Universelle Destille

Alles über (eure) Laborgeräte.

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Vanadiumpentoxid
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Re: Universelle Destille

Beitrag von Vanadiumpentoxid »

Kunststoffoliven sind verschleißanfälliger als Glas und empfindlich gegenüber manchen Gasen/Dämpfen, die apparaturnah (nicht unbedingt an den Schliffverbindungen) austreten. Dahingehend besonders übel, weil am Kontaktpunkt zum Apparaturinneren den entstehenden Dämpfen ausgesetzt: Thermometerhalter als Schraubolive - damit kann man wirklich fast nur Wasser und Ethanol destillieren...

Es spricht nicht zwingend etwas gegen eine Destillierbrücke. M. E. bleibt man aber mit Einzelteilen flexibler bzw. müsste sonst für andere Anwendungen letztlich doch wieder zukaufen. Dann lieber gleich alles einzeln.

Die Schliffe sind genormt. Selbst bei billigster Chinaware (11 Euro für einen 40-cm-Liebigkühler inkl. Versand!) habe ich noch keine Probleme mit der Dichtigkeit gehabt. Es kommt wesentlich darauf an, wie Du sie zusammensetzt: richtiges Schlifffett, gleichmäßig aufgetragen, nicht zu viel und nicht zu wenig, bzw. gute Qualität der Manschetten, stabile Klammerung, etc.
Wenn es der Vakuumpumpe an Leistung mangelt, kann man das am Schliff auch nicht wieder ausgleichen. Entweder gleich eine vernünftig funktionierende Pumpe kaufen oder eben nur ohne Vakuum destillieren.
Wer keinen Abzug hat, sollte bei gutem Wetter draußen arbeiten und ggf. zusätzlich einen Atemschutz tragen. Ein schlecht gefetteter Schliff kann in Innenräumen trotz Gasableitung nach draußen sonst schnell unangenehme Folgen haben... Spätestens beim Auseinanderbauen der Apparatur bekommst Du drinnen ein Schadstoffproblem in der Atemluft (eine evtl. Luftspülung der Anlage bringt nur bei Gasen etwas, nicht bei zurückbleibenden flüssigen Resten).
Die Olive des Vakuumvorstoßes kann man auch draußen als Ableitung benutzen: auch dort ist es nicht unbedingt angenehm/ratsam, die Dämpfe direkt am Arbeitsplatz austreten zu lassen. Besser noch man leitet sie in eine Kühlfalle (bei Lösungsmitteln) oder (bei Giftgasen/Säuredämpfen) per umgedrehtem Glastrichter (um einen Rückschlag in die Vorlage zu verhindern) in eine passende Absorberflüssigkeit. Umwelt und Nachbarschaft danken es Dir in jedem Fall (und Deine Gesundheit natürlich auch). Aber auch beim Schlauch auf das richtige Material achten: Gummischläuche werden schnell angefressen, PVC-Schläuche sind da schon beständiger (und trotzdem günstiger), Teflon ist noch besser, aber auch teurer und deutlich unflexibler...

Tja, das bekannte Problem der Paketzustellung... Wenn man das Pech hat, in einem Zustellbezirk zu wohnen, in dem der zuständige Zusteller seinen Beruf verfehlt hat, ist das immer schlecht - und ein Grund mehr, um auf abgesicherten Versand zu achten...
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Glaskocher
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Re: Universelle Destille

Beitrag von Glaskocher »

Kleine Anmerkung zu den Schlauchanschlüssen für das Kühlwasser:

Der Klassiker ist die Schlaucholive, meistens mit 10mm Durchmesser. Man muß jedes Mal den Schlauch drauf schieben und mit einer Schlauchschelle sichern. Dabei wendet man nicht unerhebliche Kräfte auf und das Glas kann bei zu eileger/kräftiger Arbeitsweise brechen.

Alternativ gibt es die GL14-Gewinde, an die ein passender Schlauchanschluß mit GL14-Überwurfmutter geschraubt werden kann. Dieser Ansdchluß verbleibt immer am Schlauch und ist innerhalb weniger Sekunden befestigt oder gelöst. Bisher (über 20 Jahre in Benutzung) mußte ich eine Flachdichtung wechseln, der Rest funktioniert wie am ersten Tag.


Zum Einbau von Thermometern, Gaseinleitrohren und anderen lang-zylindrischen Teilen gibt es Schliffaufsätze mit GL-Gewinden. Meistens benutzt man den GL18-Adapter mit passender Überwurfmutter und teflonkaschierter Silikondichtung. Damit kann man die Einbauteile gasdicht mit dem Kolben verbinden. Die Teflonmanschette muß dabei unten mit dem Glasgewinde und nach oben zeigend mit dem Einbauteil abschließen. Eine passende Bohrungsgröße in der Dichtscheibe vorausgesetzt ist das dicht. Damit meine ich dann, daß im Ansatz Brom, Grignardreagenzien oder Trimethylphosphan gekocht werden können und auch zuverlässig drin (Br2, PMe3) oder vor Luft geschützt (Grignard) bleiben. Das hält auch unter Vakuum.
Vanadiumpentoxid
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Re: Universelle Destille

Beitrag von Vanadiumpentoxid »

Glaskocher hat geschrieben: Freitag 25. Juni 2021, 20:38 (...) Dabei wendet man nicht unerhebliche Kräfte auf und das Glas kann bei zu eileger/kräftiger Arbeitsweise brechen.

(...) Dieser Ansdchluß verbleibt immer am Schlauch und ist innerhalb weniger Sekunden befestigt oder gelöst.

Zum Einbau von Thermometern, Gaseinleitrohren und anderen lang-zylindrischen Teilen gibt es Schliffaufsätze mit GL-Gewinden. Meistens benutzt man den GL18-Adapter mit passender Überwurfmutter und teflonkaschierter Silikondichtung. (...)
Zum leichteren Aufschieben und Abziehen von Gummischläuchen auf/von Glasrohren/-oliven empfiehlt es sich, das betreffende Schlauch-Ende vor dem Aufschieben kurz in Wasser mit etwas Spüli zu tauchen.
Nach fest kommt ab: bevor ich womöglich noch eine Olive abbreche, trenne ich das festsitzende Schlauch-Ende lieber vorsichtig mit einem Cuttermesser auf...
Unter Berücksichtigung dieses Aspekts scheint die Variante mit den Schrauboliven wohl doch eine ziemlich gute, von mir bislang völlig zu Unrecht geschmähte Lösung zu sein. Leider gibt es die kaum an Kühlern mit 24er Schliffen zu kaufen - ausser bei pehl-labor.de. Kennt jemand den Laden? Der Online-Shop scheint ja schon seit über einem Jahrzehnt nicht mehr richtig gepflegt worden zu sein...

Den beschriebenen Thermometeradapter habe ich mit 14er Schliff, doch leider ist der innenliegende Silikonring nicht teflonkaschiert - von daher bei Destillationen aggressiver Substanzen nicht einsetzbar...
EDIT: Am liebsten hätte ich dafür ein echtes Schliffthermometer, doch die Auswahl im Bereich NS 14 ist für Privatkunden klein und die Preise sind zünftig...
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Kaktusblatt
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Re: Universelle Destille

Beitrag von Kaktusblatt »

Am liebsten hätte ich dafür ein echtes Schliffthermometer, doch entweder haben die erhältlichen eine andere Schliffgrösse oder die passende Größe gibt's nur bei Händlern, die auschliesslich Geschäftskunden beliefern...
Das wollte ich gerade fragen.
Diese "Schliffadapter" bestehend aus Schliffkonus, Dichtring und Schraubkappe - da wäre also ein richtiges Schliffthermometer zu bevorzugen?

Könnt ihr das noch mal kommentieren:
Es gibt Claisenaufsätze mit nur einer Öffung (also für's Thermometer) und mit zweien.
Zb. so:
https://shop.rettberg.biz/VGKL17/html/d ... 063_01.jpg
1 vs. 3. Hat die 2 Öffnung noch eine andere Funktion wie als Einfüllstutzen?


edit:
Und, rein interessehalber, wozu bräuchte man das Teil Nr. 2?
Glaskocher
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Re: Universelle Destille

Beitrag von Glaskocher »

Beim Thermometer kommt es, wie immer, darauf an...

Das Schliffthermometer hat eine feste Einbaulänge oder Eintauchtiefe (ab Oberkante oder Unterkante Schliff gemessen). Es hat kein Totvolumen und nur den Schliff als Dichtfläche. Wenn es exakt zum Einbauort passt, dann ist es optimal. Ansonsten ist es unpassend... Es wird gerne als Kopfthermometer verwendet.

Die Schliffasdapter haben ihren Platz eher im Reaktionskolben, wenn bestimmte Temperaturen, die nicht durch Reflux thermostatisierbar sind, gehalten werden müssen. Man kann zwar auch über die Badtemperatur thermostatisieren, muß aber bei starken Wärmetönungen möglichst die selbe Ansatzgröße fahren, wie in der Literatur. Gerade beim Scale-Up können solche Effekte einem "bös in die Suppe spucken", wenn man rasch abzuführende Reaktionswärmen bei tiefer Solltemperatur nicht los wird.

Wenn man zunächst nur wenige Bauteile hat, dann sind die Adapter vorzuziehen, weil sie flexibler verwendbar sind.

Zum Bild:
Teil 1 ist der einfache Destillationsaufsatz.
Teil 2 wird "Y-Stück" oder "Zweihalsaufsatz" genannt. Er ist immer dann hilfreich, wenn man mehr Bauteile unterbringen muß, als der Kolben Hälse hat.
Teil 3 ist der Claisen-Aufsatz, der einen gewissen Spritzschutz bietet. Spritzer aus dem Sumpf können den Eingang zum Kühler nicht treffen. Der senkrechte "Hals" kann unterschiedlich genutzt werden: Sumpfthermometer, Zudosierung von Einsatzlösung und Reinigungsöffnung.
Kaktusblatt
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Re: Universelle Destille

Beitrag von Kaktusblatt »

Das Schliffthermometer hat eine feste Einbaulänge oder Eintauchtiefe
Ich hatte ganz selbstverständlich angenommen, das es verschiebbar ist :-o
Böse Falle...

Und angenommen man nimmt sowas hier:
https://www.winlab.de/schule/experiment ... =139005129

Welche Thermometer passen da dann rein? Ist deren Durchmesser irgendwie genormt?

A propos:
teilweise kriegt man die auch noch mit Quecksilberfüllung. Was ist hier besser, bzw. haben die "ungefährlichen" Füllungen irgendwelche Nachteile?
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Re: Universelle Destille

Beitrag von Vanadiumpentoxid »

Schliffthermometer und Thermometeradapter sind verschiedene Dinge: unterschiedliches Prinzip, unterschiedlicher Einsatz - wie von Glaskocher bereits beschrieben.

Als Claisen-Aufsatz wird eigentlich nur das Modell 3 bezeichnet.
Immer eines der drei Modelle ist erforderlich, wo Sumpf- und/oder Kopftemperatur gemessen werden müssen. Nachfüllen/Zutropfen bitte immer nur bei beim eigentlichen Claisen-Aufsatz über die Öffnung oberhalb des Kolbens, um Verunreinigungen des Destillats zu vermeiden. Besser ist die Zugabe über einen weiteren Hals des Reaktionskolbens.
Wo gar keine Temperatur gemessen werden muss, reicht auch ein gebogenes Verbindungstück zum Kühler. Jedoch bietet dieser keinen Spritzschutz für den Kühleransatz.
Ich selbst benutze wahlweise solch ein Verbindungsstück sowie Modell 1. Bislang habe ich noch keine Experimente durchgeführt, bei denen ich die anderen beiden Modelle vermisst hätte, habe allerdings aber keinen Schwerpunkt auf der OC, wo ich mir einen solchen Bedarf auch eher vorstellen kann.
Für den Verschluss nicht benötigter Öffnungen Boro-Hohlglasstopfen mitbestellen nicht vergessen!
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Re: Universelle Destille

Beitrag von Glaskocher »

Zusätzlich zum verlinkten Glasteil braucht man noch eine zum Gewinde passende Überwurfmutter und eine zur Mutter UND dem z.B. Thermometer passende Dichtung (Silikon, teflonkaschiert). Der Innendurchmesser der Dichtung sollte knapp kleiner (max. 1mm) oder exakt passend der Außendurchmesser des Thermometers sein, maximal 0,5mm Spaltmaß lassen sich kompensieren.

Da Thermometer mit Quecksilberfüllung bald nicht mehr handelsfähig sind empfehle ich, THermometer mit anderer Füllung zu kaufen. Bei Tieftemperaturthermometern ist schon immer eine Alkanmischung drin. Andere Thermometer haben eine an den Messbereich angepasste Füllung. Solange man die Teile gut behandelt (nicht schockkühlen, groben Stößen aussetzen, ...), dann sind die "Anderen" ähnlich wie die Hg-Thermometer zu bewerten. Oft kann man die organisch gefüllten Thermometer besser ablesen.
Vanadiumpentoxid
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Re: Universelle Destille

Beitrag von Vanadiumpentoxid »

Kaktusblatt hat geschrieben: Freitag 25. Juni 2021, 22:54
Und angenommen man nimmt sowas hier (...)
Welche Thermometer passen da dann rein? Ist deren Durchmesser irgendwie genormt?

A propos:
teilweise kriegt man die auch noch mit Quecksilberfüllung. Was ist hier besser, bzw. haben die "ungefährlichen" Füllungen irgendwelche Nachteile?
In die Silikondichtungsringe mit einem Innendurchmesser von 5,5 bis 6,5 mm passen alle, die Winlab unter der Bezeichnung Laborthermometer führt (auf Temperaturspanne achten!).
Der 8-mm-Innendurchmesser ist auf deren Glasrohre ausgelegt.
Achtung: sämtliche Dichtungsringe von Winlab sind nicht teflonkaschiert und daher ggf. rasch zerfressen! Dann rauscht das Thermometer plötzlich mit der Spitze voran direkt durch den Aufsatz in den Kolben und durchschlägt dessen Boden, bevor es schließlich selbst zerbricht. Je nach Füllung von Kolben und Thermometer gibt das den GAU oder Super-GAU!

M. W. sind Quecksilberthermometer seit 2009 in der EU praktisch vom Erstmarkt verschwunden (= Neuwarenverkauf verboten). Eine der wenigen sicherheitsbezogenen Entscheidungen, die ich wirklich begrüße! Einer meiner ersten Schritte, als ich meinem alten Heimlabor aus den 80ern vor gut 2 Jahren das erste Upgrade verpasst habe, war es, mein altes Hg-Thermometer gegen ein neues ohne Hg auszutauschen. Irgendwelche Nachteile habe ich dadurch nicht bemerkt. Vll. bin ich dafür aber auch kein Maßstab hier im Forum, da ich mit jeder Form von Quecksilber im Hobby- und Haushaltsbereich erklärtermassen auf Kriegsfuß stehe. Es nicht mehr im Hause zu haben, gibt mir für mich und meine Familie einfach das sicherere Gefühl - ganz gleich, wie rational oder berechtigt meine Bedenken da tatsächlich sein mögen. Zumindest sollte man aber, wenn man sich hierzu anders entscheidet, für die Eventualität einer Quecksilberpanne entsprechend ausgerüstet sein...
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Kaktusblatt
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Re: Universelle Destille

Beitrag von Kaktusblatt »

Für den Verschluss nicht benötigter Öffnungen Boro-Hohlglasstopfen mitbestellen nicht vergessen!
Stehen auf der Liste, trotzdem danke für die Erinnerung. Kennt man ja, Versandkosten fallen fast immer doppelt an, irgendwas fehlt immer :wink:
Achtung: sämtliche Dichtungsringe von Winlab sind nicht teflonkaschiert und daher ggf. rasch zerfressen!
Wird mich am Anfang nicht jucken, aber im Hinblick auf mögliche spätere Projekte hätte ich das schon gerne 100%ig.
Stellt sich die Frage, wo man PTFE Dichtungen herbekommt?

Schreit ja irgendwie dann doch nach Normschliffthermometern :wink:

Noch mal eine generelle Frage:
Wo liegen die Vor- und Nachteile zwischen einem Liebig-Setup oder einem, wie auf dem Foto, mit dem vertikal angeordneten Kühler?
https://images.nexusapp.co/assets/7a/f8 ... 072924.jpg

dann sind die "Anderen" ähnlich wie die Hg-Thermometer zu bewerten. Oft kann man die organisch gefüllten Thermometer besser ablesen.
OK danke, das wollte ich lesen.
Ich habe mir halt so eine Grundskepsis gegenüber Öko-Ersatzstoffen angewöhnt. Nitrofarben, Bleimennige, bleifreies Lot... Beim Zahnarzt bekam man früher eine gute langlebige Füllung ohne Zuzahlung. Heute muß man draufzahlen und wenn man nicht kann gibt's nur den provisorischen Milchzahnzement. Bei uns gibt's RoHS, anderswo geht Tonnenweise HG aus den Goldmienen einfach in den Fluss...



edit:
wie ist das mit der Kühlung, ohne lange rumzurechnen, so pi mal Daumen, wenn ein Wasserbottich voll kühlem Leitungswasser genommen wird, bei einem typischen kleinen Hobbysetup, welche Durchflussmenge braucht man?
Vanadiumpentoxid
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Re: Universelle Destille

Beitrag von Vanadiumpentoxid »

Kaktusblatt hat geschrieben: Samstag 26. Juni 2021, 14:49 Wird mich am Anfang nicht jucken, aber im Hinblick auf mögliche spätere Projekte hätte ich das schon gerne 100%ig.
Stellt sich die Frage, wo man PTFE Dichtungen herbekommt?
Schreit ja irgendwie dann doch nach Normschliffthermometern :wink:
(...)
Ich habe mir halt so eine Grundskepsis gegenüber Öko-Ersatzstoffen angewöhnt. (...)
Beim Zahnarzt bekam man früher eine gute langlebige Füllung ohne Zuzahlung. (...) Bei uns gibt's RoHS (...)
So ein spilliger Silikonring ist ruckzuck durch...
Als Jugendlicher habe ich mal rauchende Salpetersäure hergestellt (damals war das noch legal) und gemeint, das ginge auch ohne Glasschliffapparatur (ich hätte das Geld dafür eh nicht gehabt...) - am Ende der Sitzung war der halbe Gummistopfen weg... :shock:

Wo man als Privatkunde die PTFE-kaschierten Dichtungen herbekommt, müsstest Du Glaskocher nochmal fragen...

Schliffthermometer sind zwar inert, aber eben auch von der Einbautiefe her festgelegt - da passt nicht alles immer und überall...

Der Ersatzstoffargumentation stimme ich weitestgehend zu. Selten wird die Anwendungsqualität dadurch besser.

Am schlimmsten finde ich daran aber die verbotsorientierte und ausnahmslose Bürgerbevormundung - eine Marktregulierung per deutlich erhöhtem MwSt-Satz für gesundheits- und umweltschädliche Produkte und deren Folgen täte es vielfach auch schon.

Ausnahmen bestätigen die Regel: seit ich keine Amalgamfüllungen mehr im Mund habe, geht es mir gesundheitlich spürbar besser...

Was ist RoHS?
Edit: gemeint war wohl die EU-Richtlinie zu Schadstoffen in E-Geräten. Das habe ich im Zusammenhang mit dem Amalgamfüllungen nicht gleich zuordnen können... :wink:
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Re: Universelle Destille

Beitrag von Glaskocher »

In Sachen Beschaffung habe ich den "Dienstvorteil", weil ich im Labor arbeite. Der Nachteil ist, daß ich ohne Marktanalyse keine zuverlässigen Tipps geben kann, woher...

Auch ohne chemischen Angriff leidet der "nackte" Silikonring im Gebrauch, weil er zum Teil weg gepresst wird. Er kriecht in beide Richtungen durch den Ringspalt zwischen Thermometer und Mutter/Glasgewinde und verbraucht sich dadurch.

Hier habe ich die gesuchten Dichtringe im Katalog unter "z.B. 1115041 Silikon-Dichtung GL18 mit 6mm-Bohrung" gefunden. Laut Abbildung sind sie mit Teflon kaschiert. Der Anbieter verkauft keine Chemikalien an Privat, sagt aber nichts zum Verkauf nichtchemischer Artikel. Es ist also eine Nachfrage wert.

In manchen Fällen tut es auch ein Abschnitt von der "Stangendichtung", einem im Außendurchmesser halbwegs passenden Vakuumschlauch. Die nutze ich, um 5mm-NMR-Rohre unter Inertbedingungen abfüllen zu können. Gut zugedreht quetscht die Überwurfmutter das Loch eng genug, um fest zu halten und dicht zu sein. Auch Scheiben von Gummistopfen können Wunder wirken, wenn sie passend gelocht wurden.
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Re: Universelle Destille

Beitrag von Vanadiumpentoxid »

Kaktusblatt hat geschrieben: Samstag 26. Juni 2021, 14:49 Wo liegen die Vor- und Nachteile zwischen einem Liebig-Setup oder einem, wie auf dem Foto, mit dem vertikal angeordneten Kühler?
(...)
wie ist das mit der Kühlung, ohne lange rumzurechnen, so pi mal Daumen, wenn ein Wasserbottich voll kühlem Leitungswasser genommen wird, bei einem typischen kleinen Hobbysetup, welche Durchflussmenge braucht man?
In der Aufbauhöhe: einen Labjack, der die Wärmequelle so hoch aufbocken kann, dass Du das Destillat noch auf Höhe der Arbeitsplatte auffangen kannst, musst Du dazu erstmal finden...
Als nächstes Problem erkennt man, dass Dämpfe bereits in der aufsteigenden Brücke kondensieren und wieder in den Kolben zurücklaufen könnten, bevor sie überhaupt in den eigentlichen Kühlerteil in Richtung Vorlage eintreten können. Daher müsste man die Brücke wohl permanent isolieren.
Dann noch die inkonsequenten Anschlüsse: eine Seite mit Glasrohr, die andere Seite mit Schliff... Von einer möglichen Schliffinkompatibilität (mutmaßlich NS 14/23 ist als Kühleranschluss eher unüblich) mit anderen Glasmodulen mal ganz zu schweigen... Eine Absaugmöglichkeit gibt es hier dank des offenen Auslaufs/mangels eines echten Vorstoßes auch nicht. Und last but not least ist das Gerät als feste Verbindung von Kolben und Brücke (war es das, was Du weiter oben schon mal angedeutet hast?) etwas umständlich und bruchgefährlich zu reinigen (wahrscheinlich anschließend in Deinem Wasserbottich?).
Bei Schlangenkühlern* ist zudem wegen der Notwendigkeit eines ungehinderten Destillatablaufs ein horizontaler Einbau nicht vorgesehen - ein weiteres Argument für einen Liebigkühler, der seinerseits nicht nur leicht schräg abwärts, sondern (bei ausreichender Länge) notfalls auch mal vertikal verbaut und so z. B. als einfacher Not-Rückflusskühler* genutzt werden kann (wenngleich natürlich nicht ganz bestimmungsgemäss).
Der Einsatz eines Schlangenkühlers macht nur Sinn, wenn eine besonders intensive Kühlung notwendig ist (z. B. bei Niedrigsiedern) oder wenn dem Kühler vorgeschaltete Aufbauten die Gesamtapparatur zuvor in die Höhe getrieben haben.
Des Weiteren sind Schlangenkühler sehr schwierig von etwaigen Rückständen zu reinigen. Reaktionspartner, die als schwerlösliche Feststoffe kondensieren, oder Kondensflüssigkeiten, die zur Verharzung/Polymerisation neigen, sind in Kühlern zwar immer ein Problem, in Schlangenkühlern aber ganz besonders...
Alles in allem wirkt das verlinkte Modell wie ein Klischee von asiatischer Laborware: wenig durchdacht, ohne erkennbares, durchgehendes Gesamtkonzept - fast ein bisschen wie eine Theaterrequisite/Atrappe ohne ernsthafte Funktion... (es fehlen nur noch paar bunte, blubbernde Flüssigkeiten und etwas Trockeneisnebel... :wink: ). Mit einigem Umstand wäre die Apparatur zwar wohl durchaus zu gebrauchen, aber ob's wirklich Freude bereitet, damit zu arbeiten?... :?
Günstige China-Ware muss nicht unbedingt schlecht sein, insbesondere, solange sie funktional ist und sich an internationalen Typenstandards orientiert - aber dieses Modell und dessen Zusammenstellung überzeugen dahingehend nun wirklich nicht. An dem vermeintlichen Schnäppchen kann ich leider nicht viel Gutes lassen...

Zum Kühlwasser: ob das ohne zwischenzeitlichen Kompletttausch auskommt, hängt von der Größe Deines Wasserbottichs, der aktuellen Umgebungstemperatur und der Dauer der Destillation ab... Im Zweifelsfall noch mehr Eiswürfel zugeben...
Die Durchflussmenge hängt davon ab, was die kleine Aquarienpumpe überhaupt schafft und wie Du sie vor (!) Betrieb eingestellt hat. Meist ist eher die überfordert als das restliche Setup. Auf jeden Fall sollte der Kühlwasserbehälter auf etwa gleicher Höhe stehen wie die Apparatur, sonst quält sich die Pumpe garantiert.
Anfangs habe ich zunächst ausschließlich mit direktem Schlauchanschluss an die Wasserleitung gearbeitet. Vorteile dabei sind die Regulierbarkeit und Stabilität von Wasserdruck und Temperatur. Nachteile waren aber immer das ziemlich lange Schlauchgedöns bis nach draußen (potentielle Stolperfallen für die Familie), Notwendigkeit mehrfacher Adaptierung, Wasserverschwendung (sofern nicht aufgefangen und weiterverwendet) und die Belegung der Wasserleitung manchmal über Stunden (was insbesondere in Notfällen hinderlich sein kann), so dass ich im Ausseneinsatz davon weitestgehend wieder abgerückt bin. Drinnen (natürlich nur bei gesundheitsverträglichen Destillanten) nutze ich diese Möglichkeit weiterhin - allein schon aus Platzmangel für den Kühlwasserbehälter.

* Wegen ähnlicher Spiraloptik sind Schlangen- und Rückflusskühler zwei gern miteinander verwechselte, völlig verschiedene Geräte:
Im Schlangenkühler fließt das Kühlwasser um die Spirale herum, in der die von oben her eintretenden Dämpfe kondensieren, so dass das Destillat auf der unteren Seite hinaus in die Vorlage läuft.
Im Rückflusskühler (meist der sog. Dimroth-Kühler) fließt hingegen das Kühlmittel in den Spiralen, an denen die Dämpfe von unten her kondensieren, so dass das Kondensat dorthin auch wieder zurückläuft und auf diese Weise das Lösungsmittel an der Verflüchtigung bzw. die Reaktionsmischung am Einengen gehindert wird. Das obere Ende ist nur um des Druckausgleichs willen offen.
Verbindendes Element beider Kühlerarten ist der vertikale Aufbau und die damit verbundene Nutzung der Schwerkraft.
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Re: Universelle Destille

Beitrag von Vanadiumpentoxid »

Glaskocher hat geschrieben: Samstag 26. Juni 2021, 15:48 In manchen Fällen tut es auch ein Abschnitt von der "Stangendichtung", einem im Außendurchmesser halbwegs passenden Vakuumschlauch. (...) Auch Scheiben von Gummistopfen können Wunder wirken, wenn sie passend gelocht wurden.
Diese preisgünstigen Alternativen sind natürlich mindestens so angreifbar/verschleissanfällig wie die Silikondichtringe.
Teflonkaschierte Originale wären schon ein bis zwei Klassen besser, Schliffthermometer optimal (solange es von der Einbautiefe her passt; bei einem Mehrhalskolben sollte das auch für eine Messung im Sumpf kein Problem darstellen, sofern das vom Schliffmass her dort passt).
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Re: Universelle Destille

Beitrag von Vanadiumpentoxid »

Hier mal ein DIY-Beispiel dafür, wie ich mir vor über 30 Jahren als Schüler hinsichtlich eines Kühlers beholfen habe.
Das war eine Idee meines Lehrers, nachdem mir beim gemeinsamen Blick in den Schott-Duran-Katalog (Online-Shopping aus Fernost gab's damals noch nicht...) klar war, dass eine Glasschliffapparatur mein Taschengeldbudget sprengen würde...
Auch heute würde die Eigenkonstruktion mit nicht viel mehr als 6 bis 7 Euro zu Buche schlagen. Sie hatte den Vorteil, dass sie auch mit dem Erli-/Gummischlauch-/-stopfen-/Glasröhrchen-Konzept der Chemiebaukästen kompatibel war. Lediglich eines zusätzlichen stabilen Stativs bedurfte es, da man mit den Wackelkonstruktionen aus den Baukästen hier nicht wirklich weitergekommen wäre...
Auch braucht man eine kräftige Heizmöglichkeit (Brenner), um den Kapillarkräften des Destillats im langen dünnen Röhrchen genug Dampfdruck entgegensetzen zu können, damit es nicht wieder in den Kolben zurückgezogen werden kann.
Für aufwändigere Destillationen oder sehr aggressive Stoffe ist das natürlich nichts (es sei denn, man ist bereit, einen Stopfen, die Reinheit des Destillats und den Eigenschutz dafür zu opfern...).
Aus nostalgischen Gründen habe ich es mit dieser Konstruktion vor zwei Jahren nochmals ausprobiert: es klappt nach wie vor unter den genannten Einschränkungen.
Meine Glasschliffapparatur möchte ich heute trotzdem nicht mehr missen. Hätte ich sie mir damals leisten können (was heute dank China-Ware auch durchaus schon im Taschengeldrahmen möglich wäre), hätte ich sie mir wahrscheinlich auch schon gegönnt. Aber Not macht bekanntlich erfinderisch - wie man sieht...
Dateianhänge
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