+I-Effekt

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Heliumoxid
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+I-Effekt

Beitrag von Heliumoxid »

Hallo zusammen,

ich habe mal 'ne Frage. Es geht um die Umsetzung Alkanol mit HCl, HBr oder HJ zu Alkylhalogenid.
Die Reaktionsfreudigkeit ist etwa teriär > sec > primär . So kann ich t-Butanol mit w. HCl mischen und es entsteht t-Butyl-chlorid.
Hier läuft eine SN1-Reaktion ab, während bei einem primären Alkanol eine SN2 Reaktion abläuft. Na und bei sec.Alkanolen irgendetwas dazwischen. Soweit ok.

Frage: Neopentylalkohol ist ein primärer Alkohol. Formal sollte also eine SN2-Reaktion bevorzugt sein. Wie sieht es aber mit der tert. Gruppe aus ?
Führt sie nicht zu einem +I Effekt, sodass sich dass primäre C-Atom ganicht mehr so primär "fühlt" ? Findet also eher eine SN2 oder eher eine SN1- Reaktion statt ? Wie sehr verschiebt die tert. Gruppe von SN2 nach SN1 ?
Bei Heliumoxid, genauer Helium(II)- oxid, handelt es sich um eine Mischung aus Helium(I)- oxid und Helium(III)- oxid. Richtigerweise heisst es somit Helium(I,III)- oxid.
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mgritsch
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Re: +I-Effekt

Beitrag von mgritsch »

Eine SN2 setzt unter anderem voraus dass da Platz für einen Zwischenzustand mit 5 Substituenten ist, wenn einer davon t-bu ist wirds eng.
Eine SN1 setzt voraus, dass da unmittelbare „Nachbarn“ sind die sich um die positive Ladung des Carbokations „kümmern“.
Neopentylalkohol Wie du schreibst ist ein primärer Alkohol, keine unmittelbaren Nachbarn und das t-bu ist weit weg…
Heliumoxid
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Re: +I-Effekt

Beitrag von Heliumoxid »

mgritsch hat geschrieben: Donnerstag 10. März 2022, 22:26 Eine SN2 setzt unter anderem voraus dass da Platz für einen Zwischenzustand mit 5 Substituenten ist, wenn einer davon t-bu ist wirds eng.
Eine SN1 setzt voraus, dass da unmittelbare „Nachbarn“ sind die sich um die positive Ladung des Carbokations „kümmern“.
Neopentylalkohol Wie du schreibst ist ein primärer Alkohol, keine unmittelbaren Nachbarn und das t-bu ist weit weg…
So ganz verstehe ich Deine Argumente nicht.
Bzgl. SN2 spielt die t-Bu-Gruppe eine sterische Rolle. Bei SN1 anscheinend nicht. Allerdings sind "Nachbarn" zur Stabilisierung da.
Neopentylalkohol ist ein primärer Alkohol, mit (!) unmittelbaren Nachbarn und das t-bu ist eben nicht weit weg ...
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mgritsch
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Re: +I-Effekt

Beitrag von mgritsch »

Das betroffene C ist primär, hat jedenfalls mehr Platz für einen 5. Substituenten als ein tertiäres, somit SN2 möglich, wenngleich nicht optimal. So wie bei sekundären Alkoholen wird es eine uneindeutige Situation sein.
Praktisch kommt es zu einer (Wagner-Meerwein) Umlagerung.
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Heliumoxid
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Re: +I-Effekt

Beitrag von Heliumoxid »

mgritsch hat geschrieben: Donnerstag 10. März 2022, 23:58 So wie bei sekundären Alkoholen wird es eine uneindeutige Situation sein.
Praktisch kommt es zu Umlagerungen.
Du meinst der primäre Alkohol wird zu einem sec. umgewertet ? Was meinst Du mit der lapidaren Bemerkung: "Praktisch kommt es zu Umlagerungen." ? Welche ?
Edit : Vorbeitrag hat sich geändert
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mgritsch
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Re: +I-Effekt

Beitrag von mgritsch »

Habe ich eben noch editiert damit es klar wird :)
Heliumoxid
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Re: +I-Effekt

Beitrag von Heliumoxid »

Danke für den Hinweis zur Wagner-Meerwein-Umlagerung.
Allerdings erfordert diese konz. Schwefelsäure.
Mein Fokus liegt aber in diesem Beispiel bei der Bildung von Neopentylchlorid (2,2-Dimetethylpropychlorid).
Eine Darstellungsmöglichkeit findet man in den Org.Synth http://orgsyn.org/demo.aspx?prep=CV6P0830 . Aber das ist nicht meine Frage.
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Calciumcitrat
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Re: +I-Effekt

Beitrag von Calciumcitrat »

Naja, auch deine Säuren protonieren den Alkohol und Wasser kann abgehen, damit kann ein entstehendes Carbokation auch umlagern. Es kommt auch immer auf die Nucleophile an. Mit Chlorid hast du ein schwaches, mit Iodid schon ein recht starkes. Schwache Nucleophile machen eher SN1, starke eher SN2.
Auch das Lösungsmittel ist wichtig: Kann es die abgehenden Ionen gut stabilisieren (wie bspw. Wasser), so kommt es eher zu einer SN1 Reaktion. Hexan dagegen macht eher SN2. Höhere Temps bevorzugen auch eher SN1.

Da das kleine Moleküle sind könntest du als Fingerübung auch mal die Energien beider Mechanismen berechnen (schnelle DFT, B3LYP und 6-31+G*, Solvatierungseffekte auch mit reinnehmen). Nur mit Iodid wird es schwieriger, da relativistisch.
Sebacylbrause
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Re: +I-Effekt

Beitrag von Sebacylbrause »

Calciumcitrat hat geschrieben: Freitag 11. März 2022, 11:23 Da das kleine Moleküle sind könntest du als Fingerübung auch mal die Energien beider Mechanismen berechnen (schnelle DFT, B3LYP und 6-31+G*, Solvatierungseffekte auch mit reinnehmen). Nur mit Iodid wird es schwieriger, da relativistisch.
Hast du einen Tipp für gute Freeware?
Calciumcitrat
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Re: +I-Effekt

Beitrag von Calciumcitrat »

GAMESS oder, etwas moderner aufgemacht, ORCA.
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