Synthese und Analytik von komplexen Antimon-Salzen

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mgritsch
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Synthese und Analytik von komplexen Antimon-Salzen

Beitrag von mgritsch »

Synthese und Analytik von komplexen Antimon-Salzen

Kaliumantimonyltartrat ("Brechweinstein") ist ein seit der frühen Neuzeit (entdeckt durch Adrian von Mynsicht, 1631) bekanntes Emetikum. In einem Artikel hier wurde von lemmi bereits die Synthese ausgehen von Antimonsulfid gezeigt. Das Komplexsalz Kaliumantimonyltartrat K2[Sb2(C4H2O6)2] · 3 H2O hat eine durchaus bemerkenswerte Struktur und Stöchiometrie: zum einen sind darin zwei Weinsäure-Moleküle über zwei Antimonatome verbrückt was eine interessante räumliche Struktur ergibt. Typisch ist hier die verzerrte Pyramide des Antimons an deren anderem Ende ein freies Elektronenpaar steht.[1],[3] Zum anderen trägt darin die Weinsäure, die eigentlich nur eine zweibasige Säure ist, formal eine Ladung von -4, es wurden auch ihre beiden Hydroxylgruppen deprotoniert!

"Flache" und räumliche Darstellung der Verhältnisse:
2021-05-25 15_34_49-Präsentation1 - Microsoft PowerPoint.png
(erstellt mit ChemSketch; türkis = C; rot = O; grau = Sb)

In diesem Artikel soll die Synthese und Analyse von Kaliumantimonyltartrat und anderen ähnlich gelagerten Komplexsalzen ausgehend von Antimon(III)-oxid vorgestellt werden. Die nasschemische Analytik des Antimons erfolgt weitgehend identisch zum im Periodensystem darüber stehenden Arsen. Eine Titration mit Iod-Maßlösung ist üblich, in dem Fall wurde jedoch als Alternative Chloramin T gewählt.


Geräte:
Bechergläser, Trichter, Filter, Sinternutsche, Exsikkator, Heizrührer, Titrierkolben, Analysenwaage, Bürette


Chemikalien:
Antimon(III)-oxidWarnhinweis: xn
Kaliumhydrogentartrat
OxalsäureWarnhinweis: attnWarnhinweis: c
ZitronensäureWarnhinweis: attn
NatriumhydroxidWarnhinweis: c
EthanolWarnhinweis: f
KaliumhydroxidWarnhinweis: c
Chloramin TWarnhinweis: cWarnhinweis: attnWarnhinweis: xn
KaliumiodidWarnhinweis: xn
Natriumhydrogencarbonat
Kaliumnatriumtartrat (Seignettesalz)
Stärke
KaliumantimonyltartratWarnhinweis: attnWarnhinweis: n
NatriumantimonyltartratWarnhinweis: attnWarnhinweis: n
KaliumantimonyloxalatWarnhinweis: attnWarnhinweis: nWarnhinweis: c
NatriumantimonylcitratWarnhinweis: attnWarnhinweis: nWarnhinweis: c


Hinweis:

Lösliche Antimonverbindungen sind stark giftig - auf sauberes Arbeiten und Vermeiden von jeglicher Inkorporation ist strikt zu achten!


Durchführung:

1. Synthese und Analyse von Kaliumantimonyltartrat

In einem 1000 ml-Becherglas wurden 94,1 g (0,5 mol) Kaliumhydrogentartrat (Weinstein, kommerziell als feines Pulver erhältlich) sowie 75 g (0,257 mol, ein 3% Überschuss) an Antimon(III)-oxid vorgelegt und 550 ml dest. Wasser zugegeben. Die Wassermenge ist dabei bereits ungefähr auf die Löslichkeit des Produkts in der Siedehitze (ca 330 g/l) ausgelegt. Das Becherglas wurde bedeckt und der Ansatz ca. 3 Stunden lang gekocht. Sowohl Weinstein als auch das kommerzielle (nicht frisch gefällte) Antimon(III)-oxid sind relativ schwer löslich, wodurch eine lange Kochzeit durchaus Sinn macht, um eine einigermaßen vollständige Umsetzung zu erreichen. Nach Ende der drei Stunden wurde von nicht gelöstem Antimon(III)-oxid heiß abfiltriert. Das Filter mit dem Filterkuchen wurde aufbewahrt und das völlig klare Filtrat kristallisieren gelassen. Ausbeute: 105,3 g farbloser, grober Kristalle.

Die Mutterlauge wurde von den Kristallen abgegossen und der Filter und Filterkuchen aus der ersten Kristallisation die noch viel Produkt enthalten damit ca 30 Minuten ausgekocht. Es wurde erneut abfiltriert, der Filter mit etwas warmem dest. Wasser nachgewaschen. Nun wurde der Filter verworfen und das Filtrat auf ca. 200 ml eingeengt und erneut kristallisieren gelassen. Ausbeute: 41,1 g farbloser, grober Kristalle.

Die Mutterlauge wurde erneut eingeengt (ca. 80 ml) und Kristallisieren gelassen - Ausbeute 9,7 g farbloser, grober Kristalle. Auf ein völliges Eindampfen wurde verzichtet.

Ausbeute insgesamt: 156,1 g Kaliumantimonyltartrat (93,5% d.Th. bezogen auf Kaliumhydrogentartrat).

Zur Charakterisierung der Reinheit des Produkts wurden Proben jeder einzelnen Kristallfraktion titrimetrisch auf ihren Gehalt an Antimon im Verhältnis zum stöchiometrischen Wert untersucht. Dazu wurden einige Kristalle zuerst im Mörser fein gepulvert um die Auflösung zu beschleunigen, dann wurden davon ca. 0,27 g analysengenau eingewogen, in ca 50 ml dest. Wasser gelöst und nach Zusatz von einer Spatel voll NaHCO3 zur Pufferung mit einer frisch gegen Thiosulfat gestellten 0,05 mol/l Maßlösung von Chloramin-T titrtiert. Als Indikator wurden ein kleiner Spatel Kaliumiodid und 1 ml Stärkelösung zugesetzt.

Die Titration verläuft sehr glatt mit sehr scharf erkennbarem Endpunkt, allerdings muß bei Raumtemperatur gegen Ende (die letzten 2 - 3 Tropfen) immer abgewartet werden, ob die violette Farbe tatsächlich bestehen bleibt oder sich innerhalb der nächsten Minute noch mal entfärbt. Erwärmt man die Lösung etwas (ca. 40 °C) ist die Reaktion auch gegen Ende unmittelbar.

Ergebnisse:
Kommerzielles "Referenzprodukt", umkristallisiert - 100,2%
1. Kristallfraktion - 100,6%
2. Kristallfraktion - 100,4%
3. Kristallfraktion - 95,5%
Die letzte Kristallfraktion (9,7 g - 5,8% d.Th.) entsprach nicht mehr der Qualität und wurde für andere Experimente beiseite gelegt, die erste und zweite Kristallfraktion wurden vereinigt und aufbewahrt.

Reinigung von Kaliumantimonyltartrat durch Umkristallisation: Ein kommerzielles Produkt wies einen gelblichen Farbstich auf, ein eindeutiger Hinweis auf eine mangelnde Reinheit. Insgesamt 150 g Produkt wurden in ca 600 ml dest. Wasser in der Siedehitze aufgelöst, die Lösung war merklich gelblich gefärbt. Durch wiederholtes Auskühlen, Kristallisation, Einengen der verbleibenden Mutterlauge auf ca die Hälfte konnten in Fraktionen, die alle einwandfrei farblos waren, insgesamt 148 der 150 g zurückgewonnen werden. Die Gehaltbestimmung der vereinten Fraktionen entsprach. Die Reinigung ist somit sowohl mit gutem Ergebnis als auch nur sehr geringem Verlust problemlos möglich. Achtung: die Kristallisation ist anscheinend etwas gehemmt. Wenn man unmittelbar nach dem Auskühlen auf Raumtemperatur die Lösung umrührt oder bewegt, so kommt es auch wenn sich bereits viele Kristalle abgesetzt haben zur Ausscheidung eines feinen Kristallmehls - offensichtlich war die Lösung immer noch übersättigt. Es ist zu empfehlen, die Lösung zur Vervollständigung der Kristallisation immer ca 24 Stunden stehen zu lassen.

Züchten von Kristallen: Kaliumantimonyltartrat bildet sehr hübsche, dreieckig-prismatische, glasklare Kristalle die rasch eine beachtliche Größe erreichen können. Für die Kristallzucht ist es optimal, leider sind die Kristalle mechanisch mäßig stabil und können leicht mit der Hand zerbrochen werden, außerdem ist die ausgeprägte Giftigkeit zu beachten. 50 g Kaliumantimonyltartrat wurden in 250 ml Wasser in der Siedehitze gelöst und das Becherglas in einer geschlossenen Styproporbox langsam auskühlen gelassen. Dabei bildeten sich teils kleinere Kristalle von 3 - 5 mm Größe, Teils verwachsene größere Stufen von 2 - 3 cm Größe. Die Mutterlauge und etwa die Hälfte der ausgefallenen Kristalle wurden erneut aufgekocht und mit ein paar der schön geformten kleineren Kristalle der ersten Fraktion als Keime in der Styroporbox langsam auskühlen gelassen. Wieder wurden 5 - 10 mm große, schön geformte Kristalle erhalten, diesmal in leicht anderer Form (Wachstumsrichtung).


2. Synthese und Analyse von Natriumantimonyltartrat

Der wesentliche Unterschied bei Natriumantimonyltartrat ist seine sehr gute Wasserlöslichkeit und Hygroskopizität - dadurch funktioniert eine klassische Kristallisation durch Einengen und Auskühlen nur schlecht. Auch dazu gibt es hier bereits eine Synthesevorschrift von lemmi, bei der zunächst zur Trockene eingedampft und dann an der Luft wieder Wasser aufnehmen gelassen wird, um ein stöchiometrisches Produkt zu erhalten. Die folgende, etwas einfachere Methode habe ich ohne Kenntnis der Literatur von 1908[2] erarbeitet - man kann sich die sehr schlechte Löslichkeit in Ethanol zunutze machen und das Produkt einfach als feinkristallinen Niederschlag ausfällen.

In einem 100 ml Becherglas wurden 7,5 g (0,05 mol) Weinsäure, 2,0 g Natriumhydroxid (0,05 mol) sowie 7,5 g (0,0257 mol, ein 3% Überschuss) an Antimon(III)-oxid vorgelegt und 50 ml dest. Wasser zugegeben. Das Becherglas wurde bedeckt und der Ansatz ca. 2-3 Stunden lang gekocht. Nach Ende der Kochzeit wurde von nicht gelöstem Antimon(III)-oxid heiß abfiltriert. Der Filter wurde mit wenig warmem dest. Wasser nachgewaschen und das völlig klare Filtrat auskühlen gelassen. Nun wurde etwa das gleiche Volumen an Ethanol (Brennspiritus) zugesetzt, worauf sich sofort ein dicker weißer Brei aus feinen Kristallen bildete.

Der Kristallbrei wurde abgenutscht, mit etwas Ethanol nachgewaschen und im Vakuumexsikkator mehrere Tage über Silicagel getrocknet.
Ausbeute: 11,8 g eines rein weißen, leicht körnig zusammengeklumpten, feinkristallinen Produkts (74,3% d.Th bezogen auf die Weinsäure).
Ggfs. ist mit einem größeren Überschuss Ethanol bei der Fällung noch eine höhere Ausbeute möglich.

Die Analytik des Natriumantimonyltartrats erfolgt grundsätzlich genau so wie oben beschrieben, allerdings stellte sich die Frage von welcher Stöchiometrie - insbesondere Kristallwassergehalt - bei dem Produkt auszugehen ist. Grundsätzlich wäre meine Basisannahme eine identische Zusammensetzung wie beim Kaliumantimonyltartrat (Dimer, Trihydrat). In der Literatur konnte ich dazu leider kaum eindeutigen Angaben finden.

lemmi gibt in seiner Synthese ein Pentahydrat an, wobei die dazu dort zitierte Literaturstelle von 1908[2] erwähnt dass bei Trocknung an der Luft bei 105 °C ein Monohydrat, im Vakuum über Schwefelsäure das Anhydrat erhalten wird. Offensichtlich kommt es stark auf die Trocknungbedingungen an. Die International Pharmacopoeia - Ninth Edition, 2019 behauptet für "Stibii natrii tartras" eine Formelzusammensetzung von C4H4NaO7Sb bzw. Molmasse von 308,8. Das entspricht grundsätzlich einem Monomer mit einem Molekül Wasser gebunden - in der Darstellung ist eine dative Bindung des Wassers Richtung Sb innerhalb des Komplexes eingezeichnet, kein Kristallwasser. Das entspricht dem Produkt das Plimmer[2] bei Trocknung an der Luft bei 105 °C erhalten hat. Die monomere Struktur dürfte wohl kaum der physikalischen Realität entsprechen, korrekter wäre vermutlich das Dimer analog zum Kaliumantimonyltartrat und das Wasser wäre dann als 2 mol Kristallwasser anzusprechen. Die Angabe unter "Assay" beinhaltet die Vorschrift für die titrimetrische Bestimmung mit Iod in Borax-gepufferter Lösung (pH ca 9), der Soll-Gehalt der Droge auf diesem Wege sei dann 98 - 101%. Ein Pentahydrat hätte dem Dihydrat gegenüber nur 92% Gehalt. Bei PubChem findet sich ein Eintrag mit der Formel bzw. Struktur des Dimers, jedoch ohne Angabe von Kristallwasser (C8H4Na2O12Sb2; M = 581,61).

Die Analyse des von mir erhaltenen Produkts ergab bei Annahme von 4 Kristallwasser einen Gehalt von 99,6%.
Offensichtlich wird bei Fällung mit Ethanol und Trocknung über Silicagel im Vakuum diese Hydratstufe erhalten.
Lässt man das Produkt 3 Tage offen an der Luft stehen, dann nimmt es genau die Menge an Gewicht zu die dem Übergang zum Pentahydrat entspricht.


3. Synthese und Analyse von Kaliumantimonyloxalat

Auch andere (Di-)Carbonsäuren sind in der Lage, mit Antimon und Alkalimetallen Komplexsalze zu bilden. Hartley[1] erwähnte in seiner Arbeit beiläufig das Oxalat, die dazu zitierte Literaturstelle [3] war eine Untersuchung von Poore und Russell aus 1971 über die durchaus interessante Struktur von Ammonium- bzw. Kaliumantimonyloxalat K3[Sb(C2O4)3] · 4 H2O:
2021-05-25 15_40_37-Präsentation1 - Microsoft PowerPoint.png
(entnommen aus [3])

Auch wenn die Summenformel ein einfaches Doppelsalz mit Antimon und 3 mol Kaliumhydrogenoxalat nahe legen könnte - hier handelt es sich durchaus um ein komplexes Anion in dem die drei Oxalsäuremoleküle die Ecken einer fünfeckigen Pyramide bilden[3]. Zur Herstellung fand ich keinerlei Hinweise in der Literatur, sie stellte sich jedoch als geradezu trivial heraus.

In einem 100 ml Becherglas wurden 12,6 g (0,1 mol) Oxalsäure Dihydrat, 6,2 g Kaliumhydroxid (90% Gehalt; 0,1 mol) sowie 5 g (0,017 mol, ein 3%iger Überschuss) an Antimon(III)-oxid vorgelegt und 50 ml dest. Wasser zugegeben. Das Becherglas wurde bedeckt und der Ansatz ca. 2-3 Stunden lang gekocht. Nach Ende der Kochzeit wurde von nicht gelöstem Antimon(III)-oxid heiß abfiltriert. Der Filter wurde mit wenig warmem dest. Wasser nachgewaschen und das völlig klare Filtrat auskühlen gelassen. Nach einem Tag war der Ansatz zu einem dichten Kristallgeflecht erstarrt und konnte leicht zu einem Kristallbrei aufgerührt und abgenutscht werden. Das Produkt wurde an der Luft einige Tage getrocknet, es ist ein fein kristallines, rein weißes Pulver.

Ausbeute: 15,1 g (78,5% d.Th bezogen auf die Oxalsäure).

Die Analytik des Kaliumantimonyloxalats erfolgt grundsätzlich genau so wie oben beschrieben, allerdings ist die Lösung stark sauer und es muss vorher eine größere Menge (ca. 2 Spatel voll) an Seignettesalz zugegeben werden um die Ausfällung von Antimonoxid bei der anschließenden Neutralisation mit etwas NaOH und weiteren Pufferung durch NaHCO3 zu verhindern. Die Analyse des von mir erhaltenen Produkts ergab einen Gehalt von 99,9%.


4. Synthese und Analyse von Natriumantimonylcitrat

Zu den komplexen Citraten des Antimons gibt es 3 Publikationen von G. Smith et. al. aus den Jahren 1991[1], 1992[4] und 1993[5]. Darin werden verschiedene Komplexe mit Antimon und Citrat einerseits sowie Natrium, Kalium, Lithium, Silber und Kupfer andererseits hergestellt und durch Röntgenbeugung in ihrer Struktur beschrieben. Die Strukturen haben durchaus reizvolle Besonderheiten, leider enthielten jedoch die Arbeiten gewisse Unplausibilitäten bzw. waren in der Form für mich nicht nachvollziehbar sodass kein definiertes Produkt erhalten werden konnte.

Die Arbeitsvorschrift in allen drei Papers sieht vor, dass zunächst Antimonoxid 3 Stunden lang mit einer Lösung von Zitronensäure gekocht und anschließend das Filtrat mit dem Nitrat des jeweiligen weiteren Kations versetzt werden soll, worauf nach Einengen und mehrtägigem Stehen die Kristalle ausfallen sollen.
Zum einen waren die eingesetzten Mengenverhältnisse unplausibel - so werden 0,02 mol Antimonoxid mit 0,02 mol Zitronensäure gekocht (ein Verhältnis Sb:Citrat von 2:1) während im Produkt jedoch ein Verhältnis Sb:Citrat von 1:2 vorliegt. Die für den Kupferkomplex zugesetzte Menge an Kupfernitrat ist in Verhältnis zu Sb passend, wurde jedoch auf ein wasserfreies Produkt berechnet, was zwar theoretisch möglich aber eher unüblich wäre - handelsüblich wäre das Trihydrat. Zum anderen löst sich Antimonoxid in reiner Zitronensäurelösung sehr schlecht. Selbst wenn man eine entsprechende größere, stöchiometrische Menge Zitronensäure einsetzt und 4 Stunden kocht, dann sind nach Auswaage des nicht reagierten Antimonoxids nur ca. 44% davon überhaupt in Lösung gegangen.

Eine deutlich gesteigerte Löslichkeit ergibt sich erst, wenn man beim Kochen schon die Natronlauge zusetzt, statt später Nitrat einzusetzen. Bei stöchiometrischem Einsatz von NaOH der der postulierten Zusammensetzung Na[Sb(C6H6O7)2(H2O)2] · H2O entspricht - also 1 mol NaOH pro 2 mol Zitronensäure - gelingt es zumindest ca 80% d.Th. des Antimons aufzulösen.

Das Produkt ist sehr gut wasserlöslich, wenn man diese Lösung auf ca. 50 ml einengt, kommt es zu keiner Kristallisation. Erst bei langsamem Verdunsten auf ca 35 ml erstarrt die gesamte Lösung nach längerem Stehen schlagartig zu einer dicken, klebrigen Masse die nicht abgenutscht werden kann, es wurde daher einfach zwischen zwei Filterpapieren abgepresst. Die Masse trocknete mehrere Tage an der Luft und erstarrte dabei hart wie Beton, Ausbeute ca. 61% d. Th. Wie sich daraus "colourless prismatic crystals" ergeben sollen, die für eine Röntgenbeugung tauglich sind, konnte ich nicht nachvollziehen.

Die Analyse des Produkts erfolgte analog zu der bei Kaliumantimonyloxalat nach Zusatz von Seignettesalz und vorheriger Neutralisation, der Sb-Gehalt wurde zu 87,3% ermittelt. Es konnte auf diesem Weg kein definiertes Produkt erhalten werden. Auch andere, ähnlich gelagerte Citrate mit Cu und K als Gegenion waren von keinem Erfolg gekrönt.


Entsorgung:

Abfälle kommen zu den schwermetallhältigen Abfällen.


Erklärung:

Das unlösliche Antimonoxid löst sich in Gegenwart saurer Alkalisalze von Carbonsäuren zu komplexen Antimonsalzen auf:

Sb2O3 + 2 C4H5KO6 --> K2[Sb2(C4H2O6)2] · 3 H2O
Sb2O3 + 2 NaOH + 2 C4H6O6 --> Na2[Sb2(C4H2O6)2] · 4 H2O + H2O
Sb2O3 + 6 KOH + 6 C2H2O4 --> 2 K3[Sb(C2O4)3] · 4 H2O + 5 H2O
Sb2O3 + 2 NaOH + 4 C6H8O7 --> 2 Na[Sb(C6H6O7)2(H2O)2] · H2O

Zur Titration wurde Chloramin-T eingesetzt. Chloramin-T ist das Natriumsalz des N-Chlor-Toluolsulfonsäureamids, mit Wasser reagiert es nach:
2021-05-26 19_51_00-Präsentation1 - Microsoft PowerPoint.png
in Rückreaktion seiner Bildung zu p-Toluolsulfonamid und Natriumhypochlorit. Hypochlorit wirkt nach:

ClO- + 2 e- + H2O --> Cl- + 2 OH-

als Oxidationsmittel. Chloramin-T kann somit als eine stabile, leicht handhabbare und einwiegbare Form von Hypochlorit angesehen werden. Der Gehalt des kommerziellen Produkts (als Monohydrat im Handel) ist normalerweise nahe 100%, dennoch muss für exakte Ergebnisse die Lösung vor Gebrauch gegen Thiosulfat gestellt werden. Das Antimon in den Komplexen wird dabei nach:

Sb3+ --> Sb5+ + 2 e-

oxidiert. Frei werdende OH--Ionen fängt dabei das als Puffer zugesetzte NaHCO3 ab. Als Indikator wird eine kleine Menge Kaliumiodid zugesetzt. Sobald alles Antimon oxidiert ist, setzt der erste Tropfen Überschuss Chloramin-T Iod frei, das mit der Stärke die bekannte dunkelviolette Iod-Stärke-Reaktion gibt.

Chloramin-T kann grundsätzlich bei vielen Titrationen, die sonst typischerweise mit Iod durchgeführt werden, als Alternative genutzt werden. Es hat analytisch keine wesentlichen Vorteile, allenfalls ist es flexibler bezüglich des pH-Wertes und kann in stark sauren bis stark alkalischen Lösungen eingesetzt werden. Weiters ist es merklich billiger als Iod. Umfassendere Beschreibungen der Einsatzgebiete und Vorschriften im Detail finden sich in [6] und [7]; Jennings und Bishop[8] haben sich in ihrem Review kritisch mit den Vor- und Nachteilen auseinander gesetzt.


Bilder:



Titration mit Chloramin-T gegen Ende

KOX-Krist.JPG
Auskristallisiertes Kaliumantimonyloxalat

KOX fertig.JPG
Kaliumantimonyloxalat abgenutscht und getrocknet - ein feinkristallines, lockeres Puder

NaSbTartr.JPG
Natriumantimonyltartrat

Ausbeute.JPG
Kaliumantimonyltartrat - reiche Ausbeute

Einige Kristalle von Kaliumantimonyltartrat (Kantenlängen von 3 mm - 3 cm):
Einkristall.JPG
Kristallgruppe.JPG
Kristallgruppe 2.JPG
Kristallgruppe 3.JPG

Literatur:

[1] https://doi.org/10.1039/DT9910002735
[2] https://doi.org/10.1098/rspb.1908.0002
[3] https://doi.org/10.1039/C29710000018
[4] https://doi.org/10.1016/S0277-5387(00)83319-7
[5] https://doi.org/10.1016/S0277-5387(00)84588-X
[6] A. Berka, J. Vulterin, J. Zýka: Newer Redox Titrants: International Series of Monographs in Analytical Chemistry; Pergamon Press 1965; ISBN: 9781483185477
[7] Poethke, Walter: Praktikum der Massanalyse; 2. Auflage 1980, Verlag Harri Deutsch, Thun und Frankfurt/Main; ISBN 3-87144-535-5 3.
[8] http://dx.doi.org/10.1080/10408347308542666
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lemmi
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Re: Synthese und Analytik von komplexen Antimon-Salzen

Beitrag von lemmi »

Finde ich sehr interessant! Dazu hätte ich gleich ein paar Fragen:

Erstens: das von dir dargestellte Natriumantimonylartrat-tetrahydrat! Hast du zu dieser Hydratationsstufe in der Literatur etwas gefunden? Ist sie an der Luft stabil? (Ein wenig in einem tarierten Gläschen ein paar Tage liegen lassen und noch mal wiegen ?)
Meine Vermutung wäre, dass sie beim Lagern leicht in das pentahydrat übergeht .

Zweitens: du schreibst, das Kaliumantimonyloxalat habe eine " 5-eckig pyramidale " Molekülstruktur. Wieso so unsymmetrisch und nicht oktaedrisch? Das sind doch auch sechs Ecken! Oder liegt das am Aufbau des Antimon-Atoms?
Na[Sb(C6H6O7)2(H2O)2] · H2O
Wie erklärt sich diese Formel? Es kommt mir sonderbar vor, dass zwei mol Zitronensäure plus 2 mol Wasser ein armseliges Antimonatom komplexieren sollen! Offenbar liegt die Zitronensäure da als di-Anion vor. Hast du mal versucht, was herauskommt wenn man die (auf den ersten Blick unsinnige) originalvorschrift kocht und tatsächlich doppelt so viel Antimon einsetzt?

Ich habe deine Versuche mal nach 1., 2. ,3. und 4. durchnummeriert.
"Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden. Aber nicht einfacher." (A. Einstein 1871 - 1955)

"Wer nur Chemie versteht, versteht auch die nicht recht!" (G.C. Lichtenberg, 1742 - 1799)

"Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung der Leute, die die Welt nie gesehen haben." (Alexander v. Humboldt, 1769 - 1859)
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mgritsch
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Re: Synthese und Analytik von komplexen Antimon-Salzen

Beitrag von mgritsch »

lemmi hat geschrieben: Samstag 22. Mai 2021, 14:33
Hast du zu dieser Hydratationsstufe in der Literatur etwas gefunden? Ist sie an der Luft stabil? (Ein wenig in einem tarierten Gläschen ein paar Tage liegen lassen und noch mal wiegen ?)
Meine Vermutung wäre, dass sie beim Lagern leicht in das pentahydrat übergeht .
Ich habe dazu ingesamt erschreckend wenig gefunden :)
Das mit liegen lassen kann ich gerne probieren.
Hast du eine Ahnung warum die pharm.int. auf ein dihydrat hin prüft?
Zweitens: du schreibst, das Kaliumantimonyloxalat habe eine " 5-eckig pyramidale " Molekülstruktur. Wieso so unsymmetrisch und nicht oktaedrisch? Das sind doch auch sechs Ecken! Oder liegt das am Aufbau des Antimon-Atoms?
Bitte noch etwas Geduld bis ich die Bilder hergerichtet und eingefügt habe, komme im Moment zu fast nichts.... :(
3 Oxalsäure = 6 COO- davon liegen 2 Oxalsäure in der Ebene horizontal und die dritte macht die Brücke von der Sb-Ebene nach unten zur Spitze = Pyramide mit 5-eckiger Basis. Die gegenüberliegende (nicht besetzte) Spitze bildet ein Elektronenpaar des Sb.
Wie erklärt sich diese Formel? Es kommt mir sonderbar vor, dass zwei mol Zitronensäure plus 2 mol Wasser ein armseliges Antimonatom komplexieren sollen! Offenbar liegt die Zitronensäure da als di-Anion vor.
Finde es auch etwas eigenartig, kann hier nur auf die zitierte Literatur verweisen :)
Hast du mal versucht, was herauskommt wenn man die (auf den ersten Blick unsinnige) originalvorschrift kocht und tatsächlich doppelt so viel Antimon einsetzt?
Kann ich wenn mir langweilig ist, aber das lässt sich gut prognostizieren - noch mehr ungelöstes Sb2O3. Nachdem es unlöslich ist kann man auch durch noch mehr Überschuss kein GG weiter verschieben. Liegt einfach nur rum und tut nichts. Aber du hast recht - man soll probieren und nicht denken ;)
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lemmi
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Re: Synthese und Analytik von komplexen Antimon-Salzen

Beitrag von lemmi »

mgritsch hat geschrieben: Samstag 22. Mai 2021, 15:54 Aber du hast recht - man soll probieren und nicht denken ;)
Ist ja kein Widerspruch! :mrgreen:

Kann sehr gut sein, dass du recht hast mit deiner Vermutung dass einfach mehr Sb2O3 übrig bleibt . Kann aber auch sein dass es überraschend anders läuft ... ist mir bei meiner Darstellung des Schlippe'schen Salzes passiert.

Was hast du eigentlich mit deinem verschlunzten letzten Präparat vor? Ich würde empfehlen, aus der wässerigen Lösung mit Ammoniak das Antimonoxid wieder auszufällen.(Obwohl ... wenn ich mir die Größemaßstäbe deiner Synthesen anschaue scheinst du daran ja keinen Mangel zu haben, trotzdem wäre es schade, es wegzuschmeißen)
Hast du eine Ahnung warum die pharm.int. auf ein dihydrat hin prüft?
Nope! Es kann aber sein, dass die von mir gemachte Annahme, die Komplexstruktur sei identisch mit der des Kaliumantimonyltartrats, falsch ist und die internationale Pharmakopöe recht hat, darin dass ein 1 Mol Wasser mit komplexiert ist. Sie schreiben ja ausdrücklich, dass sich die Gehaltsbestimmung auf die getrocknete Substanz bezieht. Wenn sie Recht haben, wäre das von mir dargestellte Salz ein 1,5-Hydrat.

Ich wusste übrigens nicht, dass die Substanz in der Internationalen Pharmakopöe immer noch gelistet ist! Unter den englischen Titeln habe ich sie nicht gefunden, nur unter dem von Dir angegebenen Lateinischen.

Ach und übrigens 8)
...Brechweinstein ist ein seit dem Altertum bekanntes Emetikum...
Der Brechweinstein wurde in der frühen Neuzeit entdeckt (Adrian von Mynsicht, 1631). Das Altertum ging mit der Völkerwanderung im 7. Jahrhundert zu Ende.
"Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden. Aber nicht einfacher." (A. Einstein 1871 - 1955)

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Re: Synthese und Analytik von komplexen Antimon-Salzen

Beitrag von mgritsch »

So, jetzt ist mal ein bisschen Bild mit drin....
lemmi hat geschrieben: Samstag 22. Mai 2021, 19:33 (Obwohl ... wenn ich mir die Größemaßstäbe deiner Synthesen anschaue scheinst du daran ja keinen Mangel zu haben, trotzdem wäre es schade, es wegzuschmeißen)
500g Sb2O3 für 17 EUR... Zeit ist bei mir die knappere Ressource und bis das wieder gewaschen und getrocknet und alle Geräte... nö, lieber Blick nach vorne ;) (solltest du Bedarf an einem oder mehreren der Produkte haben...?)
Nope! Es kann aber sein, dass die von mir gemachte Annahme, die Komplexstruktur sei identisch mit der des Kaliumantimonyltartrats, falsch ist und die internationale Pharmakopöe recht hat, darin dass ein 1 Mol Wasser mit komplexiert ist. Sie schreiben ja ausdrücklich, dass sich die Gehaltsbestimmung auf die getrocknete Substanz bezieht. Wenn sie Recht haben, wäre das von mir dargestellte Salz ein 1,5-Hydrat.
also es gibt keine seriöse, moderne kristallographische Quelle die bei den Tartraten eine Monomer-Struktur unterstellt. Das Kation mag über Löslichkeit, Kristallwasser etc mit entscheiden, aber das komplexe Anion sollte in seiner Struktur davon IMHO unberührt bleiben.
Wie auch immer, was das betrifft ist das ohnehin einfach ein Faktor 2 und nur kristallographisch aber nicht analytisch relevant.

Einen Widerspruch gibt es nur zwischen Plimmer und ph.int:
Bei genauem Lesen fällt auf, dass Plimmer's Anhydrat an das er noch weitere Kristallwässerchen hängt, bereits das Monohydrat der Ph.Int. ist (C4H4O7). Folgt man seiner Argumentation, dass da noch bis zu 2,5 H2O drauf kommen, dann hätte man nach "moderner" Ansicht des Dimers (2 x C4H2O6) bereits ein 3,5 x 2 = Heptahydrat ;) Wird immer bunter.

Plimmer kommt bei Trocknung an der Luft bei 105 °C nur runter auf ein „1/2 - Hydrat" = immer noch mehr als die Ph.Int. behauptet. Plimmer kommt nur mit H2SO4 im Vakuum auf "sein wasserfrei" = Monohydrat.

Mag sein dass bei Plimmer auch die damals noch falsche Atommasse von Sb mitgespielt hat (man war von 120 ausgegangen, war ein ziemlich langer und breiter Weg und IMHO erst so in den späten 1920ern +/- auf dem heutigen akzeptierten Wert 121,76. (btw, mein lieber Watson, das lässt sich aus seiner Angabe dass das "Anhydrat" einen Sb-Anteil von 39,09% habe auch rückprüfen ;) )

Meine Prüfung hat jedenfalls bestätigt dass mein Produkt nach 3 Tagen an der Luft rechnerisch genau auf das Pentahydrat zugenommen hat. Wir schicken die beiden also hiermit zum Teufel und können auf Basis unserer Untersuchungen jedenfalls behaupten, dass an der feuchten Luft die Zusammensetzung
Na2[Sb2(C4H2O6)2] · 5 H2O
über Gehaltsbestimmungen zweier unabhängiger Experten mit unterschiedlichen analytischen Methoden bestätigt ist
:angel: :angel: :angel:
was dann beim Trocknen rauskommt, ob das überhaupt definierte Hydrate sind oder nur eine Mischung, das mögen andere erforschen...

Das Altertum ging mit der Völkerwanderung im 7. Jahrhundert zu Ende.
Danke für den Hinweis, eingebaut ;) Geschichte vor 1800 war mir immer schon fremd, einfach nur "lang her" ;)
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lemmi
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Re: Synthese und Analytik von komplexen Antimon-Salzen

Beitrag von lemmi »

Meine Prüfung hat jedenfalls bestätigt dass mein Produkt nach 3 Tagen an der Luft rechnerisch genau auf das Pentahydrat zugenommen hat. Wir schicken die beiden also hiermit zum Teufel und können auf Basis unserer Untersuchungen jedenfalls behaupten, dass an der feuchten Luft die Zusammensetzung
Na2[Sb2(C4H2O6)2] · 5 H2O
über Gehaltsbestimmungen zweier unabhängiger Experten mit unterschiedlichen analytischen Methoden bestätigt ist
:thumbsup: :yeah:
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mgritsch
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Re: Synthese und Analytik von komplexen Antimon-Salzen

Beitrag von mgritsch »

Reizvoll wäre es ja auch noch Malat, Malonat, Maleat, Fumarat, Succinat zu probieren - aber mangels Literatur (ich fand jedenfalls noch nichts dazu...) oder eben entsprechenden Möglichkeiten der Elementaranalyse wäre das ein Fischen im Trüben. Am Ende bleiben es auch (bestenfalls) nur weiße Pulver.

Zur Geschichte - kennst du diese Publikation?
https://journals.sagepub.com/doi/pdf/10 ... 2902200461
Auch eine sehr nette Zusammenfassung...
Alf
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Re: Synthese und Analytik von komplexen Antimon-Salzen

Beitrag von Alf »

Schöner Artikel, der Kaliumantimonyltartrat Kristall sieht super aus :)
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mgritsch
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Re: Synthese und Analytik von komplexen Antimon-Salzen

Beitrag von mgritsch »

Thx :)
Ich bin immer wieder enttäuscht wenn die Kristalle aus der Lösung raus kommen und trocknen. Die Verwitterung setzt bald merklich an, Kanten werden stumpf... so eine perfekt glitzernde Welt ist es nur „unter Wasser“:
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lemmi
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Re: Synthese und Analytik von komplexen Antimon-Salzen

Beitrag von lemmi »

Vielen Dank für den Artikel aus den Proceedings von 1928. Habe ihn erstmal nur überflogen: da diskutiert Manson-Bahr mit, einer der granden der britischen Tropenmedizin.
Ich finde die Kristallfotos auch sehr beeindruckend! Schade, dass die so leicht verwittern. Ich würde sie in einem geschlossenen Gefäß aufbewahren, in dem sich ein mit etwas gesättigter Brechweinsteinlösung getränkter Wattebausch befindet (jetzt frag mich bitte nicht nach den Details der Physik hinter diesem Ratschlag! ich habe den mal so gelesen 8) ... )
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Glaskocher
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Re: Synthese und Analytik von komplexen Antimon-Salzen

Beitrag von Glaskocher »

Ich tippe mal darauf, daß das Wasser in der Lösung einen ähnlichen Dampfdruck hat wie das Kristallwasser im Kristall. es braucht ja nur eine "Monolage" an Mutterlauge auf der Kristalloberfläche, um ihn am Verwittern zu hindern.
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mgritsch
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Re: Synthese und Analytik von komplexen Antimon-Salzen

Beitrag von mgritsch »

lemmi hat geschrieben: Mittwoch 26. Mai 2021, 21:01 Vielen Dank für den Artikel aus den Proceedings von 1928.
Ich finde ja so historische Fall-Dokumentationen sehr spannend zu lesen.
Meine Liebingsstelle, Behandlung einer versehentlichen 10-fachen Überdosis NaSb Tartrat:
He was given copious amounts of fluids, rectal salines, and one ounce of brandy four-hourly.
Tragischerweise verstarb der Patient trotzdem 37 Std nach Injektion.
Ich würde sie in einem geschlossenen Gefäß aufbewahren, in dem sich ein mit etwas gesättigter Brechweinsteinlösung getränkter Wattebausch befindet (jetzt frag mich bitte nicht nach den Details der Physik hinter diesem Ratschlag! ich habe den mal so gelesen 8) ... )
wieso sollte ich die Details dazu hinterfragen, klingt sehr logisch um den genau passenden Dampfdruck bereitzustellen :)
Ich plane keine längere Lagerung, sollte nur fürs Foto reichen und dann ab in die Dose damit.
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lemmi
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Re: Synthese und Analytik von komplexen Antimon-Salzen

Beitrag von lemmi »

mgritsch hat geschrieben: Freitag 28. Mai 2021, 14:24 Meine Liebingsstelle, Behandlung einer versehentlichen 10-fachen Überdosis NaSb Tartrat:
He was given copious amounts of fluids, rectal salines, and one ounce of brandy four-hourly.
Tragischerweise verstarb der Patient trotzdem 37 Std nach Injektion.
Diese Stelle ist mir auch aufgefallen! Die Therapie ist wirklich toll.

Die Dosisangaben “gr. 2 1/2“ sind übrigens nicht im Grammen sondern in grains ( das Festland-europäische Äquivalent war das gran). Ein gran sind etwa 60 Milligramm! Das bedeutet, der Patient hätte eigentlich 150 mg Natrium-antimonyltartrat gespritzt bekommen sollen und hat stattdessen 1,5 g erhalten. Das hat ihn umgebracht... :?
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mgritsch
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Re: Synthese und Analytik von komplexen Antimon-Salzen

Beitrag von mgritsch »

Gespritzt bekam er nur etwa 60% der 1,5 g - somit 900 mg, dann zog der Arzt ob der Reaktion des Patienten schon die Nadel. Die Wirkung war erstaunlich rasch! (Husten, Cyanose, Schmerzen, Übelkeit).
Das timing verstehe ich nicht ganz - wenn er diese Injektion um 5 p.m. erhielt und nach 2 Nächten um 6:30 p.m. verstarb, wie kommt man da auf 37 1/2 Stunden? Bei mir wäre das 49 1/2 Stunden. War wohl doch eher 6:30 a.m. des übernächsten Tages. Was für ein schlampiger Arzt, nicht mal die Todeszeit richtig geschrieben. :(

Was wäre heute die Therapie? Komplexbildner wie bei Schwermetall-Vergiftung? Gabs das damals schon? Dialyse?

Auch interessant - große Dosen von 115 gr über längere Zeiträume schienen keine Vergiftung auszulösen, es akkumuliert nicht und dürfte rasch ausgeschieden werden.

Ich habe auch mal aufgeschnappt dass man sich oral wohl schwer vergiften kann da das Erbrechen die Aufnahme einer letalen Dosis (zumeist) verhindert.

Ja mit der Einheit bin ich durchaus vertraut. Schießpulver-Mengen werden - wohl den Amerikanern geschuldet - auch heute noch in grain angegeben. Ergibt für die in Patronen üblichen Mengen aber auch ganz hübsche Zahlen ohne zu viel Nachkommastellen.

Interessant fand ich auch dass die verschiedenen Salze angeblich unterschiedlich stark toxisch sind und das Na Salz weniger toxisch als das K Salz sein soll bei größerem Abstand zwischen therapeutischer und letaler Dosis. Wie kann das sein?
Calciumcitrat
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Re: Synthese und Analytik von komplexen Antimon-Salzen

Beitrag von Calciumcitrat »

Wer ein bisschen tiefer in die Gasphasenstrukturen von Weinsäure eintauchen möchte (die wohl auch im interstellaren Raum vorkommt): https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10. ... .202105718
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