Isolierung von Gallussäure aus Tannin

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Alf
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Isolierung von Gallussäure aus Tannin

Beitrag von Alf »

Isolierung von Gallussäure aus Tannin

Gallussäure ist ein wichtiges Stoffwechselprodukt im pflanzlichen Metabolismus und ein Monomer der Tannine. Tannine sind pflanzliche Gerbstoffe die vielen Lebensmitteln wie Wein, Kaffee und Tee einen charakteristischen Geschmack verleihen. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Glucose-Ester der Gallussäure. Daneben bestehen Tannine zu kleinerem Teil auch aus anderen Verbindungen, zum Beispiel Ellagsäure. Zur Gewinnung der Gallussäure werden industriell Schimmelpilze benutzt, die das Enzym Tannase exprimieren.

In dieser Darstellung werden ausgehend von Tannin - Synonym: Gerbsäure - die Ester-Bindungen gespalten und anschließend die Gallussäure auskristallisiert. Die einzige Vorschrift konnte ich hier finden.


Geräte/Materialien:

Bechergläser, Erlenmeyerkolben, Stopfen, Kunststoffspatel, dest. Wasser, Magnetheizrührer, Rührfisch, Uhrglas, Kristallisierschale, Wärmeschrank


Chemikalien:

Salzsäure 30% Warnhinweis: c
Natriumhydroxid Warnhinweis: c
Kaliumdisulfit Warnhinweis: attnWarnhinweis: c
Schwefelsäure 1M Warnhinweis: c
Aktivkohle

Tannin
Gallussäure Warnhinweis: attn


Hinweis:

Es werden sehr geringe Mengen Schwefeldioxid frei, auf Raumlüftung achten.


Durchführung:


a) Isolierung mit Natronlauge

25 g Tannin und ein kleiner Spatel Kaliumdisulfit werden unter magnetischem Rühren in 25 ml heißem Wasser gelöst und in einen 100 ml Erlenmeyerkolben überführt. Währenddessen werden 15 g Natriumhydroxid in 40 ml kaltem Wasser gelöst. Nachdem die Lösungen erkaltet sind fügt man die Natronlauge zur Tannin Lösung hinzu und füllt den Erlenmeyerkolben bis kurz unter dem Hals mit destilliertem Wasser. Danach wird der Kolben mit einem Uhrglas bedeckt und für 1 Stunde bei 65°C in den Wärmeschrank gestellt. Nachdem die dunkle Lösung heiß geworden ist wird noch einmal eine kleine Menge Kaliumdisulfit hinzugefügt, mit einem Stopfen verschlossen und für weitere 2 Stunden im Wärmeschrank erhitzt.

In einem 500 ml Becherglas werden 60 ml 30% Salzsäure vorgelegt und die Tannin Lösung nach Abkühlen zügig hinzugegeben und im Anschluss über Nacht im Freien (im Winter) oder im Gefrierschrank belassen. Am nächsten Tag dekantiert man den tiefroten Überstand ab und verwirft diesen.

Zum Waschen und anschließenden Umkristallisieren bereitet man eine verdünnte Salzsäure Lösung vor, indem 80 ml 30 % Salzsäure mit Wasser auf 600 ml aufgefüllt werden und ein Spatel Kaliumdisulfit hinzugegeben wird. Der dunkelbraune Rückstand wird dreimal mit ca. 50 ml verdünnter Salzsäure gewaschen und dekantiert.
Danach wird viermal umkristallisiert, indem der Rückstand mit 80 ml verdünnter Salzsäure versetzt und unter magnetischem Rühren zum Sieden erhitzt wird, bis er sich vollständig gelöst hat. Nach dem Erkalten kristallisiert die Gallussäure in Form sehr kleiner Kristallnadeln aus. Nach jeder Umkristallisation werden die Überstehende Lösungen und Kristalle heller und nach viermaligem Umkristallisieren hellbraun. Nach der vierten Umkristallisation wird abgenutscht und mit reichlich kaltem, destilliertem Wasser gewaschen. Am Ende wurde noch einmal aus 80 ml destilliertem Wasser umkristallisiert, abgenutscht und im Wärmeschrank getrocknet.

Es konnten 2,4 g hellbeiger Gallussäure gewonnen werden.


b) Isolierung mit Schwefelsäure

In einem 100 ml Becherglas werden 5 g Tannin vorgelegt und mit 30 ml 1 M Schwefelsäure versetzt. Das Becherglas wird mit einem Uhrglas bedeckt und für 15 Minuten unter magnetischem Rühren gekocht. Danach wird schnell durch einen mit Watte versehenen Filter filtriert.
Das Filtrat wurde über Nacht im Kühlschrank belassen, wobei sich dunkelbraune Kristalle abschieden. Es wird erneut filtriert und mit eiskaltem Wasser nachgewaschen, bis das Filtrat einen neutralen pH-Wert anzeigt.

Danach wird umkristallisiert, indem die unreine und dunkelbraune Gallussäure in 40 ml heißem Wasser gelöst wird. Dabei wird etwas Aktivkohle zugesetzt und für ca. 15 Minuten erhitzt, wobei das verdunstete Wasser aufgefüllt wird. Im Anschluss wird erneut filtriert. Das Filtrat wird für 12 Stunden im Kühlschrank belassen, filtriert und die umkristallisierte Gallussäure getrocknet.

Es wurden 1,2 g beige Gallussäure erhalten.


Entsorgung:

Alle Lösungen können neutralisiert dem Abwasser beigegeben werden.


Erklärung:

Tannin oder Gerbsäure ist ein Polyphenol und der Glucose Ester der Gallussäure. Durch das Natriumhydroxid werden die Gallussäure-Glucose-Ester gespalten und die freie Gallussäure als Natriumgallat freigesetzt. Durch das Ansäuern mit Salzsäure fällt sie schließlich aus. Das Kaliumdisulfit soll die Oxidation der Gallussäure verhindern, die vor allem im basischen Milieu sehr rasch erfolgt.

Mit Schwefelsäure kommt es ebenfalls zur Esterspaltung und die Gallussäure wird freigesetzt.

Bild
Struktur der Gerbsäure, wobei die Anzahl der Gallussäure Reste variieren kann1

Bild
Reaktionsablauf der Esterspaltung

Löst man ein paar Kristalle der erhaltenen Gallussäure in Natronlauge, so färbt sie sich orange/rot und an der Luft innerhalb weniger Sekunden schwarz. Deshalb ist es bei der Darstellung mit Natronlauge wichtig, den Zutritt von Luft so gut wie möglich zu vermeiden, solange die Lösung noch basisch ist.


Diskussion:

Durch die vielen Umkristallisationen wurde wahrscheinlich viel Produkt verloren, ohne wesentlich den Reinheitsgrad zu steigern. Ich würde empfehlen nur zweimal mit Salzsäure umzukristallisieren, das Produkt sowieso immer etwas nachdunkelt und es auch nach insgesamt fünfmaligem Umkristallisieren nicht gelungen ist rein weiße Kristalle zu erhalten.

Die basische Esterspaltung in Vorschrift a) ist eigentlich überflüssig und ein unnötiger Mehraufwand. Die Spaltung mit Schwefelsäure läuft genauso gut ab und es treten weniger Oxidationen als Nebenreaktionen auf. Außerdem ist eine einmalige Umkristallisation ausreichend um ein relativ reines Produkt zu erhalten.

Als Laufmittel für die DC wurde Wasser:Essigsäure 80%:Ethylacetat im Verhältnis 2:7:91 verwendet.

Als kleiner Versuch wurde etwas der erhaltenen Gallussäure trocken erhitzt, wobei sich ein gelb-oranges Sublimat niederschlug. Die Gallussäure zersetzt hierbei vor allem zu Pyrogallol. Als Referenzsubstanz wurde Hydrochinon verwendet, welches einen geringfügig größeren RF-Wert besitzen sollte. Zur Detektion wurde eine 0,5% Lösung von Eisen(III)-chlorid in Ethanol verwendet.


Bild
bei 254nm - vlnr.: Tannin, Gallussäure aus Versuch a), Gallussäure aus Versuch b), Gallussäure nach Erhitzen, Hydrochinon


Bild
mit FeCl3 - vlnr.: Tannin, Gallussäure aus Versuch a), Gallussäure aus Versuch b), Gallussäure nach Erhitzen, Hydrochinon


Bilder:


Bild
Eingewogenes Tannin.


Bild
Nach der Zugabe der Natronlauge tiefdunkle Lösung.


Bild
Am nächsten Morgen nach dem Abkühlen ausgefallene Rohgerbsäure.


Bild
Nach der ersten Umkristallisation ist die Überstehende Lösung noch sehr dunkel.


Bild
Fertiges Produkt.


Quellen:

[1]https://www.google.com/search?q=Tannine ... 6pPEi1xbZM, 13. 2. 2021
Alf
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Re: Isolierung von Gallussäure aus Tannin

Beitrag von Alf »

Ich wäre sehr dankbar falls jemand eine Vorschrift für eine DC zur Hand hat!
Glaskocher
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Re: Isolierung von Gallussäure aus Tannin

Beitrag von Glaskocher »

Ein interessanter unf vom Laien nachvollziebarer Versuch. Die Ausbeute ist zwar recht gering, aber vermutlich der aufwändigen Reinigung geschuldet.

Frage nach Bildquelle nachträglich gestrichen...

Sowohl Tannin als auch Gallussäure bilden mit Eisen(III)-Ionen einen bläulichschwarzen Komplex, der als Tintenfarbstoff genutzt wurde. Seine Verwendung ist aus konservatoeischer Sicht nicht unproblematisch, weil das lösliche Eisen oft aus Eisensulfat kam. Das Sulfat setzt im Papier Spuren Schwefelsäure frei, die die Versprödung vom Papier beschleunigt.
virgil
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Re: Isolierung von Gallussäure aus Tannin

Beitrag von virgil »

Alf hat geschrieben: Samstag 13. Februar 2021, 17:29 Ich wäre sehr dankbar falls jemand eine Vorschrift für eine DC zur Hand hat!
Gallus.jpg
Gallus.jpg (27.34 KiB) 5262 mal betrachtet
Quelle: Phenolische Verbindungen, Otto Sticher , https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q ... E9NXCxT7Mg
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mgritsch
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Re: Isolierung von Gallussäure aus Tannin

Beitrag von mgritsch »

Ich glaube das Problem mit der Formel ist, dass es nicht nur ein Tannin gibt, immer schwierig bei komplexen biologischen Molekülen da etwas sinnvolles zu malen.

Bei deinem Reaktionsmechanismus fehlt dem Zucker tendenziell ein -CH2O- Ästchen. Dann wären die R nur Gallussäuren (oder noch komplexere Reste)
Glaskocher
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Re: Isolierung von Gallussäure aus Tannin

Beitrag von Glaskocher »

Im Link zur Vorschrift ist am Ende ein "/" zuviel . So funktioniert er wieder:
http://www.sciencemadness.org/talk/viewthread.php?tid=20487

Der Thread dort ist lesenswert.
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lemmi
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Re: Isolierung von Gallussäure aus Tannin

Beitrag von lemmi »

Sehr schöner Versuch! Wollte ich auch schon lange mal machen ... :)

Aber warum hast du im Alkalischen hydrolysiert?

Nach Winterfeld werden 10 g Tannin mit 60 ml 2 N Schwefelsäure unter Rückfluss gekocht, auskristallisieren gelassen (mehrere Tage) und das Rohprodukt unter Zusatz von Aktivkohle aus Wasser umkristallisiert. Als Ausbeute sind 3,2 g angegeben.

Könnte man vielleicht mal alternativ probieren. Wenn du es machen möchtest, scanne ich gerne die Vorschrift und schicke sie dir.

Zur DC: das Laufmittel, das virgil angegeben hat, steht auch im Wolff (Mikro-Dünnschichtchromatographie 3. Auflage). Gallussäure und verwandte Substanzen sind fluoreszenzlöschend, können also im UV 254 nachgewiesen werden. Ich gehe davon aus, dass man als Sprühreagenz auch verdünnte Eisen(III)-chloridlösung (1 % in Methanol/Wasser 1:1) verwenden kann, um die Spots sichtbar zu machen. (Wer hat schon Dichlorchinonchlorimid im Haus 8) ) Als Vergleichssubstanzen könntest du dein Edukt Tannin sowie Hydrochinon nehmen (hat höheren RF als Gallussäure)
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mgritsch
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Re: Isolierung von Gallussäure aus Tannin

Beitrag von mgritsch »

lemmi hat geschrieben: Montag 15. Februar 2021, 00:05 Zur DC: das Laufmittel, das virgil angegeben hat, steht auch im Wolff
Zumal ja wasserfreie Ameisensäure in DE auch nicht mehr frei zu bekommen zu sein scheint - natürlich geht es mit verdünnterer auch (Laufmittel enthält ohnehin Wasser - einfach entsprechend weniger Wasser einsetzen), alternativ sollte Eisessig auch ungefähr den Job tun.
Alf
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Re: Isolierung von Gallussäure aus Tannin

Beitrag von Alf »

Habe jetzt noch eine DC durchgeführt mit Wasser:Essigsäure 80%:Ethylacetat im Verhältnis 4,8:7,2:88.

Aufgetragen wurden Tannin und die im Artikel isolierte Gerbsäure. Zusätzlich wurde Gerbsäure aufgetragen, die durch saure Hydrolyse erhalten wurde und als 4. habe ich trockene Gerbsäure im Reagenzglas erhitzt, wobei sie sich zersetzt hat und eine weiß/orange Substanz sublimierte, wobei es sich um Pyrogallol handeln sollte (bildet den 2. Fleck mit höherem RF).

Gefärbt wurde wie von Lemmi vorgeschlagen mit einer 1% FeCl3 - Lösung in Ethanol.

Bild
vlnr.: Tannin - Gerbsäure alkalisch - Gerbsäure sauer - Gerbsäure n. Zersetzung
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lemmi
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Re: Isolierung von Gallussäure aus Tannin

Beitrag von lemmi »

Du meinst sicher Gallussäure und nicht Gerbsäure?

Wie hast du die saure Hydrolyse gemacht?

Na, das sieht doch schon sehr gut aus! Die Spots der Gallussäure sind ziemlich fett, da könnte man etwas weniger einsetzen. Und lass doch einfach mal das Wasser aus deinem Laufmittel raus, vielleicht bekommst du dann ein bisschen niedrigere Rf-Werte.
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aliquis
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Re: Isolierung von Gallussäure aus Tannin

Beitrag von aliquis »

mgritsch hat geschrieben: Montag 15. Februar 2021, 00:12 Zumal ja wasserfreie Ameisensäure in DE auch nicht mehr frei zu bekommen zu sein scheint
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Re: Isolierung von Gallussäure aus Tannin

Beitrag von lemmi »

[EDIT by lemmi: korrekturgelesen, Formatierung angepasst, Chemikalienliste ergänzt und verschoben]
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