Der Soxhlet-Thread (Tipps und Tricks)

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NI2
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Der Soxhlet-Thread (Tipps und Tricks)

Beitrag von NI2 »

Ein anderer Thread schien mir ein guter Anlass einen Soxhlet-Thread auf zu machen in dem man seine Erfahrungen und Optimierung einer Soxhlet-Extraktion austauschen kann. Es gibt viele Dinge zu beachten und Fehler die man machen kann, darüber sollte man sich nachvollziehbar austauschen um anderen diese Fehler zu ersparen, während Ausbildung, Studium oder auch Selbstrecherche ist das Verstehen des Extraktionsprinzips zumeist das höchste der Gefühle, darum soll es hier primär nicht gehen, das kann man Wiki gut entnehmen.

Hier ein paar meiner Erfahrungen:

Das A und O ist Power. Es bringt - bezüglich der Extraktionsgeschwindigkeit - wenig, die Heiztemperatur so einzustellen, dass der Soxhlet vor sich hindümpelt, meiner Erfahrung nach liegt die Ideale Cycluszeit bei 6-15 min. Pro Stunde sollte man 4-10 Cyclen schaffen, damit die Extraktion voran geht.

(Meine) Erfahrung zeigt mir, dass ein gutes Verhältnis für die Extraktion aus Kolben, Soxhlet und Lösungsmittel in etwa wie folgt ist: Die Lösungsmittelmenge sollte etwa 3-4 mal so viel Volumen betragen, die (unter Berücksichtigung des Extraktionsgutes nach vollständiger Extraktion) noch in den den Soxhlet passt, wobei der Sumpfkolben etwa 66-75% gefüllt sein sollte (damit es gut sieden kann ohne überzukochen). Dadurch kann man den Heizpilz aufdrehen ohne dass sich der Pegel im Kolben zu stark ändert und man ein Anbrennen des Extraktionsgutes verhindert dass eintritt sobald der Lösungsmittelpegel unterhalb der Heizung gesunken ist. Beim Heizen im Wasserbad mit Leichtsiedern ist das alles halb so wild.

Den ersten Cyclus sollte man von oben einfüllen. Anstatt das Lösungsmittel im Kolben vorzulegen, einfach das frische Lösungsmittel über die Öffnung des Soxhlets zugeben und die ersten 2-4 Cyclen mit kalten Lösungsmittel laufen lassen, erspart Zeit (man muss natürlich nur aufpassen, dass man dabei nicht zu viel Lösungsmittel einfüllt).

Man kann auch ohne Hülse arbeiten, beispielsweise indem man unten und oben Watte oder Glaswolle einsetzt um das Extraktionsgut zu fixieren. Jedoch darf - vor allem bei dieser Arbeitsweise - das Extraktionsgut nicht zu fein sein, andernfalls saugt es sich einfach nur voll und es läuft gar nichts. Das kann man nur bei recht grobem Extraktionsgut machen.

Es gibt noch mehr Dinge zu beachten, die mir sicherlich wieder einfallen sobald sie angesprochen werden.

Mein Ziel mit diesem Thread ist es sich auszutauschen um sich der "perfekten Extraktion" - die natürlich stets ein spezieller Fall ist - anzunähern. Insbesondere war eine Frage der Auslöser: Hat eine Extraktion unter Schutzgas sinn oder eher weniger? Das Lösungsmittel siedet sowieso bevor es das Extraktionsgut erreicht und das erste mal abläuft und verliert dabei Sauerstoff und andere gelöste Gase, gerade bei der Extraktion von Antioxidantien könnte das eine Rolle spielen, hat jemand Erfahrungen damit?

Was ich auch beobachtet habe ist, der Verlust der cyclischen Extraktion und das übergehen in eine kontinuierlich: Dabei werden die Mengen die gerade eintropfen stets abgesaugt, wobei immer Lösungsmittel und Luftblasen im Wechsel langsam in das Saugrohr gelangen, weiß jemand was die Ursache dafür ist und was man dagegen tun kann (Bisher hatte geholfen unter die Hülse ein großes Stück Filterpapier zu legen damit diese nicht das Ansaugloch des Ablaufrohres stets mit Flüssigkeit benetzt, allerdings hatte das auch nicht immer geholfen)?
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lemmi
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Re: Der Soxhlet-Thread (Tipps und Tricks)

Beitrag von lemmi »

Was du bezgl der Frequenz bzw. der Anzahl Zyklen /Stunde schreibst, sehe ich auch so. Durchschnitt sind bei mir 6-8 Zyklen/Stunde Ich nehme aber immer viel weniger Lösungsmittel, nur da 1,5 bis höchtens 2-fache des Soxhlet-Inhalts. Auch ich mache das so, dass ich das Lömi über den soxhlet zulaufen lasse, finde es aber besser, wenn der Kolben zu maximal 50% gefüllt ist, falls es schäumt. Ausserdem nehme ich nie einen Heizpilz sondern ein (Wasser)Heizbad. Da kann nix anbrennen. Geht aber halt nur mit niedrigsiedenden Lösungsmitteln (bei mir meistens Methanol, gefolgt von Aceton oder Petrolether).

Ein Problem habe ich, wenn ich relativ kleine Mengen Extraktionsgut in der Hülse habe. Dann ist es so, dass das meiste Lömi über dem Extraktionsgut steht und erstmal gar nicht mit ihm in Berührung kommt. Wenn der Zyklus zuende geht, läuft der Extrakt schneller ab, als das Lömi nachlaufen kann, es läuft nur ein Teil ab und das Extraktionsgut kommt "im eigenen Saft" zu stehen (sieht man bei gefärbten Extrakten besonders gut). Das ist gefühlt irgendwie ineffektiv. Ich mache es dann so, dass ich die Extraktionskammer zum Teil mit Raschigringen auffülle, so dass die hülse nicht auf dem Boden, sondern darüber aufliegt, und die Hülse ggf etwas kürze.

Das mit der quasi-kontinuierlichen Extraktion habe ich auch schon mal gehabt. Das tritt meiner Meinung nach bei kleinen Rohrdurchmessern und hohem Lösungsmittelumlauf ein. Aber wieso sollte das ein Problem sein?
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NI2
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Re: Der Soxhlet-Thread (Tipps und Tricks)

Beitrag von NI2 »

Wenn das ablaufende Lösungsmittel in den Sumpfkolben einläuft kommt es oft zu kleinen Siedeverzügen, eine höhere Menge an Lösungsmitteln hilft meiner Meinung nach das zu verhindern, mittels Roti kann man zusätzliches Lösungsmittel am Ende entfernen. Außerdem können bei geringen Mengen Lösungsmitteln im Kolben einige Stoffe bereits während der Extraktion ausfallen was ein schäumen oder Anbrennen begünstigt. Wenn ein 250 mL Soxhlet läuft würde es im Wasserbad etwas zu lange dauern, ich finde ein Heizpilz schafft da genug Power damit es alles schön fix geht, natürlich bleibt dann das Risiko des Anbrennens, was ich mit mehr Lösungsmittel kompensieren. Je nachdem was man extrahiert kann man die Lösungsmittel für die Gleiche Extraktion noch einmal benutzen oder es landet im Spülol.
Ethanol ist vom Siedepunkt mit 80°C schon recht hoch und damit verlängert sich die Cyclenzeit.

Bei dem was du beschreibst klingt es, als sei die Hülse zu dicht/fest?

Ich denke das mit der kontinuierlichen Extraktion ist eine Überlagerung aus Oberflächenspannung, Rohrdurchmesser und Destillationsgeschwindigkeit und vorallem wie der Auslauf genau gebaut ist (manche Soxhlets haben eine mehr oder weniger gewölbten Bogen oder eine kleine Verbreiterung am Steigrohr um das zu verhindern). Ich sehe das als Problem weil sich damit Kanäle bilden, das Extraktionsgut wird nicht mehr komplett vom Lösungsmittel umschlossen und wenn es von oben einfach immer an der selben Stelle eintropft wird in dem Kanal durch den es am einfachsten durchlaufen kann am meisten extrahiert, damit wird der obere Teile des Extraktionsgutes kaum extrahiert, so zumindest meine Vermutung. Je nachdem wie die Apparatur gestaltet ist hat man auch keine Spitze am Kühler so dass das Lösungsmittel in der Mitte abtropft sondern teilweise - gerade bei verwendung von Reduzierstücken neben die Hülse tropft. Je nach Löslichkeit ist der Zielverbindung ist das mehr oder weniger störend, sollte es dabei aber zu einer Kontinuierlichen Extraktion kommen wäre das eher von Nachteil...

Da ein Kumpel gerade das Problem hatte: Das Volumen des Extraktionsraumes immer Prüfen! Er hatte sie aus China einen "500 mL" Soxhlet gekauft dessen Extraktionsvolumen bis zum Ablaufen gerade mal 210 mL fasst.
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mgritsch
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Re: Der Soxhlet-Thread (Tipps und Tricks)

Beitrag von mgritsch »

lemmi hat geschrieben: Freitag 14. August 2020, 23:01 Ein Problem habe ich, wenn ich relativ kleine Mengen Extraktionsgut in der Hülse habe. Dann ist es so, dass das meiste Lömi über dem Extraktionsgut steht und erstmal gar nicht mit ihm in Berührung kommt. Wenn der Zyklus zuende geht, läuft der Extrakt schneller ab, als das Lömi nachlaufen kann, es läuft nur ein Teil ab und das Extraktionsgut kommt "im eigenen Saft" zu stehen (sieht man bei gefärbten Extrakten besonders gut).
Das verstehe ich nicht ganz... LöMi über dem Extraktionsgut und nicht in Berührung? Meinst du eine Luftblase? Oder mangelnde Durchmischung mit dem Bodensatz? Was läuft da schneller ab und was nach?
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NI2
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Re: Der Soxhlet-Thread (Tipps und Tricks)

Beitrag von NI2 »

Ich habe den Satz anfangs auch nicht verstanden, aber glaube zu wissen was er meint: Die Extraktionshülse ist so dicht dass das Lösungsmittel in der Hülse stehen bleibt, alles umliegende aus dem Soxhlet abläuft und danach wieder vollläuft, sich aber das Lösungsmittel in der Hülse nicht austauscht weil es nicht raus läuft.
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Re: Der Soxhlet-Thread (Tipps und Tricks)

Beitrag von mgritsch »

In dem Fall würden seine Raschig-Ringe nichts nützen... muss anders gemeint sein...
Glaskocher
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Re: Der Soxhlet-Thread (Tipps und Tricks)

Beitrag von Glaskocher »

Ich vermute, daß die Hülse kein Problem darstellt beim Füllen und Leeren. Machen wir doch mal ein Experiment mit einer Glaskanne voll heißem Wasser und befestigen einen Beutel Hibiskustee an den Zinken einer Gabel. Der Teebeutel wird dann mit der Gabel unten in der Kanne positioniert und beobachtet. Die Extrakte bleiben unten liegen, während der Rest vom Wasser darüber fast farblos, also zur Extraktion unbenutzt, bleibt. Dann ergibt sich der Sinn des "Untersetzers" aus Raschigringen, da die meist schwereren Extrakte nach unten absinken und somit mehr Lösemittel Zeit hat, Lösliches aufzunehmen.

Eventuell lohnt es sich ja auch, das Totvolumen im Extraktionsraum zu vermindern, indem man statt der Raschigringe entweder einen Glaszylinder oder entsprechendes Volumen an Glasperlen einfüllt. Dadurch würde sich die Zykluszeit enorm verkürzen, da der Pegel zum auslösen des Ablaufvorganges rascher erreicht wird. Man hätte damit öfter frisches Lösemittel am Extraktionsgut und das "Abschrecken" des Siedevorganges im Verdampferkolben wäre weniger ausgeprägt. Virtuell arbeitet man dann mit einer kleineren und besser zur Menge an Extraktionsgut passenden Apparatur.



Tante "Edit" hat nochmal nachgedacht...:
Das Problem mit dem rascheren Ablauf um die Hülse und dem langsameren Nachsickern des Inhaltes besteht zusätzlich zu meiner obigen Vermutung. Das heißt, daß nur wenig Extrakt je Zyklus die Hülse verläßt und sobald der Pegel außen deutlich oberhalb der Pulverschüttung steht kaum noch Extrakt austritt, bis beim nächsten Mal der Außenraum sich leert und der Ablauf sich wiederholt. In diesem Fall verlängern die Raschigringe die Zeit, in der Extrakt die Hülse verlassen kann, bevor der Pegel außen wieder das Extraktionsgut übersteigt.
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lemmi
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Re: Der Soxhlet-Thread (Tipps und Tricks)

Beitrag von lemmi »

Ja, so ist es.
Glasperlen habe ich bei meinem ganz kleinen Soxhlet auch probiert, aber die verlegen schnell den Ablauf...
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mgritsch
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Re: Der Soxhlet-Thread (Tipps und Tricks)

Beitrag von mgritsch »

Okay ja, macht Sinn. Aber spätestens beim Ablauf wird alles gut abgesaugt. Im Prinzip alles rund um das Thema „zu großer Soxhlet“ ;)
Nail
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Re: Der Soxhlet-Thread (Tipps und Tricks)

Beitrag von Nail »

Mein Problem war mal, dass ich Pulver (80-120 µm) mit DCM im 2L-Soxhelt waschen musste und es sich dabei um mehrere Kg an Pulver handelte. Leider hat nie viel in eine Extraktionshülse gepasst und noch größere Hüllen waren enorm teuer. Seit dem habe ich die Extraktion sein gelassen, aber habt ihr evtl. Ideen was man da machen kann? Ich habe schon mal an einen Socken gedacht, aber das Pulver ist wie oben beschrieben ja schon recht fein.
Q.E.D.
Glaskocher
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Re: Der Soxhlet-Thread (Tipps und Tricks)

Beitrag von Glaskocher »

Nail hat geschrieben: Sonntag 16. August 2020, 18:11 ... , aber habt ihr evtl. Ideen was man da machen kann? ...
In dem anderen Thread zum Thema hatten wir Dir schon eine recht große Auswahl an Lösungen präsentiert. Da sollte doch etwas Passendes dabei sein. Zur Not besorgst Du das passende Tuch und gehst zum Schneider deines Vertrauens.
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