Filternutsche vs. Filtertiegel

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Heliumoxid
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Filternutsche vs. Filtertiegel

Beitrag von Heliumoxid »

Ich verwende schon "seit immer" zum Filtrieren entweder Büchnertrichter oder Filternutschen.
Zwei Fragen an die Profis in dieser Runde.
1. Frage : Welchen Vorteil bringt es anstelle einer Glas-Filternutsche einen Glas-Filtertiegel einzusetzen ?
Den einzigen Vorteil den ich sehe ist, dass z.B. der Filtertiegel mitsamt des Substrats zum Trocknen in den Excicator wandern kann.

Gibt es weitere ?

2. Frage : Ein Porzellanfiltertiegel kann man genauso verwenden wie ein Glasfiltertiegel. Zusätzlich kann der Porzellanfiltettiegel geglüht werden ohne das der Filter beschädigt oder zerstört wird ????
(Vorausgesetzt das Substrat reagiert nicht mit dem Filter ). Ist das so richtig ? Was muss evtl. beachtet werden ?

Danke für eure Antworten
Heliumoxid
Bei Heliumoxid, genauer Helium(II)- oxid, handelt es sich um eine Mischung aus Helium(I)- oxid und Helium(III)- oxid. Richtigerweise heisst es somit Helium(I,III)- oxid.
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Soweit korrekt. Die (Glas)Filtertiegel sind eigentlich für die quantitative Analytik. Dazu wird z.B. in einem Wittschen Topf filtriert und der Tiegel kann vorher konstangewogen und dann mit dem Feststoff im Trockenschrank getrocknet und anschließend platzsparend und vor allem stehend im Exsi ausgekühlt werden. Porzellanfiltertiegel sind für höhere Temperaturen, ob man sie Glühen sollte weiß ich nicht. Bei Veraschungsgravis benutzt man eigentlich nitrierte (aschefreie) Filterpapiere und "verbrennt" diese dann im Muffelofen mit dem Analyten.
Da man in der quant. Analyse eigentlich immer wässrig arbeitet schadet das Filtrat nicht dem Gummikonus. Organische Lösungsmittel auf Dauer schon, weswegen eine Fritte sinnvoller ist wenn man Lösungsmittel durchjagt.
Beachtet werden muss natürlich, dass keine stark basischen Reste im Sintermaterial bleiben. KOH und Konsorten würden in der hitze die Fritte zersetzen und spröde machen.
Zumindest ist das mein Wissensstand zu diesen Teilen.
IOC

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lord henry
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Beitrag von lord henry »

Ein Porzellan Filtertiegel ist auch deutlich "feinporiger" als ein Glasfiltertigel.
Xyrofl
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Beitrag von Xyrofl »

Dennoch gibt es sowohl Glasfiltertiegel als auch Porzellanfiltertiegel in verschiedenen Feinheiten. Das sollte man auch bedenken. Nicht jeder Glasfiltertiegel ist gleich. G4-Filtertiegel haben eine Porenweite von 10-16 µm was schon nahe an einem A3-Porzellanfiltertiegel mit 8-10µm ist. G5 wäre 1-1,6 µm, aber die sind extrem selten. Alle anderen Glasfritten sind viel gröber als die gängigen Porzellanfilter. Um alles noch verwirrender zu machen sind A1-Porzellanfilter feiner als A3, nämlich 6µm Porenweite, also immer noch viel gröber als G5.
aliquis
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Re: Filternutsche vs. Filtertiegel

Beitrag von aliquis »

Ich habe ein günstiges Angebot für eine Glasfritte/einen Nutschentrichter gefunden (es gibt ja doch so einiges, was sich nicht gut mit Papier filtrieren lässt) und frage mich gerade, welche Porengrösse (G2, G3, G4) denn für meine Zwecke (meist Niederschläge von schwerlöslichen Erdalkali- oder Schwermetallsalzen) die geeignete wäre.
Wie gut oder schlecht sind die einteiligen Stielfritten zu reinigen?
Kann dazu jemand seine Erfahrungswerte mit mir teilen?
Danke im Voraus.
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mgritsch
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Re: Filternutsche vs. Filtertiegel

Beitrag von mgritsch »

aliquis hat geschrieben: Dienstag 14. Dezember 2021, 01:17frage mich gerade, welche Porengrösse (G2, G3, G4) denn für meine Zwecke (meist Niederschläge von schwerlöslichen Erdalkali- oder Schwermetallsalzen) die geeignete wäre.
G2 ist für das meiste zu grob, hält nur relativ grobkristalline NS gut.
G3 ist das "Working horse" und geht für die allermeisten NS aus Fällungen gut und rasch.
G4 ist schon merklich enger und filtriert recht langsam. Sollte man aber für sehr feine NS wie BaSO4 benutzen, die gehen durch G3 noch durch.
G5 ist schon nahe an der Ultrafiltration.

https://de.wikipedia.org/wiki/Fritte_(Filter)
Wie gut oder schlecht sind die einteiligen Stielfritten zu reinigen?
Bei einigermaßen löslichen Verunreinigungen - Schlauch von unten an den Stiel und schön "gegenspülen" mit Wasser, evtl ein bisschen mit einer Bürste mithelfen geht bei G3 gut. Bei G4 wird das aufgrund des höheren Widerstands schon schwieriger.
Bei hartnäckigeren, nicht gut wasserlöslichen Verunreinigungen hilft nur eine chemische Behandlung (heißes Hypochlorit, konz HCl, Piranha) die man langsam durchsickern lässt.
Gewisse Verunreinigungen wie roter P, S, C bekommt man praktisch durch nix weg, das sollte man sich vorher überlegen ob man die wirklich durchjagen möchte.
Porzellanfritten kann man auch ausglühen, mit Glas ist das keine Option.
Sebacylbrause
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Re: Filternutsche vs. Filtertiegel

Beitrag von Sebacylbrause »

Da bin ich gerne bereit meine Erfahrung zu teilen :mrgreen: :Ich bin ein großer Hasser von allem gesinterten. Ich finde die Papiervariante immer am elegantesten und würde, für alle präparativen Zwecke, eine Schlitzsiebnutsche allem gesinterten vorziehen. Es sieht scheisse aus, macht eklige Geräusche beim Filtrieren, und nein es lässt sich miserabel reinigen, selbst bei übelst schwer löslichen Verbindungen ist das Filtrat klar, die Fritte selbst aber bunt wie der Rückstand. Es gibt eigentlich nur 2 legitime Einsatzmöglichkeiten, bei Mikroansätzen oder wenn du wasser- oder sauerstofffrei arbeiten musst und keine Glovebox hast.
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mgritsch
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Re: Filternutsche vs. Filtertiegel

Beitrag von mgritsch »

Sebacylbrause hat geschrieben: Dienstag 14. Dezember 2021, 11:06und nein es lässt sich miserabel reinigen, selbst bei übelst schwer löslichen Verbindungen ist das Filtrat klar, die Fritte selbst aber bunt wie der Rückstand.
vielleicht sollten wir mal an deiner Reinigungstechnik arbeiten? :)
Als Beleg zeige ich gerne meine trotz jahrelangem Einsatz immer noch strahlend weißen Fritten her...
Es gibt eigentlich nur 2 legitime Einsatzmöglichkeiten, bei Mikroansätzen oder wenn du wasser- oder sauerstofffrei arbeiten musst und keine Glovebox hast.
Das kann ich nicht nachvollziehen - was hat die Ansatzgröße mit der Filtrationsmethode zu tun? :idea2: Für Mikroansätze benutzt man generell ganz andere Filtrationstechniken.
Was hat wasserfrei oder sauerstofffrei mit der Filtrationsmethode zu tun? :idea2: Beides ist auf Papier wie auch auf Glas möglich... letzteres ohne Glovebox oder Schlenktechnik generell nicht so leicht umsetzbar...

Als zwingende Einsatzbereiche sehe ich eher die Filtration von Lösungen die stark alkalisch oder sauer sind und das Filterpapier angreifen. Laugen lassen es quellen bis nichts mehr durch geht, Säuren und es zerfasert und bildet später einen Brei zusammen mit dem Produkt...
Ebenso für alle analytischen Zwecke (gravimetrie) wo nicht verascht wird sondern direkt ausgewogen (zB BaSO4)
aliquis
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Re: Filternutsche vs. Filtertiegel

Beitrag von aliquis »

Als zwingende Einsatzbereiche sehe ich eher die Filtration von Lösungen die stark alkalisch oder sauer sind und das Filterpapier angreifen. Laugen lassen es quellen bis nichts mehr durch geht, Säuren und es zerfasert und bildet später einen Brei zusammen mit dem Produkt...
(...) (zB BaSO4)
Genau dafür bräuchte ich sie. Schwanke noch zwischen G3 und G4... (zwei auf einmal kommen derzeit nicht in Frage). Für meinen Einsatzbereich: welche von beiden würdet Ihr (zuerst) nehmen?
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eule
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Re: Filternutsche vs. Filtertiegel

Beitrag von eule »

Hmm, die Porzellanfiltertiegel kamen bei mir bisher immer dann zum Einsatz, wenn "Konstantglühen" angesagt war. für alles Weitere waren Glasfiltertiegel oder Büchnertrichter/Papier (ggf. Kieselgur, ...) die erste Wahl.
Unendliche Vielfalt in unendlicher Kombination.

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mgritsch
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Re: Filternutsche vs. Filtertiegel

Beitrag von mgritsch »

aliquis hat geschrieben: Dienstag 14. Dezember 2021, 14:12 Genau dafür bräuchte ich sie. Schwanke noch zwischen G3 und G4... (zwei auf einmal kommen derzeit nicht in Frage). Für meinen Einsatzbereich: welche von beiden würdet Ihr (zuerst) nehmen?
Kommt drauf an was dein Haupteinsatz ist.
Gravimetrie -> dann G4. Präparatives arbeiten -> dann G3.
aliquis
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Re: Filternutsche vs. Filtertiegel

Beitrag von aliquis »

Aber Bariumsulfat geht bei G3 noch durch, oder?
Wie sieht es mit Calcium- oder Strontiumsulfat/-carbonat/-phosphat/-hydroxid aus?
Oder Tetraamminkupfersalz in ethanol. Suspension?
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eule
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Re: Filternutsche vs. Filtertiegel

Beitrag von eule »

die bezeichnungen G3, G4, ... sagen etwas über die Porenweite aus. vgl.Fritte_(Filter) ok, das bezieht sich auf przellanfiltertiegel, aber ich meine mich zu erinnern, daß die Glasfiltertiegel die selben Bezeichnungen tragen, nur mit G statt P.

Die zu verwendende Fitte ist nach der erwarteten Krngröße des Niederschlages zu wählen.
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Glaskocher
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Re: Filternutsche vs. Filtertiegel

Beitrag von Glaskocher »

Bariumsulfat würde ich im Porzellan-Filtertiegel filtrieren, wenn es um die Analytik geht. Ansonsten mit feinem Filterpapier und mehrfachem Zurückgießen des Filtrates, solange es trübe ist. Überhaupt spielen hier die Fällungsbedingungen eine große Rolle. Je rascher Barium- und Sulfatlösung homogen verrührt sind, desto gröber wird die Fällung. Damit meine ich nicht die Gesamt-Dosierzeit, sondern jeden Einzeltropfen. Wenn man die Dosierung über ein Tauchrohr macht und die Dosierung in den Abstrom eines hochtourigen Rührers (6-Blatt-Scheibenrührer plus Stromstörer) injeziert wird, dann kommen wir auf eine sehr rasche Verteilung.

Eher tonig-schlammige Fällungen würde ich eher auf Papier filtrieren, wenn sie kaum löslich sind; ansonsten auf der 4-er Fritte. Suspensionen, die einen rasch drainierenden Filterluchen versprechen auf der 3-er Fritte.

Aus dem Bauch heraus würde ich mir zuerst eine Dreier-Fritte kaufen. Die ist, dienstlich bedingt, recht universell verwendbar und ein guter Kompromiss zwischen Laufwiederstand und Feinheit.
aliquis
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Re: Filternutsche vs. Filtertiegel

Beitrag von aliquis »

Kann man hinsichtlich der Filtrationsgeschwindigkeit feinere Poren ohne Weiteres durch einen höheren Sog ausgleichen?
Wie gut gelingt auf einer 4er-Fritte noch das Trockensaugen?
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