wegen des stehenden Wassers im Geruchsverschluss der Toilette?).
"Es lebe die Freiheit!" (Hans Scholl)
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lemmi
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Re: Die Springbrunnenversuche und Knallgas aus dem Supermarkt

Beitrag von lemmi »

Also, vor allem wollte ich endlich mal die Springbrunnenversuche unter unsere Schauversuche einreihen. Die gehören, wie gesagt, eigentlich zum Kanon! Die Idee, sie mit Supermarktprodukten zu machen, kam dann erst später und als ich das Zeug gekauft hatte dachte ich mir: schau doch mal wie viel da wirklich drin ist! Zuerst war ich enttäuscht (nur 40 % NaOH im Rohrreiniger). Aber es hat doch gut funktioniert und die Idee mit dem Knallgas kam dann spontan auf. Ich war selbst überracht, wie einfach das geht (nicht mal erwärmen muss man) und wie ergiebig das ist.

Ausserdem habe ich zum ersten Mal Videos selbst hochgeladen und eingebunden ! :)

@aliquis: man braucht außer Reagenzgläsern, Stopfen und Glasrohren eigentlich gar keine Gerätschaften. Die Springbrunnenversuche gehen tadellos im Regenzglas. Nur sind sie in größerem Maßstab halt spektakulärer. Eigentlich sind Kolben, Stopfen und Glasrohre auch nicht so aufwändig. Gut, dann sind die erzeugten Gase halt trübe. Dass man die Produkte verwechseln kann, daran habe ich auch gedacht. Deswegen steht im Chemikalienverzeichenis extra Natriumhydrogensulfathaltiger WC-Reiniger und Natriumhydroxid-haltiger Rohrreiniger in Pulverform. Damit sollte es eigentlich keine Verwechslungsmöglichkeiten geben.

Klar kann man das alles auch mit wässrigen Lösungen machen - dafür bräuchte man u.U aber noch aufwändigere Geräte. Mir ist aus meiner Anfängerzeit irgendwie das trockene Erhitzen hängen geblieben. Ausserdem finde ich es viel weniger "chemisch" einfach Ammoniaklösung zu erhitzen, um Ammoniak auszutreiben. Mir ist bei mehrfacher Durchführung kein Kolben wegen der Natriumhydrogensulfatschmelze gesprungen. Das Zeug schmailzt aber auch nicht wirklich (zu viel Kochsalz drin). Der verkohlte Rückstand lässt sich gut lösen. Nur das NaOH (Rohrfrei) greift den Boden des Erlenmeyers tatsächlich an. Sehr befriedigend finde ich auch, dass ein Spiritusbrenner ausreichend Hitze für die Reaktionen liefert. Man sollte öfter Spiritusbrenner benutzen!!

Die blauen Kristalle sind wirklich nur oberflächlich gefärbtes Kochsalz. Wenn man sie in Wasser legt, löst sich die blaue Farbe ruckzuck ab und zurück bleiben glasklare Kristalle, die die typischen Reaktionen auf Chlorid und Natrium geben.
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aliquis
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Re: Die Springbrunnenversuche und Knallgas aus dem Supermarkt

Beitrag von aliquis »

Ich stelle Wasserstoff eigentlich immer entweder aus Alufolie in Natronlauge her oder aber mit einer Kupfersalzlösung - wenn ich die eh gerade umweltgerecht entsorgen muss - nach Zugabe von Kochsalz und etwas Salzsäure (der zementierte Kupferschwamm wird hinterher einfach abfiltriert).

Die Videos sind gut geworden - auch wenn Du sie vorher separat über YouTube hosten musstest. Wenn man nachschauen will, ob Du dort vll. noch mehr Videos parat hast :wink: , findet man aber noch nicht mal diese hier... Weißt Du, woran das liegen könnte? Muss man dafür als Zuschauer selbst bei YT angemeldet sein?

Ich habe früher für den Versuch Erlis verwendet - ging auch gut. RGs wären schon eine echte Sparversion - auch vom Effekt her... (wird z. B. in den letzten Kosmos-Experimentierkästen so beschrieben). Der Spiritusbrenner war in den Chemiebaukästen von früher der Standard. Bei Ansätzen im RG-Format, für die nur mäßige Temperaturen erzielt werden sollen, kann der gut zum Einsatz kommen. Ich verwende ihn gelegentlich noch für Flammenfärbungen oder das Schmelzen einer Borax-Perle. Ansonsten ist er bei mir aber weitestgehend durch Gasbrenner und vor allem Heizplatten ersetzt worden. Kaum geeignet ist der Spiritusbrenner für das Erhitzen größerer Flüssigkeitsmengen oder für den Gebrauch im Freien...
Ein paar mehr Gerätschaften sind für einen stabilen Aufbau aber schon erforderlich, insbesondere zwei Stative mit mehreren Klemmen und Muffen, Hubtisch, Dreibein, Stativring, Drahtnetz... Alles Grundausstattung, die immer wieder benötigt wird und eine gute Investition darstellt - ich weiß das. Auch Glaswaren gibt es heute sehr günstig. Dennoch haben gerade Anfänger und "Haushaltschemiker" selbst das nicht immer gleich da oder wollen/können sich das auch gar nicht leisten. Daher fände ich mal einen Versuch interessant, der sowohl nur mit Haushaltschemikalien als auch nur mit Haushaltsgerätschaften auskommt, sehr interessant. Etwa so wie bei immi07 der Versuch mit dem Rotkohl. Man kann ja mal überlegen, welche Versuche für sowas sonst noch in Frage kämen.
Ja, das Hinzutropfen von Lösungen erfordert noch mehr Geräte. Andererseits kann man einen Tropftrichter auch ganz einfach mit einem einfachen Trichter oder einer Injektionsspritze ohne den Stempel, einem Stück Gummischlauch, einer Perle aus Glas oder Kunststoff sowie einem kurzen Stück Glasrohr (passend zum Stopfen) selber bauen. Die Perle entfällt, wenn sich im Kolben Flüssigkeit befindet, in die das Glasrohr eintaucht.
Gas austreiben kann man aus konz. Salzsäure ganz gut, aus konz. Salmiakgeist geht das auch, aber im Baumarkt gibt es ja nur die 9 % ige Lösung. Da kommt man mit Gleichgewichtsverschiebung durch Hydroxid schon deutlich weiter und muss auch nicht erhitzen.

Ich sehe bei den Reinigern auch keine Verwechslungsgefahr aufgrund Deiner Beschreibung, sondern eher aufgrund der Improvisationslust bzw. Kaufunlust von möglichen Nachahmern ("ach, komm, das haben wir gerade da, also nehmen wir das auch"). Die Gefahr gibt's bei Feinchemikalien weniger: wenn's nicht da oder herstellbar ist, dann geht's halt nicht.
Und wie gesagt: immer mal wieder ändern auch die Hersteller ihre Produkte und Rezepte unter oft ähnlich klingendem Namen. Oder verändern den Namen und trotzdem ist immer noch das Gleiche drin - dann findet man auch nicht unbedingt das Richtige wieder.

Die Färbung der Kochsalzkristalle spricht dann wohl für die Warnsignal-Hypothese als Grund für die Beimischung.
Gibt das Pulver beim Einbringen in die Toilette einen sichtbaren Farbeffekt? Blau vermittelt als Farbe optisch den Eindruck von Sauberkeit und Frische. Dann wäre das Ganze vll. auch nur ein psychologischer Verkaufstrick...
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Re: Die Springbrunnenversuche und Knallgas aus dem Supermarkt

Beitrag von mgritsch »

aliquis hat geschrieben: Mittwoch 17. November 2021, 18:45 Die Videos sind gut geworden - auch wenn Du sie vorher separat über YouTube hosten musstest.
was hat die Qualität eines Videos damit zu tun wo es gespeichert ist? :idea2:
Wenn man nachschauen will, ob Du dort vll. noch mehr Videos parat hast :wink: , findet man aber noch nicht mal diese hier... Weißt Du, woran das liegen könnte? Muss man dafür als Zuschauer selbst bei YT angemeldet sein?
Man kann beim upload von Videos entscheiden wie sichtbar diese sein sollen. In der Suchfunktion auffindbar, öffentlich gelistet oder "privat" = nur wer den Link hat. Letzteres ist hier wohl der Fall.
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Re: Die Springbrunnenversuche und Knallgas aus dem Supermarkt

Beitrag von aliquis »

mgritsch hat geschrieben: Mittwoch 17. November 2021, 19:08 was hat die Qualität eines Videos damit zu tun wo es gespeichert ist? :idea2:
Gar nichts. Ich habe mich missverständlich ausgedrückt. :oops:
Ich wollte sagen: ich finde die Videos gut, finde es aber halt ein bisschen schade, dass man diese als deren Ersteller erst extern hosten muss und sie hier dann nur verlinken kann. Das Thema hatten wir ja schon. Ich habe natürlich Verständnis dafür, dass das zu viel kostenpflichtiges Datenvolumen bedeuten würde. Dennoch wäre es natürlich bequemer, wenn man hier Videos direkt hochladen könnte. Aber trotzdem alles o.k., es ist in Ordnung, wie es ist. :)
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Re: Die Springbrunnenversuche und Knallgas aus dem Supermarkt

Beitrag von aliquis »

Gerade noch unter Material/Geräte entdeckt:
lemmi hat geschrieben: Mittwoch 17. November 2021, 15:13 kurzes Schlaustück
Wer oder was ist das denn? :wink:
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Re: Die Springbrunnenversuche und Knallgas aus dem Supermarkt

Beitrag von Glaskocher »

Ich tippe auf den Verlust einer ch-Gruppe im Wort. Das muß dort wohl versehentlich eliminiert worden sein.
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Re: Die Springbrunnenversuche und Knallgas aus dem Supermarkt

Beitrag von aliquis »

Ja, das weiß ich wohl. Fand es halt nur nett, was dadurch aus dem Wort geworden ist. :wink:

"Schlau-Stück" könnte auch ein Synonym für ein kleines, aber besonders gelungen improvisiertes Gadget sein, das einem die Arbeit im Labor bei wenig materiellem Aufwand deutlich erleichtert: z. B. das Bunsenventil, die Trichterfalle oder auch Dinge wie dieses hier: www.youtube.com/watch?v=btvQdW4fXJE
Eine Sammlung solcher Ideen wäre mal einen eigenen Thread wert.
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Re: Die Springbrunnenversuche und Knallgas aus dem Supermarkt

Beitrag von mgritsch »

edit: Korrekturgelesen und verschoben
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