Analyse von Kobalt-Komplexsalzen

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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

So, ich habe die Tests jetzt durch. Als pH bietet sich nur alles zwischen 6 und 10 an (unter 6 reicht die Konditionalkonstante von Co(II)-EDTA nicht; alkalisch erfordert wegen sonstiger Ausfällung Hydroxid immer Ammoniakalisch.. mag sein dass wie bei Cu auch Weinsäure odgl hilft, dann könnte man im pH noch höher gehen)

- Eriochromcyanin (mit Schwarzenbach-Puffer) taugt leider doch nicht. Was im Reagenzglas beim schnellen Check vielversprechend aussah, war am Ende in der praktischen Anwendung eine zähe Sache mit allen Orange-Tönen dazwischen. Schade. Ist sonst neben Chromazurol S und Xylenolorange einer meiner Lieblingsindikatoren wegen des super schönen scharfen Farbkontrasts im Umschlag. Da gibts keine Zweifel a la "ist das jetzt schon lila oder doch eher blau.."

- Pyrocatecholviolett (mit Schwarzenbach-Puffer): geht. Blau zu Violett ist halt nicht ganz super knackig, meine Begeisterung außerhalb des Reagenzglases hält sich in Grenzen. Zugabe (einer größeren Spatelspitze) Ascorbinsäure ist hier schon allein wegen des Indikators notwendig weil der im alkalischen generell oxidiert. Meine nominelle 0,01M CoSO4-Lösung hatte bei vorgelegten 15 ml einen Verbrauch von 14,55 ml 0,01 M EDTA.

- Xylenolorange (mit Urotropin gepuffert): muss man warm titrieren und die letzten Tropfen sehr langsam zugeben (vermutlich ist der Indikatorkomplex irgendwie gehemmt?). Kommt nicht ganz so schön wie sonst bei Pb oder Zn da die Endfarbe wegen des Co kein Zitronengelb sondern nur so ein Apricot ist, kann man aber durchaus brauchen. Meine nominelle 0,01M CoSO4-Lösung hatte bei vorgelegten 15 ml einen Verbrauch von 14,60 ml 0,01 M EDTA. Leidet jedenfalls sicher nicht unter Konkurrenzreaktion durch NH3 :)

- Vergleich mit der Murexidmethode: deine Methode/Ablauf kann ich 100% nachvollziehen. Reproduzierbarkeit (habe jede Bestimmung 2x gemacht) ist sehr gut. Meine nominelle 0,01M CoSO4-Lösung hatte bei vorgelegten 15 ml einen Verbrauch von 14,70 ml 0,01 M EDTA.

- Die Probleme mit Erio T kann man ganz leicht ausschalten indem man stattdessen Eriochromblauschwarz B verwendet - der blockiert nicht und gibt einen sehr klaren schönen Umschlag von reinblau nach weinrot, ungestört vom leichten Farbstich des rosa Co-EDTA Komplexes! Ich hab mich immer gefragt wozu ich das Zeug überhaupt brauche weil für die direkte Ca oder Mg Bestimmung zB ist kein Unterschied zum Erio T erkennbar, aber das wäre eine echte Anwendungsnische! Quantitativ kann ich leider mit keinem Vergleich dienen da ich keine passende Zn-Maßlösung für die Rücktitration bereit habe und das alles vorbereiten und stellen - dafür fehlte mir jetzt gerade die Zeit und Motivation. Vielleicht ein anderes mal. :)

Fazit: Mag sein dass Murexid nicht perfekt ist, aber praktisch gesehen sicher das unkomplizierteste und es gibt keinen Grund an den Werten wesentlich (>1%) zu zweifeln. Was der wahre Wert ist wissen ohnehin immer nur die Götter :mrgreen:
Dein Poethke war nie in Zweifel - super für die Praxis! Pribils "Applied Complexometry" sind halt >400 Seiten Komplexometrie breit und tief. Wenn man dann noch sein zweites Werk "Analytical Applications of EDTA and Related Compounds" nimmt hat man nochmal 350 Seiten Horizonterweiterung des Themas auf andere Anwendungsgebiete. Ich finde das Gebiet generell sehr faszinierend - in der Anwendung wahnsinnig vielseitig, einfach (wenn man weiß wie!) und billig, dazu noch ästhetisch wertvoll :) Wenn man dann die ganze Theorie dahinter mal nachvollzieht grenzt es eigentlich an ein Wunder dass das alles funktioniert - so viele Bildungskonstanten müssen da gleichzeitig in einem recht engen Korridor zusammenpassen und einen Farbumschlag sollte es auch noch geben wenn's leicht geht... :yeah:
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Danke für deine Untersuchungen ! - also mal Eriochromblauschwarz probieren (Habe ich leider nicht). Das Eriochromcyanin habe ich noch nie als Komplexindikator verwendet. Für was wird es denn eingesetzt?
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

Erichromblauschwarz: Vorlage 15 ml der (nominell) 0,01M CoSO4-Lösung + 25ml 0,01M EDTA + 2 ml Schwarzenbach-Puffer + Indikatorverreibung, Rücktitration mit 0,01M ZnCl2
Das sieht dann so aus - einmal direkt der Umschlag:
Bild

Einmal Indikator mit ein wenig Methylorange "gescreent":
Bild

Während bei einer reinen Zn-Titration deer Umschlag dann schön rot/grün ist, dürfte das Rosa des Co den Grünton etwas stören, daher ein schmutziges graugrün als Startfarbe :)

Ergebnis:
für 15 ml der (nominell) 0,01M CoSO4-Lösung ergibt sich rückgerechnet ein Verbrauch von 14,75 ml EDTA. Alle Verfahren sind also sehr nahe beisammen mit den Ergebnissen, Pyrocatecholviolett am niedrigsten (was aber würd ich sagen nicht unbedingt am NH3 liegt, denn das hätte sonst auch bei der Rücktitration zugeschlagen, ich deke eher dass der Umschlag am schlechtesten eindeutig erkennbar ist).


Eriochromcyanin R - dazu am besten ein Auszug aus einem weiteren Lieblingsbuch - Edmund Bishop, "Indicators" (Pergamon Press, 1972):
Bild
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Die oberen beiden Bilder sind doch klasse, vor allem wenn da schon Kobalt-Lösung drin ist! Da braucht man das Methylorange doch gar nicht. Ist der Umschlag blau-purpur denn scharf?
Meinst du mit "Schwarzenbach-Puffer" den Ammoniak/Ammoniumchlorid-Puffer pH10, den man auch bei der Bestimmung der Wasserhärte nimmt?
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

lemmi hat geschrieben:Die oberen beiden Bilder sind doch klasse, vor allem wenn da schon Kobalt-Lösung drin ist! Da braucht man das Methylorange doch gar nicht. Ist der Umschlag blau-purpur denn scharf?
Ja klar, das ist mit Kobalt, vor und nach Umschlag. So "scharf" wie üblich wenn man so etwas mit einer 0,01 M Maßlösung macht. Also man sieht schon gegen Ende dass sich die Farbe über ca 3-5 Tropfen hinweg verändert und nicht schlagartig, aber was dann "reinblau" ist, kann man recht gut erkennen. Bei einem Blau-Lila-Übergang ist das Risiko halt höher dass das Auge sich mit adaptiert und man es dann doch nicht gut erkennt. Ein Rot-Grün Wechsel ist da viel eindeutiger, deshalb bevorzuge ich normalerweise das Screening.
Meinst du mit "Schwarzenbach-Puffer" den Ammoniak/Ammoniumchlorid-Puffer pH10, den man auch bei der Bestimmung der Wasserhärte nimmt?
jupp, eine 1 M Lösung, durch die ca. 1:10-1:20 Verdünnung in der Anwendung hat man dann komfortable 0,05 - 0,1 M Puffer effektiv vorliegen.
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

Nachtrag zu Bishop, Indicators: Dazu plane ich auch noch eine größere Sache, der hat mich sehr auf den Geschmack gebracht bzgl. Chlorid-Bestimmung nach Fajans. Wenn man es nicht nur mit dem etwas langweiligen Fluorescein macht, dann kann das einiges - man glaubt gar nicht wie viele Substanzen hervorragend als Adsorptionsindikator geeignet sind :) Aber das ist eine andere Geschichte und wird mal ein eigener Artikel...
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Nun habe ich auch mal die kobalt-Titration mit Pyrocatecholviolett ausprobiert. Vorgehen:

- salzsaure Kobaltlösung mit Wasser zu 100 ml verdünnt (Salzsäuremenge entspricht etwa 1 ml 7 N HCl)
- 2 Tropfen Methylorange zugegeben --> wird rot
- Ammoniak 10% zugetropft bis zum Farbumschlag nach Gelb
- 1 Spatelspitze Indikatorverreibung 1:100 (mit NaCl) zugegeben --> wird grün (ohne Methylorange blau)
- mit 0,05 M EDTA titriert, bei beginnender Verfärbung des indikators wurden nochmals 4 Tropfen stark verdünnte Ammoniaklösung (2,5 %) zugegeben, da bei der Titration Wasserstoffionen frei werden

Auf Zugabe von Ammoniakpuffer habe ich verzichtet, weil ich befürchtete, dass eine hohe Ammoniakkonzentration das Ergebnis zu niedrig ausfallen lassen würde (s.o.).

Bilder:

Bild Bild
Die Lösung mit Methylorange vor und nach Zugabe des Ammoniaks

Bild
mit Pyrocatecholviolett

Bild Bild
Umschlag des Indikators

Der Umschlag ist nicht scharf (er erstreckt sich über gefühlte 0,5 ml). Wenn man wirklich den Mut hat, zu titrieren bis sich die Farbe nicht mehr ändert (nach jedem Tropfen ablesen 8) ) dann ist das Ergebnis mit dem mit Murexid ermittelten identisch. Einen wirklichen Vorteil gegenüber Murexid sehe ich aber nicht.
Pyrocatecholviolett: gefunden 1,24 und 1,2375 mmol Cobalt
Murexid: gefunden 1,235 und 1,24 mmol Cobalt

NB: in der austitrierten Flüssigkeit fällt nach kurzem Stehen ein feinflockiger, blauer Niederschlag aus. Was kann das sein?
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

lemmi hat geschrieben:Nun habe ich auch mal die kobalt-Titration mit Pyrocatecholviolett ausprobiert. Vorgehen:

- salzsaure Kobaltlösung mit Wasser zu 100 ml verdünnt (Salzsäuremenge entspricht etwa 1 ml 7 N HCl)
- 2 Tropfen Methylorange zugegeben --> wird rot
- Ammoniak 10% zugetropft bis zum Farbumschlag nach Gelb
- 1 Spatelspitze Indikatorverreibung 1:100 (mit NaCl) zugegeben --> wird grün (ohne Methylorange blau)
- mit 0,05 M EDTA titriert, bei beginnender Verfärbung des indikators wurden nochmals 4 Tropfen stark verdünnte Ammoniaklösung (2,5 %) zugegeben, da bei der Titration Wasserstoffionen frei werden

Auf Zugabe von Ammoniakpuffer habe ich verzichtet, weil ich befürchtete, dass eine hohe Ammoniakkonzentration das Ergebnis zu niedrig ausfallen lassen würde (s.o.).
hm, im CRC Handbook steht klar: soll-pH = 9,3 mit NH3/NH4Cl... bei deiner beschriebenen Vorgehensweise vermute ich dass du gerade mal so bei pH 5-7 warst?
Das ist nicht nur wegen Komplexbildungskonstante relevant sondern auch da pKa3 = 7,82 und dort ein Umschlag von gelb nach violett stattfindet sollte man gut über pH 8 liegen, sonst kommt eine undefinierte Mischfarbe raus.
Ich hätte da nicht zu viel Angst vor den NH3-Komplexen, die Zahlenwerte der Bildungskonstanten sehen sehr groß aus, da es aber tetra- oder hexa-Komplexe sind ist das GG dann doch nicht so massiv auf der rechten Seite.
Dafür ist leider im Buch nicht dokumentiert dass du im alkalischen auch etwas Ascorbinsäure als Oxidationsschutz zugeben solltest - mit den 4 phenolischen OH Gruppen ist es sonst zu oxidationsempfindlich.
Einen wirklichen Vorteil gegenüber Murexid sehe ich aber nicht.
das deckt sich mit meinem Befund damals vom 01.02.:
meine Begeisterung außerhalb des Reagenzglases hält sich in Grenzen

8)

den sehr sauberen Umschlag vom 04.02. hatte ich mit Erichromblauschwarz / Rücktitration mit Zn.

NB: in der austitrierten Flüssigkeit fällt nach kurzem Stehen ein feinflockiger, blauer Niederschlag aus. Was kann das sein?
Kann ich für den speziellen Fall nicht garantieren, aber mitunter ist das der Farbstoff der ohne an Metallion gebunden zu sein in bestimmten pH-Bereichen (isoelektrischer Punkt?) schwerlöslich wird und als kleine Flöckchen ausfällt. Hab ich ab und an auch schon mal erlebt.
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

[EDIT by mgritsch: korrektur-gelesen und verschoben]
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Ich habe ein unerwartetes Problem bei der Kobaltbestimmung.

Ich habe einen Ansatz wie immer begonnen: Kobaltlösung plus etwas Amminiumchlorid in 100 ml Wasser, eine großzügige Spatelspitze Murexid-Verreibung und dann tropfenweise 2,5 % Ammoniak zugefügt.
Statt eines Farbumschlags von Apricot nach Gelb wurde die Farbe erst tiefer rötlich, dann bei weiterem Zusatz von NH3 traten an der Eintropfstelle grünblaue Schlieren auf und schließlich trübte alles ein und ein schmutziggrauer Niederschlag fiel aus. Sowas hatte ich noch nie beobachtet.

Das einzige was anders war als bei allen vorangehenden Bestimmungen ist, dass ich eine frisch hergestellte Murexid-Verreibug verwendet habe, hergestellt aus Murexid das schon 25 Jahre alt ist (die frühere Verreibung war aus demselben Murexid,. als es noch 20 Jahre alt war...). Bei einer Blindprobe (murexidverreibung in Leitungswasser + Ammoniak) trat eine rosarote farbe auf, aber kein Niederschlag.
Müsste da nicht eine gelbe Farbe auftreten? Kann es sein, dass das Murexid verdorben ist?

By the way: wieso fällt bei der Analyse eigentlich nicht jedes Mal auf Zusatz von Ammoniak Kobalthydroxid aus? Komplexbildung? Oder schlägt das Murexid so früh um (so es sauber ist), dass der pH nicht hoch genug ist?
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

mir wäre nicht bekannt dass Murexid "verdirbt" und die beobachteten Farbtöne sind etwas seltsam.

was auffällt: in deinem Artikel schreibst du "Zu der orangefarbenen Flüssigkeit gibt man nun tropfenweise so viel halbkonzentrierte Ammoniaklösung (12,5 %) bis die Farbe gerade eben nach klar gelb umschlägt." --> jetzt wirklich nur 2,5% oder typo?

weiters:
Bei einer Blindprobe (murexidverreibung in Leitungswasser + Ammoniak) trat eine rosarote Farbe auf, aber kein Niederschlag. Müsste da nicht eine gelbe Farbe auftreten?
nein. der indikator ist unter pH 9 rosa, ab pH 11 violett, im alkalischen (pH >10) mit Ca rot, mit Cu, Co, Ni gelb (hast du hoffentlich nicht im Leitungswasser...)
welchen pH erreichtest du im Leitungswasser? (das ist je nach Härte kein schlechter Puffer.... NH3 Konzentration?)

Weiters: du setzt Ammoniumchlorid zu, warum? damit machst du dir ein Puffersystem pH 9 - 10,5. Für Violett bräuchte es eigentlich eher so 11... verwechselst du das ein bisschen mit der Mg-Bestimmungsvorschrift wo pH 10 angestrebt ist?

warum kein Niederschlag - Amminkomplexe des Co verhindern Hydroxidfällung. Ist bei den meisten so, drum ist es eine etwas delikate Dosierung zwischen pH-Einstellung und NH3-Überschuss der dem EDTA-Komplex Konkurrenz macht und einen schleifenden Umschlag verursacht... drum ist das mit NH3/Murexid eine mögliche aber nicht die bevorzugte Methode (siehe Pribil, applied complexometry, p. 160 f)

warum dein Niederschlag dunkel - Co wird in alkalischer Lösung gerne mal als Hydroxid ausgefällt und das dann von O2 langsam zu Co+3 oxidiert wenn es nicht als Komplex geschützt ist. Und das passiert wenn der pH zu niedrig ist (zu viel NH3 liegt als NH4 vor). Co(III)-EDTA komplex ist "intense purple".

Lies wirklich mal bei Pribil nach, da ist das alles kompakt dokumentiert.

Sonst:
pH der Lösung bei den diversen Farben mal gecheckt? evtl ist deine Probe anfangs zu sauer...
Könnten Störungen in der Probe sein?
sicher dass Murexid?
ggfs schnelle DC des Murexid?
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

mgritsch hat geschrieben:mir wäre nicht bekannt dass Murexid "verdirbt" und die beobachteten Farbtöne sind etwas seltsam.

was auffällt: in deinem Artikel schreibst du "Zu der orangefarbenen Flüssigkeit gibt man nun tropfenweise so viel halbkonzentrierte Ammoniaklösung (12,5 %) bis die Farbe gerade eben nach klar gelb umschlägt." --> jetzt wirklich nur 2,5% oder typo?
...
pH der Lösung bei den diversen Farben mal gecheckt? evtl ist deine Probe anfangs zu sauer...
Könnten Störungen in der Probe sein?
sicher dass Murexid?
ggfs schnelle DC des Murexid?
Da alle anderen Faktoren und Reagenzien die selben sind wie früher und ich sowas noch nie beobachtet habe, ist das Murexid die einzige mögliche Ursache.

Das Ammoniak nehme ich 2,5%ig (siehe Komplexometrie-Artikel). Nur wenn ich eine stark saure Analysenlösung vorliegen habe, nehme ich anfangs 12,5%iges, um nicht so viel Volumen zugeben zu müssen (siehe Kobaltkomplex-Analyse-Artikel), dafür fällt dann der Zusatz von Ammoniumchlorid weg, das bildet sich bei der Neutralisation.

pH habe ich nicht gecheckt, habe ich sonst auch nie gemacht.

Sörungen in der Probe sind ausgeschlossen. Ich habe die Titration mit einem Kobaltchlorid probiert, das ich schon mal ohne Probleme titriert hatte ---> gleiche Beobachtung.
Wie macht man eine DC von Murexid?
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

für mich klingen die beschriebenen Symptome am ehesten nach zu niedrigem pH / zu wenig NH3. (sowohl die beobachteten Farben als auch die dunkle Färbung, vermutlich durch Co(III) das aus oxidation des Hydroxids entsteht.)
Warum auch immer du früher einen anderen erzielt hast.

aus Pribil:
Complexometric methods for determining cobalt developed simultaneously with methods for determining nickel, and what was said of nickel in the previous section is also roughly true of cobalt.
[...]
Murexide has also been recommended for the direct determination of cobalt in alkaline media, but even under optimal conditions, the colour transition is far less sharp than that for nickel.
Beschreibung für Ni:
Murexide as indicator. A few drops of indicator are added to a solution containing 2-15 mg of nickel in 100 ml, followed by dropwise addition of ammonia solution until the solution is a clear yellow in colour. The solution is titrated with 0.02-0.05M EDTA until the colour begins to change, then 10 ml of concentrated ammonia solution are added and the titration is continued until the colour changes to blue-purple [2].
We have found that a nickel solution can be titrated directly in strongly ammoniacal medium. The colour transition is very sharp. If the ammonia concentration is not high enough, the murexide colour passes from yellow through orange-red to purple.
DC von Murexid:
da es ein Salz ist (Ammoniumpurpurat) würde ich auf jeden Fall ein saures Laufmittel einsetzen. Lösung in MeOH auftragen, Laufmittel PE:EtOAc:AcOH 10:10:1 mal als Startwert, je nachdem wie gut das läuft dann nochmal die Polarität anpassen (Verhältnis PE/EtOAC).

Oder du versuchst einfach mal die Titration unter Weglassung des NH4Cl und dafür etwas stärkeres NH4OH einzusetzen.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Die Titration des Nickels wird in der Tat in stark ammoniakalische Lösung gemacht, die des Kobalts darf nicht in stark ammoniakalischer Lösung gemacht werden, weil sonst stabile Kobalt-III-Komplexe entstehen die der Komplexierung durch EDTA entgehen (hatten wir schon diskutiert).

Ich werde mir mal neues Murexid besorgen. Dann probiere ich das ganze noch mal und mache eine vergleichende DC. Wie gesagt, es kann eigentlich an nichts anderem liegen.
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Beitrag von Glaskocher »

Könnte Dein Ansatz einfach nicht genug Ammoniumsalz bekommen haben, um die Fällung des Hydroxides zu unterbinden?

Bei dem Demonstrationsexperiment "Ligandentausch bei Nickelchlorid (NH3, H2O)" hatte ich das Problem, daß mir immer Nickelhydroxid ausfiel, wenn ich kleinere Mengen Ammoniak zugegeben hatte. Erst bei ausreichend großen Mengen Ammoniak (Ni(OH)2 löst sich als Amminkomplex) bekam ich wieder eine klare Lösung. Durch Zusatz von Ammoniumchlorid ließ sich die Fällung als Hydroxid unterbinden.
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