Bromoform

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dihydrogenmonooxid
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Bromoform

Beitrag von dihydrogenmonooxid »

Darstellung von Bromoform
(Tribrommethan)

In der folgenden Versuchsanleitung ist die die Herstellung von Bromoform beschrieben. Bromoform ist eine schwere, klare und farblose Flüssigkeit deren Geruch dem des Chloroforms ähnelt. Es ist die (laut Wikipedia) am häufigsten in der Natur auftretende organische Bromverbindung. Obwohl Bromoform wenig Verwendung im Labor findet, so ist es ein Zwischenprodukt, das bei einigen Synthesen entsteht und zu weiteren Verbindungen verarbeitet werden kann. Als Reagenz wird es beispielsweise im stark alkalischen Milieu, ähnlich wie Chloroform, deprotoniert. Durch die anschließende Abspaltung eines Bromid-Ions ist das entstandene Dibromcarben in der Lage als reaktives Zwischenprodukt (mit z.B. Olefinen) zu neuen Produkten umgesetzt zu werden. Außerdem ist es mit einer Dichte von >2 g*cm-3 als "Schwerflüssigkeit" zum Auftrennen von Mineralgemischen geeignet. In der Literatur wird dieses Verfahren jedoch selten beschrieben. Bromoform ist weiterhin ein hervorragendes Lösungsmittel für viele unpolare Stoffe. Von der Verwendung als solches ist jedoch aufgrund der nicht vernachlässigbaren Toxizität und des hohen Preises abzuraten.


Geräte:

Becherglas >1000 mL, Scheidetrichter >1000 mL, Tropftrichter 100 mL, Magnetrührer, Stativmaterial, drei Bechergläser 250 mL


Chemikalien:

Natriumhypochloritlösung, 13%ig Warnhinweis: c
Aceton
Natriumbromid
Bromoform


Durchführung:

Zuerst werden in einem Becherglas 850 g Natriumhypochloritlösung vorgelegt. Anschließend werden unter Rühren etwa 155 g Natriumbromid dazugegeben. Löst sich das Salz nicht komplett, so wird mit ausreichend Wasser verdünnt. Anschließend werden etwa 36 mL Aceton tropfenweise zu der im Becherglas vorhandenen Lösung unter Rühren dazugegeben. Sobald alles Aceton zugegeben wurde, wird das Reaktionsgemisch noch für etwa fünf Minuten weiter gerührt. Danach wird der Becherglasinhalt in einen geeigneten Scheidetrichter gefüllt. Nun wartet man ausreichend lange ab, bis sich zwei klare Phasen im Scheidetrichter abgesetzt haben. Die untere Phase wird in ein Becherglas überführt, die obere Phase dagegen wird nicht über den Ablasshahn abgelassen, sondern über die Öffnung des Scheidetrichters ausgegossen und verworfen (siehe Entsorgung). Jetzt füllt man etwa 50 mL Wasser in den Scheidetrichter und gibt anschließend die aufgefangene untere Phase erneut hinzu. Jetzt wird noch einmal kräftig ausgeschüttelt. Man lässt die untere Phase wieder absetzen und achtet dabei wieder darauf, dass vor dem Abtrennen der Phasen die Flüssigkeiten komplett klar sind. Die untere Phase wird nun abgelassen und in ein geeignetes Braunglasgefäß gefüllt.

Die Ausbeute betrug bei diesem Versuch etwa 9 mL. Das sind mit der Dichte die ich ermittelt habe (2,826g/mL) 25,434g Bromoform (20,18% d. Th.).


Entsorgung:

Die wässrige Phase wird aufgehoben und nach längerem Stehenlassen (etwa eine Woche) im Ausguss entsorgt. Das Bromoform wird zu den halogenhaltigen, organischen Lösungsmittelabfällen gegeben.


Beobachtung:

Nach Zugabe des Natriumbromids zur Hypochlorit-Lösung färbt sich diese schnell gelb-orange. Nachdem man das Aceton zugegeben hat, ist eine deutliche Trübung der Lösung und die Abscheidung feiner Tröpfchen am Gefäßboden erkennbar.


Erklärung:

Die Hypochlorit-Ionen aus der Natriumhypochloritlösung reagieren mit Bromid-Ionen zu Hypobromit-Ionen sowie Chlorid-Ionen nach folgender Gleichung:

ClO- + Br- ---> BrO- + Cl-

Die nun vorhandenen Hypobromitionen stehen mit Wasser im Gleichgewicht zwischen Hypobromiger Säure und Hydroxid-Ionen nach folgender Gleichung:

BrO- + H2O ---> HBrO + OH-

Aceton bildet als typische Carbonylverbindung im alkalischen Milieu sein Enolat-Ion.
Das gebildete Enolat-Ion wird nun durch die Hypobromige Säure zu Bromaceton bromiert. Durch den elektronenziehenden Effekt des Broms ist dieses Zwischenprodukt ein stärkerer Protonendonator als die Enol-Form des Acetons. Dadurch wird das Bromaceton schnell zum Tribromaceton weiterbromiert, welches anschließend mit den Hydroxidionen aus der Lösung unter Bildung eines Acetat-Anions und des Tribrommethans reagiert.
Hinweis: Das "R" in der Abbildung stellt hier eine Methylgruppe (-CH3) im Falle des Acetons dar. Normalerweise ist "R" ein beliebiger organischer Rest.

Bild
[Quelle (Abbildung Reaktionsmechanismus): Wikipedia]


Bilder:

Bild
Die Hypochloritlösung nach Zugabe des Natriumbromids

Bild
Zugabe von Aceton zu der homogenen Lösung

Bild
Bestimmung der Ausbeute (9 ml)
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Interessant! Hab auch noch ein wenig Bromoform da stehen, aber für so'nen großen Ansatz wäre mit das NaBr zu schade :D

Die Form muss noch ein wenig überarbeitet werden damit sie den 'Standards' entspricht. (Auch bei der Formulierung lieber wässrige/organische und nicht obere/untere Phase verwenden.)
Aber was ich mich fragen würde: Hast du zum Waschen NUR Wasser genommen? Denn wenn ja könnte das deine Ausbeute gedrückt haben. Zum Waschen von organischen Phasen entweder Brine (gesättigte NaCl Lösung) oder bei säurekatalysierten Reaktionen NaHCO3 oder Na2CO3 verwenden, Wasser nur ziemlich selten.
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dihydrogenmonooxid
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Beitrag von dihydrogenmonooxid »

Thx. Werde ich dann nachher machen. Bin jetzt erstmal weg :wink:
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Newclears
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Beitrag von Newclears »

Sehr interessante und nützliche Becherglassynthese! Das Zeug ist als "Schwerflüssigkeit" für die Trennung von Mineralen hervorragend geeignet. :thumbsup: Wenn du länger was davon haben willst lager es in einer anderen Flasche. Schliff ist für "Leichtflüchter" auf gut deutsch gesagt Scheisse... Nimm besser ne Aponorm mit PE Dichtung oder was Teures mit Teflon.
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Bariumchlorid
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Beitrag von Bariumchlorid »

Sehr interessant. Zu den Carbenen : Man erhält durch 1,1-Eliminierung von Bromwasserstoff das Dibromcarben, analog zu Chloroform. Dieses Carben hat zwar ein freies Elektronenpaar, aber der Kohlenstoff ist mit seinen 6 Elektronen dennoch nicht zufrieden, sodass solche Carbene gerne an pi-Bindungen addieren.
Um unsubstituierte Cyclopropane zu gewinnen, bedient man sich jedoch der Smith-Simmons-Reaktion, wobei man Diiodmethan mit Zink umsetzt und so ein carbenyles Teilchen erhält.
Interessant ist in dem Zusammenhang auch die Stereochemie : Bei einer 1,1-Eliminierung (konzertiert natürlich) kriegt man ein sog. Singluettcarben, wobei man bei der Smith-Simmons Reaktion eigentlich ein Triplettcarben erwarten würde, was jedoch nicht der Fall ist.
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Bariumchlorid hat geschrieben:Zu den Carbenen : Man erhält durch 1,1-Eliminierung von Bromwasserstoff das Dibromcarben, analog zu Chloroform.
Du meinst sicherlich Bromoform, das HBr enthält kein C :P
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Bariumchlorid
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Beitrag von Bariumchlorid »

"Eliminierung von.." heißt bei mir, das in dem Falle HBr rausgeschmissen wird...
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Hm... stimmt,... Aber klang trotzdem merkwürdig ;)
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dihydrogenmonooxid
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Beitrag von dihydrogenmonooxid »

Hm... stimmt,... Aber klang trotzdem merkwürdig Wink
Ohne jetzt die letzten beiden Kommentare gelesen zu haben, ich habe auch erstmal gegrübelt :wink:

Entsorgung habe ich jetzt noch eingefügt.
Sehr interessante und nützliche Becherglassynthese! Das Zeug ist als "Schwerflüssigkeit" für die Trennung von Mineralen hervorragend geeignet. Wenn du länger was davon haben willst lager es in einer anderen Flasche. Schliff ist für "Leichtflüchter" auf gut deutsch gesagt Scheisse... Nimm besser ne Aponorm mit PE Dichtung oder was Teures mit Teflon.
Danke ersmal. Das mit dem "Leichtflüchter" ist zwar vielleicht etwas Definitionssache, aber mit einem Dampfdruck von gerade mal sechs Komma vier Hektopascal bei 20°C ist Bromoform sicherlich gerade mal halb so flüchtig wie Wasser...^^ Habe das Zeug jetzt schon längere Zeit darin lagern und der Kapillarspalt zwischen Schliffkern und Schliffhülse ist immer noch genügend mit Flüssigkeit gefüllt. Der unbelüftete Schrank ist frei von Bromoformgeruch. Das Beste wäre natürich eine Glasflasche mit Fluorkunststoffdichtung, aber da habe ich andere Gäste für. Noch zum Abschluss: Selbst durch Polypropylendichtungen diffundieren sehr viele Lösungsmittel gerne durch. Das habe ich besonders bei CS2 bemerkt. War übrigens auch ne Aponorm :wink:
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Da lobe ich mir die OVP von Sigma-Aldrich oder Fluka - NIE probleme mitgehabt...
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Beitrag von Newclears »

Das habe ich besonders bei CS2 bemerkt. War übrigens auch ne Aponorm
CS2 in Aponorm geht garnich. Den Fehler hab ich auch mal gemacht. Hat alles vollgestunken.
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Beitrag von NI2 »

Hab - unglaublicher Weise - CS2 in einer VEB-Laborchemie Apolda Flasche :D die alten mit so'nem gammligen Plastedeckel und ner Einlage aus aufgeschäumten Kunststoff... Klingt schlimmer als Aponorm, hält aber antipropotional dazu dicht.
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dihydrogenmonooxid
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Beitrag von dihydrogenmonooxid »

Hätte übrigens nochmal eine Frage, und zwar habe ich im Internet keine Angaben zum Siedepunkt des Chloroform/Wasser Azeotrops gefunden. Oder vielleicht sag ich es auch mal konkret: Ich habe die Vermutung, dass ich ein Chloroform/Aceton-Gemsich vorliegen habe, da ich beim Destillieren in der Gasphase 64°C gemessen habe. Nun wollte ich das Azeotrop mit Wasser versuchen zu brechen. Das Chloroform enthält zusätzlich noch 1% an Ethanol. Hoffe, dass jemand was darüber weiß.
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NI2
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Beitrag von NI2 »

3-Stoff-Gemische sind weitaus komplexer... 64°C könnte zur noch auch noch reines Chloroform sein (je nach Thermometer).
Mit ner Kolonne Arbeiten? Idealerweise ne Glockebodenkolonne?!
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Beitrag von dihydrogenmonooxid »

Ich habe jedenfalls eine Dichte von 1,45g/Kubikcentimeter ermittelt. Das war aber auch im kühlen Keller, ich denke mal, dass das vielleicht noch tragbar ist. Füllkörperkolonne wäre kein Problem. Die ist etwa 60cm lang. Müsste jedoch nur noch wissen, ob das Ethanol dann im Vorlauf ist.
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