1 N Salzsäure und 1 N Natronlauge für die Maßanalyse

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Franz98
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Re: 1 N Salzsäure und 1 N Natronlauge für die Maßanalyse

Beitrag von Franz98 »

Ich habe mir die Oxalsäure wie hier beschrieben gereinigt, habe dennoch größere Kristalle, welche bei der Titerbestimmung Probleme machen können. Nun stellt sich für mich die Frage, ob ich die Oxalsäure mörsern kann oder ob dann das Kristallwasser weg ist, da man ja an sich die Struktur zerstört.
Was meint ihr dazu?
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eule
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Re: 1 N Salzsäure und 1 N Natronlauge für die Maßanalyse

Beitrag von eule »

Öhm, hast du die Oxalsäure beim Mörsern erwärmt oder sie vakuumiert oder vllt. für längere Zeit an sehr trockener/feuchter Luft liegenlassen?
Vermutlich eher nicht. Kristallwasser ist im Kristall als Ligand gebunden und daher nur "mit härteren Maßnahmen" zu entfernen, denn dem einfachen Brechen der Kristalle. Besonders bei flüssigem Arbeiten (mörsern - einwiegen - lösen - verdünnen) besteht da überhaupt kein Grund zur Sorge. Das zeichnet sog. Urtitersubstanzen ja aus, daß sie "stabil" sind, d.h. sie sind nicht hygroskopisch oder sonstwie leicht durch Lichtwirkung oder ähnlich Unausweichliches veränderlich.
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FunkeJupiter007
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Re: 1 N Salzsäure und 1 N Natronlauge für die Maßanalyse

Beitrag von FunkeJupiter007 »

Sehr schöner Artikel!

Wir haben die Natronlauge immer mit Kaliumhydrogenphthalat gegen Phenolphthalein eingestellt.
Franz98
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Re: 1 N Salzsäure und 1 N Natronlauge für die Maßanalyse

Beitrag von Franz98 »

eule hat geschrieben: Montag 27. Dezember 2021, 17:33 Öhm, hast du die Oxalsäure beim Mörsern erwärmt oder sie vakuumiert oder vllt. für längere Zeit an sehr trockener/feuchter Luft liegenlassen?
Vermutlich eher nicht. Kristallwasser ist im Kristall als Ligand gebunden und daher nur "mit härteren Maßnahmen" zu entfernen, denn dem einfachen Brechen der Kristalle. Besonders bei flüssigem Arbeiten (mörsern - einwiegen - lösen - verdünnen) besteht da überhaupt kein Grund zur Sorge. Das zeichnet sog. Urtitersubstanzen ja aus, daß sie "stabil" sind, d.h. sie sind nicht hygroskopisch oder sonstwie leicht durch Lichtwirkung oder ähnlich Unausweichliches veränderlich.
Also wenn dann würde ich diese normal mörsern und habe sie vorher an der Luft und vor der Benutzung noch einmal auf Stufe 1 auf der Heizung getrocknet.
Habe gestern meine Titereinstellung gemacht und einen Wert mit 0,9052 und einer mit 0,9375 heraus bekommen. Da die Abweichung bei uns in der Ausbildung untereinander maximal um 3 in der dritten Nachkommastelle abweichen darf, muss ich hier noch einmal heran. Ich probiere noch etwas aus und werde einmal mörsern und wieder einzeln einwiegen und dann mal einmal einwiegen und mit der Vollpipette aus dem Masskolben entnehmen.
FunkeJupiter007 hat geschrieben: Mittwoch 29. Dezember 2021, 02:32 Sehr schöner Artikel!

Wir haben die Natronlauge immer mit Kaliumhydrogenphthalat gegen Phenolphthalein eingestellt.
So machen wir es in der Ausbildung auch, nur für zuhause ist mir das KHP einfach zu teuer, da ist Oxalsäure einfach unschlagbar günstig.
Glaskocher
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Re: 1 N Salzsäure und 1 N Natronlauge für die Maßanalyse

Beitrag von Glaskocher »

Franz98 hat geschrieben: Mittwoch 29. Dezember 2021, 10:30...
Also wenn dann würde ich diese normal mörsern und habe sie vorher an der Luft und vor der Benutzung noch einmal auf Stufe 1 auf der Heizung getrocknet.
...
Da könnte "der Hund begraben" liegen. Das "nochmal extra gut" machen wollen kann zur Verschlimmbesserung (und 3,5% Abweichung) geführt haben. Man soll, wie im Eingangsposting beschrieben, nur an normaler Raumluft trocknen. Das reicht völlig und ist besser reproduzierbar als "Stufe 1" auf der Heizung. In deinen Einwaagen könntest Du Portionen unterschiedlicher Hydratgehalte (~verluste) erwischt haben.

Diese Abweichung wirst Du nicht erkennen, wenn Du in einer Portion wiegst und die Lösung daraus aliquotierst. Somit sind die Einzeleinwaagen zuverlässiger, weil sie auch eine Qualitätsüberwachung des Urtiters (in sich homogen?) darstellen und zwei mögliche Volumenfehler vermeiden.
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eule
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Re: 1 N Salzsäure und 1 N Natronlauge für die Maßanalyse

Beitrag von eule »

willst du es ganz sicher wissen, mach eine kleine "Trocknungsreihe".
Ich kenne oxalsäure als durchaus hitzeempfindlich und schlage vor, du trocknest eine Portion so an der Raumluft, eine weitere auf "Stufe 1", eine auf "Stufe 2", eine im Vakuumexi bei Raumtemperatur und eine eine im Vakuumexi bei "Stufe 1".
Du setzt eine Lösung ungefährer Stärke an und titrierst alle aus den Portinen erstellten Lösungen dagegen. Die genauen Ergebnisse spielen keine Rolle, die bei gleicher Genauigkeit der Ausführung erhaltenen relativen Abweichungen zwischen den Proben zeigen dir einen Trend, an dem du die korrekte Handhabung erkennen kannst.
Willst du es ganz exakt machen und eine "ultimative Referenz" haben, dann kaufst du eine Ampulle fertige Bestimmungslösung und rientierst dich am damit verglichenen Wert.

Das wäre der aufwendige, aber sicher erhellendste Weg,
Daneben kannst du aber noch allerley Literatur wälzen und daraus die beste Methode entnehmen, denn vor dieser Frage standen bereits mehrere Generationen Chemiker, Laboranten und TAs und die haben in der Literatur ihre Erkenntnisse und Ergebnisse überliefert.
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mgritsch
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Re: 1 N Salzsäure und 1 N Natronlauge für die Maßanalyse

Beitrag von mgritsch »

Franz98 hat geschrieben: Mittwoch 29. Dezember 2021, 10:30 Also wenn dann würde ich diese normal mörsern und habe sie vorher an der Luft und vor der Benutzung noch einmal auf Stufe 1 auf der Heizung getrocknet.
Habe gestern meine Titereinstellung gemacht und einen Wert mit 0,9052 und einer mit 0,9375 heraus bekommen. Da die Abweichung bei uns in der Ausbildung untereinander maximal um 3 in der dritten Nachkommastelle abweichen darf, muss ich hier noch einmal heran. Ich probiere noch etwas aus und werde einmal mörsern und wieder einzeln einwiegen und dann mal einmal einwiegen und mit der Vollpipette aus dem Masskolben entnehmen.
Mörsern kann definitiv kein Kristallwasser beeinflussen, das ist auf molekularer Ebene gebunden. Ob es reicht um in Kristallen eingeschlossenes Wasser freizusetzen - selbst da habe ich leichte Zweifel, aber eher noch. Wie bereits geschrieben sollte die Trocknung an ganz normaler Luft bei RT erfolgen, keine Heizung und kein Exsiccator, denn dann könnte tatsächlich Kristallwasser in Mitleidenschaft gezogen werden und die stöchiometrische Zusammensetzung leiden.

Was verstehst du eigentlich unter „größere Krisalle“ sodass ein mörsern angemessen erscheint? Durch rasches abkühlen unter Rühren wie in lemmis Anleitung wird das normalerweise schon recht fein…

Fast 4% Abweichung ist schon ziemlich viel, darf ich noch nach anderen Details deines Vorgehens fragen? Welcher Indikator, wie viel Einwaage und mit welcher Wiegegenauigkeit? Mit einem Äquivalentgewicht von nur 63 ist Oxalsäure eher ein „Leichtgewicht“…
Franz98
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Re: 1 N Salzsäure und 1 N Natronlauge für die Maßanalyse

Beitrag von Franz98 »

Ich werde mal noch etwas probieren und dann auch eine Dreifachbestimmung machen. Als Indikator habe ich Pheno genommen, als Waage eine Analysenwaage mit einem maximalen Fehler von 0,0002g, eingewogen habe ich ca. 0,1261g plus und minus mehrere Milligramm, was aber durch den Einsatz der eingewogenen Masse in der Titerberechnung keinen Unterschied macht. Da ich über 100mg als Gesamteinwaage berechnet habe, ist auch eine Einzeleinwaage möglich und nicht im Masskolben nötig. Den Wert zur Einwaage habe ich mir über unsere Formel aus der Ausbildung berechnet.

Ich werde Anfang nächster Woche noch einen Versuch wagen und die Oxalsäure dafür mörsern, da doch mehrere einzelne Kristalle aneinanderkleben.
aliquis
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Re: 1 N Salzsäure und 1 N Natronlauge für die Maßanalyse

Beitrag von aliquis »

Mein Oxalsäure-Dihydrat hat auch paar kleinere Klümpchen, die aber sofort zerfallen, sobald ich sie auf den Spatel nehmen möchte (fast ein bisschen wie trockener Pulverschnee, aus dem sich keine Bälle formen lassen... :wink: ).
Ich könnte mir vorstellen, dass das in der Kristallstruktur an sich begründet liegt und nicht in einem Zuviel an Feuchtigkeit.

Wie wär's, wenn Du den Gehalt mal mit frischer Kaliumpermanganat-Maßlösung bestimmst?
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Re: 1 N Salzsäure und 1 N Natronlauge für die Maßanalyse

Beitrag von huibu2000 »

Klasse Artikel! Fast schon ein kleines Praktikum der Maßanalyse, mit vielen Techniken, die man dabei lernen kann (bis hin zum Abfüllen von Ampullen :wink:).

Ist es beim Schritt mit der Öllauge nicht besser, das NaOH ins Wasser einzurühren? Da ist mir (Anfänger) nämlich ein kleines Malheur passiert: Ich habe zuerst die 20g NaOH ins Becherglas gefüllt, anschließend 2x10ml dazuzupipettiert und erst dann erst mit dem Umrühren angefangen. Da war dann bereits alles am Boden des Becherglases festgebacken und ohne starkes verdünnen nicht mehr loszubekommen. Deswegen wäre mein Tipp für Uneingeweihte, das NaOH ins Wasser einzurühren statt umgekehrt. Außer, ich habe da etwas falsch verstanden.

Ich werde am Wochenende einen neuen Versuch starten.
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Re: 1 N Salzsäure und 1 N Natronlauge für die Maßanalyse

Beitrag von aliquis »

Alkalihydroxid zum Wasser zu geben statt umgekehrt macht allein schon Sinn, um Erhitzung und Aerosol-Bildung zu begrenzen. Es ist halt nur so herrlich bequem (und auch genauer), wenn man das im Becherglas eingewogene Hydroxid auch gleich darin lösen kann, statt es erst noch umzulöffeln... :wink: (Rührfisch nicht mitwiegen, auch nicht Tara, weil dessen Magnetfeld die Waage beeinflusst!).
In kleineren Mengen (100 ml) und mässigeren Konzentrationen (bis 20 %) klappt es allerdings auch umgekehrt ohne Festbacken, wenn man sofort magnetisch rührt. Um Aerosole und Spritzer zurückzuhalten, würde ich das Becherglas sofort nach Vereinigung von Hydroxid und Wasser mit einem Uhrglas abdecken.
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lemmi
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Re: 1 N Salzsäure und 1 N Natronlauge für die Maßanalyse

Beitrag von lemmi »

Ich habe damit nie ein Problem gehabt. Gut rühren, um das Verbacken zu verhindern. Aerosolbildung ist zu vernachlässigen und toxische Substanzen sind nicht im Spiel.
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Re: 1 N Salzsäure und 1 N Natronlauge für die Maßanalyse

Beitrag von aliquis »

Bei konzentrierten Ansätzen kann die Mischung schlagartig kochen und spritzen, insbesondere, wenn das Wasser zum Hydroxid gegeben wird und man dabei womöglich auch noch recht langsam zu Werke geht.
Die Aerosole beim Vermischen sind zwar nicht giftig, aber deutlich atemwegsreizend. Die Abdeckung mit einem Uhrglas hilft da schon - oder halt eben unterm Abzug, am offenen Fenster oder mit FFP-Maske arbeiten.
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Re: 1 N Salzsäure und 1 N Natronlauge für die Maßanalyse

Beitrag von lemmi »

Naja, ein Uhrglas decke ich schon auch drauf. Muss aber gestehen, dass habe ich mehr mit der Absicht gemacht, die Lösung vor Luft zu schützen (CO2 - ist vermutlich auch übertrieben) als die Luft vor der Lösung 8)
Ich setze nie mehr als für 250 ml benötigt an, da siedet nix spontan auf :)
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Re: 1 N Salzsäure und 1 N Natronlauge für die Maßanalyse

Beitrag von aliquis »

Wenn man wie gesagt kleine Mengen verwendet, das Wasser zügig zugibt und rührt, mag das auch ohne Probleme klappen.
Wenn ich ca. alle ein bis zwei Jahre zwecks Nachschub meine 250 g konz. 30 % ige Natronlauge frisch ansetze (nicht zu Analysezwecken, auch für den Standardgebrauch verwende ich eher 10 %ige), raubt es mir schnell den Atem, wenn ich kein Uhrglas draufdecke und die Tür nach draußen zuvor weit geöffnet habe. Ich gebe dabei das Hydroxid unter magnetischem Rühren portionsweise aber zügig zum Wasser. Wenn ich es aus Bequemlichkeit mal andersherum gemacht habe, ist das Hydroxid dabei auch zunächst verbackt, hat sich aber später ebenfalls gelöst. Deutliche Siedegeräusche sind bei dieser Vorgehensweise wahrnehmbar und hustenreizendes Aerosol gibt es dann auch reichlich...
Wie herum auch immer: das Becherglas wird dabei stets so heiß, dass man es nicht mehr mit blossen Händen anfassen kann...
Die Prills neigen mit Wasser schneller zum Verbacken als die Plätzchen. Mit Kaliumhydroxid (in Schuppenform) hatte ich dieses Problem so noch nicht, dafür ist die Siedeneigung höher.

P.S.: Die Aerosolbildung ist auch nachweisbar - einfach beim Lösen von NaOH die Uhrglasabdeckung weglassen und nebenher in einem guten halben Meter Abstand einen Bunsenbrenner mit nichtleuchtender Flamme brennen lassen: trotz Abstands vom Geschehen färbt sich die Flamme während des Ansetzens einer konz. Natronlauge deutlich gelb!
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