Die chemische Ampel 2 - zeitlicher Farbwechsel

Organische und anorganische Versuche ohne weitere Zuordnung.

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guitar_player
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Die chemische Ampel 2 - zeitlicher Farbwechsel

Beitrag von guitar_player »

Die chemische Ampel 2

EDIT: es gibt noch eine weitere, räumliche Version der "chemischen Ampel" die hier beschrieben ist.


Geräte:

2 x 800 ml Bechergläser, 150 ml Becherglas, Rührstab, Waage, Spatel


Chemikalien:

Natriumhydroxid
Glucose
Indigocarmin


Durchführung:

Im kleinen Becherglas werden in 100 ml Wasser 3 g Natriumhydroxid gelöst.
In einem 800 ml Becherglas werden 7 g Glucose und eine Spatelspitze Indigocarmin in 350 ml Wasser gelöst.
Man vereinigt beide Lösungen, worauf hin sich die Flüssigkeit grün, rot und gelb färbt.
Nun wird der Inhalt des Becherglases von ca. 50 cm Höhe in das andere Becherglas gegossen und der Farbwechsel beginnt von neuem.
Nach einiger Zeit wird die Farbe immer schwächer, jedoch kann noch etwas Indigocarmin eingetragen werden.


Entsorgung:

Die Lösung wird neutralisiert und in den Abfluss gegeben.


Erklärung:

Das Indigocarmin wird im alkalischen Milieu durch die Glucose zum Leukoindigocarmin reduziert, was zu einem Farbwechsel führt.
Wird die Flüssigkeit in das andere Becherglas geschüttet, kann der Sauerstoff der Luft mit dem Leukoindigocarmin (gelb) zurück zum Indigocarmin (blau) reagieren.
Beides zusammen ergibt die grüne Farbe.


Bilder:

Bild
Vor der Zugabe der Natronlauge

Bild

Bild

Bild
guitar_player
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Beitrag von guitar_player »

Bilder wurden eingefügt ;-)
Caesiumhydroxid
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Beitrag von Caesiumhydroxid »

Hammergeile Bilder, besonders, als etwas zugegeben wird, richtig geil :D

Den Versuch gibt es hier auch schon in ein wenig anderer Form, aber sehr schön gemacht :thumbsup:
Bariumchlorid
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Beitrag von Bariumchlorid »

Da sag ich nur : Freie Fahrt !
Wirklich toller Versuch.
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Newclears
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Beitrag von Newclears »

Ist wirklich cool.Irgendwo hab ich mal einen Ähnlichen Versuch mit ner Titanylverbindung gesehen.
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Langer
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Beitrag von Langer »

Irgendwie ist deine Ampel kaputt, hab noch nie eine gesehen, die von grün direkt auf rot springt und dann gelb wird. ;) (Hm, vielleicht gibts die doch und ich wurde deshalb geblitzt)

Schöner Versuch und die Bilder sind auch gelungen!


Gruß, Langer
Bariumchlorid
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Beitrag von Bariumchlorid »

Titanylsulfat lässt sicher nicht wirklich gut mit Zn und HCl zu Ti(III) reduzieren :( Oder mache ich da was falsch ?
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Ich gehe davon aus, dass die Chemie auch dieses Versuches komplexer ist, als es die in der Beschreibung gegebene Erklärung vermuten lässt. Zunächst mal scheint es nicht zu gelingen, das Leukoindigokarmin durch schütteln mit Luftsauerstoff wieder vollständig zu oxidieren, denn die blaue Farbe keht offenbar nicht wieder. Oder spielen da weitere Vorgänge eine Rolle und das Grün ist nicht einfach nur eine Mischfarbe? Dann ist die "Leuko" Base wohl in Wirklichkeit eine "Xantho"base, da gelb gefärbt. Und wie die rote Farbe zustande kommt ist dabei noch lange nicht klar.

Interesaant wäre z.B. mal, statt Glukose andere Reduktionsmittel zu probieren.
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Pok
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Beitrag von Pok »

Hier ist eine Übersicht, mit der man die Beobachtungen erklären kann. Das rot umrandete findet bei der im Artikel beschriebenen Durchführung offenbar statt:

Bild
(Quelle)


Aus anderen Quellen zusammengereimt: bei Zugabe der Natronlauge findet erst eine Deprotonierung des Indigocarmins statt und es bildet sich eine grüne Mischfarbe aus deprotoniertem (gelb) und protoniertem (blau) Indigocarmin. Glucose reduziert das (protonierte oder deprotonierte) Indigocarmin über ein rot gefärbtes Radikal-Anion zum gelben Leuko-Farbstoff.
Bild

Beim Umschütten in das alte, leere Becherglas finden die Rückreaktionen (mit O2) statt und beim Stehenlassen wieder die beschriebene Reaktion. Die blaue Farbe lässt sich nicht mehr herstellen, weil der pH-Wert durch die anfängliche Zugabe der Natronlauge einfach zu hoch ist.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Nach dieser Erklärung müsste eine blaue Indicocarminlösung durch Zugabe von Natronlauge eine grüne Farbe annehmen, sofern der pH nicht über 13 liegt. In dem Versuch werden 3 g NaOH in 450 ml Waser eingesetzt, das entspricht einer 0,2625 M Lösung, und die hat einen pH von 13,3. Wenn die Erklärung stimmt, ist es kritisch, daß der pH nicht zu hoch wird, sonst hat man einen Farbwechsel gelb-rot-gelb

Kann das mal jemand probieren (Indigocarmin mit Natronlauge in der entsprechenden Konzentration zu versetzen ohne Glucose) und dann die Farbe dokumentieren?
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Pok
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Beitrag von Pok »

Wie kommst du auf 0,2625 M und pH 13,3? Ich komme auf 0,167 M und pH 13,2.

Die Angabe zum Farbumschlag von Indigocarmin könnte falsch sein. Verschiedene Quellen geben unterschiedliche Bereiche an, wobei der untere pH-Wert sehr ähnlich (11,4-11,6) und der obere entweder 13,0 oder 14,0 ist. Die meisten modernen Quellen sprechen von 14,0. Dann würde das gut hinhauen mit der grünen Mischfarbe.

Eine andere Quelle geht genauso vor, aber da wird die doppelte Menge NaOH benutzt (6 g auf 100 ml) und die doppelte Menge Glucose (14 g auf 350 ml). Trotzdem soll eine grüne Farbe sichtbar sein. Der pH wäre 13,5. Das lässt sich dann nur erklären, wenn der Farbumschlag wirklich erst bei pH 14 vollständig ist. Dann müsste man das NaOH also nicht besonders genau abwiegen.
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Pok
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Beitrag von Pok »

Hier mal die Farben von Indigocarmin bei unterschiedlichen pH-Werten.

Bild

Bild

V1 = Versuchsvorschrift 1 (die im Artikel -> pH 13,2)
V2 = Versuchsvorschrift 2 (die in der 2. Quelle -> pH 13,5)

Der richtige Wert für den vollständigen Farbumschlag zu Gelb liegt also nicht bei 13,0, sondern bei 14,0. Mit der Versuchsvorschrift aus der 2. Quelle bekommt man kein ordentliches Grün mehr hin.

Ca. 3 Stunden später:
Bild

Die Grüntöne sind zu gelb gewechselt (passierte schon nach 1/2 Stunde) und haben sich stark aufgehellt. :conf:
Auf dem Foto schlecht zu erkennen: auch die Lösung bei pH 12 ist von blau zu grün bis turkisgrün gewechselt.

Vielleicht gibts deshalb diese Ungereimtheiten mit dem oberen pH-Wert. Wenn man lange wartet, scheint der Farbumschlag zu (hell)gelb wirklich schon bei 13,0 stattzufinden.

Zu einem der drei fast farblosen RGs habe ich Säure bzw. Säure + Kaliumperoxomonosulfat gegeben. Nix passiert, ist also kein deprotoniertes oder reduziertes Indigocarmin, sondern wahrscheinlich Zersetzungsprodukte. Laut Literatur zersetzt sich Indigocarmin in basischem Milieu...vielleicht wirds in der Mitte gespalten?!
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Vielen Dank für deine Mühen! Damit ist die Frage für mich hinreichend geklärt.
Der von mir angegebenen pH von 13,3 beruhte auf einem Rechenfehler. Glücklicherweise verzeiht einem der Logarithmus da einiges und so war das Ergebnis trotzdem fast richtig. Natürlich gibt es in der Mathemathik kein "fast richtig", aber in der Annäherung an Fragestellungen schon.
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

Pok hat geschrieben:Ca. 3 Stunden später:
Bild

Die Grüntöne sind zu gelb gewechselt (passierte schon nach 1/2 Stunde) und haben sich stark aufgehellt. :conf:
Auf dem Foto schlecht zu erkennen: auch die Lösung bei pH 12 ist von blau zu grün bis turkisgrün gewechselt.

Vielleicht gibts deshalb diese Ungereimtheiten mit dem oberen pH-Wert. Wenn man lange wartet, scheint der Farbumschlag zu (hell)gelb wirklich schon bei 13,0 stattzufinden.

Zu einem der drei fast farblosen RGs habe ich Säure bzw. Säure + Kaliumperoxomonosulfat gegeben. Nix passiert, ist also kein deprotoniertes oder reduziertes Indigocarmin, sondern wahrscheinlich Zersetzungsprodukte. Laut Literatur zersetzt sich Indigocarmin in basischem Milieu...vielleicht wirds in der Mitte gespalten?!
Indigocarmin ist vor allem ein guter Redoxindikator (E0 bei pH 0 = 0,29V; bei pH 7 = -0,13 V; von blau nach gelblich) was ja im Versuch auch ausgenutzt wird. ich schätze es kommt bei so hohem pH zu einer irreversiblen oxidativen Zerstörung durch O2.
wennschon dann müsstest du jedenfalls ein Reduktionsmittel probieren ob es noch reversibel ist und nicht noch mehr Oxidationsmittel, ganz verkehrt :)
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Pok
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Beitrag von Pok »

Oxidative Zerstörung könnte sein. Aber in diesem Fall wäre doch klar, dass das nicht reversibel sein kann.
Um das typische Redoxverhalten kann es sich ja nicht handeln, wenn man sich die 3 Reaktionsgleichungen in meinem Post weiter oben ansieht. Oxidiert müsste es grün sein/bleiben. Die einzigen zwei gelben "Spezies" sind die deprotonierte und reduzierte Form, die ich beide durch Säure/Oxidationsmittel-Zugabe ausschließen wollte.

Aber ok, ich hab jetzt mal Natriumsulfit zugegeben und da ändert sich nix, auch nicht nach weiterer Säurezugabe...
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