Synthesen die entweder mit eher mageren Ausbeuten oder verschwenderischen Überschüssen eines Reagens arbeiten (das Organikum schlägt zum Beispiel vor: 1 mol Carbonsäure (bei Dicarbonsäuren 0,5 mol) und 5 mol des betreffenden Alkohols) sind immer eine besondere Herausforderung - das muß doch auch besser gehen! In dem Sinne und weil es so angenehm riechen soll und weil es generell ein "Übungsobjekt" für Einsatz und Handhabung von Acetylchlorid darstellt, wurde eine entsrpechende Synthese von Benzylacetat durchgfeführt. Acetylchlorid ist zwar ein sehr reaktives und damit optimales Reagenz für Acetylierungen mit hoher Ausbeute. Es ist aber auch stark ätzend, leicht flüchtig (Siedepunkt 51 °C) und bei der Reaktion wird jede Menge HCl-Gas frei. Eine Frage war somit die möglichst elegante praktische Handhabung dieser "Abgase". Hier wurde eine "Gaswäscher-Apparatur" genutzt. Diese hat den Vorteil, dass im Gegensatz zur Waschflasche kein Zurücksaugen der Flüssigkeit passieren kann und dass sie auch für größere Ansätze sehr flexibel skalierbar ist!
Geräte:
Rundkolben, Tropftrichter mit Druckausgleich, Vakuumvorstoß, Vigreux-Kolonne, Bechergläser, Scheidetrichter, Magnetrührer, Heizplatte, Ölbad.
Chemikalien:
Benzylalkohol
Acetylchlorid
Natriumhydrogencarbonat
Magnesiumsulfat (wasserfrei)
Benzylacetat
Hinweis:
Acetylchlorid ist stark ätzend, leicht flüchtig (Siedepunkt 51 °C) und bei der Reaktion wird jede Menge HCl-Gas frei - es ist UNBEDINGT in einem Abzug zu arbeiten!
Durchführung:
Zuerst wurde die Apparatur aufgebaut, dazu wurde ein 100 ml Zweihals-Rundkolben mit einem Tropftrichter mit Druckausgleich versehen, auf den seitlichen Schenkel kam ein Gaseinleitungsstutzen. Zur Absorption der entstehenden HCl-Gase wurde ein Gaswäscher aufgebaut bestehend aus einer Vigreux-Kolonne, darauf kam oben ein (gerader) Vakuumvorstoß und oben wieder ein Gaseinleitungsstutzen. Der Gaseinleitungsstutzen des Rundkolbens wurde nun mittels einem Stück Schlauch mit dem Ansatz des Vakuumvorstoßes verbunden. Durch den Gaseinleitungsstutzen auf der Vigreux-Kolonne wurde ständig Wasser in die Kolonne getropft, zur besseren Verteilung des Wassers innerhalb der Kolonne wurde oben noch ein kleines Bällchen Glaswolle in die Kolonne gegeben. Die Flüssigkeit aus dem Wäscher wurde in 300 ml Erlenmeyerkolben aufgefangen die beizeiten getauscht und entleert werden, kann aber auch direkt in einen Ausguß geleitet werden. (Siehe Bilder unten)
Nun wurden im Kolben 30 ml (31,2 g bzw. 0,29 mol) Benzylalkohol vorgelegt. In den Tropftrichter kamen 23 ml (25,4 g bzw. 0,317 mol) Acetylchlorid (Angabe: min 98%), das entspricht einem 10%igen molaren Überschuss. Der Wasserfluss im Gaswäscher wurde eingeschaltet (kräftiges Tröpfeln genügt, es muss nicht stark fließen) und das Acetylchlorid langsam zugetropft. Durch die Reaktion erwärmte sich die Mischung kräftig und Gasblasen an HCl entstanden. Am Gaswäscher war im oberen Bereich eine deutliche Erwärmung durch die Lösewärme der HCl zu merken. Nach beendeter Zugabe (ca 10 Minuten) ließ die Gasentwicklung bald nach. Nun wurde ein Heizbad angebracht und die Reaktionsmischung langsam auf ca. 180° geheizt um einerseits eine vollständige Umsetzung zu erreichen und andererseits verbleibendes HCl Gas noch auszutreiben. Der Reaktionsfortschritt kann gegen Ende auch am Gaswäscher einfach kontrolliert weden, indem man im Auffang-Kolben ein paar Tropfen Indikator zusetzt (Tropaeolin OO, Umschlagbereich pH 1,4 - 2,8 ). Solange noch HCl entweicht ist der Indikator kräftig rot, nach Abschluss bleibt der Indikator dann gelb. Nach ca 30 Minuten war die Reaktion abgeschlossen. Während der gesamten Reaktionsdauer wurde der Erlenmeyerkolben zum Auffangen 5 mal getauscht - es wurden also insgesamt. ca. 1,5 - 1,8 Liter Wasser für die Wäsche verbraucht.
Nachdem der Kolbeninhalt etwas ausgekühlt war wurde er zuerst in einen Scheidetrichter zu ca 100ml Wasser gegeossen. Dadurch wird der geringe verbleibende Überschuss an Acetylchlorid rasch hydrolysiert und ausgewaschen. Benzylalkohol ist im Gegensatz zu Benzylacetat auch noch merklich wasserlöslich (lit.: 38 g/l vs. 1 g/l) sodass auch ggfs Reste an Benzylalkohol mit ausgewaschen werden. Das Benzylacetat sammelte sich als schwerere Phase und unter starker Trübung unten und wurde abgelassen. Nun wurde die Benzylacetat-Phase noch zwei mal im selben Scheidetrichter mit ca 50 ml gesättigter NaHCO3-Lösung gewaschen um Säurereste zu entfernen. Auch hier könnten noch letzte Reste Benzylalkohol mit in die wässrige Phase übergehen. Gegenüber der gesättigten NaHCO3-Lösung ist Benzylacetat nun die leichtere Phase. Die Benzylacetat-Phase wurde mit etwas wasserfreiem Magnesiumsulfat getrocknet und abfiltriert.
Auf eine Destillation wurde verzichtet, da die Siedepunkte von Benzylalkohol (206 °C) und Benzylacetat (215 °C) zu nahe beieinander liegen um eine saubere Trennung zu ermöglichen. Einsatz einer Kolonne wäre angesichts der geringen Ansatzgröße eher unpraktikabel. Für eine Gehaltsbestimmung wurden 0,2873 g des Produkts in einen Erlenmeyerkolben eingewogen und 25ml einer 0,1 M ethanolischen KOH zupipettiert. Der Kolben wurde verschlossen stehen gelassen und nach 24 h mit 0,1 M HCl gegen Phenolphthalein zurücktitriert. Die Bestimmung ergab einen Gehalt von 97,1 %.
Roh-Ausbeute vor Trocknung: 40,92 g (94,4 % d.Th.)
Ausbeute nach Trocknung: 33,94 g (78,3 % d.Th.)
Mit etwas gründlicherer Trennung beim Ausschütteln bzw. möglichst sparsamem Einsatz von Trockenmittel ist diese Ausbeute sicher noch um ein paar Prozent zu erhöhen. Das Produkt war wasserklar und fast farblos.
Entsorgung:
Die Säure aus dem Wäscher ist bereits so verdünnt, dass sie direkt ins Abwasser gegeben werden kann. Alle anderen Abfälle kommen zu den organischen halogenfreien Abfällen.
Erklärung:
Das Carbonylkohlenstoffatom des Acetylchlorids greift elektrophil am Sauerstoffatom der akoholischen OH-Gruppe an. Unter Abspaltung von Chlorwasserstoff wird der Ester gebildet. Die Pfeile geben die Richtung der Elektronenverschiebungen an.

Bilder:

Die fertig aufgebaute Apparatur mit Gaswäscher

Dampf schlägt sich im oberen Teil des Gaswäschers nieder - ein Zeichen für die große Lösewärme der HCl, der Bereich fühlt sich auch warm an.

Kräftige Gasentwicklung im Kolben

Der Verbindungsschlauch (ursprünglich transparent) verfärbt sich bereits unter dem Einfluss der korrosiven Gase

Reaktion beendet - das Tropaeolin OO bleibt gelb. Während der ganzen Zeit war - auch wenn man genau hinriecht - keinerlei Geruch nach HCl oder Essigsäure zu bemerken, der Gaswäscher hat also hervorragend funktioniert und alle HCl erfolgreich aufgenommen. Zu bemerken war allenfalls ein leichter Geruch, der an Toluol erinnerte - vermutlich eine Verunreinigung aus dem Benzylalkohol?

Das fertige abgefüllte Produkt - der Geruch ist durchaus blumig und angenehm, aber natürlich nicht so fein wie natürliche, komplexe Aromen. Eher wie billiges Klo-Spray Duftnote Hyazinthe oder Flieder.