kolloidales Silber nach Carey Lea

Organische und anorganische Versuche ohne weitere Zuordnung.

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lemmi
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kolloidales Silber nach Carey Lea

Beitrag von lemmi »

Kolloidales Silber nach Carey Lea

Im Jahre 1889 erregte eine Publikation des Chemikers Matthew Carey Lea aus Philadelphia (1823-1897), der meist einfach als “Carey Lea“ zitiert wird, erhebliches Aufsehen. Er berichtete, dass es ihm gelungen sei, metallisches Silber in wasserlöslicher Form darzustellen. Lea, der studierter Jurist war und sich die Chemie im Selbststudium angeeignet hatte, war davon überzeugt, dass es sich um eine bislang unbekannte allotrope Modifikation des Metalls handeln musste und dass das gewöhnliche Silber eine polymere Form seiner „allotropen Silber“ (er beschrieb drei Formen!) darstellte.

Kurz darauf wurde klar, dass es sich um feinstverteiltes Silber in kolloidaler Form handelt, das verhältnismäßig leicht wieder zu peptisieren ist. Im Folgenden wird die Darstellung des kuriosen Präparates beschrieben. Silber in kolloidaler Lösung wird am besten mit einem Schutzkolloid erzeugt. Lea verwandte dafür (ohne das Konzept des Schutzkolloids zu kennen) Eisencitrat. Auf einfache Weise lässt sich kolloides Silber auch – in Analogie zum kolloidalen Gold – mit Gerbsäure als Schutzkolloid darstellen.


Material/Geräte:

Reagenzgläser, Trichter, Filter, Bechergläser und Erlenmeyerkolben verschiedener Größe, Spiritusbrenner, Dreifuß und Drahtnetz, Pipetten, Zentrifuge


Chemikalien:
Silbernitrat Warnhinweis: oWarnhinweis: cWarnhinweis: attn
Eisen(II)-sulfat-Penthaydrat Warnhinweis: attn
Natriumcitrat-Dihydrat
Kaliumcarbonat Warnhinweis: attn
Gerbsäure
Ethanol Warnhinweis: attnWarnhinweis: f
kolloidales Silber


Sicherheitshinweise:

Silberlösungen hinterlassen auf der Haut und Gegenständen hartnäckige Flecken! Zur Entfernung von kolloidalen Silberflecken – sofern sie noch frisch genug sind – eignet sich eine 5%ige Natriumthiosulfatlösung.


Versuchsdurchführung:

1. Kolloidales Silbersol mit Tannin

Man verdünnt 5 ml Silbernitratlösung 0,1 N (oder 1,5 ml der analytischen 5%igen Lösung) mit 100 ml Wasser und erhitzt bis fast zum Sieden. In der Hitze gibt man dann abwechselnd tropfenweise 1%ige Gerbsäurelösung und 0,05 M Kaliumcarbonatlösung (ungefähr 700 mg K2CO3 /100ml) zu, wobei von jedem Reagenz insgesamt 10 bis höchstens 15 Tropfen eingesetzt werden. Es entsteht eine klare, tief dunkelrotbraue Flüssigkeit, die Silber kolloidal gelöst enthält und in dieser Form tagelang stabil ist. Zusatz von Säure führt zu einer Trübung, die Flüssigkeit wird rasch graubraun und binnen weniger Stunden setzt sich das Silber als feines grauweißes Pulver ab.


2. Kolloidales Silber nach Carey Lea

Man stellt folgende Lösungen her:
1. 2 g Silbernitrat in 20 ml Wasser
2. 6 g Eisen(II)-sulfat in 20 ml Wasser
3. 11,2 g Natriumcitrat in 28 ml Wasser

Die Lösungen 1 und 2 werden, da sie nicht ganz klar sind, filtriert. Dann mischt man 3 und 2, was eine durchsichtig-dunkel braungrüne Flüssigkeit ergibt und setzt schließlich 1 unter gutem Rühren zu. Sofort bildet sich eine dichte braunschwarze Suspension, in der sich binnen ein bis zwei Stunden sin schiefergrauer Bodensatz absetzt. Man dekantiert die überstehende, dunkelbraune Flüssigkeit soweit wie möglich, füllt mit 15%iger Natriumcitratlösung auf 20 ml auf und zentrifugiert 5 Minuten bei 3000 UpM. Der Überstand wird abgegossen, das Sediment erneut in Natriumcitratlösung gründlich suspendiert, auf zwei Zentrifugenröhrchen verteilt und zentrifugiert. Dies wiederholt man, bis der Überstand farblos ist und zentrifugiert dann zweimal nach Aufschlämmen mit 50%igem Ethanol. Vor dem letzten Zentrifugieren ist es sinnvoll, zuerst den Bodensatz in einem der beiden Röhrchen aufzuschlämmen und dann die Flüssigkeit zum Bodensatz in dem zweiten Röhrchen zu geben (das andere zum Gewichtsausgleich nur mit Wasser füllen), da es dann leichter ist, das feuchte Produkt nach der letzten Zentrifugation aus dem Röhrchen zu kratzen (gebogener Spatel). Es wird auf einem Uhrglas an der Luft getrocknet. Die unweigerlich im Zentrifugenröhrchen zurückbleibenden Reste werden feucht aufbewahrt.

Mit der Spitze eines Glasstabes wird ein wenig des noch feuchten Niederschlages aufgenommen und in einem Becherglas mit 100-200 ml Wasser verrührt. Es bilden sich rotbraune Schlieren und zuletzt eine homogene, rotbraune, klare Lösung, die ebenfalls mehrere Tage stabil bleibt. Setzt man im Reagenzglas einen Kristall Kaliumcyanid zu der tiefbraunen Flüssigkeit, so entfärbt sie sich rasch, der Auflösung des Cyanids folgend, von unten nach oben. Säuert man eine kolloide Silberlösung mit wenig Schwefelsäure an, schlägt die Farbe sofort nach Grau um und beim Erhitzen wird die Flüssigkeit allmählich wasserklar.

Das getrocknete Produkt ist offenbar viel weniger dispers. Es bildet, mit Wasser verrieben, eine graue Suspension, in der sich binnen weniger Stunden ein grauer Bodensatz bildet, wenngleich sich die überstehende Flüssigkeit auch nach Tagen nicht völlig klärt. Die Reste der (alkohol)feuchten Substanz in den Zentrifugenröhrchen geben jedoch noch nach Tagen stabile dunkel-braunrote Lösungen.


Analyse:

Um den Silbergehalt des Präparates zu bestimmen, wurden 220,2 mg in 5 ml Salpetersäure 25% gelöst, nach Verkochen der Stickoxide auf 25 ml aufgefüllt, 1 ml Eisen(III)-ammoniumsulfatlösung zugesetzt und mit 0,1 N Ammoniumthiocyanatlösung titriert (Titration nach Volhardt). Es fanden sich 189,65 mg Silber, entsprechend einem Gehalt von (nur) 86,1 %.


Entsorgung:

Die eisenhaltigen Überstände können in kleinen Mengen über das Abwasser entsorgt werden. Silberrückstände und das Präparat werden gesammelt um auf Silber aufgearbeitet zu werden oder mit dem Schwermetallabfall entsorgt.


Erklärungen und Anmerkungen:

Silberionen sind durch ihr relativ hohes Redoxpotential (+ 0,8 V) in der Lage, zahlreiche andere Substanzen zu oxidieren und werden dabei zu metallischem Silber reduziert, welches sich unter geeigneten Bedingungen – vor allem in nicht zu konzentrierten Lösungen, in kolloidaler Form ausscheidet. In dem ersten oben beschriebenen Versuch wirkt Gerbsäure als Reduktionsmittel - dabei werden die benachbarten phenolischen OH-Gruppen zu o-Chinonen oxidiert - und gleichzeitig als Schutzkolloid.

Bei der Darstellung des Präparates nach Lea oxidieren die Silberionen Eisen(II)-ionen zu Eisen(III)-ionen und werden selbst dabei zu metallischem Silber reduziert:

Ag+ + Fe2+ → Ag + Fe3+

Das sich ausscheidende Silber adsorbiert an der Oberfläche der Nanopartikel Eisen(III)-citrat, welches als Schutzkolloid wirkt. Dadurch ist es möglich, mit frisch bereitetem kolloidalen Silber nach Lea ziemlich konzentrierte kolloidale Lösungen herzustellen. Seinerzeit war dies ein sehr beliebtes Präparat, da das Silber in dieser feinst verteilten Form starke antiseptische Wirkungen hat ohne - wie zahlreiche andere damals gebräuchliche Antiseptika (Sublimat, Höllenstein) - lokal ätzend oder giftig zu wirken. Vor der Entdeckung der Antibiotika war es jahrzehntelang das Standardmedikament zur Behandlung der Gonorrhoe des Mannes (des “Trippers“). Die kolloidale Silberlösung wurde mit Hilfe einer speziellen Spritze unter Druck in die Harnröhre eingespritzt und der Patient musste anschließend die Penisspitze mehrere Minuten zukneifen, um der Flüssigkeit Zeit zur Einwirkung zu lassen.

Standgefäß.jpg
Standgefäß.jpg (101.87 KiB) 5770 mal betrachtet
Apotheken-Standgefäß aus der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts

Allerdings ist das kolloidale Silber nach Lea nicht stabil. In der Literatur ist beschrieben, dass das Präparat seine kolloidale Form “allmählich verliert“. Meines war schon kurz nach dem Trocknen nicht mehr kolloidal löslich. Später wurden in die Arzneibücher daher andere Silberpräparate aufgenommen, die Eiweißstoffe als Schutzkolloid enthielten und auch in getrockneter Form beständig waren. Es war eine Anforderung, dass sie sich in Wasser klar braunrot lösen mussten, sonst durften sie nicht medizinisch verwendet werden. Sie mussten mindestens 70% Silber enthalten.

Nach der Originalpublikation sollte das nach Lea dargestellte Präparat zu rund 97 % aus metallischem Silber bestehen, der Rest aus Eisencitrat. Mein Produkt enthielt wesentlich weniger Silber. Denkbar ist, dass die Waschprozesse nicht gründlich genug waren und sich noch Spuren von Wasser im Produkt befinden (es wurde ohne Anwendung von Wärme nur an der Luft getrocknet).

Aber auch der von mir beschriebene Versuchsablauf weicht in einigen Punkten von Leas Vorschrift ab: im Originalartikel wird beschrieben, dass der Niederschlag nicht zentrifugiert, sondern nur absitzen gelassen wurde. Es wurde dann mit etwas destilliertem Wasser aufgefüllt, womit eine braunrote, konzentrierte kolloidale Lösung entsteht und durch Zugabe konzentrierter Salzlösung (Natriumcitrat oder Ammoniumnitrat) wieder gefällt, erneut absitzen gelassen, dekantiert – im Ganzen 7-8 mal. Lea gibt an, dass der Niederschlag zuletzt auf einem Filter mit 95%igem Alkohol ausgewaschen wurde. Bei einem meiner Versuche lief der Niederschlag aber Großteils durch das Filter (obwohl er ausgeflockt war). Deswegen und aus Gründen der Zeitersparnis bin ich zur Zentrifugation übergegangen. Es ist gut möglich, dass dies die Eigenschaften des Produktes geändert hat. Lea hat seine Präparate zur Analyse besonders gründlich ausgewaschen und auch scharf getrocknet (auf dem Wasserbad bei 100°C) und gibt an, dass die Substanz dadurch weniger löslich werde. Allerdings soll sie immer noch eine “dunkler braunrote“ Lösung geben und nicht - wie mein Produkt – nur eine graue Suspension.

In feinverteiltem Zustand ist das Silber wesentlich reaktionsfreudiger als üblich. Dies zeigt sich in der raschen vollständigen Entfärbung durch Kaliumcyanid. Es entsteht der farblose Dicyanoargentat-Komplex:

2 Ag + 4 CN- + ½ O2 + H2O → 2 [Ag(CN)2]- + 2 OH-

Beim Erwärmen mit stark verdünnter Salpetersäure löst es sich rasch vollständig auf. Erstaunlicherweise ist dies sogar mit verdünnter Schwefelsäure möglich: gibt man zu einer konzentrierten kolloidalen Silberlösung nach Lea ein wenig Schwefelsäure und erwärmt, so färbt sie sich erst grau, wird dann immer heller und beim Stehenlassen entsteht eine völlig klare Lösung. Kompaktes metallisches Silber löst sich dagegen nicht in verdünnter Schwefelsäure, weil das Redoxpotential deutlich über dem des Wasserstoffes liegt.


Literatur:

1. Lea MC: On allotropic forms of silver; Am J Science 37 (1889): 476-491
2. Sauer E: Kolloidchemisches Praktikum, Verlag von Julius Springer, Berlin 1935


Bilder:

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Ag mit Gerbsäure 3.jpg
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Darstellung einer kolloidalen Silberlösung mit Gerbsäure

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Ausgangsstoffe für kolloidales Silber nach C.Lea: im Becherglas Natriumcitratlösung, in den Reagenzgläsern die bereits filtrierten Lösungen von Silbernitrat und Eisen(II)-sulfat

Argent colliodale 2.jpg
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Nach Zugabe der Eisen(II)-sulfatlösung zum Natriumcitrat

Argent colliodale 3.jpg
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Nach Zugabe der Silbernitratlösung und Absetzenlassen

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Der abzentrifugierte Niederschlag

Argent colliodale 6.jpg
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getrocknetes Präparat

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Gehaltsbestimmung

lösen feucht 1.jpg
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lösen feucht 2.jpg
lösen feucht 3.jpg
lösen feucht 3.jpg (62.93 KiB) 5770 mal betrachtet
Lösen des noch feuchten Präparates in Wasser

Argent colliodale trocken und feucht.jpg
Argent colliodale trocken und feucht.jpg (54.11 KiB) 5770 mal betrachtet
Vergleich: Lösung (besser: Aufschlämmung) des getrockneten Präparates (links) und des noch feuchten Präparates (rechts)

Argent colloidale mit H2SO4.jpg
Argent colloidale mit H2SO4.jpg (44.07 KiB) 5770 mal betrachtet
Kolloidale Silberlösung nach Lea frisch bereitet (rechts) und nach Zugabe einiger Tropfen verd. Schwefelsäure (links)

Rk mit KCN 1.jpg
Rk mit KCN 2.jpg
Rk mit KCN 3.jpg
Rk mit KCN 3.jpg (45.58 KiB) 5770 mal betrachtet
Reaktion einer kolloidalen Silberlösung nach Lea mit einem Kristall Kaliumcyanid
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Vanadiumpentoxid
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Re: kolloidales Silber nach Carey Lea

Beitrag von Vanadiumpentoxid »

Mal wieder klasse! :thumbsup:
Ich hatte nach Deinem Rätselbild-Teaser ja auch schon ganz gespannt darauf gewartet.

Teil 1 habe ich selbst schon mal als Probierglasversuch durchgeführt.
Würdest Du rückblickend sagen, dass Teil 2 ohne Zentrifuge nicht oder nur schlecht machbar wäre?

Eine Anmerkung zwecks Korrektur hätte ich: eine 0,1 N AgNO3-Lösung ist etwa 1,7 %ig. Somit kann 1 ml dieser Lösung nicht 1,5 ml einer 5%igen Lösung entsprechen... :|

P.S. an alle: Bei Seilnacht wird vor einer Knallsilber- bzw. Knallgoldbildung beim längeren Stehenlassen der Edelmetallkolloide gewarnt. Wie real ist die Gefahr wirklich? Sind Schutzmaßnahmen erforderlich (z. B. nur in PE-Bechern stehenlassen)?
Herr Seilnacht warnt im Allgemeinen ja recht viel...
Gott gebe mir die Kraft, zu ändern, was ich verändern kann,
die Gelassenheit, hinzunehmen, was ich nicht verändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
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Re: kolloidales Silber nach Carey Lea

Beitrag von lemmi »

Nach der Veröffentlichung von Herrn Lea muss es auch ganz ohne Zentrifuge gehen, indem man einfach nach jedem Waschvorgang absetzen lässt. Das dauert halt nur länger.

Somit kann 1 ml dieser Lösung nicht 1,5 ml einer 5%igen Lösung entsprechen.
UPS! Das hätten 5 ml 0,1 N Lösung sein müssen. Danke für den Tipp! (auch die Umrechnung ist, zugegeben, ziemlich grob - aber es funktioniert 8) )

Bezüglich des Silbers kann man unter Knallsilber entweder Silberfulminat, Silberazid oder Silbernitrid verstehen. Die Bildung von Silbernitrid ist ein typisches Problem bei der Aufbewahrung ammoniakalischer Silberlösungen. Da die Ansätze zur Darstellung von kolloidalem Silber aber keinen Ammoniak enthalten sehe ich nicht, wie hier Knallsilber entstehen könnte. Habe auch noch in keiner Versuchsanleitung und keinem Artikel über kolloidales Silber diesbezüglich etwas gelesen.
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Re: kolloidales Silber nach Carey Lea

Beitrag von Vanadiumpentoxid »

lemmi hat geschrieben: Dienstag 18. Mai 2021, 14:11 Da die Ansätze zur Darstellung von kolloidalem Silber aber keinen Stickstoff enthalten sehe ich nicht, wie hier Knallsilber entstehen könnte.
Der Stickstoff wird doch durch das Silbernitrat miteingetragen und das Nitrat anschließend ggf. (das wäre die eigentliche Frage) gleich mitreduziert.
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Re: kolloidales Silber nach Carey Lea

Beitrag von lemmi »

Nein, das funktioniert nicht, die Lösung müsste Ammoniak enthalten. Ich hatte zuerst tatsächlich Stickstoff geschrieben, hab dann gemerkt, dass Silbernitrat auch Stickstoff enthält und auf Ammoniak korrigiert. :wink:

Knallsilber wäre mal einen eigenen Artikel wert...
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Re: kolloidales Silber nach Carey Lea

Beitrag von Vanadiumpentoxid »

lemmi hat geschrieben: Dienstag 18. Mai 2021, 14:23 Nein, das funktioniert nicht, die Lösung müsste Ammoniak enthalten.
Also irrt Herr Seilnacht?
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Re: kolloidales Silber nach Carey Lea

Beitrag von Vanadiumpentoxid »

lemmi hat geschrieben: Dienstag 18. Mai 2021, 14:23
Knallsilber wäre mal einen eigenen Artikel wert...
Als Synthese für alle institutionellen Verwender und Fachkräfte, die über eine entsprechende Erlaubnis gemäß Sprengstoffgesetz verfügen, durchaus. Für alle anderen bliebe es dann leider nur Theorie...
Auch Ärzte und Apotheker dürfen zu medizinischen bzw. pharmazeutischen Zwecken mit so etwas umgehen, Sprengstoffsynthesen nach Feierabend sind da aber wohl eher nicht inbegriffen....
Allzu viele medizinische Anwendungsbereiche (Knallsilber hat m. W. gar keines) wird es für Explosivstoffe vermutlich ohnehin nicht geben: "Ist es was Schlimmes, Herr Doktor?" - "Keine Angst, das sprenge ich Ihnen weg..." :mrgreen:

Edit: Mir selbst sind nur Dibenzoylperoxid gegen Akne und Glycerintrinitrat gegen blutdruckbedingte Herzerkrankungen bekannt. Eine Handvoll mehr wird es aber wohl noch geben.
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Re: kolloidales Silber nach Carey Lea

Beitrag von lemmi »

Okay ... Ich habe nichts gesagt... :yeah:
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Re: kolloidales Silber nach Carey Lea

Beitrag von mgritsch »

Sehr cool, Goldpurpur ist ja noch relativ bekannt, die silberne Variante war mir völlig unbekannt :)

Das Trocknen so feiner Partikel stelle ich mir generell etwas schwierig vor - da haben wir ja schon Oberflächen nicht unähnlich einer Aktivkohle.

Silberwässerchen sind ja als Bakterizide wieder in Mode, man kann so Systeme kaufen die elektrolytisch mittels Silberanode (?) angeblich Kolloide erzeugen (wobei die Hersteller betonen dass es nur in der Form unbedenklich sei, und als Ion giftig... naja.) Ich habe mal ein Pröbchen davon bekommen - tatsächlich gibt es mit NaCl keinen Niederschlag/Trübung aber mit Dithizon eine orange-rote Färbung. Vermutlich einfach sehr niedriger Ag-Gehalt? Zumindest dürfte das Produkt für den Anwender weitgehend harmlos sein bis auf eine eingeschränkte Wundheilung. Würdest du medizinisch aus heutiger Sicht Kolloides Silber für sinnvoll halten?

Ich vermute mal dass Ag-Kolloide auch generell wegen des zu wenig edlen Silbers nicht besonders lange stabil sind?
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Re: kolloidales Silber nach Carey Lea

Beitrag von lemmi »

Silber hat auch in der Schulmedizin seit etwa zehn Jahren eine Renaissance erfahren. Und zwar zur Behandlung schlecht heilender, chronischer Wunden in Form von mit kolloidalem Silber imprägnierten Wundauflagen. In alten medizinischen Werken wird schon vor 100 Jahren empfohlen, schlecht heilende Unterschenkelgeschwüre mit einer Salbe zu behandeln, die ein halbes Prozent Silbernitrat enthielt. Das wirkt natürlich im Vergleich zum kolloidalen Silber zusätzlich noch oberflächlich ätzend (Eiweiß fällend), aber was die antiseptische Wirkung angeht, dürfte es sich um genau den Effekt gehandelt haben, den man auch heute ausnutzt.

Metallkolloid-Lösungen kann man in der Tat auch durch "elektrische Zerstäubung" unter Wasser mit den entsprechenden Metallelektroden erhalten. Dafür sind aber ziemlich hohe Gleichspannungen notwendig, die mir nicht zur Verfügung stehen. Man muss quasi unter Wasser einen elektrischen Lichtbogen aufbauen. Sogar Quecksilber soll man auf diese Weise kolloidal zerteilen können.

Zur genauen Haltbarkeit der Silber Kolloide kann ich noch nicht viel sagen. Die mit Tannin hergestellt Lösung ist jetzt seit ca einer Woche stabil, eine konzentrierte Lösung des Präparats von Lea auch, die verdünnten Lösungen werden immer grauer und setzen sich langsam ab. Die feuchten Reste, die in Zentrifugenglas hängen geblieben sind, lösen sich auch nach jetzt 10 Tagen noch genauso dunkelrot im Wasser wie am Anfang.

Ich Halte es für möglich, dass man, wenn man die Darstellung des kolloidalen "Trockensilbers" genau nach Leas Veröffentlichung macht (ich bin davon ja abgewichen), ein besser wasserlösliches Präparat erhält.
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Re: kolloidales Silber nach Carey Lea

Beitrag von mgritsch »

lemmi hat geschrieben: Mittwoch 19. Mai 2021, 14:36zur Behandlung schlecht heilender, chronischer Wunden in Form von mit kolloidalem Silber imprägnierten Wundauflagen.
kommt wohl drauf an was "Heilung" genau bedeuten soll :)
Mein Erfahrungswert: als Ag-Gaze Wundeinlage in einem geöffneten Abszess sorgt es erfolgreich dafür, dass die Wunde sich nicht schließt und allfälliges Sekret frei und ohne Taschenbildung abfließen kann bis die Infektion besiegt und die Entzündung zurückgegangen ist.
Detto kenne ich einen Erfahrungwert von einem Patienten der meinte statt der vorgesehenen Antibiotika nach einer Implantation sein Silberwässerchen benutzen zu müssen. Ergebnis: die Operationswunde schließt sich nicht, Alveolitis sicca.

Es hat sicher ganz gezielte Anwendungen, aber so ein tolles risikoloses Haushalts-Wundermittelchen wie es von manchen Seiten / Herstellern dargestellt ist es wohl nicht.
Metallkolloid-Lösungen kann man in der Tat auch durch "elektrische Zerstäubung" unter Wasser mit den entsprechenden Metallelektroden erhalten. Dafür sind aber ziemlich hohe Gleichspannungen notwendig, die mir nicht zur Verfügung stehen. Man muss quasi unter Wasser einen elektrischen Lichtbogen aufbauen.

also die Geräte die diverse Hersteller da so verkaufen dürften wohl kaum einen Lichtbogen in der Küche zünden, da bekämst du wohl nicht CE-zertifiziert 8) Keine Ahnung was/wie die produzieren - Test mit Chlorid war wie gesagt negativ aber Dithizon hat eindeutig angeschlagen (bei einer angeblich 25 ppm Lösung die völlig Farblos und klar war; zugegebenermaßen habe ich vergessen Tyndall-Effekt zu testen... ).

Gibt es denn einen guten Grund „kolloidales“ Silber statt einfach verdünnte AgNO3 Lösungen zu benutzen?
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lemmi
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Re: kolloidales Silber nach Carey Lea

Beitrag von lemmi »

[
Gibt es denn einen guten Grund „kolloidales“ Silber statt einfach verdünnte AgNO3 Lösungen zu benutzen

Kolloidales Silber wird heute in seriösen Indikationen nicht als Lösung sondern nur als Imprägnierung in (vorgefertigten) Wundauflagen verwendet, z.b. als silberimprägnierte Gaze. Was Du beschreibst ist die Tamponade einer Wundhöhle. Da geht es in der Tat darum, dass sie sich nicht schließt, damit Gewebswasser, Eiter et cetera abfließen können. Dazu muss die Tamponade aber nicht mit Silber imprägniert sein.
Kolloidales Silber ist natürlich kein Ersatz für ein Antibiotikum und wird auch nicht als solches verwendet, sondern nur lokal als sehr mildes Antiseptikum. Vorteil gegenüber Silbernitrat: es ätzt nicht und hinterlässt nicht so schwierige Flecken.
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Alf
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Re: kolloidales Silber nach Carey Lea

Beitrag von Alf »

Toll! Kannte ich in dieser Form noch nicht :thumbsup:

Ich habe Bekannte die meinen das Trinken von kolloidalem Silber sei gesundheitsfördernd und schreiben ohm allerlei wundersame Wirkung zu. :lol:
BJ68
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Re: kolloidales Silber nach Carey Lea

Beitrag von BJ68 »

Alf hat geschrieben: Donnerstag 20. Mai 2021, 21:41 Ich habe Bekannte die meinen das Trinken von kolloidalem Silber sei gesundheitsfördernd und schreiben ohm allerlei wundersame Wirkung zu. :lol:

Leg denen mal Paracelsus mit dem Dosis-Zitat nahe...ansonsten kann es in diese Richtung https://de.wikipedia.org/wiki/Argyrie gehen, wenn es übertrieben wird...

bj68
Fuck the "REGULATION (EU) 2019/1148" of the European Parliament and of the Council...denn
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mgritsch
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Re: kolloidales Silber nach Carey Lea

Beitrag von mgritsch »

Edit: Korrekturgelesen und verschoben.
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