Calciumcyanamid aus Cyanursäure
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Calciumcyanamid aus Cyanursäure
Calciumcyanamid aus Cyanursäure
Calciumcyanamid (Kalkstickstoff) wird als Stickstoff-Düngemittel verwendet, welches allerdings größtenteils durch andere Verbindungen wie Harnstoff abgelöst wurde. Industriell wird es aus Calciumcarbid und Stickstoff dargestellt (Stickstofffixierung im Frank-Caro-Prozess). Einfacher ist jedoch die Darstellung aus Calciumoxid und Harnstoff mit anschließender Pyrolyse, bzw. wie hier gezeigt über die Pyrolyse von Calciumcyanurat. Die Synthese wurde von AllChemystery übernommen.
Geräte:
2 L Becherglas, Büchnertrichter mit Saugflasche, Heizplatte mit Magnetrührer, Rührfisch, Metalldose, Muffelofen
Chemikalien:
Cyanursäure (Dihydrat)
Natriumhydroxid
Calciumchlorid
Destilliertes/Demin. Wasser
Calciumcyanurat
Calciumcyanamid
Hinweis:
Falls das Calciumcyanurat nicht von der Natriumverunreinigung befreit wird könnte bei der Pyrolyse Cyanid entstehen. Das Calciumcyanurat muss daher gut gewaschen werden.
Durchführung:
82,5 g Cyanursäure (Dihydrat, 0,5 mol), werden in 1800 mL kochend heißem Wasser gelöst. Eine Natriumhydroxidlösung aus 40 g (1 mol) NaOH und 100 mL Wasser wird langsam (!) dazugegeben und anschließend für 15 Minuten gekocht. Dann wird eine Lösung von 55 g (0,5 mol) Calciumchlorid in 250 mL Wasser dazugegeben, wobei ein weißer Niederschlag ausfällt, welcher nach dem Abkühlen abgenutscht und gewaschen wird. Anschließend wird er erneut in heißem Wasser suspendiert, abkühlen gelassen und erneut filtriert, gewaschen und getrocknet (wurde in einer ausgemusterten Bratpfanne bei geringer Hitze durchgeführt). Ausbeute: 108 g (130,4 % - Salz fällt womöglich als Hydrat an oder enthält nicht umgesetzte Cyanursäure? Siehe die Diskussion im Anschluss an diesen Artikel!)
75,25 g des Calciumhydrogencyanurats werden in eine Metalldose gefüllt, welche ein kleines Loch besitzt, das seinerseits mit einer kleinen Metallplate abgedeckt ist (soll den Gasaustausch zwischen Dose und Umgebung gering halten). Die Dose wird im Muffelofen auf etwa 800-900 °C erhitzt und für eineinhalb Stunden bei dieser Temperatur gehalten. Dabei entsteht beim Erwärmen zunächst ein Geruch nach Ammoniak. Bei höheren Temperaturen fangen die Gase Feuer und verbrennen an der Luft, wenn der Ofen kurz geöffnet wird. Anschließend wird der Ofen ausgeschaltet und die Dose im Ofen auskühlen lassen. Sobald die Dose auf etwa 200 °C abgekühlt ist wird sie aus dem Ofen genommen, auf Zimmertemperatur kühlen gelassen, geöffnet und das Produkt wird entnommen.
Ausbeute: 28,66 g Calciumcyanamid. (79,5 % bei Annahme von wasserfreiem, reinem Calciumcyanurat, siehe auch hier die Diskussion im Anschluss!)
Eine kleine Menge des Calciumcyanamids wird mit 9%igem Ammoniak (konz. wäre besser, ich musste noch etwas stärkeren dazugeben) und etwas Silbernitratlösung versetzt , wobei ein gelber Niederschlag von Silbercyanamid das Cyanamid-Ion anzeigt.
Entsorgung:
Die Restlösung aus dem ersten Versuchsteil enthält Natrium-, Calcium-, Chlorid- und Cyanurationen. Nach dem Neutralisieren kann sie über den Ausguss entsorgt werden.
Erklärung:
Anmerkung: Der erste Teil, nämlich die Darstellung des Calciumhydrogencyanurates, ließ sich nicht aus verlässlicher Literatur entnehmen. Die Gleichungen sind daher Vermutungen von SciMad-User Rosco Bodine übernommen.
Zunächst entsteht aus der Cyanursäure das Natriumhydrogencyanurat, welches mit Calciumchlorid das schwerlösliche Calciumhydrogencyanurat ausfällt:
(HOCN)3 + 2 NaOH → Na2H(OCN)3 + 2 H2O
Na2H(OCN)3 + CaCl2 → CaH(OCN)3 ↓ + 2 NaCl
Das Calciumhydrogencyanurat wird weitestgehend Natriumfrei gewaschen und anschließend pyrolysiert. Dabei wird Isocyansäure freigesetzt:
3 CaH(OCN)3 → Ca3((OCN)3)2 + 3 HNCO
Die Isocyansäure hydrolysiert mit Restwasser zu Ammoniak und Kohlendioxid, was den Ammoniakgeruch erklärt. Bei höheren Temperaturen verbrennt sie:
HNCO + H2O → CO2 + NH3
4 HNCO + 3 O2 → 2 N2 + 2 H2O + 4 CO2
Das Calciumcyanurat pyrolysiert schließlich zu Calciumcyanamid:
Ca3((OCN)3)2 → 3 CaCN2 + 3 CO2
Mit Silberionen in Ammoniak fällt Silbercyanamid aus:
2 [Ag(NH3)2]+ + H2NCN → Ag2CN2 ↓ + 2 NH4+ + 2 NH3
Bilder:
Cyanursäure
Calciumchlorid
Cyanursäure und Natronlauge, die Lösung ist noch nicht ganz am Sieden
Ausgefallenes Calciumhydrogencyanurat
Das trockene Zwischenprodukt
Pyrolyse
Die Metalldose nach der Pyrolyse
Das Calciumcyanamid (erscheint in echt weniger gelb)
Abfiltriertes Silbercyanamid vom Cyanamidnachweis
Quellen und Literatur:
http://www.sciencemadness.org/talk/view ... 2#pid56995
http://www.sciencemadness.org/scipics/E ... erials.pdf
Buchanan, G.H. Fresenius, Zeitschrift f. anal. Chemie (1928) 74: 259. https://doi.org/10.1007/BF01469825
Patent US003173755, "Synthesis of Calcium Cyanamide"
Patent DE4420750A1, "Verfahren zur kontinuierlichen Darstellung von Calciumcyanamid"
Calciumcyanamid (Kalkstickstoff) wird als Stickstoff-Düngemittel verwendet, welches allerdings größtenteils durch andere Verbindungen wie Harnstoff abgelöst wurde. Industriell wird es aus Calciumcarbid und Stickstoff dargestellt (Stickstofffixierung im Frank-Caro-Prozess). Einfacher ist jedoch die Darstellung aus Calciumoxid und Harnstoff mit anschließender Pyrolyse, bzw. wie hier gezeigt über die Pyrolyse von Calciumcyanurat. Die Synthese wurde von AllChemystery übernommen.
Geräte:
2 L Becherglas, Büchnertrichter mit Saugflasche, Heizplatte mit Magnetrührer, Rührfisch, Metalldose, Muffelofen
Chemikalien:
Cyanursäure (Dihydrat)
Natriumhydroxid
Calciumchlorid
Destilliertes/Demin. Wasser
Calciumcyanurat
Calciumcyanamid
Hinweis:
Falls das Calciumcyanurat nicht von der Natriumverunreinigung befreit wird könnte bei der Pyrolyse Cyanid entstehen. Das Calciumcyanurat muss daher gut gewaschen werden.
Durchführung:
82,5 g Cyanursäure (Dihydrat, 0,5 mol), werden in 1800 mL kochend heißem Wasser gelöst. Eine Natriumhydroxidlösung aus 40 g (1 mol) NaOH und 100 mL Wasser wird langsam (!) dazugegeben und anschließend für 15 Minuten gekocht. Dann wird eine Lösung von 55 g (0,5 mol) Calciumchlorid in 250 mL Wasser dazugegeben, wobei ein weißer Niederschlag ausfällt, welcher nach dem Abkühlen abgenutscht und gewaschen wird. Anschließend wird er erneut in heißem Wasser suspendiert, abkühlen gelassen und erneut filtriert, gewaschen und getrocknet (wurde in einer ausgemusterten Bratpfanne bei geringer Hitze durchgeführt). Ausbeute: 108 g (130,4 % - Salz fällt womöglich als Hydrat an oder enthält nicht umgesetzte Cyanursäure? Siehe die Diskussion im Anschluss an diesen Artikel!)
75,25 g des Calciumhydrogencyanurats werden in eine Metalldose gefüllt, welche ein kleines Loch besitzt, das seinerseits mit einer kleinen Metallplate abgedeckt ist (soll den Gasaustausch zwischen Dose und Umgebung gering halten). Die Dose wird im Muffelofen auf etwa 800-900 °C erhitzt und für eineinhalb Stunden bei dieser Temperatur gehalten. Dabei entsteht beim Erwärmen zunächst ein Geruch nach Ammoniak. Bei höheren Temperaturen fangen die Gase Feuer und verbrennen an der Luft, wenn der Ofen kurz geöffnet wird. Anschließend wird der Ofen ausgeschaltet und die Dose im Ofen auskühlen lassen. Sobald die Dose auf etwa 200 °C abgekühlt ist wird sie aus dem Ofen genommen, auf Zimmertemperatur kühlen gelassen, geöffnet und das Produkt wird entnommen.
Ausbeute: 28,66 g Calciumcyanamid. (79,5 % bei Annahme von wasserfreiem, reinem Calciumcyanurat, siehe auch hier die Diskussion im Anschluss!)
Eine kleine Menge des Calciumcyanamids wird mit 9%igem Ammoniak (konz. wäre besser, ich musste noch etwas stärkeren dazugeben) und etwas Silbernitratlösung versetzt , wobei ein gelber Niederschlag von Silbercyanamid das Cyanamid-Ion anzeigt.
Entsorgung:
Die Restlösung aus dem ersten Versuchsteil enthält Natrium-, Calcium-, Chlorid- und Cyanurationen. Nach dem Neutralisieren kann sie über den Ausguss entsorgt werden.
Erklärung:
Anmerkung: Der erste Teil, nämlich die Darstellung des Calciumhydrogencyanurates, ließ sich nicht aus verlässlicher Literatur entnehmen. Die Gleichungen sind daher Vermutungen von SciMad-User Rosco Bodine übernommen.
Zunächst entsteht aus der Cyanursäure das Natriumhydrogencyanurat, welches mit Calciumchlorid das schwerlösliche Calciumhydrogencyanurat ausfällt:
(HOCN)3 + 2 NaOH → Na2H(OCN)3 + 2 H2O
Na2H(OCN)3 + CaCl2 → CaH(OCN)3 ↓ + 2 NaCl
Das Calciumhydrogencyanurat wird weitestgehend Natriumfrei gewaschen und anschließend pyrolysiert. Dabei wird Isocyansäure freigesetzt:
3 CaH(OCN)3 → Ca3((OCN)3)2 + 3 HNCO
Die Isocyansäure hydrolysiert mit Restwasser zu Ammoniak und Kohlendioxid, was den Ammoniakgeruch erklärt. Bei höheren Temperaturen verbrennt sie:
HNCO + H2O → CO2 + NH3
4 HNCO + 3 O2 → 2 N2 + 2 H2O + 4 CO2
Das Calciumcyanurat pyrolysiert schließlich zu Calciumcyanamid:
Ca3((OCN)3)2 → 3 CaCN2 + 3 CO2
Mit Silberionen in Ammoniak fällt Silbercyanamid aus:
2 [Ag(NH3)2]+ + H2NCN → Ag2CN2 ↓ + 2 NH4+ + 2 NH3
Bilder:
Cyanursäure
Calciumchlorid
Cyanursäure und Natronlauge, die Lösung ist noch nicht ganz am Sieden
Ausgefallenes Calciumhydrogencyanurat
Das trockene Zwischenprodukt
Pyrolyse
Die Metalldose nach der Pyrolyse
Das Calciumcyanamid (erscheint in echt weniger gelb)
Abfiltriertes Silbercyanamid vom Cyanamidnachweis
Quellen und Literatur:
http://www.sciencemadness.org/talk/view ... 2#pid56995
http://www.sciencemadness.org/scipics/E ... erials.pdf
Buchanan, G.H. Fresenius, Zeitschrift f. anal. Chemie (1928) 74: 259. https://doi.org/10.1007/BF01469825
Patent US003173755, "Synthesis of Calcium Cyanamide"
Patent DE4420750A1, "Verfahren zur kontinuierlichen Darstellung von Calciumcyanamid"
Es ist eine bedeutende und allgemein verbreitete Tatsache, dass Dinge nicht immer das sind, was sie zu sein scheinen.
Hmm, grundsätzlich interessant. Aber mir ist doch ziemlich unklar, was du da gemacht hast...
Wie du schon selbst angemerkt hast entspricht das Vorgehen nicht den Reaktionsgleichungen: Auf 82,5 g Cyanursäure wären 76,6 g Natriumhydroxid nötig um das Trinatriumsalz zu erhalten. Die Vorschrift sieht nur gut 50% der stöchiometrischen Menge vor. (40 g) Zufall oder A bsicht? Würde sich das neutrale Salz zersetzen? Hast du den pH der Lösung geprüft?
Als nächstes wären zur quantitativen Fällung der Cyanursäure 106 g Calciumchlorid nötig. Auch hier werden nur ca 50% der stöchiometrischen Menge eingesetzt. Wenn man vom Calcium ausgeht wären dann 61,5 g Calciumsalz zu erwarten, du hattest eine Ausbeute von gut 60% mehr! Wie ist das möglich? Bezogen auf die Cyanursäure wären 119 g zu erwarten, da wären deine 108 g gut 90% Ausbeute - aber woher kommt das fehlende Calcium? Oder fällt da gar nicht Calciumcyanurat aus sondern ein Natrium-Calcium-salz? Das könnte die jeweils halben Molmengen an NaOH und CaCl2 erklären.
Schließlich: Die Ausbeute an Calciumcyanamid aus dem Calciumcyanurat beträgt bei dir 59%. Wo sind die fehelnden 40%? Verdampft?
Da wären ein paar weitergehende Recherchen zur Anleitung und zum Reaktionsablauf sinnvoll.
Auch eine Analyse des Produktes wäre wünschenswert. Dazu habe ich leider nur eine relativ komplizierte, wenngleich gangbare Methode gefunden. Laut HAGER soll man 2,5 g Calciumcyanamid mit 10 ml Wasser anschütteln, 0,2 g Paraffin und 30 ml konz. Schwefelsäure zufügen und im Kjedahl-Kolben (300 ml!)4 Stunden erhitzen. Anschließend wird das gebildete Ammoniak bestimmt und daraus der Stickstoffgehanlt der Analysensubstanz berechnet.
Eine Umsetzung mit überschüssigem Silbernitrat und Rücktitration nach Volhard erwähnt KOLTHOFF, leider ohne auf Deatils einzugehen.
Wie du schon selbst angemerkt hast entspricht das Vorgehen nicht den Reaktionsgleichungen: Auf 82,5 g Cyanursäure wären 76,6 g Natriumhydroxid nötig um das Trinatriumsalz zu erhalten. Die Vorschrift sieht nur gut 50% der stöchiometrischen Menge vor. (40 g) Zufall oder A bsicht? Würde sich das neutrale Salz zersetzen? Hast du den pH der Lösung geprüft?
Als nächstes wären zur quantitativen Fällung der Cyanursäure 106 g Calciumchlorid nötig. Auch hier werden nur ca 50% der stöchiometrischen Menge eingesetzt. Wenn man vom Calcium ausgeht wären dann 61,5 g Calciumsalz zu erwarten, du hattest eine Ausbeute von gut 60% mehr! Wie ist das möglich? Bezogen auf die Cyanursäure wären 119 g zu erwarten, da wären deine 108 g gut 90% Ausbeute - aber woher kommt das fehlende Calcium? Oder fällt da gar nicht Calciumcyanurat aus sondern ein Natrium-Calcium-salz? Das könnte die jeweils halben Molmengen an NaOH und CaCl2 erklären.
Schließlich: Die Ausbeute an Calciumcyanamid aus dem Calciumcyanurat beträgt bei dir 59%. Wo sind die fehelnden 40%? Verdampft?
Da wären ein paar weitergehende Recherchen zur Anleitung und zum Reaktionsablauf sinnvoll.
Auch eine Analyse des Produktes wäre wünschenswert. Dazu habe ich leider nur eine relativ komplizierte, wenngleich gangbare Methode gefunden. Laut HAGER soll man 2,5 g Calciumcyanamid mit 10 ml Wasser anschütteln, 0,2 g Paraffin und 30 ml konz. Schwefelsäure zufügen und im Kjedahl-Kolben (300 ml!)4 Stunden erhitzen. Anschließend wird das gebildete Ammoniak bestimmt und daraus der Stickstoffgehanlt der Analysensubstanz berechnet.
Eine Umsetzung mit überschüssigem Silbernitrat und Rücktitration nach Volhard erwähnt KOLTHOFF, leider ohne auf Deatils einzugehen.
"Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden. Aber nicht einfacher." (A. Einstein 1871 - 1955)
"Wer nur Chemie versteht, versteht auch die nicht recht!" (G.C. Lichtenberg, 1742 - 1799)
"Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung der Leute, die die Welt nie gesehen haben." (Alexander v. Humboldt, 1769 - 1859)
"Wer nur Chemie versteht, versteht auch die nicht recht!" (G.C. Lichtenberg, 1742 - 1799)
"Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung der Leute, die die Welt nie gesehen haben." (Alexander v. Humboldt, 1769 - 1859)
Danke lemmi für die Rückmeldung mit berechtigten Hinweisen! Ich werde die Reaktionsgleichungen korrigieren müssen.
Das deutet darauf hin, dass das Calciumcyanurat, was hier entsteht, tatsächlich das Calciumhydrogencyanurat ist. In der Literatur wurde oft von dem dreibasischen Salz als Calciumcyanurat gesprochen - dieses bildet sich beim Erhitzen von Calciumcyanat als Zwischenstufe anscheinend - weswegen ich wohl davon ausgegangen bin, es wäre hier genau so.
Mit diesen korrigierten Reaktionsgleichungen ergeben sich folgende theroretischen Werte: Auf 82,5 g Cyanursäure bedarf es 51,1 g NaOH und 70,9 g CaCl2 und es ergäben sich 106,8 g Calciumhydrogencyanurat - Das ist zwar immer noch nicht ganz die Menge, die in der Vorschrift verwendet wurde, aber sie ist schon deutlich näher dran. Die Ausbeute passt auch, obwohl Calciumchlorid und Natriumhydroxid anscheinend nicht ausreichend zugesetzt wurden.
Aus 75,25 g des CaH(OCN)3 sollten 27,66 g CaCN2 enstehen. Das ist auch schon im Bereich des Realistischen (meine Ausbeute betrug ja etwa 28,66 g).
Meine Theorie lautet folglich so: Das Calciumcyanurat enthält zusätzlich zum CaH(OCN)3 noch unreagierte Cyanursäure. Diese steigert die anscheinende Ausbeute im ersten Teilschritt, wird aber im zweiten zu HOCN zersetzt und verbrennt (Dies erklärt auch die Brennbarkeit der Gase, die mich verwirrt hatte!). Die theoretische Gesamtausbeute bezogen auf Calciumchlorid (war ja im Unterschuss vorhanden) beträgt somit 27,66 g, also war meine Ausbeute mit 28,66 g mit etwa 104 % im Rennen. Zu hoch - mein Calciumcyanamid ist aber wahrscheinlich auch nicht ganz rein.
Immerhin: Das Calciumcyanamid war rein genug, um den nachfolgenden Schritt in meiner geplanten Synthese durchzuführen (wenn auch mit etwa 50%igen Ausbeuten). Das kommt auch noch irgendwann.
Den pH-Wert habe ich nicht überprüft. Das Vorgehen entspricht nicht den Reaktionsgleichungen: Diese Frage hat mich selber schon wochenlang beschäftigt, ich habe wieder und wieder die Stöchometrie durchgerechnet und bin nicht auf die Mengenangaben in der Vorschrift gekommen. Dazu unten mehr.lemmi hat geschrieben:Wie du schon selbst angemerkt hast entspricht das Vorgehen nicht den Reaktionsgleichungen: Auf 82,5 g Cyanursäure wären 76,6 g Natriumhydroxid nötig um das Trinatriumsalz zu erhalten. Die Vorschrift sieht nur gut 50% der stöchiometrischen Menge vor. (40 g) Zufall oder A bsicht? Würde sich das neutrale Salz zersetzen? Hast du den pH der Lösung geprüft?
Es wäre nicht wünschenswert, dass das Cyanurat Natrium enthält - es könnte Cyanid bilden.lemmi hat geschrieben:Oder fällt da gar nicht Calciumcyanurat aus sondern ein Natrium-Calcium-salz? Das könnte die jeweils halben Molmengen an NaOH und CaCl2 erklären.
Dieser Punkt ist ebenso verwirrend.lemmi hat geschrieben:Schließlich: Die Ausbeute an Calciumcyanamid aus dem Calciumcyanurat beträgt bei dir 59%. Wo sind die fehelnden 40%? Verdampft?
In der Literatur konnte ich nichts dazu finden. Nach etwas Stöbern bin ich allerdings auf Sciencemadness auf folgenden Post von Rosco gestoßen:lemmi hat geschrieben:Da wären ein paar weitergehende Recherchen zur Anleitung und zum Reaktionsablauf sinnvoll.
http://www.sciencemadness.org/talk/view ... 2#pid56995Calcium cyanurate , CaH(OCN)3 is decomposed by high temperature to calcium cyanamide . [...]
16.5 grams ( .1 mole ) cyanuric acid dihydrate was added to
200 ml stirred hot water . 8 grams of NaOH in 50 ml water
was added and the mixture stirred for 15 minutes just barely at the b.p. . Then 11 grams ( .1 mole CaCl2 ) in 50 ml water
was streamed into the mixture with stirring and heating continued for 30 minutes . Theoretically the white precipitate is calcium cyanurate in a supernatant solution of sodium chloride byproduct .
The reactions are :
(HOCN)3 + 2 NaOH + CaCl2 ---> CaH(OCN)3 + 2 NaCl + 2 HOH
After filtering and drying , the calcium cyanurate should
yield calcium cyanamide upon heating to decomposition at red orange heat in the absence of air by the following reactions :
CaH(OCN)3 ---> Ca(OCN)2 + HOCN
Ca(OCN)2 ---> CaC(N)2 + CO2
Here the progress of the first half reaction should be observable by the burning of escaping gases from the loosely sealed container in which the calcium cyanurate is being heated , and it will be the cyanic acid gas which flares
off for this reaction at a lower temperature than the completing second reaction . For the second reaction ,
of course there will be an evolution of carbon dioxide so long as the reaction is proceeding [...]
Das deutet darauf hin, dass das Calciumcyanurat, was hier entsteht, tatsächlich das Calciumhydrogencyanurat ist. In der Literatur wurde oft von dem dreibasischen Salz als Calciumcyanurat gesprochen - dieses bildet sich beim Erhitzen von Calciumcyanat als Zwischenstufe anscheinend - weswegen ich wohl davon ausgegangen bin, es wäre hier genau so.
Mit diesen korrigierten Reaktionsgleichungen ergeben sich folgende theroretischen Werte: Auf 82,5 g Cyanursäure bedarf es 51,1 g NaOH und 70,9 g CaCl2 und es ergäben sich 106,8 g Calciumhydrogencyanurat - Das ist zwar immer noch nicht ganz die Menge, die in der Vorschrift verwendet wurde, aber sie ist schon deutlich näher dran. Die Ausbeute passt auch, obwohl Calciumchlorid und Natriumhydroxid anscheinend nicht ausreichend zugesetzt wurden.
Aus 75,25 g des CaH(OCN)3 sollten 27,66 g CaCN2 enstehen. Das ist auch schon im Bereich des Realistischen (meine Ausbeute betrug ja etwa 28,66 g).
Meine Theorie lautet folglich so: Das Calciumcyanurat enthält zusätzlich zum CaH(OCN)3 noch unreagierte Cyanursäure. Diese steigert die anscheinende Ausbeute im ersten Teilschritt, wird aber im zweiten zu HOCN zersetzt und verbrennt (Dies erklärt auch die Brennbarkeit der Gase, die mich verwirrt hatte!). Die theoretische Gesamtausbeute bezogen auf Calciumchlorid (war ja im Unterschuss vorhanden) beträgt somit 27,66 g, also war meine Ausbeute mit 28,66 g mit etwa 104 % im Rennen. Zu hoch - mein Calciumcyanamid ist aber wahrscheinlich auch nicht ganz rein.
Richtig, eine Analyse des Produktes ist noch notwendig. Danke für die Links, ich war mir nicht sicher, ob die Stickstoffbestimmung nach Kjedahl einfach so auf ein anorganisches Salz wie Calciumcyanamid anwendbar ist. Wenn ich die Zeit finde, werde ich den Versuch in Angriff nehmen.lemmi hat geschrieben:Auch eine Analyse des Produktes wäre wünschenswert. Dazu habe ich leider nur eine relativ komplizierte, wenngleich gangbare Methode gefunden. Laut HAGER soll man 2,5 g Calciumcyanamid mit 10 ml Wasser anschütteln, 0,2 g Paraffin und 30 ml konz. Schwefelsäure zufügen und im Kjedahl-Kolben (300 ml!)4 Stunden erhitzen. Anschließend wird das gebildete Ammoniak bestimmt und daraus der Stickstoffgehanlt der Analysensubstanz berechnet.
Eine Umsetzung mit Überschüssigem slbernitrat und Rücktitration nach Volhard erwähnt KOLTHOFF, leider ohne auf Deatils einzugehen.
Immerhin: Das Calciumcyanamid war rein genug, um den nachfolgenden Schritt in meiner geplanten Synthese durchzuführen (wenn auch mit etwa 50%igen Ausbeuten). Das kommt auch noch irgendwann.
Es ist eine bedeutende und allgemein verbreitete Tatsache, dass Dinge nicht immer das sind, was sie zu sein scheinen.
- mgritsch
- Illumina-Admin
- Beiträge: 4377
- Registriert: Montag 8. Mai 2017, 10:26
- Wohnort: in den Misanthropen
Hey super, du legst ja richtig los mit arbeiten und auch schreiben! Und gratuliere zum Muffelofen!
Den analogen Weg aus Cyanurdäure zum cyanid mit C hatte ich auch schon mal geplant, aber ohne so einen Ofen ist das ein bisschen unkontrollierbar...
Die Kritik bzgl molarer Verhältnisse hat lemmi ja schon gut dargelegt, da stimmt kaum etwas zusammen.
Ein erster Schritt wäre hier auf jeden Fall dass du in Artikeln immer molare Angaben dazu stellst: „x gramm (y mol)“ - das wäre Standard und hilft dir auch selbst zu plausibilisieren.
YouTube und sciencemadness sind zwar gut für Anregungen und Praxistipps aber sind keine zuverlässigen oder zitierbaren Quellen. Kennst du auch eine „offizielle“ Literatur zu dem Prozess? Welche Reaktionsgleichung und molaren Verhältnisse findet man dort? Auf scimad sind es halt leider oft koch-Rezepte von Leuten ohne jede Ahnung, trial and error erarbeitet...
Den analogen Weg aus Cyanurdäure zum cyanid mit C hatte ich auch schon mal geplant, aber ohne so einen Ofen ist das ein bisschen unkontrollierbar...
Die Kritik bzgl molarer Verhältnisse hat lemmi ja schon gut dargelegt, da stimmt kaum etwas zusammen.
Ein erster Schritt wäre hier auf jeden Fall dass du in Artikeln immer molare Angaben dazu stellst: „x gramm (y mol)“ - das wäre Standard und hilft dir auch selbst zu plausibilisieren.
YouTube und sciencemadness sind zwar gut für Anregungen und Praxistipps aber sind keine zuverlässigen oder zitierbaren Quellen. Kennst du auch eine „offizielle“ Literatur zu dem Prozess? Welche Reaktionsgleichung und molaren Verhältnisse findet man dort? Auf scimad sind es halt leider oft koch-Rezepte von Leuten ohne jede Ahnung, trial and error erarbeitet...
Danke! Ja, genau für so was ist so ein Ofen ganz praktisch.mgritsch hat geschrieben:Hey super, du legst ja richtig los mit arbeiten und auch schreiben! Und gratuliere zum Muffelofen!
Den analogen Weg aus Cyanurdäure zum cyanid mit C hatte ich auch schon mal geplant, aber ohne so einen Ofen ist das ein bisschen unkontrollierbar...
Werd ich ergänzen, danke.mgritsch hat geschrieben: Die Kritik bzgl molarer Verhältnisse hat lemmi ja schon gut dargelegt, da stimmt kaum etwas zusammen.
Ein erster Schritt wäre hier auf jeden Fall dass du in Artikeln immer molare Angaben dazu stellst: „x gramm (y mol)“ - das wäre Standard und hilft dir auch selbst zu plausibilisieren.
Die Kritik ist natürlich berechtigt. Ich finde aber leider keine Quelle, was denn bei der Reaktion von Calciumionen und Cyanursäure mit NaOH wirklich ausfällt... Immerhin, für die thermische Zersetzung habe ich ein Patent (US003173755) gefunden - in dem ist das Cyanurat zwar nur eine Zwischenstufe, aber es hat die gleiche Formel, die Rosco beschreibt:mgritsch hat geschrieben: YouTube und sciencemadness sind zwar gut für Anregungen und Praxistipps aber sind keine zuverlässigen oder zitierbaren Quellen. Kennst du auch eine „offizielle“ Literatur zu dem Prozess? Welche Reaktionsgleichung und molaren Verhältnisse findet man dort? Auf scimad sind es halt leider oft koch-Rezepte von Leuten ohne jede Ahnung, trial and error erarbeitet...
Eine andere Quelle, Patent DE4420750A1, geht auch von Harnstoff und Calciumoxid aus, postuliert aber weitere Zwischenstufen:
Aber nirgends kann ich Literatur zur Reaktion zwischen Cyanursäure, Calciumchlorid und NaOH finden...
Es ist eine bedeutende und allgemein verbreitete Tatsache, dass Dinge nicht immer das sind, was sie zu sein scheinen.
Wenn man den Reaktionensgleichungen von Rosco Glauben schenken darf passt die Stöchiometrie auch wieder. Cyanursäure als Dihydrat (das hatte ich auch übersehen) macht für 82,5 g (0,5 mol) etwa 39,97 g (1 mol) NaOH und 55,46 g (0,5 mol) Calciumchlorid. Es entstehen 83,5 g CaH(OCN)3 wasserfrei. Bei mir sind ja etwa 108 g entstanden - wahrscheinlich fällt es als Hydrat an?
Es ist eine bedeutende und allgemein verbreitete Tatsache, dass Dinge nicht immer das sind, was sie zu sein scheinen.
Nach meiner Rechnung entstehen aus 75, 25g CaH-cyanurat 35,96 g des Produkts. Deine 28,66 g wären dann rund 80%. Sofern man von wasserfreien Edukt ausgeht. Hast du es nach der Fällung noch mal getrocknet? Bzw, hast du noch was übrig? Du könntest es im Exsikkator lagern ob es Gewicht verliert.
"Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden. Aber nicht einfacher." (A. Einstein 1871 - 1955)
"Wer nur Chemie versteht, versteht auch die nicht recht!" (G.C. Lichtenberg, 1742 - 1799)
"Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung der Leute, die die Welt nie gesehen haben." (Alexander v. Humboldt, 1769 - 1859)
"Wer nur Chemie versteht, versteht auch die nicht recht!" (G.C. Lichtenberg, 1742 - 1799)
"Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung der Leute, die die Welt nie gesehen haben." (Alexander v. Humboldt, 1769 - 1859)
Da ich die Pyrolyse bedingt durch die Dosengröße mehrfach machen musste habe ich kein CaH-cyanurat mehr übrig, soweit ich weiß. Aber nach der Fällung habe ich bei etwa 150 °C getrocknet, ja. Es war ein feines, weißes, trocknenes Pulver (oder zumindest erschien es so).lemmi hat geschrieben:Nach meiner Rechnung entstehen aus 75, 25g CaH-cyanurat 35,96 g des Produkts. Deine 28,66 g wären dann rund 80%. Sofern man von wasserfreien Edukt ausgeht. Hast du es nach der Fällung noch mal getrocknet? Bzw, hast du noch was übrig? Du könntest es im Exsikkator lagern ob es Gewicht verliert.
Ich hatte folgendermaßen gerechnet: Laut Stöchometrie kommen 83,5 g CaH(OCN)3 heraus, aber ich habe 108 g erhalten. Unter der Annahme, dass der ganze Rest entweder Wasser oder Cyanursäure oder ein anderes Cyanurat ist, sich diese aber bei der Pyrolyse allesamt verflüchtigen (sei es nun als Wasser, Ammoniak oder Cyansäure), dann kann ich mit der Annahme rechenen, mein Cyanurat ist nur zu 83,5/108 = 77,3% wirklich CaH(OCN)3 (und der Rest halt Cyanursäure und/oder Wasser). Da ich mit 75,25 g des Gemisches weitergearbeitet habe macht das einen tatsächlichen Anteil von 77,3 % * 75,25 g = 58,18 g CaH(OCN)3, welche zu 27,88 g CaCN2 pyrolysieren würden. Ich habe 28,66 g erhalten, also 28,66/27,88 = 102,7 %.
Es ist eine bedeutende und allgemein verbreitete Tatsache, dass Dinge nicht immer das sind, was sie zu sein scheinen.
Re: Calciumcyanamid aus Cyanursäure
[EDIT by lemmi: Formatierung angepasst, Warnsymbole eingefügt, Text minimal verändert und verschoben]
"Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden. Aber nicht einfacher." (A. Einstein 1871 - 1955)
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