Brom trocknen

Fragen zur allgemeinen Chemie; alles, was in keine andere Kategorie passt.

Moderator: Moderatoren

aliquis
Illumina-Mitglied
Beiträge: 2818
Registriert: Dienstag 28. September 2021, 00:58

Brom trocknen

Beitrag von aliquis »

Kann man selbsthergestelltes Brom erfolgreich mit grobem Calciumchlorid trocknen und dann durch Glaswolle filtrieren?
"Es lebe die Freiheit!" (Hans Scholl)
Benutzeravatar
lemmi
IllumiNobel-Gewinner 2012
Beiträge: 5625
Registriert: Freitag 6. Januar 2012, 09:25

Re: Brom trocknen

Beitrag von lemmi »

Ohne es ausprobiert zu haben denke ich, das müsste gehen. Aber ich hätte Bedenken, dass die Verluste ziemlich hoch sind. Außerdem stelle ich es mir sehr ungemütlich vor, Brom durch was-auch-immer zu filtrieren (vor allem bei den aktuellen Temperaturen), solange das nicht unter einem gut ziehenden Abzug geschieht. Für den Hausgebrauch

Standard ist eigentlich, Brom durch Schütteln mit konzentrierter Schwefelsäure zu entwässern. Die Trennung geht einfach im Scheidetrichter. Ohne Schwefelsäure ist Chemie halt nicht gut machbar. Ansonsten würde ich empfehlen das Brom für den "Hausgebrauch" zu lassen wie es ist. Was stören die paar Promille enthaltenes Wasser?
"Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden. Aber nicht einfacher." (A. Einstein 1871 - 1955)

"Wer nur Chemie versteht, versteht auch die nicht recht!" (G.C. Lichtenberg, 1742 - 1799)

"Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung der Leute, die die Welt nie gesehen haben." (Alexander v. Humboldt, 1769 - 1859)
aliquis
Illumina-Mitglied
Beiträge: 2818
Registriert: Dienstag 28. September 2021, 00:58

Re: Brom trocknen

Beitrag von aliquis »

Brom habe ich sonst immer einmal im Jahr bei den ersten Frühlingssonnenstrahlen draußen hergestellt. Beim Umfüllen trage ich eine Gasmaske. Besondere Umsicht erfordert der Umgang mit Brom immer und ich beschränke mich ja eh auf kleinere Mengen (2 halbvolle Ampullen). So habe ich z. B. das Brom mit der Schwefelsäure "in umgekehrter Bond-Manier" stets nur in einem schmalen hohen Gefäss magnetisch gerührt, nie geschüttelt - Schütteln war mir schon immer zu riskant.

Ich hätte Bedenken, dass ungetrocknetes Brom Überdruck in der Ampulle aufbauen könnte (über den parallelen Ampullenthread kam ich zu dieser Fragestellung).

An die Trocknung mit Phosphorpentoxid traue ich mich wegen der starken Exothermik nicht heran.
Und Schwefelsäure ist halt passee. Letztes Jahr habe ich damit noch getrocknet.
Meine diesjährige Brom-Charge habe ich einfach sofort verbraucht. Ohne Trocknungsmöglichkeit müsste ich wohl einen regelmässigen zweiten Produktionstermin im Frühherbst ansetzen...
Ggf. versuche ich es einfach mal mit Calciumchlorid.
Aber vielleicht hat es hier ja schon mal jemand vor mir damit ausprobiert und kann nun davon berichten...
Die Verluste stelle ich mir nicht höher vor als mit Schwefelsäure. Man kann den Glastrichter während des (Schwerkraft-)Filtrierens ja mit einem Uhrglas abdecken.
"Es lebe die Freiheit!" (Hans Scholl)
Glaskocher
Illumina-Mitglied
Beiträge: 2534
Registriert: Dienstag 27. Oktober 2015, 22:17
Wohnort: Leverkusen

Re: Brom trocknen

Beitrag von Glaskocher »

Vermutlich würde ich das Brom nach der Trocknung mit CaCl2 oder P4O10 im Labor nochmal umkondensieren. Das ist aber im Heimlabor, mangels Kühlmöglichkeit, illusorisch. Man müßte irgendwie die Löslichkeit des Trockenmittels im Brom bestimmen können, ohne allzuviel des Materials zu verlieren.

Das Filtrieren klein(st)er Mengen ist hier auch wieder eine wichtige Frage. Da Brom viele gängige Werkstoffe angreift muß man genau nachdenken. Im Labor würde ich eine Filterkanüle aus PE oder PTFE nutzen. Um die Spitze des (dünnen) Rohres wird ein Fleckchen Filterpapier (5-10mm seitlicher Überstand) mit Hilfe von Teflonband befestigt, daß es sie Öffnung bedeckt. Dieses Filterröhrchen wird durch ein Septum (hier besser Gummi als Silikon) gschoben, daß man das Filterende bei Bedarf in dir zu filternde Suspension hinein schieben kann. Das Gefäß, in dem die zu filtrierende Lösung ist wird mit dem Septum verschlossen und durch eine zweite Öffnung (z.B. Seithahn) kann Überdruck gergeben werden (Peleusball oder anderweitig). Der Gas-Überdruck befördert das Filtrat dann in das Zielgefäß, das mit Septum und Druckausgleich versehen ist.

Derartige Filtrationen funktionieren so lange gut, wie der Feststoff nicht die Poren des Filtermediums verstopft. Alternativ zu Zellulosepapier kann man auch Kunstfaservliese oder Glasfaserpapiere nutzen. Auch grob gewickelte Filterspitzen aus Glawolle sind möglich. Seit die Wattestäbchen keine Plastik-Stäbchen mehr haben kann ich diese nicht mehr empfehlen, da ich den Ersatz nicht kenne.
aliquis
Illumina-Mitglied
Beiträge: 2818
Registriert: Dienstag 28. September 2021, 00:58

Re: Brom trocknen

Beitrag von aliquis »

Ich habe auch schon Brom redestilliert, weil augenscheinlich zu viel Schwefelsäure drin hängen geblieben war. Der Verlust hielt sich stark in Grenzen (wie gesagt, meist im Frühling bei max. 18-20 Grad Außentemperatur, Vorlage im Eisbad) - der Bromabsorber am dafür zweckentfremdeten Vakuumvorstoß hatte damit wenig Arbeit... Gut, wenn man noch einen zweiten, trockenen Satz Normschliffgeräte zur Verfügung hat... Und eine tagfüllende Beschäftigung ist es eh... (Brom herstellen, separieren, trocknen/rühren, nochmals separieren, 2. Destillation, Abfüllen und Versiegeln der Ampullen, Auf-/Abbau + Reinigung von 2 Apparaturen, Neutralisation der Rückstände).
Das würde ich bei Verwendung von Calciumchlorid nach dem Filtrieren vll. genauso machen. Angesichts der niedrigen Siedetemperatur von Brom sollte ein wenig evtl. verbliebenes/durchgerutschtes Calciumchlorid-Hydrat beim Erhitzen des Ansatzes im Wasserbad auch nicht sonderlich viel absorbiertes Wasser wieder hergeben, denke ich (zumindest sofern man nicht auch noch den letzten Tropfen Brom mit Gewalt hinüberdestilliert). Die Löslichkeit von Calciumchlorid in Brom sollte gegen Null gehen (was gegenüber der Schwefelsäure sogar von Vorteil wäre) - ich konnte mir im Gegenteil eher ein Problem durch fehlende Benetzung vorstellen...
Die Filtrationsapparatur würde schlicht aus Glastrichter, Glaswolle und Uhrglas (zum Abdecken) bestehen - angegriffen wird da also nichts. Der Vorgang sollte vermutlich auch einfach per Schwerkraft recht flott vonstatten gehen (wenn man man die Glaswolle nicht zu dicht und/oder bis in den Trichterablauf stopft) - allein schon aufgrund der hohen Dichte von Brom, die den Druckausgleich und damit das Befüllen von Ampullen durch den schmalen Hals ja auch so einfach und jegliches Pipettieren so schwer macht...

Von der ganzen Medizintechnik im Chemielabor halte ich bis auf wenige Ausnahmen (Entnahme/Zuführung sauerstoffempfindlicher Substanzen wie TBL, etc.) wenig - und ist in meinem Fall auch gar nicht notwendig: ca. 10 ml Brom kann man auch so schon ganz gut händeln, dafür bedarf es noch keiner Mikro-Instrumente.
Und ob zusätzlicher Druckaufbau in Brom gefüllten/führenden Gefäßen/Leitungen angesichts des bereits vorhandenen Eigen-Dampfdrucks eine so gute Idee wäre, weiß ich auch nicht...
Ganz zu schweigen davon, dass es mir auch an nahezu allen dafür erforderlichen Materialien fehlen würde...

Phosphorpentoxid kommt zum Trocknen wie gesagt für mich nicht in Frage: so wie sich das mit Wasser (selbst wenn nur in Spuren vorhanden) aufheizt, bliebe dann wohl auch vom Brom tatsächlich nicht mehr viel übrig - außer vielen gefährlichen Spritzern und einer großen braunen giftigen Dampfwolke...

Trotzdem lieben Dank für die Anregungen.

Wenn sonst keiner von Erfahrungen mit Calciumchlorid bei Brom zu berichten weiß, werde ich das dann hier evtl. machen: mal schauen, vll. noch diesen Herbst (nur falls mir bis dahin noch ein paar kleine Brom-Projekte vor die Füße fallen, die nicht bis zum Frühjahr warten sollen; Bromwasser zum häufigeren Gebrauch habe ich immer genug da...), sonst aber wohl turnusgemäß erst wieder im kommenden Frühjahr...
"Es lebe die Freiheit!" (Hans Scholl)
Benutzeravatar
lemmi
IllumiNobel-Gewinner 2012
Beiträge: 5625
Registriert: Freitag 6. Januar 2012, 09:25

Re: Brom trocknen

Beitrag von lemmi »

Lustig, dass die Chemie so saisonal sein kann! Das macht mich natürlich neugierig zu fragen, was du jedes Frühjahr und jeden Herbst mit dem Brom machst!? Denn aufbewahren tust du es ja offenbar nicht und wozu solltest du dann zweimal im Jahr mehr herstellen? Oder du bist ein Brom-Dagobert Duck, kannst nicht genug davon kriegen und badest täglich darin ... :mrgreen:

Ich würde mein Brom übrigens ungern in Ampullen aufbewahren. Irgendwie käme mir das unsicherer vor, als die Flasche mit Teflonverschluss. Mir ist mal eine Ampulle mit flüssigem SO2 spontan geplatzt. Mit Brom möchte ich sowas nicht erleben.
"Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden. Aber nicht einfacher." (A. Einstein 1871 - 1955)

"Wer nur Chemie versteht, versteht auch die nicht recht!" (G.C. Lichtenberg, 1742 - 1799)

"Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung der Leute, die die Welt nie gesehen haben." (Alexander v. Humboldt, 1769 - 1859)
aliquis
Illumina-Mitglied
Beiträge: 2818
Registriert: Dienstag 28. September 2021, 00:58

Re: Brom trocknen

Beitrag von aliquis »

Naja, lustig ist das nicht wirklich, wenn man keinen Abzug hat und sehr auf das Wetter achten muss. Ich wohne im Norden der Republik, da sind plötzliche Wetterwechsel nichts Ungewöhnliches und zerschlagen einem schnell die Planungen. Und selbst bzw. gerade bei strahlendem Sonnenschein hat es hier oft so viel Wind, dass man kaum sicher Apparaturen aufbauen oder Ampullen in der Lötbrennerflamme versiegeln kann. Hier muss man schon jede stabile Wetterphase mit Windstille dann auch nutzen. Relativ praktisch ist es, dass ein paar Quadratmeter unserer Terrasse überdacht sind, bei ein paar Regentropfen kann man da trotzdem noch gut weiterarbeiten - sofern nicht gerade unsere Tochter auf dem angrenzenden Rasen den Fußball durch die Gegend schießt. Tendenziell arbeite ich meist eher hinterm Haus zwischen Hauswand und Fahrradschuppen, wo ich - ebenso wie auf der Terrasse - nicht im Sicht- und Geruchsfeld der Nachbarn bin...
Deine Methode mit den Ableitungsschläuchen nach draußen habe ich auch schon genutzt, traue ihr aber nicht vollends - und bei Brom kann man die Gummischläuche hinterher definitiv wegwerfen. Beim Umfüllen/Ampullieren von Brom hilft das ja aber auch nicht wirklich.

Baden tue ich in Brom nicht - bei max. 10 ml müsste das dann schon mein Minime machen. Tödlich wäre das Bad aber wohl trotzdem noch...
Bis letztes Jahr habe ich die paar Milliliter tatsächlich eingelagert, dieses Jahr habe ich sie wirklich gleich (am Folgetag, Lagerung über Nacht draußen in einer braunen Glasstopfenflasche) komplett aufgebraucht: für die Herstellung von etwas Bromtoluol (dafür muss das Brom eigentlich auch ganz trocken sein, hat aber trotzdem geklappt) und noch viel weniger Benzylbromid (nur als Probierglasversuch!), ein paar Gramm Eosin und 200 ml gesättigtem Bromwasser (für das ich häufiger mal Verwendung habe, daher auf Vorrat ansetze und aufbewahre, bis ich im nächsten Jahr wieder frisches mache). Und am Ende war dann noch etwa ein Milliliter übrig für eine Aluminiumbromidherstellung auf die Schnelle... ;-)

Die Aufbewahrung in Ampullen hatte - neben der Dichtigkeit - eben den charmanten Vorteil gehabt, dass ich auch unterjährig Brom in kleineren Portionen und damit ein bis zwei weitere Termine im Jahr zu Verfügung hatte, wo ich es benötigte, für das ich bis dahin immer die entsprechenden Experimente gesammelt habe. Es z. B. im April herzustellen und zu verbrauchen und im Mai schon wieder eine neue Verwendungsidee zu haben, die dann aber fast 11 Monate warten muss, ist halt nicht so erquicklich... Daher die Idee eines regelmäßig zweiten Produktionstermins im Frühherbst, falls a) die Trocknung mit Calciumchlorid doch nicht so gut klappt b) sich Bedarf abzeichnet.
Um es bei jedem Bedarf jeweils frisch herzustellen, dafür ist hier wie gesagt das Wetter viel zu oft unbeständig und mir der wiederholte Aufwand auch einfach zu groß.

Brom kriecht - außer aus versiegelten Glasampullen - so ziemlich aus allem raus und korridiert dann auch alles in der Umgebung. Mehr oder weniger sogar aus Laborglasflaschen mit rotem Deckel und Teflon-Einlage. Mein gesättigtes Bromwasser lagert darin. Die Flasche selbst lagert wiederum in einer Plastikdose, in der sich konz. Natriumthiosulfatlösung befindet, die die herauskriechenden Dämpfe neutralisiert - spätestens nach einem Jahr ist die Lösung definitiv milchig-trüb geworden. Und noch etwas lässt sich am Bromwasser beobachten: in Kontakt mit Wasser baut sich deutlich mehr Druck auf als bei trockenem Brom. Das liegt an der gebildeten Hyprobromigen Säure, die ihrerseits wieder zu Bromwasserstoffsäure und Sauerstoffgas (!) zerfällt. Da ich aber mehrfach jährlich anlässlich Entnahme entlüfte, ist das bei meinem Bromwasser nicht so das Riesenproblem.
Feuchtes Brom würde ich daher auch in der Tat niemals in versiegelten Ampullen aufbewahren. Trockenes lagert darin hingegen so sicher wie in Abrahams Schoß - sofern sich die Temperatur im Lagerraum nicht über Siedetemperatur von Brom aufheizt (Wer lagert sein Brom schon in der Sauna?).
Trotzdem habe ich natürlich auch für den Bruchfall vorgesorgt: auch die Ampullen lagern zwischen Polsterschaum und "mit den Füßen" in konz. Thiosulfatlösung in einem bruchsicheren Kunststoffbehälter, und dieser wiederum - wie alle anderen Chemikalien auch - in einem Raum außerhalb unseres Wohnbereichs. Wie gesagt: mehr als zwei Ampullen mit insgesamt max. 10 ml sind das eigentlich nie gewesen. Und im Gegensatz zu Schwefeldioxid ist Brom bei RT ja immer noch flüssig - das ist vom Druck her ein Riesenunterschied. Verflüssigte Gase (sofern mir bereits das Verflüssigen überhaupt gelänge) würde ich hingegen niemals ampullieren - außer man gießt die LG-Ampullen (am besten aus starkwandigem AR-Glasrohr geschmolzen) anschließend noch in Epoxywürfeln ein...
Wer hingegen elementares Brom in Flaschen mit Schraubverschluss lagern will, braucht - trotz Tefloneinlage - eigentlich auch einen dauerabgesaugten Giftschrank. Die Bromampullen könnte man auch gut gepolstert innerhalb eines umgebenden Gebindes einfrieren - dann dürfte es mit dem Druckaufbau kein Problem mehr geben. Allerdings habe ich ja keinen separaten Laborkühlschrank mit Gefrierfach. Und zu den eingefrorenen Lebensmitteln würde ich die Ampullen wirklich nicht legen wollen - eine Ampulle kann ja auch mal versiegelungsbedingt undicht sein oder von Familienmitgliedern zertrümmert werden, die manchmal etwas rabiat mit den Schubfächern umgehen...
Übrigens können auch fest verschlossene Laborglasflaschen unter Überdruck bersten, die Trocknung des Broms ist - wenn man nicht allzu oft zwecks Entnahme entlüftet - also bei jeder verschlossenen Aufbewahrungsweise anzuraten.
"Es lebe die Freiheit!" (Hans Scholl)
Antworten