Alternative Darstellung von Sauerstoff

Organische und anorganische Versuche ohne weitere Zuordnung.

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Uranylacetat
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Alternative Darstellung von Sauerstoff

Beitrag von Uranylacetat »

Darstellung von Sauerstoff (alternativ)

Im folgenden Experiment wird Sauerstoff nach einer wenig bekannten Methode aus Chlorkalk dargestellt. Chlorkalk ist eine Mischung aus Calciumhypochlorit, Calciumchlorid und Calciumhydroxid mit der formalen Summenformel: 3 CaCl(ClO)*Ca(OH)2 *5 H2O, wobei der reaktive Partner das CaCl(ClO) ist.

Geräte:

Weithals-Erlenmeyerkolben 300 ml, Gummistopfen mit Gasableitungrohr und Schlauch, Stativ mit entsprechendem Material, Dreifuß mit Keramik-Drahtnetz, Kartuschen- oder Bunsenbrenner, pneumatische Wanne, Probiergläser / kleinere Standzylinder zum Auffangen des Gases, Waage, Messzylinder, Spatel / Löffel

Chemikalien:

Chlorkalk Warnhinweis: cWarnhinweis: nWarnhinweis: o
Cobalt(II)-nitrat
Sauerstoff

Hinweis: Chlorkalk gast aus und bildet nach einiger Zeit merkliche Mengen an Chlor, daher sollte in einem belüfteten Zimmer oder unter einem Abzug gearbeitet werden. Sauerstoff wirkt oxidierend. Chlorkalk-Aufschlämmungen neigen beim Erwärmen/Erhitzen zum starken Schäumen. Deswegen bitte die Dimensionen des Erlenmeyerkolbens und folgend genannte Mengen zum Ansatz einhalten! Man sollte den Erlenmeyerkolben während des Erwärmens mit der dann schwarzen Aufschlämmung/Schaum unbedingt im Auge behalten.

Durchführung:

In den Erlenmeyerkolben werden 20 g Chlorkalk fein gepulvert vorgelegt und mit 40 ml Wasser durch Schütteln/Schwenken gut aufgeschlämmt. Danach werden 2 Spatelspitzen Cobalt(II)nitrat zugegeben und der Kolben mit vorbereitetem Gummistopfen und Gasableitungsrohr/Schlauch verschlossen. Der Schlauch soll ins Wasser der gefüllten pneumatischen Wanne reichen. Während der Zugabe des Cobaltnitrates und anschließendem leichten Schütteln/Schwenken setzt die Reaktion meistens schon bei Raumtemperatur ein und der Inhalt des Kolbens wird schwarz.

Bild
Die Apparatur als Skizze (Zeichnung aus "225 x Chemie – Ein Experimentierbuch“)

Jetzt wird mit kleiner Flamme gelinde erwärmt. Die ersten Anteile sind nur viel Luft (Volumen des Erlenmeyerkolbens) und werden verworfen. Wenn eine gleichmäßige Gasentwicklung einsetzt, wird das Gas in Probiergläsern bzw. Standzylindern pneumatisch aufgefangen.

Bevor der Brenner wegen nachlassender Gasentwicklung am Ende der Reaktion entfernt wird, ist der Schlauch unbedingt aus der pneumatischen Wanne zu entnehmen! Ansonsten fließt Wasser durch den bei der Abkühlung entstehenden Unterdruck in den noch heißen Kolben und kann zu Temperaturspannungen bis hin zum Platzen des Reaktionsgefäßes führen. Alternativ kann auch der Gummistopfen mit dem Gasbleitungsrohr / Schlauch entfernt werden und der Kolben so belüftet und dann der Brenner entfernt werden. Diese zuletzt genannte Vorgehensweise ist vor allem dann empfehlenswert, wenn Schaum in das Gasableitungsrohr und den Schlauch gelangt ist.

Ein glimmender Holzspan, in das Auffanggefäß gehalten, sollte sofort hell aufflammen (Glimmspanprobe).

Erklärung:

Cobalt(II)-salze werden durch Chlorkalklösung zunächst zu schwarzem Cobalt(III)-hydroxid (Co(OH)3) oxidiert, welches für die katalytische Zersetzung des Calciumhypochlorits zu Calciumchlorid und Sauerstoff verantwortlich ist:

2 CaCl(ClO) ---> 2 CaCl2 + O2

Entsorgung:

Die cobalthaltige Aufschlämmung/Lösung wird in einen Sammelbehälter für Schwermetallabfälle gefüllt und der Deckel bis zur vollständigen Zersetzung des Chlorkalks nicht (!) fest verschlossen (kann einige Tage dauern).

Alternative Katalysatoren:

Die Einstufung von Cobaltsalzen als CMR-Stoffe in Kategorie 1 und 2 (T+/ T statt bisher Xn je nach Anion) gemäß Tabelle 3 des Anhangs VI der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP-Verordnung) sowie der 1. Anpassung der Verordnung (790/2009) läßt die Abgabe an Privatpersonen praktisch nicht mehr zu. Als Alternative schlägt das von mir zitierte Experimentierbuch Kupferoxid vor.

Fotos:

Bild
Durch Erwärmen stark aufgeschäumter Chlorkalk-Schlamm mit schwarzem Cobalt(III)-hydroxid.

Bild
Man sieht deutlich, wie stark Chlorkalk-Aufschlämmungen zum Schäumen neigen.

Literatur:

"225 x Chemie – Ein Experimentierbuch“ von Kurt Waselowsky
Franckh´sche Verlagshandlung W. Keller & Co. 1982 – ISBN 3 440 05045 9
Seite 34, Versuch 5.4
"Der einfachste Versuch, den man selbst gemacht hat, ist besser als der schönste, den man nur sieht." (Michael Faraday 1791-1867)

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NI2
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Beitrag von NI2 »

Schick,... allerdings ist die Formatierung noch problematisch und erinnert mich seeeehr an VC :D
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Uranylacetat
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Beitrag von Uranylacetat »

Danke für die Hinweise @NI2! Ich hab´s entsprechend umgestaltet.... :wink:
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t0bychemie
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Beitrag von t0bychemie »

Sehr schön! Eine kleine Anmerkung zum Zitieren: Da wir ein wissenschaftliches Forum sind könnten wir ja ein halbwegs unikonformes Zitierformat anwenden.. Ein einfaches "by xy" finde ich unwissenschaftlich..

mfg
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NI2
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Beitrag von NI2 »

[Verschoben]

Formatierung und Titel editiert; Einleitung, Erläuterung und Sicherheitshinweise zum Chlorkalt ergänzt.

NI2
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Fluorwasserstoff
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Beitrag von Fluorwasserstoff »

schön!
du hast den gleichen brenner wie ich. :thumbsup:

mal eine frage: warum gehört das nicht zu den Synthesen?
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Chaoschemiker
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Beitrag von Chaoschemiker »

Eine Synthese ist allgemein als "Zusammenbauen" zu verstehen. Sprich die Darstellung einer (nicht zwangsläufig) komplexeren Verbindung aus mehreren Komponenten.
Das wortwörtliche Gegenstück zur Synthese ist die Analyse als "In die Bestandteile zerlegen". Allerdings ist der Begriff "Analyse" eher an die Fragen nach "Was" bzw. "Wie viel" gekoppelt, weshalb es eher irritierend wäre eine Zersetzung allgemein als "Analyse" zu bezeichnen.
Nun handelt es sich hierbei nicht um eine "Darstellung aus Komponenten", sondern eben mehr um ein Zersetzungsprodukt. So wäre z.B. auch die Darstellung von Calciumoxid aus Calciumcarbonat keine richtige "Synthese".
Anwesenheit sehr wahrscheinlich.

Don't throw anything away. There is no 'away'.

Abusus non tollit usum.

Wären Maulaffen giftige Gefahrstoffe im Sinne der GefStoffV, könnte man das Gaffen an Privatpersonen durch Personen ohne Sachkunde nach §5 ChemVerbotsV nach §382 StGB bestrafen.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Ich finde den Versuch schön, weil er wirklich eine "neue" Darstellungsweise des Sauerstoffs ist.

Das Schäumen der Mischung ist ja doch irgendwie störend. Hast du mal was versucht, um es zu unterbinden, @Uranylacetat? Was mir einfiele wäre z.B.: Kochsalz zugeben. Das "entschäumt" jedenfalls organische Aufschwemmungen bei der Wasserdampfdestillation.

Was auch interessant wäre: wie viel Sauerstoff erhält man denn aus, sagen wir mal, 20 g Chlorkalk?

Kann man auch einfachere Katalysatoren nehmen? Eisensalze zum Beispiel?

@Chaoschemiker: Danke, daß du mir die Arbeit abgenommen hast! Ich kriege jedesmal einen Ausschlag wenn ich die Darstellung eines Elements unter der Überschrift "Synthese" lesen muss...
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Uranylacetat
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Beitrag von Uranylacetat »

@lemmi.

die von Dir zurecht gestellten Fragen werde ich mal durch entsprechende Versuche beantworten können. Ggf.könnte ich auch
Vor- bzw. Zusatzversuche mit Dan Klorix (Natriumhypochlorit) ausführen; denke aber jedoch, das dass Tenside enthaltende Dan Klorix noch stärker schäumen dürfte....

Danke für diesen Denkanstoß!

@Chaoschemiker, danke auch von mir, dass Du´s noch mal richtig erklärt hast! :thumbsup: Mir geht´s da genauso wie @lemmi... :wink:
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Newclears
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Beitrag von Newclears »

Ich krige jedesmal einen Ausschlag wenn cih die Darstellung eines Elements unter der Überschrift
"Synthese" lesen muss...
...nicht nur Du und Jochen... ;)
denke aber jedoch, das dass Tenside enthaltende Dan Klorix noch stärker schäumen dürfte....
Das Klorix in der blauen Flasche enthält laut Etikett keine Tenside. Dasin der Grünen ist noch mit Tensiden und Duftstoffen "aufgehübscht"
"...wie ein Sprecher betont,hat für die Bevölkerung zu keinem Zeitpunkt Gefahr bestanden."
"...mittlerweile rostet das Miststück..." E.v. Däniken
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Uranylacetat
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Beitrag von Uranylacetat »

Ich fand gerade in einem antiquarischen Lehrbuch aus meiner Sammlung folgende Variation des Versuches:

Bild

"CHEMISCHE UNTERRICHTSVERSUCHE" von Dr. H. Reinholdt - Professor in Säo Paulo - neu herausgegeben von O. Schmitz-Du Mont -Professor an der Universität Bonn -
3. unveränderte Auflage 1951 Verlag Theodor Steinkopff - Dresden und Leipzig


Lars, danke für für die Aufklärung des Inhalts von Dan Klorix!
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