Was ist der optimale Entkalker?

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aliquis
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Was ist der optimale Entkalker?

Beitrag von aliquis »

Weil Citronensäure bzw. das - in der Wärme schwerlösliche - Calciumsalz zur Verstopfung der Leitungen führt, wird Amidosulfonsäure als alternativer wirksamer Entkalker für Kaffeemaschinen/Vollautomaten empfohlen.
Besteht damit aber nicht im Grunde das gleiche Problem, weil sich der Stoff in der Hitze zu Anmoniumhydrogensulfat umsetzt und mit Kalk nicht wesentlich leichter lösliches Calciumsulfat bildet?
Gäbe es bessere lebensmittelechte Alternativen?
An Essigsäure habe ich dabei bereits gedacht, welches aber wegen des starken Geruchs/Eigengeschmacks auch noch nach Spülung dem Kaffee eine unerwünschte Beinote verpassen kann...

Was meint Ihr?
Ich bin gespannt auf Eure Anworten.
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eule
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Re: Was ist der optimale Entkalker?

Beitrag von eule »

Da ich selbst noch nie eine Kaffeemaschine entkalkt habe weiß ich es nicht besser, kann mir aber vorstellen, daß bei schneller Arbeitsweise HCl gut wirksam sein kann, ohne die stählernen Leitungen innen drin sehr beschädigt werden.
Sicherer ist bestimmt Essigessenz, auch wenn man danach nicht nur einmal, sondern gleich mehrfach immens gründlich spülen muß.
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aliquis
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Re: Was ist der optimale Entkalker?

Beitrag von aliquis »

Heiße HCl und vor allem deren Dämpfe sind - selbst bei verdünnter Säure - nachhaltig zu korrosiv für mechanisch-metallische Bauteile, und der vollautomatische Entkalkungsvorgang (15 Min.) lässt sich auch nicht beschleunigen. Ausserdem ist die handelsübliche Salzsäure nicht lebensmittelrein.
Essigessenz ist mit 25 % zu stark, 1:1 mit Wasser verdünnt sollte reichen. Der Geruch ist leider sehr anhaftend, wahrscheinlich (ich habe es wohlweislich noch nicht ausprobiert) insbesondere an den innenliegenden Schläuchen.
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Sebacylbrause
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Re: Was ist der optimale Entkalker?

Beitrag von Sebacylbrause »

Mellitsäure? Eine schwache Lösung sollte zumindest ausreichen um Kalk zu lösen und gleichzeitig nicht auszufällen.
Glaskocher
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Re: Was ist der optimale Entkalker?

Beitrag von Glaskocher »

Im Wikipedia-Artikel wird Maleinsäure als Bestandteil von Entkalkern genannt, der eine rasche Wiederverkalkung verhindern soll. Mit einer schnellen Recherche konnte ich allerdings keine Information über die Kristallisation oder Löslöichkeit finden.

Als erste Nachspülung kann der Zusatz von Natriumhydrogencarbonat sinnvoll sein, um den Essiggeruch zu binden. Ich denke da an 1g/L oder darunter, nur um den pH-Wert im leicht Basischen zu halten. Das zweite Spülwasser sollte dann "leer" von Zusätzen sein.

Stichwort: Entkalker
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mgritsch
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Re: Was ist der optimale Entkalker?

Beitrag von mgritsch »

Glaskocher hat geschrieben: Montag 28. Februar 2022, 09:12 Im Wikipedia-Artikel wird Maleinsäure als Bestandteil von Entkalkern genannt, der eine rasche Wiederverkalkung verhindern soll. Mit einer schnellen Recherche konnte ich allerdings keine Information über die Kristallisation oder Löslöichkeit finden.
Maleinsäure wäre kalt durchaus gut, leider isomerisiert sie bei höherer Temperatur relativ rasch zu Fumarsäure und die ist schwerlöslich.

Ich verstehe die Diskussion nicht so ganz, warum muss man da das Rad aufgrund theoretischer Überlegungen neu erfinden. Kommerzielle Entkalker gibts für wenig Geld, für den Einsatzzweck optimiert.
Glaskocher
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Re: Was ist der optimale Entkalker?

Beitrag von Glaskocher »

Wie wäre es mit einer Mischung von Säure(n) und EDTA oder anderen Komplexbildnern? Die Säure löst das Carbonat und der Komplexbildner fängt die Kationen weg.

Gibt es für die Argumentation der heißen Hydrolyse/thermischen Isomerisierung von Sulfamidsäure oder Malonsäure irgendwelche Kinetiken, die im Bereich von bis zu 100°C im wässrigen Medium gemacht wurden? Ich vermute mal, daß die Reaktionen langsamer sind, als daß sie das Entkalken ernsthaft beeinträchtigen.

Die Sulfamidsäure hydrolysiert zu Hydrogensulfat, das ebenfalls deutlich sauer ist. Die Fällung von Gips sollte deutlich langsamer gehen als das Lösen vom Carbonat. Bei der Maleinsäure* sollte man die Konzentration so wählen, daß sie im ungünstigsten Fall (Totalisomerisierung) immer noch löslich ist.

[OT]
Kann man Kaliumsulfat mit Löschkalk kaustifizieren? Oder ist das System im wässrigen Medium zu "antriebsarm" mangels rascher Kristallisation von Gips.
[/OT]

* = Irrtümlich geschriebene Malonsäure korrigiert.
aliquis
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Re: Was ist der optimale Entkalker?

Beitrag von aliquis »

@mgritsch:

Bei handelsüblichen Entkalkern dominiert noch immer die Citronensäure. Die bewirkt hauptsächlich eines: dass sich der Kunde nach Ablauf der Gewährleistung ein neues Gerät kaufen muss...

In Bezug auf Amidosulfonsäure war es erstmal eher eine Frage: bildet sich in der Hitze Ammoniumhydrogensulfat und setzt dieses den Kalk zu schwerlöslichem Gips um?

Und vor diesen Hintergründen steht dann die Frage nach möglichen Alternativen.

@alle: Wie ist dahingehend Milchsäure zu beurteilen?

@Glaskocher:
- EDTA ist weder umwelt- noch lebensmitteltauglich, da es anschließend dort Calcium und Schwermetalle löst, wo es das besser nicht sollte...
- Es ging um die die Maleinsäure. Malonsäure wäre ein ziemlich teurer Entkalker...

Zum OT: Calciumhydroxid ist noch schlechter löslich als Calciumsulfat, von daher wird eine - selbst langsame - Gleichgewichtsverschiebung nicht klappen. Mit Bariumhydroxid in Form von Barytwasser und Verwendung einer stöchiometrisch passenden Menge Kaliumsulfat sollte es funktionieren. Eine Kaustifikation im eigentlichen Sinne ist das allerdings nicht - die definiert sich übers Alkalicarbonat.
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Glaskocher
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Re: Was ist der optimale Entkalker?

Beitrag von Glaskocher »

Gemäß der Löslichkeit von Calciumlactat und dessen Neigung zur Krustenbildung.

Im Kaltverfahren ist auch "Kohlensäure" geeignet, weil das Calciumhydrogencarbonat deutlich besser löslich ist als das Carbonat. Man kann mit CO2 ein gutes Kalkwasser erst deutlich trüben und im Anschluß wieder zur klaren Lösung bringen.


EDTA wird als Lebensmittelzusatz (wie ein Konservierungsstoff) genutzt.

Wie kommst Du jetzt auf Malonsäure?... UPS... wird korregiert.


Nachtrag:
Da die Zitronensäure mehrere Salzreihen bildet muß man vermutlich auf Konzentration und Temperatur achten. Bei hoher Säure-Konzentration bilden sich bevorzugt die sauren Salze, die löslicher sind. Bei hoher Temperatur ist das Tricalciumzitrat stabiler und fällt aus. Man muß ein Gleichgewicht zwischen beiden Effekten und der Sparsamkeit finden. Hier müßte man Versuchsreihen anstellen, um das Optimum heraus zu finden. Kalkwasser bildet schöne Carbonatkrusten an seiner Oberfläche und auch in Gefäßen, um den Kesselstein zu simulieren. Alternativ läßt sich auch das Hydrogencarbonat thermolytisch zersetzen, um Krusten zu erzeugen.


[OT] Eigentlich wäre Salpetersäure ooptimal, da sie verdünnt "nur" sauer ist und die meisten ihrer Salze gut löslich sind. [/OT]
aliquis
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Re: Was ist der optimale Entkalker?

Beitrag von aliquis »

Das meisten Kaffeemachinen können nicht kalt entkalken.

Zum massenhaften Einsatz von EDTA in Alltagsanwendungen mehren sich die kritischen Stimmen - zu recht, wie ich finde.
Ganz nebenbei wäre es zum Entkalken auch zu teuer. Man bräuchte schon eine ziemlich konzentrierte Lösung um festgesetzten Kalk im Durchlaufprozess zu lösen - 0,1 N reicht nicht... :wink:
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Re: Was ist der optimale Entkalker?

Beitrag von aliquis »

Wie gesagt: Entkalkung ist den meisten Maschinen ein automatisierter Prozess, da lässt sich nicht viel steuern hinsichtlich der Temperatur.
Im Reagenzglas habe ich mal recht unstöchiometrisch ammoniakalkalische Calciumchloridlösung und Citronensäurelösung vermengt und erhitzt - der Niederschlag spricht Bände....

Salpetersäure 3 % wäre zumindest gesetzlich erlaubt... 😉
Aber die Aufnahme von Calciumnitratresten in den Körper bei unvollständiger Spülung ist auf Dauer eher nicht ratsam.
Dahingehend dürfte auch eine nur technische Reinheit der Säure nicht ausreichend sein.
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eule
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Re: Was ist der optimale Entkalker?

Beitrag von eule »

Vllt. wär Ascorbinsäure eine Lösung, das Calciumsalz ist löslich, ungiftig und wird eher nicht allzu schlimm an den Metallflächen knabbern.
Wie es auf ggf. hohe Temperaturen eingeht weiß ich aber nicht.
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Re: Was ist der optimale Entkalker?

Beitrag von mgritsch »

Glaskocher hat geschrieben: Montag 28. Februar 2022, 12:39 Wie wäre es mit einer Mischung von Säure(n) und EDTA oder anderen Komplexbildnern? Die Säure löst das Carbonat und der Komplexbildner fängt die Kationen weg.
macht keinen Sinn. Bedenke die Konditionalkonstante von CaEDTA bei saurem pH, das greift nur im relativ stark alkalischen. In Waschmitteln sind (waren? Wegen Eutrophierung durch Zeolithe ersetzt…) zB eher diverse Phosphate der Enthärter der Wahl - muss gestehen ich könnte nicht sagen wie die im sauren performen.
Gibt es für die Argumentation der heißen Hydrolyse/thermischen Isomerisierung von Sulfamidsäure oder Malonsäure irgendwelche Kinetiken, die im Bereich von bis zu 100°C im wässrigen Medium gemacht wurden? Ich vermute mal, daß die Reaktionen langsamer sind, als daß sie das Entkalken ernsthaft beeinträchtigen.
Irgendwo hatte ich mal eine Publikation wo die Kinetik der Isomerisierung drin war, praktisch kann man davon ausgehen dass für eine vollständige Umwandlung schon >1h anständig gekocht werden muss. Die relativ kurzen Zeiten wo das in der Maschine tatsächlich heiß ist werden nicht reichen. Hinzu kommt, dass ein anständiger Überschuss Säure vorliegt und Gips mit 2,4 g/l deutlich besser löslich ist als Carbonat mit seinen 14 mg/l.

Weiters ist immer die Frage wo es sich abscheidet - lagert es sich bevorzugt am Heizelement ab und bildet dort eine feste Schicht ist das fatal. Fällt nur Niederschlag der ausflockt und in Suspension bleibt - egal, wird eh ausgespült...

@aliquis: Wenn es dich so brennend interessiert, dann mache doch den Versuch. Löse eine realistische Menge CaCO3 in einer üblichen Dosis Entkalker auf und koche es. Dann wirst du sehen wie viel Zitronensäure oder Amidoschwefelsäure tatsächlich fällen.
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Fumarsäure ist ähnlich schlecht löslich wie Gips :) Macht keinen Sinn.
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mgritsch
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Re: Was ist der optimale Entkalker?

Beitrag von mgritsch »

aliquis hat geschrieben: Montag 28. Februar 2022, 13:26 Im Reagenzglas habe ich mal recht unstöchiometrisch ammoniakalkalische Calciumchloridlösung und Citronensäurelösung vermengt und erhitzt - der Niederschlag spricht Bände....
ein wenig aussagekräftiger Versuch - woher kommt in der Praxis "ammoniakalisch", was macht das Chlorid und welche Konzentrationen der Reaktanden treten beim Entkalken tatsächlich auf?
aliquis
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Re: Was ist der optimale Entkalker?

Beitrag von aliquis »

Vitamin C ist nicht hitzebeständig, auch deshalb ist Rohkost gesünder als gekochtes Obst/Gemüse...

Ammoniak bildet zunächst Ammoniumcitrat, das dann mit Calciumchlorid die Ionen tauschen kann. Da Citronensäure schwächer als Salzsäure ist, würde sich sonst gar kein Calciumcitrat bilden. Kohlensäure aus Carbonat würde diese Probleme nicht machen, im Gegenteil: hier braucht man das saure Millieu, um das Carbonat überhaupt lösen zu können.

Nicht zu unterschätzen ist der deutliche Überschuss des Entkalkers. Deshalb wäre die Wirkung auf Calciumcarbonat in der Tat mal unter Laborbedingungen zu testen.
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