Reinigung von Scheidetrichter und Normschliff

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mgritsch
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Re: Reinigung von Scheidetrichter und Normschliff

Beitrag von mgritsch »

Da eine Apparatur immer „offen“ sein muss gibt es immer genau einen drucklosen Weg nach außen den Gase nehmen. Sie haben keinen Grund sich (bis auf minimale Diffusion) durch die paar μm Spalt zu zwängen. Was du ohne Fett nicht ohne Abzug gemacht hättest, solltest du auch mit Fett nicht ohne machen.

Ist einfach meine Praxiserfahrung aus ein paar Jährchen. Es geht wirklich ohne. Der Effekt ist mehr psychologisch denn faktisch. Mein letzter Referezwert - vor ca 2 Wochen eine Bromierung. Wann war deine letzte? 8)
Chems
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Re: Reinigung von Scheidetrichter und Normschliff

Beitrag von Chems »

Ich hätte bei gefetteten Schliffen generell immer ein besseres Gefühl, seien es irgendwelche Ester oder andere Lösungsmittel die destilliert werden. In aller Regel reich ja auch eine winzigste Menge an Schlifffett aus, sodass durch den Schliff ein dünner Ring zu sehen ist. Da ist die winzige Menge an Schlifffett die beim Destillieren mitgerissen wird warscheinlich sogar vernachlässigbar.
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Vanadiumpentoxid
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Re: Reinigung von Scheidetrichter und Normschliff

Beitrag von Vanadiumpentoxid »

mgritsch hat geschrieben: Freitag 6. August 2021, 23:20 Da eine Apparatur immer „offen“ sein muss gibt es immer genau einen drucklosen Weg nach außen den Gase nehmen. Sie haben keinen Grund sich (bis auf minimale Diffusion) durch die paar μm Spalt zu zwängen. Was du ohne Fett nicht ohne Abzug gemacht hättest, solltest du auch mit Fett nicht ohne machen.

Ist einfach meine Praxiserfahrung aus ein paar Jährchen. Es geht wirklich ohne. Der Effekt ist mehr psychologisch denn faktisch. Mein letzter Referezwert - vor ca 2 Wochen eine Bromierung. Wann war deine letzte? 8)
Vollkommen drucklos sind die Apparaturen nicht, wenn überschüssiges Gas am Ende noch den Wasserwiderstand der Neutralisationslösung überwinden muss.

Drinnen habe ich Chlor in einer geschlossenen Apparatur mit Ableitung nach draußen in eine Thiosulfatlösung zuletzt von eineinhalb Jahren hergestellt - mit gemischten Gefühlen, verstärkt durch einen nicht ganz perfekt eingefetteten Schliff: die Geruchsbelästigung bewegte sich zwar nur auf Schwimmbadniveau, bewegte mich aber dazu, Chlor seitdem nur noch im Freien herzustellen.
Da warst Du es übrigens, der sinngemäß dazu schrieb, ich solle es mit der Vorsicht hierbei nicht übertreiben... :wink:

Brom habe ich zuletzt Ende Februar hergestellt und ampulliert - draußen bei Temperaturen von über 20 Grad (!) bis in den Abend hinein... 8)
Niemals würde ich das drinnen machen. Spätestens der Anlagenabbau wird dann zum Problem... Schwere Bromdämpfe, die knapp über dem Boden unter Türschlitze durchs ganze Haus kriechen - nein, danke.
Die einzige Situation, bei der ich im Zuge der Synthese anhaftende Bromdämpfe bemerkt habe, war beim Ausziehen meines Laborkittels nach getaner Arbeit, der danach erstmal in die Wäsche musste. Während der Herstellung war die Apparatur dank PTFE-Paste und ableitender Neutralisation überschüssiger Dämpfe so dicht, dass ich keinerlei Brom-Geruch wahrgenommen habe. Bei Anlagenabbau- und -reinigung sowie Entwässerung und Ampullierung des Broms habe ich hingegen eine Gasmaske getragen, so dass ich dabei auch nichts gerochen habe. Wie gesagt: das alles fand aber mangels Abzug ausschließlich draußen statt - weit abseits von Familie und Nachbarschaft.

Daher gebe ich Dir mit dem Deinem Hinweis auf den Abzug grundsätzlich recht. Und Deine langjährige Berufserfahrung steht ja ohnehin außer Frage.

Dennoch bevorzuge ich alles, was die Arbeit mit solchen Apparaturen auch nur ein bisschen sicherer und komfortabler macht - somit auch das passende Schlifffett, selbst wenn 90 % des Effekts dabei eher psychologischer Natur wären...
Damit ist nicht ausgeschlossen, dass es auch Situationen geben kann, in denen der bewusste Verzicht aufs Schlifffett die richtigere Entscheidung sein kann (auch wenn ich persönlich eine solche noch nicht hatte, aber das heißt ja nichts...).
Gott gebe mir die Kraft, zu ändern, was ich verändern kann,
die Gelassenheit, hinzunehmen, was ich nicht verändern kann,
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Vanadiumpentoxid
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Re: Reinigung von Scheidetrichter und Normschliff

Beitrag von Vanadiumpentoxid »

Chems hat geschrieben: Freitag 6. August 2021, 23:25 Ich hätte bei gefetteten Schliffen generell immer ein besseres Gefühl, seien es irgendwelche Ester oder andere Lösungsmittel die destilliert werden. In aller Regel reich ja auch eine winzigste Menge an Schlifffett aus, sodass durch den Schliff ein dünner Ring zu sehen ist. Da ist die winzige Menge an Schlifffett die beim Destillieren mitgerissen wird warscheinlich sogar vernachlässigbar.
Gut geschmiert ist schon halb destilliert! Mit dem "Fett" sollte man weder geizen noch zu verschwenderisch sein: zu wenig/zu ungleichmäßig kann die Dichtigkeit der Schliffverbindung schlimmstenfalls sogar noch verschlechtern (dann tatsächlich lieber ganz ohne), zu viel birgt die Gefahr der Produktkontamination. "Vollflächig, aber dünn auftragen" ist hier das Motto fürs richtige Einfetten.
Aus gleichem Grunde bin ich auch kein Verfechter von Schliffringen, die die Dichtungskontaktfläche von 3-4 cm Breite auf wenige Millimeter verringern...

Beim Glashahn gleiche Situation, etwas andere Problematik: zu wenig Fett verursacht mangelnde Beweglichkeit, zu viel verstopft den Durchfluss. Der Einsatz ist hier aber grundsätzlich alternativlos - es sei denn, man verwendet von vornherein nur Geräte mit PTFE-Hahn.
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mgritsch
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Re: Reinigung von Scheidetrichter und Normschliff

Beitrag von mgritsch »

Vanadiumpentoxid hat geschrieben: Freitag 6. August 2021, 23:58 Während der Herstellung war die Apparatur dank PTFE-Paste und ableitender Neutralisation überschüssiger Dämpfe so dicht, dass ich keinerlei Brom-Geruch wahrgenommen habe.


Das bezweifelt niemand. Aber da du anscheinend den Versuch noch nie ohne Fett durchgeführt hast fehlt es dir am Vergleich wie es ohne wäre.
Bei Anlagenabbau- und -reinigung sowie Entwässerung und Ampullierung des Broms

Genau. Das ist idR die Hauptquelle von Freisetzungen. Ein vielfaches von dem was sonst durch die Schliffe kommen würde.

Jeder mag das entscheiden und halten wie er will, mein Punkt ist lediglich dass das geradezu religiöse Festhalten an Fett und die folgenden Glaubenskriege ob Vaseline, Silikon oder gar PTFE für die allermeisten Anwendungen Makulatur sind.
Vanadiumpentoxid
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Re: Reinigung von Scheidetrichter und Normschliff

Beitrag von Vanadiumpentoxid »

mgritsch hat geschrieben: Samstag 7. August 2021, 09:51 Aber da du anscheinend den Versuch noch nie ohne Fett durchgeführt hast fehlt es dir am Vergleich wie es ohne wäre.
Das stimmt. Jedoch habe ich auch gar keinen Bedarf an einem absichtlichen Leckage-Test bei laufender Brom-Herstellung...
Man sieht ja schon beim anschließenden Auseinanderbauen an den geschmierten Schliffen sowie beim Durchlauf im Scheidetrichter wie Brom versucht, noch durch die kleinste Ritze zu kriechen, aber in der kurzen Kontaktdauer dabei erfreulicherweise zumindest in der Breite am PTFE scheitert...
Die Freisetzung beim Umfüllen etc. ist für mich kalkulierbar, eine Leckage nicht... Ich mag nicht, wenn gefährliche Dinge eine Eigendynamik bekommen, ich aber keinen zufriedenstellenden Plan zur Eindämmung habe (klar, Auffangwannen mit Thiosulfatlösung, schwere Chemikalienhandschuhe und Gasmaske liegen zwar ohnehin bereit, aber muss man das wirklich provozieren? Nachträgliches Einfetten ist ja ein bisschen schwierig, da bliebe nur der Komplettabbruch mit jeder Menge Restbrom in der Apparatur...)

Gäbe es eine ungefährliche farbige Flüssigkeit von vergleichbarer Dichte, Viskosität, Siedepunkt und Dampfdruck, würde ich es vll. ausprobieren, jedoch ist mir keine solche bekannt...
Jeder mag das entscheiden und halten wie er will
Genau. So wie Du Dich entschieden hast, evtl. Minimalleckagen aufgrund fehlender Fettung zu tolerieren bzw. die Anwendung derselben als Makulatur zu betrachten. Auch nur eine Entscheidung von mehreren möglichen - halt "Deine Party, nicht meine", wie Du so sonst zu sagen pflegst... :wink:
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Sebacylbrause
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Re: Reinigung von Scheidetrichter und Normschliff

Beitrag von Sebacylbrause »

Kein Scheidetrichter und Schliff, aber thematisch: Hat jemand Erfahrung damit wie an Kolben wieder sauber bekommt in denen Stöber-Synthesen durchgeführt wurden? KOH funktioniert nicht. (Habe keine Fluoride da.)
aliquis
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Re: Reinigung von Scheidetrichter und Normschliff

Beitrag von aliquis »

Speziell nach Stöber-Synthese nicht, mit Kieselsäure in kolloidaler Form generell aber schon.
Nach meiner Erfahrung helfen da nur mechanische Reinigungsmethoden weiter: fürs Grobe spezielle kräftige Kolben-Bürsten mit geschwungenem Borstenkopf, der sich der Kolbenwand anpasst, sowie Scheuerpulver, fürs Feine Bürsten mit Schwammkopf. Nicht selten kann man danach auch direkt die Bürste entsorgen, da man ggf. nicht alles davon wieder aus dem Schwamm/von den Borsten gespült bekommt und mit Pech dadurch anschließend noch in weitere Gläser einträgt.
HF (dass die Salze allein etwas bewirken, wäre mir neu) oder heiße konz. Alkalilaugen greifen nicht nur die Kieselsäure an, sondern auch das Kolbenglas. Was dann manchmal noch nach einer anhaftenden Kieselsäureschicht aussieht, sind in Wahrheit aber bereits Ätzspuren im Glas.

Ein weitere Idee, die ich in Glas noch nie ausprobiert habe, daher ohne Gewähr: das Glas mit den Kieselsäurerückständen kräftig bis zu deren Entwässerung erhitzen und anschließend das trockene Siliciumdioxid herauskratzen. Wie gesagt: ich weiß nicht, ob das klappt oder nur erst recht zu "Versteinerungen" an der Glaswand führt. Ggf. vorab an einem billigen Reagenzglas ausprobieren.
Edit: Aus einer Porzellanschale habe ich es auf diese Weise vor Jahrzehnten schon mal spurlos wieder weggekriegt (Siliciumdioxid-Herstellung war dabei das Ziel des Experiments).

BTW: Zum Problem kann auch die Entsorgung von Kieselsäure über den Abfluss werden, wenn dies regelmäßig oder in größeren Mengen geschieht. Das, was sich dabei an den Wänden der Abflussrohre absetzt, wird in Verbindung mit anderen Dingen, die sich anschließend daran verfangen, dann gern zur Grundlage einer beginnenden mineralischen Rohrverstopfung, die sich nur oft nur noch professionell (und meist auch teuer) mit einer Schleuderkette beseitigen lässt.
Größere Mengen (oberhalb weniger ml) silikatbasierter Kolloide bringe ich daher zur regionalen Problemstoffsammlung, wo sie dann - wenngleich meist widerwillig wie bei anderen Chemikalienabfällen leider auch - angenommen werden. Kleinere Mengen versuche ich, möglichst stark vorverdünnt ins Abwasser zu geben und kräftig nachzuspülen.
"Es lebe die Freiheit!" (Hans Scholl)
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mgritsch
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Re: Reinigung von Scheidetrichter und Normschliff

Beitrag von mgritsch »

Schließe mich da an - auch wenn ich die Stöber-Synthese im einzelnen nicht kenne: wo Kieselsäure und Glas miteinander in Berührung kommen hat Reinigung keine Chance mehr, das ist wie miteinander verschweißt, ist ja auch fast das gleiche Material. Entweder mechanisch geht noch was, oder damit leben - ist ja unlöslich und damit für andere Anwendungen kein Problem.

Fluoride oder Kieselsäure sind ersten ein sehr gefährliches Spiel und zweitens ist ohne einschlägige Anwendungserfahrung die Chance groß dass genau das Gegenteil rauskommt - alles kaputt geätzt, fleckig und matt. Eine chemische Blankpolitur für nach Jahren zerkratzte Glasware hätte ich auch gerne gehabt, es aber aufgegeben (erfordert 30-50% HF + 0-50% H2SO4).
Glaskocher
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Re: Reinigung von Scheidetrichter und Normschliff

Beitrag von Glaskocher »

Man könnte es mit Ammoniumhydrogenbifluorid versuchen. Das Salz wird in wässriger Lösung zum Mattätzen von Kalknatronglas benutzt. Bei Borosilikat greift es nur schwach an. Der Glasapparatebauer nimmt diese Lösung zum Ätzen von Sägeschnitten, die dann weniger Bläseln, wenn man sie erwärmt.

Die amorphe Kieselsäure müßte um Zehnerpotenzen rascher geätzt werden als das massive Glas, weil sie deutlich poröser und weniger kompakt ist.

Ein anderen, theoretisch mögliches Mittel zur Entfernung von Kieselsäure könnte Lithiumaluminiumhydrid in THF sein. Damit muß man allerdings wasserdrei unter Schutzgas arbeiten und sich auf ausgasendes Silan gefasst machen. Das Monosilan muß abgeleitet werden und entweder mit Natronlauge unschädlich gemacht, oder kontrolliert abgebrannt werden. Bei der Synthese eines substituierten Phenylsilans aus Phenyllithium und Triethoxysilan und anschließender Reduktion mit LiAlH4 wird gerne Silan freigesetzt, wenn man den Überschuß Triethoxysilan nicht vollständig abgezogen hatte.
Monte
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Re: Reinigung von Scheidetrichter und Normschliff

Beitrag von Monte »

Spülmaschine :D :roll: :angel:
aliquis
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Re: Reinigung von Scheidetrichter und Normschliff

Beitrag von aliquis »

Wenn überhaupt, dann würde ich die (Labor- !) Spülmaschine nur mit den betroffenen Teilen laufen lassen.
Ich befürchte aber, dass der Spülstrahl im Rundkolben nicht bzw. nicht mit der nötigen Kraft dorthin kommt, wo es nötig wäre. Schlimmstenfalls verdreckt abgelöste Kieselsäure (je nachdem, wieviel noch drin war) den Innenraum der Maschine und von dort aus die Gläser des nächsten Spüldurchgangs... Ein verdammt lästiges Zeugs...
"Es lebe die Freiheit!" (Hans Scholl)
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