Tribolumineszenz von Mangan-dotiertem Zinksulfid

Organische und anorganische Versuche ohne weitere Zuordnung.

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Pok
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Tribolumineszenz von Mangan-dotiertem Zinksulfid

Beitrag von Pok »

Tribolumineszenz von Mangan-dotiertem Zinksulfid

Zu den hellsten tribolumineszenten Stoffen gehören einige organische Metallkomplexe, wie etwa TEA(dbm)4Eu . Es gibt jedoch auch anorganische Substanzen, die zwar keine so helle Tribolumineszenz zeigen, aber mit leichter verfügbaren Ausgangsstoffen herstellbar sind. Ein gut untersuchtes Beispiel ist Mangan-dotiertes Zinksulfid (ZnS:Mn), welches eine orangefarbene Tribolumineszenz zeigt.


Geräte:

Bunsenbrenner, Keramiktiegel mit Deckel, Tiegelzange, Objektträger oder Glasstab, Mörser mit Pistill


Chemikalien:

Zinkacetat-Dihydrat Warnhinweis: xn(alternativ: Zinkoxid oder -carbonat)

Schwefel Warnhinweis: f
Kaliumpermanganat Warnhinweis: nWarnhinweis: oWarnhinweis: xn(alternativ: Mangandioxid)
Zinksulfid


Hinweis: Bei der Herstellung größerer als der angegebenen Menge sollte Braunstein (Mangandioxid) statt Kaliumpermanganat verwendet werden, da beim Mörsen sonst unerwünschte Verpuffungsreaktionen auftreten können. Der Brennvorgang muss wegen der Entstehung von Schwefeldioxid im Freien oder unter dem Abzug erfolgen.


Durchführung:

Zwei Spatel Zinkacetat-Dihydrat, ein Spatel gepulverter Schwefel und einige Salzkorn-große Krümel Kaliumpermanganat werden vorsichtig miteinander im Mörser verrieben und gut durchmischt. Das ideale Mischungsverhältnis liegt für ZnO/S/MnO2 bei 50/15/0,25 Gewichtsteilen [1]. Die Mischung wird in einen Tiegel mit Deckel gegeben und mit dem Brenner 2-3 Minuten (bei größeren Portionen länger) auf Rotglut erhitzt, abkühlen gelassen und dann die Masse aus dem Tiegel gekratzt. Anschließend werden die erhaltenen Krümel in einem abgedunkelten Raum auf einer harten Unterlage mit einem Objektträger oder Glasstab zerrieben. Dabei entsteht ein orangefarbenes Leuchten, das noch bei gedimmter Raumbeleuchtung sichtbar ist. Auch wenn die Krümel bereits zu feinem Staub zerpulvert ist, lässt er sich durch Reibung noch zum Leuchten bringen. Das Material lässt sich regenerieren, indem man den Staub erneut glüht, wodurch wieder größere kristalline Stücke entstehen.


Erklärung:

Das Zinkacetat zersetzt sich erst unter Bildung von Aceton und anderen Nebenprodukten zu Zinkcarbonat, welches sich dann zum Oxid zersetzt:

Zn(CH3COO)2 → ZnO + C3H6O + CO2

Das Oxid reagiert mit dem Schwefel zu Zinksulfid und Schwefeldioxid:

2 ZnO + 3 S → 2 ZnS + SO2

Kaliumpermanganat oxidiert kleine Mengen Schwefel und die entstehenden Mangansalze reagieren mit weiterem Schwefel zu Mangansulfid, welches in das entstehende ZnS-Gitter eingebaut wird. Der optimale Mangangehalt liegt laut einem Patent bei 5 % [2].

Durch das Mangansulfid entstehen Verzerrungen im Zinksulfid-Gitter, die dem Material piezoelektrische Eigenschaften verleihen, d.h. bei Druckeinwirkung entsteht eine elektrische Spannung. Diese Spannung wird durch einen Elektronenfluss ausgeglichen. Die Elektronen kollidieren dabei mit den Störstellen im Kristallgitter und regen so andere Elektronen an, die beim Zurückfallen in den Grundzustand Licht aussenden. Die Tribolumineszenz von ZnS:Mn besteht im Wesentlichen aus plastischer Mechanolumineszenz mit geringen Anteilen an elastischer und „fracto“-Mechanolumineszenz [3]. Das bedeutet, dass das Material, anders als die meisten organischen Komplexe, nicht nur beim Zerbrechen (fracto), sondern auch beim elastischen oder plastischen Verformen Licht aussendet. Dadurch sind Anwendungen möglich, bei denen ein Objekt dauerhaft während mechanischer Beanspruchung Licht aussendet, ohne dass der tribolumineszente Stoff rekristallisiert werden muss. ZnS:Mn kann zur Optimierung von Mahlwerken verwendet werden, da in Dunkelheit die Zonen mit der stärksten mechanischen Einwirkung auf das zu zerkleinernde Material sichtbar werden, wenn ZnS:Mn zugesetzt wird. Die elektrolumineszente Eigenschaft wird in TFEL-Displays benutzt, wo die Energie zur Anregung allerdings nicht mechanisch, sondern elektrisch (Strom) erfolgt.


Entsorgung:

Das Produkt kommt in den Schwermetallabfall.


Bilder:

Bild
Die 3 Ausgangssubstanzen: Zinkacetat, Schwefel und Kaliumpermanganat (Streichholz zum Größenvergleich)

Bild
Zerriebene Masse (das Zinkacetat war etwas feucht)

Bild
Produkt im Tiegel nach dem Aufkratzen der Oberfläche

Bild
Tribolumineszenz eines ZnS:Mn-Krümels, der mit einem Glasstab zerdrückt wird.


Video:





Quellen:

[1] Popular Science, Januar 1937, S. 115 (link)

[2] Patent US 6117574 A (link)

[3] B.P. Chandra et al. (2009) Luminescence induced by elastic and plastic deformation of II – VI semiconductors at fixed strain rates, Optoelectronics and advanced materials - Rapid communications, 3, 1181-1189.
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Uranylacetat
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Beitrag von Uranylacetat »

Sehr schönes und interessantes Experiment! :thumbsup:
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Sehr schön! Muss ich bald mal ausprobieren!

Hast Du mal probiert, ob man auf diese Weise auch "Sidot'sche Blende", phosphoreszierendes Zinksulfid (mit Kupfer dotiert) herstellen kann? Das wäre interessant! Ich habe mal einen Versuch nach der Vorschrift aus dem Hager gemacht. Zunächst war es äußerst übel, das Zinksulfid auszufällen und abzufiltrieren, und beim Glühen ist das ganze dann restlos zu ZnO verbrannt...
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Pok
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Beitrag von Pok »

Ich habs nicht probiert, könnte mir aber vorstellen, dass sich phosphoreszierendes ZnS:Cu auch so herstellen lässt. Vielleicht hilft beim Brennen ein kleiner Schwefelüberschuss, der eine reduzierende Atmosphäre schafft und so das Verbrennen zum ZnO verhindert. Dabei sollen die Edukte ja auch ziemlich rein sein, was hier beim "Tribo-ZnS" überhaupt nicht nötig ist. Vielleicht lässt sich ZnS aus Lösung auch reiner gewinnen als auf diese Weise. Dann müsste man es erstmal ausfällen, dotieren und dann mit einer Spur Schwefel im Tiegel + Deckel glühen. Angeblich lässt sich phosphoreszierendes ZnS:Cu auch durch simple Reaktion von Zn-Staub mit S-Pulver und geringem Cu-Zusatz herstellen. Aber dass die Leuchtdauer dann wirklich befriedigend ist, glaube ich nicht.

Edit: Schwefel ist nur Xi, nicht F. Vielleicht kann ein Mod das in der Datenbank ändern?

Edit2 vom 3. Juli 2017 (zum Post von Glaskocher unten): in diesem Falle wäre es ein Sulfid/Oxid-Gemisch, richtig. Aber das Mischungsverhältnis wurde in der Quelle nur extrem grob angegeben, da man alternativ auch 50 g Zinkcarbonat einsetzen können soll. Laut Patent handelt es sich um ein reines Sulfid. Die Oxid-Beimengung wird also bestimmt nicht zur Erhöhung der Lichtausbeute führen, sondern stört anscheinend einfach nur nicht....jedenfalls nicht besonders.
Glaskocher
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Beitrag von Glaskocher »

Das Dotieren sollte schon während der Fällung möglich sein, wenn man eine Lösung von Zink- und Dotiersalz in eine geeignet gepufferte Sulfid-Lösung einrührt. Eventuell braucht man dann nicht zu glühen, weil ja schon Mischkristalle gefällt wurden.

Der Zusatz von überschüssigem Schwefel im bedeckten Tiegel ist bestimmt sinnvoll, wegen der schon angesprochenen "Schutzgas-Funktion".

Ich habe schon phosphoreszierende Zinksulfide aus den Elementen (und einigen Tropfen Kupfersulfatlösung) hergestellt. Ich hatte etwas Ammoniumchlorid als Zündverbesserer und Natriumchlorid zur Phlegmatisierung und als Reaktionsmedium zur Kristallisation zugefügt und bekam auf Anhieb phosphoreszierende Anteile. (Rezept kommt per "Edit" nachgereicht)


Mit etwas Glück kann ich den Versuch demnächst auch mal testen. Ich würde versuchen, von Zinkoxid auszugehen.
Beim Umrechnen fällt mir auf, daß ca. die Hälfte der stöchiometrisch benötigten Schwefelmenge in der Mischung vorliegt, wenn man das Idealverhältnis einsetzt. Das Produkt scheint also ein doriertes Sulfid-Oxid-Gemisch zu sein.
Zitat: --> Das ideale Mischungsverhältnis liegt für ZnO/S/MnO2 bei 50/15/0,25 Gewichtsteilen [1].<--
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Phil
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Beitrag von Phil »

Coole sache, gut gemacht. Wusste nicht dass es so einfach geht. Danke für die einfache und gute Beschreibung vom Mechanismuss.
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