Analyse von Kobalt-Komplexsalzen

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lemmi
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Analyse von Kobalt-Komplexsalzen

Beitrag von lemmi »

Analyse von Kobalt-Komplexsalzen

Zur Formulierung von Werners Koordinationstheorie war die quantitative Analyse der zahlreichen komplexen Kobaltverbindungen ein wichtiger Baustein. Im Folgenden werden Versuche vorgestellt, mit denen ich die Zusammensetzung verschiedener Syntheseprodukte untersucht habe. Dabei habe ich sowohl maßanalytische Methoden, als auch die Gewichtsanalyse angewandt. Eine besondere Herausforderung ergibt sich bei der Bestimmung mehrerer Anionen nebeneinander.


Material/Geräte:

Destillationsapparatur zur Bestimmung von Ammoniak, Bechergläser und Kolben , Büretten, Magnetrührer, 100 ml-Messkolben, Vollpipetten (10,20,25,50 ml), Messzylinder (10, 25, 50 ml), Vorrichtung zur Saugfiltration, Glasfiltertiegel (Por 3 und Por 4), Trockenschrank, Exsikkator, Analysenwaage, Wasserbad,


Chemikalien:

Natronlauge ca. 4 N (16 %) Warnhinweis: c
Natronlauge 1 N Warnhinweis: c
Salzsäure 1 N Warnhinweis: cWarnhinweis: attn
Methylrot-Methylenblau-Mischindikator (Tashiro-Indikator) nach Ph. Eur. Warnhinweis: f
Methylorangelösung 0,1 % Warnhinweis: f
Salzsäure ca. 7 N (25 %) Warnhinweis: cWarnhinweis: attn
Hydraziniumsulfat Warnhinweis: t
Silbernitratlösung 5 % Warnhinweis: c
Bariumchloridlösung 5 % Warnhinweis: xn
Calciumchloridlösung 6 %

Salpetersäure ca. 4 N (25%) Warnhinweis: c
Ammoniaklösung 25% Warnhinweis: cWarnhinweis: nWarnhinweis: attn
Ammoniumcer(IV)-nitratlösung 0,1 N Warnhinweis: c
Stärkelösung 1%

Kaliumiodid Warnhinweis: xn

Natriumthiosulfatlösung 0,1N

Dinatrium-EDTA-Lösung 0,05 M

Murexid-Verreibung 1:100

Analysensubstanzen:

verschiedene Kobalt-Komplexsalze Warnhinweis: nWarnhinweis: t


Versuchsdurchführung:


Probenvorbereitung:

Die zu untersuchende Verbindung wird in einem tarierten Wägegläschen für 48 Stunden in einem evakuierten Exsikkator über Kieselgel oder Schwefelsäure bis zur Gewichtskonstanz getrocknet und der Gewichtsverlust bestimmt


1. Bestimmung von Ammoniak:

Eine 1 bis 2 mmol Substanz entsprechende Probenmenge wird, genau gewogen, in einem 250 ml-Rundkolben mit 100 ml Wasser und 4 ml Natronlauge (16%) versetzt und das gebildete Ammoniak durch Destillation in eine Vorlage mit 10,0 ml 1 N Salzsäure und 10 ml Wasser aufgefangen (Achtung bei Hexaammin-Komplexen! Nicht zu viel Analysensubstanz einsetzen!). Es werden 80 ml überdestilliert. Der Säureüberschuss wird zurücktitriert und aus dem Säureverbrauch die Ammoniakmenge berechnet (zu Details des Vorgehens siehe Ammoniakbestimmung durch Destillation).

Auswertung: 1 ml 1 N Salzsäure entspricht 1 mmol oder 17,03 mg NH3

Nach dem Abkühlen der Apparatur wird der Tropfenfänger mit etwas destilliertem Wasser ausgewaschen und der Kolbeninhalt ebenfalls unter Nachwaschen in einem 100 ml-Messkolben überführt und dort mit Wasser bis zur Marke aufgefüllt (der Destillierkolben mit Rührfisch, an dem sich etwas Kobaltoxid niedergeschlagen hat, wird aufbewahrt). Der Messkolben bleibt mindestens 24 Stunden verschlossen stehen. Nach dieser Zeit hat sich das gebildete Kobaltoxid vollständig abgesetzt. Der klare Überstand wird mit Hilfe von Vollpipetten soweit wie möglich abpipettiert (etwa 80 ml), wobei ein Aufwirbeln des Bodensatzes strikt zu vermeiden ist, und getrennt zur Analyse der Anionen aufbewahrt.


2. Bestimmung von Kobalt:

In den Messkolben, der nur noch ca. 20 ml Flüssigkeit enthält, wird eine Spatelspitze Hydraziniumsulfat gegeben. Der Destillierkolben und Rührfisch werden mit 5 ml 7 N Salzsäure ausgespült und die Säure zu dem Kobaltoxidniederschlag in den Messkolben gegeben. Dieser wird im heißen Wasserbad erwärmt, bis eine klare rosarote Lösung entstanden ist. Wenn dabei ein Geruch nach Chlor oder Brom bemerkbar wird, wird noch eine Spatelspitze Hydraziniumsulfat zugegeben. Dann lässt man vollständig abkühlen und füllt mit Wasser erneut auf 100 ml auf.
Von der klaren Lösung werden 25,0 oder 50,0 ml (0,25 bis höchstens 1 mmol Kobalt) mit Wasser auf 100 ml verdünnt und eine kräftige Spatelspitze Murexid-Verreibung zugesetzt. Zu der orangefarbenen Flüssigkeit gibt man nun tropfenweise so viel halbkonzentrierte Ammoniaklösung (12,5 %) bis die Farbe gerade eben nach klar gelb umschlägt. Nicht zu viel Ammoniak zugeben! Nun wird mit 0,05 M EDTA-Lösung titriert, wobei gelegentlich 2-3 Tropfen stark verdünnte Ammoniaklösung (1:10 = 2,5 %) zugesetzt werden, bis der Indikator von orange nach rein violett umschlägt (genaues Vorgehen siehe hier!),.

Auswertung: 1 ml 0,05 M EDTA entsprechen 0,05 mmol, oder 2,947 mg Co2+


3. Bestimmung von Chlorid oder Bromid:

25,0 oder 50,0 ml des abpipettierten Überstandes (1 bis 5 mmol Halogenid) werden im Becherglas auf 100 ml verdünnt, einige Tropfen Methylorangelösung zugegeben und dann mit 25%iger Salpetersäure versetzt, bis dir Farbe des Indikators nach Rot umschlägt. Dann wird mit zusätzlichen 4-5 ml Salpetersäure angesäuert und unter Rühren tropfenweise 5%ige Silbernitratlösung zugegeben, bis sich der anfänglich feindispers ausfallende Niederschlag flockig zusammenballt (pro mmol Halogenid sind rund 3,4 ml Fällungsreagenz erforderlich). Man erhitzt zum Sieden und prüft den Überstand auf Vollständigkeit der Fällung. Den Ansatz wird unter Lichtabschluss abkühlen gelassen der Niederschlag über einen tarierten Filtertiegel abgesaugt, mit 100 bis 200 ml Wasser nachgewaschen und im Trockenschrak bei 120-130°C getrocknet. Nach dem Erkalten wird er ausgewogen. (Details siehe hier)

Auswertung:
143,32 mg Silberchlorid entsprechen 1 mmol oder 35,5 mg Cl[sup-[/sup]
187,77 mg Silberbromid entsprechen 1 mmol oder 79,9 mg Br[sup-[/sup]

Bei gleichzeitiger Anwesenheit von Oxalat wird der Niederschlag vor dem Trocknen erneut in ca 50 ml verdünnter Salpetersäure (5 %) suspendiert und erhitzt. Eventuell mitgefälltes Silberoxalat geht dabei in Lösung.


4. Bestimmung von Sulfat:

50,0 ml des Überstandes (0,5 bis 1 mmol Sulfat) werden mit einigen Tropfen Methylorangelösung versetzt und dann tropfenweise 25%ige Salzsäure zugegeben, bis die Farbe nach Rot umschlägt. Dann wird auf ca. 100 ml aufgefüllt, zum Sieden erhitzt und tropfenweise mit 5%iger Bariumchloridlösung gefällt (pro mmol Sulfat sind rund 5 ml des Fällungsreagenzes nötig). Die Mischung wird in einem heißen Wasserbad langsam abkühlen gelassen und eine Probe des Überstandes auf Vollständigkeit der Fällung geprüft. Dann wird über einen feinporigen Filtertiegel (Por 4) abgesaugt und mit etwa 200 ml Wasser gewaschen. Nach dem Trocknen und Erkalten im Exsikkator wird ausgewogen. (Details siehe hier)

Auswertung:
233,43 mg Bariumsulfat entsprechen 1 mmol oder 96,07 mg SO42- (bzw. 97,07 mg HSO4-)

Bei gleichzeitiger Anwesenheit von Oxalat wird der Niederschlag vor dem Trocknen in etwas verdünnter Salzsäure (ca 5%) resuspendiert und aufgekocht, um evtl. mit ausgefälltes Bariumoxalat in Lösung zu bringen.


5. Bestimmung von Oxalat:

Eine mindestens 0,5 mmol Oxalat entsprechende Menge des Überstandes wird auf 75-100 ml verdünnt und mit einem Tropfen Phenolphtaleinlösung versetzt. Man gibt tropfenweise Salpetersäure 25 % zu, bis der Indikator sich eben entfärbt und erhitzt zum Sieden. Dann wird 6 %ige Calciumchloridlösung zugegeben (pro mmol Oxalat sind zur Fällung knapp 2 ml des Reagenz nötig). Nach vollständiger Fällung, gibt man 1-2 ml Überschuss des Fällungsreagenz‘ zu, fügt dann ca. 0,5 ml konzentrierte Ammoniaklösung zu (die Lösung soll eben rosa werden) und lässt langsam abkühlen. Der Ansatz bleibt 2 Stunden stehen und wird dann über einen Glasfiltertiegel Por 4 abgesaugt. Danach wird mit 3 x 20 ml lauwarmem Wasser und 3 x 15 ml absolutem Ethanol oder Aceton nachgewaschen. Der Filtertiegel mit dem Niederschlag wird im Trockenschrank bei 105 °C getrocknet, im Exsikkator erkalten gelassen und ausgewogen. (Details siehe hier)

Auswertung:
146,12 mg Calciumoxalat-Monohydrat entsprechen 1 mmol oder 88,02 mg Oxalat (bzw. 89,03 mg Hydrogenoxalat)

Sollen Nitrit und Oxalat nebeneinander bestimmt werden, so hat die Abtrennung des Oxalates zuerst zu erfolgen, da dieses bei der Titration mit Cer(VI) stört. In diesem Falle führt man die Fällung in höchstens 75 ml Lösung durch und gibt das Filtrat nach dem Absaugen quantitativ in einen 100 ml-Messkolben. Das Nachwaschen des Niederschlages erfolgt mit 2 x 10 ml lauwarmem Wasser, wobei nach jedem Mal die Saugflasche mit dem Waschwasser ausgeschwenkt und dieses ebenfalls in den Messkolben gegeben wird (am besten, indem man den Saugstutzen als Trichter verwendet). Dann wäscht man mit 2 x 20 ml nach, wobei die dritte Waschflüssigkeit beiseite gestellt wird. Nach vollständigem Abkühlen wird der Messkolben mit dieser auf 100,0 ml aufgefüllt. Ein Aliquot davon wird dann zur Bestimmung von Nitrit verwendet.

Die Bestimmung von Oxalat neben Sulfat ist problematisch, da letzteres als Calciumsulfat mit gefällt wird. In diesem Falle wird Oxalat besser maßanalytisch (z.B. Permanganometrisch) bestimmt.


6. Bestimmung von Nitrit:

In einem 100 ml-Erlenmeyerkolben werden 20,0 oder 25,0 ml 0,1 N Ammoniumcer(IV)-nitratlösung mit 10 ml Salpetersäure 25 % gemischt und auf den Magnetrührer gestellt. Sodann pipettiert man unter leichtem Rühren 10,0 bis 25,0 ml des Überstandes (maximal 1 mmol Nitrit) so ein, dass die Pipettenspitze in die Flüssigkeit eintaucht, verschließt den Kolben und lässt 2-3 Minuten stehen. Dann gibt man 1 g Kaliumiodid hinzu und titriert das ausgeschiedene Iod mit 0,1 N Natriumthiosulfatlösung zurück, wobei gegen Ende 1 ml Stärkelösung zugegeben wird. (Details siehe hier!). Aus dem Verbrauch der Ammoniumcer(IV)-sulfatlösung wird der Gehalt an Nitrit berechnet.

Auswertung: 1 ml 0,1 N Cer(IV)-Lösung entsprechen 0,05 mmol oder 2,3 mg NO2[sup-[/sup]
Achtung! Andere reduzierende Anionen (z.B. Oxalat, Sulfit, Thiocyanat) dürfen nicht anwesend sein! Oxalat kann zuvor als Calciumoxalat abgetrennt werden. Chlorid oder Bromid stören nicht, solange bei Raumtemperatur gearbeitet wird.


Analysenbeispiele:

Die Analysen einfach zusammengesetzter und bekanntermaßen leicht rein darstellbarer Präparate (1 und 2) dienten dazu, die Validität der Analysenresultate zu überprüfen. Interessant waren die Analysen des 3. und 4. Präparates, deren Darstellung heikler ist.


1. Analyse von “Purpureokobaltchlorid“ (Pentaamminchlorokobalt(III)-chlorid, M = 250,4 g/mol)
Präparat No. 3

Es wurden 501 mg (entsprechend 2 mmol) eingesetzt und zunächst die Ammoniakbestimmung unter Vorlage von 20 ml 1 N Salzsäure durchgeführt. Die Rücktitration ergab einen Verbrauch von 9,87 ml 1N Salzsäure
Ammoniak: 9,87 mmol in der Analysensubstanz
Die Chloridbestimmung in 50,0 ml des Überstandes ergab 430,8 mg Silberchlorid, entsprechend 3,006 mmol.
Chlorid: 6,012 mmol in der Analysensubstanz
Bei der Titration von 20,0 ml der erhaltenen Kobalt-Lösung wurden bis zum Umschlag 7,95 ml 0,05 M EDTA-Lösung verbraucht.
Kobalt: 1,9875 mmol in der Analysensubstanz

Es finden sich auf 1 mmol Kobalt 3,02 mmol Chlorid und 4,95 mmol Ammoniak - gut passend zur Formel [Co(NH3)5]Cl3. Die Differenz zwischen Einwaage und Analysenresultat beträgt 0,5 %.


2. Analyse von Triammintrinitrokobalt (III) (M = 247,9 g/mol)
Präparat No. 12

Es wurden 250 mg (entsprechend 1 mmol) eingesetzt und 10,0 ml 1 N Salzsäure vorgelegt. Die Rücktitration ergab einen Verbrauch von 2,975 ml 1N Salzsäure
Ammoniak: 2,975 mmol in der Analysensubstanz
Zur Titration von Nitrit wurden 20,0 ml Ammoniumcer(IV)-nitratlösung wie oben vorgelegt und 25,0 ml des Überstands einpipettiert. Die Rücktitration ergab einen Verbrauch an 14,85 ml der Cer(IV)-Lösung entsprechend 0,7875 mmol.
Nitrit: 2,97 mmol in der Analysensubstanz
Bei der Titration von 50,0 ml der erhaltenen Kobalt-Lösung wurden bis zum Umschlag 9,9 ml 0,05 M EDTA-Lösung verbraucht, entsprechend 0,495 mmol.
Kobalt: 0,99 mmol in der Analysensubstanz

Es finden sich auf 1 mmol Kobalt 3,000 mmol Nitrit und 3,005 mmol Ammoniak – genau entsprechend der Formel [Co(NH3)3(NO2)3]. Die Substanz enthält kein Kristallwasser. Die Differenz von 1 % zwischen Einwaage und berechneter Molmasse kann nur auf Restfeuchte oder Verlusten bei der Analyse beruhen.


3. Analyse von cis/cis/trans-Diammindiaquodichlorokobalt(III)-hydrogensulfat (M = 295,9 g/mol)
Präparat No. 18

464 mg wurden zur Analyse eingesetzt. Zur Ammoniakbestimmung wurden 10,0 ml 1 N Salzsäure vorgelegt. Die Rücktitration ergab einen Verbrauch von 3,1 ml Salzsäure.
Ammoniak: 3,1 mmol in der Analysensubstanz
Die Chloridbestimmung in 25,0 ml des Überstandes ergab 110,5 mg Silberchlorid, entsprechend 0,771 mmol.
Chlorid: 3,084 mmol in der Analysensubstanz
Die Sulfatbestimmung in 50,0 ml des Überstandes ergab 178,7 mg Bariumsulfat, entsprechend 0,766 mmol.
Sulfat: 1,531 mmol in der Analysensubstanz
Bei der Titration von 50,0 ml der erhaltenen Kobalt-Lösung wurden bis zum Umschlag 15,0 ml 0,05 M EDTA-Lösung verbraucht.
Kobalt: 1,5 mmol in der Analysensubstanz

Es finden sich auf 1 mmol Kobalt: 2,05 mmol Chlorid, 2,07 mmol Ammoniak und 1,02 mmol (Hydrogen)Sulfat – passend zur Formel [Co(NH3)3Cl2 (H2O)2]HSO4. Das Präparat ist offensichtlich mit einer geringen Menge Ammoniumchlorid/sulfat (rund 2 mol-%) verunreinigt, was auch die Differenz des bestimmten Kobalts (1,5 mmol wären 444 mg Substanz) zur Einwaage erklären würde.
Das komplex gebundene Wasser ist auf einfachem Wege nicht bestimmbar.


4. Analyse von Ammonium-diamminoxalatodinitrokobaltat (M = 288,9 g/mol)
Präparat No. 32

289,7 mg der Substanz wurden zur Analyse verwendet. Zur Ammoniakbestimmung wurden 30,0 ml 0,1 N Salzsäure vorgelegt. Die Rücktitration ergab einen Verbrauch von 27,05 ml 0,1 Salzsäure.
Ammoniak: 2,705 mmol in der Analysensubstanz
Zur Bestimmung des Oxalates wurden 75,0 ml des Überstandes mit Calciumchloridlösung gefällt und das Filtrat und das Waschwasser zur Nitritbestimmung asserviert. Erhalten wurden 102,9 mg Calciumoxalat-Monohydrat, entsprechend 0,704 mmol Oxalat.
Oxalat: 0,939 mmol in der Analysensubstanz
Zur Titration von Nitrit wurden 20,0 ml Ammoniumcer(IV)-nitratlösung wie oben vorgelegt und 25,0 ml des Filtrates der Oxalatfällung (nach Auffüllen auf 100,0 ml) einpipettiert. Die Rücktitration ergab einen Verbrauch an 7,0 ml der Cer(IV)-Lösung entsprechend 0,35 mmol.
Nitrit: 1,86 mmol in der Analysensubstanz
Bei der Titration von 50,0 ml der erhaltenen Kobalt-Lösung wurden bis zum Umschlag 9,2 ml 0,05 M EDTA-Lösung verbraucht.
Kobalt: 0,92 mmol in der Analysensubstanz

Es finden sich auf 1 mmol Kobalt: 2,02 mmol Nitrit, 2,95 mmol Ammoniak und 1,02 mmol Oxalat – passend zur Formel NH4[Co(NH3)2(NO2)2C2O4].
Da 290 mg 0,92 mmol sind, beträgt die Molmasse des Präparates 314,9 g/mol. Das macht eine Differenz von 26 g zur Formel aus, die ziemlich genau 1,5 Mol H2 O entsprechen würden. Vermutlich enthält die Substanz Kristallwasser. Im Vakuumexsikkator verloren 1109,7 mg kaum Gewicht (auf 1108 mg).


Entsorgung:

Die Kobalt-haltigen Lösungen werden dem Schwermetallabfall zugeführt. Die Silberhalogenide werden zur Rückgewinnung von Silber aufbewahrt oder ebenfalls mit dem Schwermetallabfall entsorgt. Bariumsulfat kann mit dem Hausmüll entsorgt werden. Die austitrierten Flüssigkeiten der Nitrit- und Ammoniakbestimmung können in das Abwasser gegeben werden.


Erklärungen:

Durch Erhitzen mit Natronlauge werden die Komplexe zerstört, das Ammoniak wird freigesetzt und die vorhandenen Anionen verbleiben als Natriumsalze in der Lösung. Hier am Beispiel des “Purpureokobaltchlorids“

2 [Co(NH3)5]Cl3 + 6 NaOH ---> 10 NH3 + 6 NaCl + 3 H2O + Co2O3

Indem die Komplexe das Kobalt in der Oxidationsstufe +III enthalten, sollte Kobalt(III)-oxid gebildet werden. Tatsächlich tritt jedoch eine teilweise Reduktion (unter Freisetzung von Sauerstoff) ein, so dass der Niederschlag sowohl Kobalt(II) als auch Kobalt(III) enthält. Beim Lösen desselben in Säure geht das Kobalt vollständig in die Oxidationsstufe +II über. Dabei wird ein Teil der vorhandenen Chlorid (oder Bromid)-Ionen zu freiem Chlor (oder Brom) oxidiert. Durch Zugabe eines Reduktionsmittels (Hydrazin) lässt sich das verhindern:

Co2O3 + N2H4 + 4 HCl ---> 2 CoCl2 + N2 + 4 H2O

Die hier angewandten Titrationsmethoden sind ausführlich in folgenden Artikeln erläutert:
Ammoniakbestimmung
Nitritbestimmung
Kobaltbestimmung
Bei der Titration von Kobalt ist besonders darauf zu achten, dass zur Neutralisierung der relativ stark sauren Analysenlösung kein Überschuss an Ammoniak eingesetzt wird. Geschieht dies, so bilden sich rasch wieder die sehr stabilen Kobalt(III)-Amminkomplexe und es werden bei der komplexometrischen Titration zu niedrige Werte erhalten (wie es mir anfänglich ein paar Mal passiert ist, als ich zur Neutralisation 25%iges Ammoniak verwendet hatte).

Einzelheiten zu den Fällungsanalysen siehe unter Gravimetrische Analyse von Anionen.

Diese einfachen Analysenmethoden haben zwar ihre Grenzen, geben aber wie man sieht brauchbare Ergebnisse. Insbesondere lassen sich die molaren Verhältniszahlen (Kobalt : Ammoniak : Anionen) gut reproduzieren. Etwas unbefriedigend sind die Fehler zur Gesamtmenge von 0,5-1%, die vermutlich auf Restfeuchte beruhen, obwohl die Präparate im Exsikkator getrocknet waren.


Bilder:

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Die untersuchten Präparate

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Arbeitstisch mit Apparatur zur Destillation von Ammoniak und Rücktitration

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Absetzenlassen des gebildeten Kobaltoxids

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Nach Abpipettieren des Überstandes, Lösen mit Salzsäure und Auffüllen auf 100 ml

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Titration von Kobalt
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Glaskocher
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Beitrag von Glaskocher »

Hallo Lemmi,

das ist wieder ein toller Übersichtsartikel zum Thema "Kobaltkomplexe". Ich vermisse allerdings den Verweis auf die beiden bisher erschienenen Artikel zum Thema. Aber die Links lassen sich bestimmt noch im Vorwort oder Nachwort nachreichen. Ich vermute, daß dieser, und die erwähnten Artikel zu den Einzelmethoden, eine Art "Vorankündigung" zum Finale der "Kobalt-Trilogie" sein könnten.

Diese klassischen Methoden der Elementaranalyse und weiterer nasschemischer Bestimmungen sind immerhin das Fundament für die moderne "Apparateanalytik". Wenn die Vorschriften korrekt durchgeführt werden, dann liefern sie immer noch bestechend genaue Ergebnisse.
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Uranylacetat
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Beitrag von Uranylacetat »

Hallo lemmi,

Du legst Dich ja wieder mächtig ins Zeug! :wink: Finde ich sehr interessant, die selbst hergestellten Kobalt-Komplexe analog zu bestimmen....
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Danke für die Anerkennung. Ich bin da bei den Kobaltkomplexen über was gestolpert, wofür ich eine brauchbare Analysenmethodik erarbeiten musste. Das ist quasi ein Nebenprodukt der Arbeit an dem dritten Teil der Werner-Trilogie, den abzuschließen ich bisher leider nicht genug Zeit (sprich Chronol... :wink: ) hatte. Aber aktuell befinde ich mich wie gesagt auf einem Nebengleis, das sehr interessant ist ... dazu demnächst mehr!
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mgritsch
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Re: Analyse von Kobalt-Komplexsalzen

Beitrag von mgritsch »

lemmi hat geschrieben:Es finden sich auf 1 mmol Kobalt 3,02 mmol Chlorid und 4,95 mmol Ammoniak
Es finden sich auf 1 mmol Kobalt 3,000 mmol Nitrit und 3,005 mmol Ammoniak
Es finden sich auf 1 mmol Kobalt: 2,05 mmol Chlorid, 2,07 mmol Ammoniak und 1,02 mmol (Hydrogen)Sulfat
Es finden sich auf 1 mmol Kobalt: 2,02 mmol Nitrit, 2,95 mmol Ammoniak und 1,02 mmol Oxalat
Etwas unbefriedigend sind die Fehler zur Gesamtmenge von 0,5-1%, die vermutlich auf Restfeuchte beruhen, obwohl die Präparate im Exsikkator getrocknet waren.
also erstens finde ich dass eine Bestimmung die mit bis zu 1% Fehler auskommt (wenn es nicht gerade um einen Urtiter geht) absolut akzeptabel und nicht unbefriedigend ist :) Wenn dir furchtbar langweilig ist kannst du ja Mehrfachbestimmungen ansetzen oder alternative Methoden gegeneinander testen (zb Chlorid nach Fajans?).
Zweitens - wenn ich mir die Einzelbestimmungen und deren relativen Fehler ansehe so kann das innerhalb der Summenermittlung schon den Ausschlag für deine Wiederfindungsrate geben, Restfeuchte muss da gar nicht. Plus allfällige andere Verunreinigungen (einmal hast du ja Ammoniumchlorid/sulfat Verdacht geäußert). Generell ist Stöchiometrie hoch überbewertet, in der Praxis gibt es da öfters gewisse kleinere Abweichungen.
Bei der Titration von Kobalt ist besonders darauf zu achten, dass zur Neutralisierung der relativ stark sauren Analysenlösung kein Überschuss an Ammoniak eingesetzt wird. Geschieht dies, so bilden sich rasch wieder die sehr stabilen Kobalt(III)-Amminkomplexe und es werden bei der komplexometrischen Titration zu niedrige Werte erhalten (wie es mir anfänglich ein paar mal passiert ist, als ich zur Neutralisation 25%iges Ammoniak verwendet hatte).
hmmm... also Pribil schlägt als eine der direkten Methoden vor in ammoniakalischer Lösung mit Zn oder Mg (Erio-T Indikator) einen EDTA Überschuss zurückzutitrieren. Hinzu kommt, dass Co+3 mit ca 36 eine der höchsten Komplexbildungskonstanten mit EDTA hat, würde mich also sehr wundern wenn das mit NH3 merklich konkurrenziert. Am ehesten hast du ein Problem dadurch, dass der Co(III)-EDTA-Komplex selbst stark rot gefärbt ist, evtl täuscht das einen Umschlag vor? Murexid ist leider ein eher suboptimaler Indikator mit recht schleifendem Umschlag und hoher sensibilität ggü pH; optimaler wäre Pyrocatechol Violett. Tendenziell etwas zu niedrige gefundene Menge Co passt da dazu.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Hmmm, ich habe im Poethke gefunden, daß die Komplexbildungskonstante des Kobalt(III)-hexamminkomplexes 35,1, die des Kobalt(II)-EDTA-Komplexes aber nur 16,3 beträgt. Der Hexamminkomplex wäre also viel, viel stabiler als der EDTA-Komplex. Im Büchlein "Mit Meßkolben und Bürette" von Waselowsky steht das selbe. Woher hast du deine Angabe der Konstante von 36 für den EDTA-Komplex?

EDIT: habe gerade gesehen, daß deine Konstante für Kobalt (III) angegeben ist. Das wäre dann nur eine Zehnerpotenz mehr als mit Ammoniak - immer noch ein Spielraum für relevante Fehler

Mit dem nicht besonders scharfen Umschlag von Murexid gebe ich dir recht, habe aber herausbekommen, daß es mit der Zeit immer besser geht. Ich habe alle Kobalttitrationen zweimal gemacht (mit einsatz von einmal 25,0 und einmal 50,0 ml der Analysenlösung) und die letzten Male unter sparsamer Verwendung von Ammoniak stets identische Ergebnisse erhalten.

Man könnte die Methode vielleicht auch noch etwas optimieren, indem man weniger Kobalt (sagen wir mal 0,25 mmol) einsetzt und mit 0,02 M EDTA-Lösung titriert, Dann dürfte die Farbe des Kobalt-EDTA-Komplexes gegenüber dem Murexid weniger ins Gewicht fallen (dafür wird vielleicht dier Verbrauch an Maßlösung bis zum eindeutigen Umschlag unschärfer?).
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

lemmi hat geschrieben:Hmmm, ich habe im Poethke gefunden, daß die Komplexbildungskonstante des Kobalt(III)-hexamminkomplexes 35,1, die des Kobalt(II)-EDTA-Komplexes aber nur 16,3 beträgt. Der Hexamminkomplex wäre also viel, viel stabiler als der EDTA-Komplex. Im Büchlein "Mit Meßkolben und Bürette" von Waselowsky steht das selbe. Woher hast du deine Angabe der Konstante von 36 für den EDTA-Komplex?

EDIT: habe gerade gesehen, daß deine Konstante für Kobalt (III) angegeben ist. Das wäre dann nur eine Zehnerpotenz mehr als mit Ammoniak - immer noch ein Spielraum für relevante Fehler
Dein Poethke in allen Ehren, aber meine Lieblingsquelle in allen Fragen der Komplexometrie ist die "Bibel" der Komplexometrie von ihrem Erfinder (gleich nach Schwarzenbach) R. Pribil: "Applied Complexometry". Da drin sind alle theoretischen Grundlagen und auch praktischen Anwendungen für alles was man mit EDTA erfassen kann sehr gut und kompakt beschrieben, inkl. Indikatoren und Reaktionsbedingungen.

Vorsicht!
a) Co(III) und Co(II) nicht durcheinanderbringen! (was wäre die Bildungskonstante des entsprechenden Co(II)-Aminkomplexes?) Ggfs kann es durch H2O2 im alkalischen quantiattiv zu Co(III) oxideirt werden.
b) du kannst nicht die Zahlenwerte der Konstanten des 1:1 EDTA Komplexes CoY mit der des Hexaminkomplexes direkt nebeneinanderlegen! Mal dir mal das MWG dazu auf und du wirst sehen, dass die NH3-Konzentration beim Hexaminkomplex mit der 6. Potenz eingeht! Damit "relativiert" sich die Komplexstärke massivst und du musst eine 6 Zehnerpotenzen höhere NH3-Konzentration einsetzen (als EDTA) um die gleiche Gleichgewichtskonzentration zu erreichen - der Komplex ist also mitnichten gleich oder stärker und kein Spielraum für Fehler!

Mit dem nicht besonders scharfen Umschlag von Murexid gebe ich dir recht, habe aber herausbekommen, daß es mit der Zeit immer besser geht. Ich habe alle Kobalttitrationen zweimal gemacht (mit einsatz von einmal 25,0 und einmal 50,0 ml der Analysenlösung) und die letzten Male unter sparsamer Verwendung von Ammoniak stets identische Ergebnisse erhalten.
ich frage mal ketzerisch ob reproduzierbarer auch das selbe wie richtiger ist? ;)
Man könnte die Methode vielleicht auch noch etwas optimieren, indem man weniger Kobalt (sagen wir mal 0,25 mmol) einsetzt und mit 0,02 M EDTA-Lösung titriert, Dann dürfte die Farbe des Kobalt-EDTA-Komplexes gegenüber dem Murexid weniger ins Gewicht fallen (dafür wird vielleicht dier Verbrauch an Maßlösung bis zum eindeutigen Umschlag unschärfer?).
mhhh, grundsätzlich richtiger Denkansatz, aber ganz so leicht kommt man leider nicht aus.
a) die "Endkonzentration" nach dem Äquivalenzpunkt ist weitgehend vom EDTA bestimmt, die Metallkonzentration davor von der Ausgangskonzentration. Je verdünnter, desto geringer der log(c)-Sprung und somit desto schleifender.
b) auf der anderen Seite muss in der Bildungskonstante des Indikators auch genug Metall zur Verfügung stehen um den M-Ind Komplex bilden zu können. Je verdünnter das Metall (bzw je mehr Indikator), desto mehr ungebundener Inikator liegt vor und der Umschlag wird schleifender.

Falls wir uns mal treffen zeige ich dir dazu ein nettes xls das ich gebastelt habe in dem man mit Metall/EDTA/Indikator-Konzentration spielen kann und ganz gut sieht wie sich die Titrationskurven verändern :)
Unterm Strich: die EDTA-Konzentration bestimmt (abgesehen von Ablesenfehlern) vor allem wie scharf der Übergang vorm ÄP ist; Die Analytkonzentration zusammen mit der Konditionalkonstanten wie groß der Sprung ist; die Indikatorkonzentration muss in den Sprung hineinpassen.

Bei solchen Fällen gibt es irgendwo einen optimalen Arbeitsbereich. Pribil schreibt dazu nur "the intense colour limits the determination to a few mg of cobalt".
Als Rezept empfieht er (nach Kinnunen et al) Rücktitration eines EDTA Überschusses mit Th bei pH 3 gegen Xylenolorange; Alternativ dazu (nach eigener Vorschrift) eine Rücktitration mit Ca-Lösung in der Calcein gelöst ist im alkalischen - damit sind bis zu 10 mg in 100-150 ml bestimmbar. (hier wird durch den EDTA Überschuss solange der Ca-Calcein-Komplex zerstört bis der Fluoreszenz-Indikator Calcein, auch Fluorexon genannt, wieder durch Fluoreszenz freies Ca anzeigt; pH muss dazu >12 sein; KOH statt NaOH verwenden da Na eine geringe rest-Fluoreszenz verursacht. Durch Gebrauch eines Fluoreszenzindikators umschifft er somit das Farb-Problem.)
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

mgritsch hat geschrieben:Damit "relativiert" sich die Komplexstärke massivst und du musst eine 6 Zehnerpotenzen höhere NH3-Konzentration einsetzen (als EDTA) um die gleiche Gleichgewichtskonzentration zu erreichen
ähm, das möchte ich nochmal relativieren bzw ergänzen :)

Um es einfacher zu machen am besten anhand eines konkreten Beispiels. Für Co habe ich keine einzelnen Zahlenwerte, aber anhand von Zn habe ich das schon früher mal durchexerziert.

Die Bildungskonstanten der 4 einzelnen Komplexstufen sind: 1,51E+02 / 2,69E+04 / 5,50E+06 / 5,01E+08;

Wenn man das nun für jede einzelne Spezies ausrechnet und als Hägg-Diagamm aufzeichnet ergeben sich daraus folgende Gleichgewichtskonzentrationen (x-Achse = pNH3):
Bild
Im wesentlchen sieht man, dass ab einer NH3-Konzentration von >10^-3 das Zn stark abzunehmen beginnt und dass ab 10^-2 die Hälfte als Tetramminkomplex vorliegt.

Im Vergleich dazu ergäbe sich für einen Komplex Zn+X -> ZnX mit einer Bildungskonstante von 5,01E+08 folgende Darstellung:
Bild

wenig überraschend erfordert es hier lediglich eine Gleichgewichtskonzentration von X > 10^-9 um das Zn in den Keller zu schicken.

Im Fall von NH3 und EDTA wird es leider nochmal etwas komplizierter da es nicht nur um die beiden überlagernden Gleichgewichte zwischen Metall und Ligand geht. Beide haben Säure/Basen-Eigenschaften und bei ersterem ist nur die undissoziierte Form NH3 und bei zweiterem nur die vollkommen deprotonierte Form EDTA4- als Ligand wirksam. Das heißt man darf jetzt noch diese pH-abhängigen Protolysegleichgewichte mit einrechnen und erhält damit eine pH-abhängige "Konstante", die Konditionalkonstante. Was auch immer daran "konstant" sein soll.

Es ist also unterm Strich gesagt alle andere als leicht (und am allerwenigsten nur aufgrund einer Zahl entscheidbar) wie die Verhältnisse bzgl. Selektivität der Titration sind.


Btw - in meinem Fundus (ich bin ein alter Sammler, frag mich abere nicht was die Originalquelle war...) habe ich für Co(II) und (III) auch folgende Werte gefunden:
Complex Ion K
[Co(EDTA)]2– 2,00E+16
[Co(NH3)6]2+ 1,30E+05
[Co(EDTA)] 1,00E+36
[Co(NH3)6]3+ 4,50E+33

abgesehen mal vom oben gesagten ist die Bildungskonstante des EDTA Komplexes immer um >2 Größenordnungen über der des Amminkomplexes.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

mgritsch hat geschrieben: a) die "Endkonzentration" nach dem Äquivalenzpunkt ist weitgehend vom EDTA bestimmt, die Metallkonzentration davor von der Ausgangskonzentration. Je verdünnter, desto geringer der log(c)-Sprung und somit desto schleifender.
b) auf der anderen Seite muss in der Bildungskonstante des Indikators auch genug Metall zur Verfügung stehen um den M-Ind Komplex bilden zu können. Je verdünnter das Metall (bzw je mehr Indikator), desto mehr ungebundener Inikator liegt vor und der Umschlag wird schleifender.
Mit beiden Überlegungen d'accord! Dennoch wird ja auch mit 0,02 und 0,01 M EDTA titriert und die Umschläge sind scharf, z.B. bei der Bestimmung der Wasserhärte (wo die in Frage kommenden Kationen und deren Komplexe allerdings farblos sind).
Da ich den Fluoreszenzindikator so wenig zur Verfügung habe wie das Pyrocatecholviolett, könnte ich allenfalls die Rücktitration mit Zinksulfat gegen Erio T anwenden. Muß man dabei irgendwelche Details beachten? (pH der Ausgangslösung, Überschuss zuerst zugeben oder nach dem Alkalisieren? Alkalisieren womit ? Ammoniakpufferlösung pH 10?)
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Beitrag von mgritsch »

lemmi hat geschrieben:Da ich den Fluoreszenzindikator so wenig zur Verfügung habe wie das Pyrocatecholviolett,
letzteres könnte ich zur Verfügung stellen wenn gewünscht...
könnte ich allenfalls die Rücktitration mit Zinksulfat gegen Erio T anwenden. Muß man dabei irgendwelche Details beachten? (pH der Ausgangslösung, Überschuss zuerst zugeben oder nach dem Alkalisieren? Alkalisieren womit ? Ammoniakpufferlösung pH 10?)
Pribil gibt keine spezielleren Anweisungen, nur wie üblich in ammoniakalischer Lösung - also wohl pH 10. Das ist ja schon alleine wegen des passenden pH-bereichs für Erio-T erforderlich. In "Dean's Analytical Chemistry Handbook" wird auch genau das beschrieben - nach EDTA Zugabe pH 9-10, mit Zn Rücktritr. Sparsamer Umgang (Konzentration) mit NH3 hilft sicher bezüglich Konkurrenzreaktion hintanhalten. Alternativ dazu kann man auch mit Ca bei höherem pH rücktitrieren und so das NH3 vermeiden (Indikator Thymolphthalexon; es geht wohl vermutlich auch Calconcarbonsäure...)
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Beitrag von lemmi »

Danke. Ich werd's mal probieren und hier berichten!
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Beitrag von lemmi »

Heute habe ich wieder Kobaltbestimmungen gemacht und die Rücktitration ausprobiert. Ist ja eine bestechend einfache Methode. Leider hat sie nicht funktioniert!

25 ml einer salzsauren Lösung, die bei der Titration mit Murexid 8,8 ml 0,05 M EDTA verbraucht hatten, wurden mit 20 ml 0,05 M EDTA gemischt, auf 100 ml verdünnt und 4 ml Ammoniakpuffer ph 10 zugegeben. Die Flüssigkeit war danach ziemlich kräftig rotviolett gefärbt. Nach Zugabe von Erio T-Mischindikator trat eine grünbraune Mischfarbe auf, so daß ich dachte, den Umschlag erkennen zu können. Aber schon bald verblasste die grüne Komponente und die Lösung wurde irgendwie undefinierbar rot -an die Erkennung des Endpunktes bei der Rücktitration war da nicht zu denken.

Dann habe ich den Versuch wiederholt, aber nur so viel Ammoniaklösung zugegeben, als zur Neutralisierung der vorhandenen Salzsäure erforderlich war (das wusste ich von der vorigen Titration mit Murexid) und keinen zusätzlichen Puffer, da die Lösung jetzt eh Ammoniumchlorid enthielt. Die Flüssigekeit war nur gelborange gefärbt und wurde nach Zugabe von Erio T deutlich grün. Also titrierte ich zurück, aber erst bei ca 14-14,5 ml Verbrauch an Zinksulfatlösung (erwartet: 11,2 ml) trat eine Rotfärbung ein, die beim Rühren rasch wieder zurück nach Grün umschlug. Dies wiederholte sich über mehrere Tropfen, so dass ich einen Milliliter Ammoniakpufferlösung zugab. Sofort schlug der Indikator dauerhaft nach Rot um.

Fazit:Das Problem scheint der passende pH-Bereich sowie mögliche Störwirkungen des Ammoniaks zu sein. Ich wüsste jetzt nicht, wie ich die richtige Zugabe bemessen sollte. Beim Murexid ist das relativ einfach, weil der Indikator einem anzeigt, wie viel Ammoniak man zuzugeben hat (nämlich bis die Lösung gelb gefärbt ist).
Vermutlich hat Poethke nicht ohne Grund die Titration von Kobalt mit Murexid angegeben und nicht die Rücktitration (die er bei Blei und Quecksilber ausführlich darstellt). Ich kann mir keinen Grund vorstellen, warum er sie nicht hätte erwähnen sollen, wenn es einfach und genauer als mit Murexid wäre.

Auch den Einfluss von Ammoniak habe ich nochmals ausprobiert und 25 ml der Kobaltlösung nach dem Umschlag des Murexids nach Gelb mit 1 ml halbkonzentrierter Ammoniaklösung im Überschuss versetzt. Diesmal wurden bis zum Farbumschlag des indikators 8,2 ml EDTA-lösung verbraucht.

Fazit: theoretische Erörterungen hin oder her :wink: - ein Ammoniaküberschuss führt bei der Bestimmung von Kobalt mit EDTA zu falsch niedrigen Werten!
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Beitrag von mgritsch »

Na ich werde mir das auch mal zu Gemüte führen und Indikatoren/Bedingungen vergleichen :)
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

Ich habe dazu mal ein paar Vorversuche ausgeführt - Details folgen sobald das Ding abgeschlossen ist.
Was ich aber schon sagen kann:

- Erio-T/Rücktitration ist tatsächlich vollkommen untauglich. Meiner Arbeitshypothese nach aber nicht wegen Konkurrenzreaktion Aminkomplex (die sind wirklich weit genug auseinander) sondern weil a) die Bildungskonstante des Zn-EDTA-Komplexes praktisch identisch mit der von Co(II) ist. Du verdrängst also einfach nur langsam einen Teil des Co wieder aus dem EDTA-Komplex. Hinzu kommt b) dass vermutlich auch die Bildungskonstante des Co-ErioT-Komplexes zu hoch sein dürfte (versetzt man eine Co Lösung zuerst mit überschuss EDTA, dann NH3-Puffer und dann ErioT, dann beginnt sie sich langsam selbst umzufärben und wird hässlich grau-violett... der Indikator wird blockiert). Funktionieren kann das vielleicht mit Co(III) weil das viel stabiler ist - müsste man also nur vorher oxidieren, was aber wiederum farblich sehr nachteilig wäre... Meine bisher unbefleckte Bibel hat gerade einen Makel bekommen - wie kann dort so etwas stehen!

- Hilfreich ist definitiv die Kontrolle der Oxidation (Zugabe von Ascorbinsäure), denn die Co(II) Komplexe sind farblich bei weitem nicht so dominant und störend wie bei Co(III)!

- Pyrocatecholviolett geht sehr gut (Umschlag von Petrolgrünblau nach Violett); Eriochromcyanin R könnte auch ein sehr heißer Kandidat sein (der in der Literatur nicht genannt wird) - gibt einen super scharfen Umschlag von Dunkel-Magenta nach gelb! Ich habe da ja zum Glück über die Jahre eine gute Sammlung an Indikatoren aufgebaut...

- beim Murexid gibt es eine hohe Empfindlichkeit auf NH3, das ist die wichtigste Achillesferse des sonst eh nicht so üblen Indikators. Ich vermute dass der Co-Murexid Komplex eine ähnliche oder niedrigere Bildungskonstante hat wie der des Amminkomplexes und das macht den Umschlag dann auch so schleifend. Das passt auch genau zu deiner Diagnose "zu viel NH3 = zu niedriger Wert", es ist bloß eine leicht andere Ursache :) Warten wir noch den Praxistest gegenüber einer Co-Lösung bekannten Gehalts ab wie das dann im Vergleich abschneidet.
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Beitrag von lemmi »

mgritsch hat geschrieben:... dass vermutlich auch die Bildungskonstante des Co-ErioT-Komplexes zu hoch sein dürfte (versetzt man eine Co Lösung zuerst mit überschuss EDTA, dann NH3-Puffer und dann ErioT, dann beginnt sie sich langsam selbst umzufärben und wird hässlich grau-violett... der Indikator wird blockiert).
...
- Hilfreich ist definitiv die Kontrolle der Oxidation (Zugabe von Ascorbinsäure), denn die Co(II) Komplexe sind farblich bei weitem nicht so dominant und störend wie bei Co(III)!

- Pyrocatecholviolett geht sehr gut (Umschlag von Petrolgrünblau nach Violett); Eriochromcyanin R könnte auch ein sehr heißer Kandidat sein (der in der Literatur nicht genannt wird) - gibt einen super scharfen Umschlag von Dunkel-Magenta nach gelb!
...
Dein Befund stimmt mit meinem überein. Die spontane langsame Rotfärbung des Indikators habe ich auch als zu starke Bindung des Kobalts an das Erio T interpretiert. (Na ist "mein Poethke" jetzt rehabilitiert? :mrgreen: )
Das mit dem Ascorbinsäureztusatz ist eine gute Idee, muss ich mal probieren! Hast du das gemacht? Welche Menge hast du angewandt?
Eriochromcyanin habe ich da, das könnte ich auch probieren. In welchem Medium hast du gearbeitet (pH?)?
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