Welches Trocknungssmittel?

Fragen zur allgemeinen Chemie; alles, was in keine andere Kategorie passt.

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Alf
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Welches Trocknungssmittel?

Beitrag von Alf »

Hallo!

Ich suche für Toluol, Isopropanol, n-Butanol ein geeignetes, möglichst universelles und neutrales Trocknungsmittel. Wären Calciumchlorid, oder Magnesiumsulfat geeignet?

LG,
Alf
Glaskocher
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Beitrag von Glaskocher »

"Trocken" ist immer der Kehrwert des tolerierten Restwassergehaltes. Außerdem ist nicht immer die maximal mögliche Trocknung nötig.

Ich empfehle mal, "Trocknen von Feststoffen, Lösungen und Lösungsmitteln" in die Suchmaschine zu füttern, um sehr gute Sammlungen an Trockenmethoden zu finden. Auch das Werk "Azeotropic Data" hilft bei Trockenproblemen, da bei der Destillation oft auch eine Trocknung erfolgt.

Neben dem Lösemittel muß man oft auch das Gelöste mit in die Betrachtung einbeziehen. Deshalb bin ich hier ein Freund von möglichst konkreten Fragen zu realen Trockenproblemen. Daraus läßt sich dann eventuell eine Generalisierung ableiten.

Die "Klassiker" unter den Trockenmitteln sind tatsächlich Natriumsulfat, Magnesiumsulfat und Calciumchlorid. Die beiden Erstgenannten werden häufiger verwendet. Diese Trockenmittel reichen in der Regel aus, wenn man eine organische Phase nach dem Ausschütteln einengen und zur Isolierung des Produktes vorbereiten will. Alle "Kristallwasserbinder" verlieren ihre Wirksamkeit bei hohen Temperaturen, geben dann sogar das Kristallwasser wieder ab.


Bei Toluol ist das Ganze einfach, da man viel Wasser azeotrop im Vorlauf abdestillieren kann. Isopropanol ist ein "Problemkind", da es mit Wasser mischbar ist. Mit Natriumsulfat, oder Magnesiumsulfat, kann man gut vortrocknen. Es ist meistens besser, mit mehreren kleinen Portionen Trockenmittel nacheinander zu trocknen, als anfangs "viel-hilft-viel" zu denken. Das Butanol ist den Isopropanol ähnlich.



PS: Tante EDIT meint, daß dieser Thread eher in "Allgemeines zur Chemie" passt.

Allerdings wäre ein Artikel zum Trocknen von Substanzen auch ganz gut. Damit meine ich jetzt eher eine Art Übersichtsartikel, statt einer Liste "Wie trocknet man was...?". Aber was noch nicht ist...
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

Magnesiumsulfat ist von den genannten sicher das bessere, CaCl2 neigt dazu Alkohol aufzunehmen (für Ethanol jedenfalls ungeeignet). Die Trockenwirkung ist bei MgSO4 auch besser (Restwasser) und es geht schneller.
Sehr universell und wahnsinnig gut trocknend ist auch Molsieb (3A), einziger Nachteil ist der Preis bzw die etwas schwierigere Regenerierbarkeit (Vakuumofen) ggü. Kieselgel.

Artikel - das wäre nett, macht aber nur Sinn wenn man das Restwasser auch bestimmen kann - Karl Fischer ist aber recht aufwändig...
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Da gibt's doch dieses Standardwerk "Purification of laboratory chemicals" dessen Autor ich grad nicht im Kopf habe. Da geh ich immer nach vor.
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eule
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Beitrag von eule »

hmm, ist es von Belang, wieviel Zeit man aufwenden kann?
Wenn man das zu trocknende Gut in den Exsiccator stellen (ggf. auch unter Vakuum) und 2 Wochen warten kann ist das ganz sicher ein Unterschied zur Instanttrocknung durch Einrühren oder "Durchlaufenlassen", was die Wahl des Trocknungsmittels angeht.
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Glaskocher
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Beitrag von Glaskocher »

Die Zeit, bis das gewünschte Trockenergebnis erreicht ist, kann recht unterschiedlich sein, je nach Methode.

Einfaches Einstreuen des Trockenmittels und stehen lassen dauert länger, als den gleichen Ansatz zu rühren. Das "Säulen" ist die schnellste Methode mit festem Trockenmittel. Bei physikalischen Trockenmitteln sollte man eher kalt bleiben, während bei chemischen Trockenmittel das Refluxieren geeigneter ist. Oft wird an Ende der Prozedur noch destilliert, aber die "Kristallwasserbinder" bitte zuerst abfiltrieren.
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

eule hat geschrieben: Wenn man das zu trocknende Gut in den Exsiccator stellen (ggf. auch unter Vakuum) und 2 Wochen warten kann ist das ganz sicher ein Unterschied zur Instanttrocknung durch Einrühren oder "Durchlaufenlassen", was die Wahl des Trocknungsmittels angeht.
Für Flüssigkeiten wie Toluol, Isopropanol, n-Butanol wohl kaum anwendbar, oder?
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

lemmi hat geschrieben:Da gibt's doch dieses Standardwerk "Purification of laboratory chemicals" dessen Autor ich grad nicht im Kopf habe. Da geh ich immer nach vor.
Du meinst Armarego...
Lösungsmittel trocknen ist eine Wissenschaft für sich, das ist da nicht entsprechend abgebildet IIRC...
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eule
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Beitrag von eule »

mgritsch hat geschrieben:
eule hat geschrieben: Wenn man das zu trocknende Gut in den Exsiccator stellen (ggf. auch unter Vakuum) und 2 Wochen warten kann ist das ganz sicher ein Unterschied zur Instanttrocknung durch Einrühren oder "Durchlaufenlassen", was die Wahl des Trocknungsmittels angeht.
Für Flüssigkeiten wie Toluol, Isopropanol, n-Butanol wohl kaum anwendbar, oder?
warum nicht? ein offenes Glas oder meinetwegen eine Porzellanschae mit flüssigem Inhalt überTrockenmittel ist wohl kaum ein Problem. der Gasraum ist chnell it Lösemitteldampf gesättigt und damit im Glechgewicht, der Anteil Wasser steht gleichfalls im gleichgewicht mit der Gasphase, wird aber vom Trockenmittel absorbiert. geht atürlich auch umgekehrt, eine schale Trockenmittel steht über der Flüssigkeit. wieauchimmer, der größte verlust ist dann der Teil aus dem Dampf. nimmt man einen Deckel, der bei Kondensation an der Wandung die Tropfen wieder ins Hauptvolumen zurückführt ist hernach durch Abkühlung des Geräts von außen der größte Teil aus dem Dampf zurückgewonnen.
Die Wahl des Trockenmittels dürfte wohl durchaus variieren je nachdem, ob es Hauptsubstanz aus dem Dampf oder der Flüssigkeit absorbiert/adsorbiert/ins Kristallgitter einbaut/...

Es muß ja nicht gleich die ganz scharfe rocknung mit phosphorpentaoxid oder Na sein, aber schon mit zb conc.Schwefelsäure wird man wohl ein durcchaus passables Ergebnis erhalten dals natürlich mit gewissen Verlusten behaftet sein dürfte.

Benötigt man z.B. regelmäßig gut getrocknete LöMi der genannten Arten, so kann es nützlich sein, ein Vorratsgefäß entsprechend auszurüsten und ein einmal trockenes Mittel so stets zur Hand zu haben.
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

Warum nicht - was würde Wassermoleküle dazu bewegen sich selektiv aus der Flüssigkeit hinaus und zum Trockenmittel hin zu bewegen?

Natürlich, ein Wassermolekül das mal in die Dampfphase übergetreten ist und vom Trockenmittel eingefangen wurde, hat eine geringere Chance wieder in das LöMi zurückzukehren und langsam würde es auch getrocknet. Aber mit der zusätzlichen Barriere ds Phasenübergangs und der Frage landet es danach einfach wieder im LöMi oder schafft es den Weg zum Trockenmittel ist das garantiert wesentlich ineffizienter und elend langsam.

Bei Trockenmittel direkt in der Flüssigkeit ist es nur eine Frage der Diffusion, schlimmstenfalls, wenn ungerührt. (Und da kann die Gleichgewichtseinstellung schon lange dauern... siehe trocknen von Ethanol mit Molsieb...)

In bestimmten Situationen, bei schwierigen Präparaten die den direkten Kontakt nicht vertragen mag man den Weg gehen, für LöMi habe ich das noch nie gehört. Kennst du eine Literaturangabe die das empfiehlt?


edit: das hab ich vielleicht etwas umständlich bzw unpräzise formuliert.
Natürlich besteht ein Gleichgewicht mit der Dampfphase und das betrifft auch das Wasser mit und ein Trocknen ist theoretisch grundsätzlich möglich. Fraglich ist allerdings ob das irgendwie sinnvoll ist. In deinem Exsiccator spielen dann folgende GG mit:

Gleichgewicht Wassergehalt im Bulk <-> Oberfläche bzw Diffusionstransport - unbewegt eine langsame Sache.
Gleichgewicht Oberfläche <-> Gasphase bzw Verdunstung; hier kann zB je nach Wechselwirkung der Anteil Wasser in der Gasphase ggü Bulk schon deutlich erniedrigt sein
Diffusionstransport von Gasphase über Flüssigkeit bis Trockenmittel, auch eher langsam
Gleichgewicht Gasphase über Trockenmittel <-> Trockenmittel

Bei Trockenmittel direkt in die Flüssigkeit spielt nur das letzte GG eine Rolle und außerdem ist (durch die relativ hohe Konzentration) das GG auch noch günstig Richtung Adsorption beeinflusst. Also insgesamt schneller und günstiger Lage des GG. Trockenmittel die in direktem Kontakt ungeeignet sind, bleiben das auch. Ethanol kriegt man auch so nicht mit CaCl oder P2O5 getrocknet weil es genauso aufgenommen wird bzw reagiert, also auch da kein Vorteil lukrierbar.
Über Kondensation an der Wandung reden wir mal hoffentlich nicht, dann können wir besser gleich destillieren :) (das wäre auch nur ein sehr kurzfristiges Vergnügen, wenn das Thermische Gleichgewicht zwischen kalter Gefäßwand und wärmerer Flüssigkeit mal hergestellt ist, findet die sowieso nicht mehr statt, es sei denn du heizt nach...)

Aufbewahrung eines Lömi über Trockenmittel würde ich allenfalls zum Trocken halten wählen oder in ausgewählten Sondersituationen. Glycerin, das könnte ich mir vorstellen - wenig flüchtig, sehr viskos, da möchte ich nichts einrühren und abfiltrieren....
Xyrofl
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Beitrag von Xyrofl »

Beim Trocken von Lösemitteln ist das Günstigste eine Art Säule mit Trockenmittel in geeigneter Kornfraktion. So arbeiten gängige SPS (solvent purification system) und für Kugelpackungen von Adsorbenzien gibt es auch gute Erfahrungswerte, wie schnell sich da Gleichgewichte einstellen. Außerdem hat man da den Vorteil, dass die unteren Lagen stets nur mit vorgetrocknetem Lösemittel in Berührung kommen. Das ist besser als wenn man einfach alles in die Lösemittelflasche kippt.
Klassischer ist aber sicher die direkte Hinzugabe des Trockenmittels mit anschließender Destillation (und gegebenenfalls vorher Abfiltrieren mit einer im Vakuum getrockneten Umkehrfritte). Da gibt es je nach zu trocknendem Lösemittel diverse Vorschriften mit unterschiedlichsten Trockenmitteln. Destillation geht natürlich nur bei scharfen Trockenmitteln, die das Wasser irreversibel binden. Die klassischen Methoden haben den Nachteil, dass wohl oder übel für jedes Lösemittel eine eigene Vorschrift zu recherchieren ist. Molsiebe sind da deutlich universeller, aber selbst die sind nicht völlig narrensicher (ist nichts in dem Bereich, weil da höchste Sorgfalt essenziell ist und man immer wieder böse Überraschungen erlebt).
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frankie
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Beitrag von frankie »

Im Falle "thermisch assistierter chemischer" Trocknungen (Natrium, Calciumhydrid, ...) und anschließender Destillation nutzt man oft solche Teile (zwischen Sumpfkolben und Rückflusskühler geschaltet):

Bild
Bild: www.thomassci.com

Wir stellten auf diese Weise in unserer AG trockenes Toluol, Pentan, THF und Ether regelmäßig selbst her. Das Lösungsmittel wird dann entgast und in einem Kolben mit PTFE Hahn (und ggf. Molsieb) gelagert. Das reicht für die meisten Sachen ...
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Zum Lagern von Lösungsmitteln die absolute Trockenheit benötigen: Einen Schlenk zuvor mit Kalium im HV bedampfen und einen Kaliumspiegel erzeugen. Aromaten, Alkane und einige Ether bleiben so absolut trocken.
IOC

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frankie
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Beitrag von frankie »

Wobei man vor allem THF idealerweise immer frisch über K destillieren sollte.

Früher war es bei einigen AGs üblich solche solvent stills permanent laufen zu lassen...
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Ja, da wird nicht unüblicher Weise gerne mal eine 4 L Ketylle mit THF und K aufgebaut und auch immer wieder nachgefüllt und laufen gelassen, so dass permanent genug THF da ist... Das Brandrisiko braucht man dabei nicht mal erwähnen.
Bei uns ist es üblich die Sachen bei Bedarf frisch zu machen, aber das kommt immer ganz auf die jeweiligen Reaktionen an, in der AC sind die Ketyllen aber teilweise auch permanent am laufen.
IOC

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