mgritsch hat geschrieben: ↑Dienstag 3. Januar 2023, 17:41
Ich erinnere mich an lustige alte Aufnahmen wo man vorgeführt hat wie ein Skelett hinterm Schirm herumtanzt… wie passt das zusammen? Vermutlich weil man für Weichteile mit deutlich weniger Strahlung arbeiten muss um sie abgebildet zu bekommen?
Das (Text unten) war schon 1910! Bis zu den 30er Jahren hatte man die Empfindlichkeit des Aufnahmematerials
so erhöht, das Filmsequenzen in Verbindung mit starken Strahlern möglich wurden.
Die Anfertigung von "Platten", deren Schärfe nicht mit der Kinematographie vergleichbar war, sowie die Beobachtung
eines verschiebbaren "Schirms" im Dunkeln blieb bis in die 50er Jahre der Standard.
Bis in die heutige Zeit sind die Anfertigung von scharfen Rö-Aufnahmen und die Durchleuchtung als getrennte
Verfahren mit eigenem Aufgabenspektrum erhalten.
Üeber Röntgenkinematographie (Bioröntgenographie) innerer Organe des Menschen
Von Dipl.-Ing. Alfred Wertheimer.
1) Vortrag in der Medizinischen Gesellschaft in Göttingen am 12. Mai 1910.
Die Herren Dr. Kästle, Prof. Dr. Rieder und Dipl.-Ing. 'Dr. phil.
J. Rosenthal (München) haben vor kurzem ausführlich über die von
ihnen geschaffene ,,Röntgenkinematographie innerer Organe des Menschen"
berichtet. Da große Interesse, das von den Aerzten dieser
sowohl theoretisch ais praktisch hochwichtigen neuen diagnost ischeh
Methode entgegengebracht wird, veranlaßte mich, die Polyphos E. -G.
Münchenl) um Ueberlassung der Diapositive und des Kinematographenfilms
zu ersuchen, sodaß ich in der angenehmen Lage bin, Ihnen die ersten
röntgenkinematographisehen Aufnahmen zeigen zu können . Bisher
wurden röntgenkinematographische Darstellungen (M a ci ut yre 1897,
Eykmann 1901. Levy - Dorn 1905, Köhler 1907) in der WeIse ausgeführt,
daß während des Ablaufes eines Bewegungsvrganges innerer
Organe des Menschen eine bestimmte Phase aufgenommen wurde
und erst bei verschiedenen Wiederholungen des Bewegungsvorganges
neue andere Phasen, sodaß erst allmählich alle Phasen
aufgenommen waren und diese darin künstlich zu Kinematogrammen
kombiniert wurden.
Kästle, Rieder und Rosenthal ist es nun nach Ueberwindung
nicht unerheblicher Schwierigkeiten gelungen, wirkliche kinematographische
Röntgenaufnahmen herzustellen.
Das vollständig Neue dieser Methode besteht in der Herstellung einer genügenden Anzahl
von aufeinanderfolgenden Röntgenogrammen eines in Bewegu ng befindlichen
Organes während des einmaligen Ablaufes dieser Bewegung. Dieses
Verfahren wird von den Verfassern ,,Bioröntgenographie" genannt. Der
bedeutende Wert derselben geht schon daraus hervor,
daß das Durchleuchtungsverfahren
im Gegensatz zu den scharfen Momentaufnahmen
feinere D3tails nur undeutlich oder garnicht wiedergibt - abgesehen
von den allen subjektiven Methoden mehr oder weniger anhaftenden
Mängeln. Ferner kann am Durchleuchtungsechirm der Ablauf der Bewegung
an allen Punkten gleichzeitig nicht übersehen werden.
Schließlich erfolgt auch die Bewegung häufig so rasch, daß das Auge
die Analyse des Vorganges in der gegebenen Zeit nicht ausführen kann.
Was die Methode der Herstellung von Bioröntgenogrammen betrifft,
so sei erwähnt, daß der erste Bioröntgenograph für das Plattenformat
18 x 24 und für eine Serie von 13 Aufnahmen gebaut worden
ist. Dar Plattenwechsel vollzieht sich in der Weise, daß die Kassetten
automatisch auf Gleitschienen nach der Belichtung in einen Sammelkasten
befördert werden. Zur Erhöhung der Geschwindigkeit des Platten.
wechsels kann noch eine Schlagvorrichtung benutzt werden, die in dem
Momente in Tätigkeit tritt. in dem die belichtete Platte für den Fall
freigegeben wird. Die Einschaltung der Röntgenröhre Eowie der Plattenwechsel
erfolgt auf elektrischem Wege in genau und beliebig festzusetzenden
Zeitintervallen. Mittels einer rotierenden Trommel wird
einerseits der Strom für die Röntgenröhre geschlossen bzw. geöffnet,
anderseits gleichzeitig der Fortschaltmeehanismus durch ein Solenoid
in Tätigkeit gesetzt.
Kinematographische Darstellung der Atembewegung,
und zwar Aufnahmen eines 35 jährigen gesunden Mannes in aufrechter
Stellung während einer tiefen Ein- und Ausatniung. Während
dieses Vorganges erfolgte zwölfmaliger Filmwechsel. Urn scharfe
Röntgenogramme zu erhalten , durfte natürlich die Expositionszeit
für jede einzelne Aufnahme nur einen sehr kleinen Bruchteil einer
Sekunde betragen. Aus dem gleichen Grunde mußten auch besonders
scharf zeichnende Röhren verwendet werden. Beiden Punkten wurde
der bekannte Rosenthalsche Universalinduktoi3) gerecht, der nicht
nur eine beliebige Schaltung der primären Spule des lnduktoriums gestattet,
sondern auch eine beliebige Schaltung der sekundären.4) Die
Bioröntgenogramme der zur Darstellung gebrachten linken Thoraxhälfte
zeigen in eklatanter Weise die bedeutende Veränderung der Herz -
silhouette sowie Stellung und Foi-m der Zwerchfellkuppe während der
Atmung. Bei Aufwärtsbewegung der Zwerchfellkuppe verbreitert sich
das Herz bedeutend, hei Abwärtsbewegung wird es schmäler.
Kinematographische Vorführung der Magenbewegung.
Die zu untersuchende Person wird wie zu jeder röntgenographischen
Magenaufnahme vorbereitet. Bald nach Darreichung der die Röntgenstrahlen
absorbierenden Mahlzeit - statt der mehr oder weniger giftigen
Wismutpräparate wird neuerdings Zirkonoxyd5) mit besonderem Erfolge
angewandt - erfolgt die Aufnahme, und zwar sämtliche Bilder während
einer Atempause; diese Maßnahme ist nämlich notwendig. um die
Magenbewegung unabhängig von der Atembewegung darzustellen.
Während des Ablaufes der Peristaltik, die in der Norm etwa 22 Sekunden
beträgt, wurden zwölf Röntgenogramme aufgenommen. Benutzt wurden
Schleussner Films 18 x 24 unter Verwendung von gewöhnlichen Verstärkungsschirmen.
6) Die Exposìtionszeit für jedés einzelne Bild beträgt
wieder nur einen sehr kleinen Bruchteil einer Sekunde.