Die Belousov-Zhabotinsky-Reaktion wurde in den 50er Jahren entdeckt und ist einer der schönsten und gleichzeitig einfachsten Demonstrationsversuche und mittlerweile ein Klassiker der unter den "Kabinettstücken" nicht fehlen darf. Vor allem in der Petrischale in flacher Schicht ausgeführt, kann man sich an den vielfältigen, geradezu hypnotisierenden Strukturen dieses chemischen Kaleidoskops kaum sattsehen.
Grundlage ist ein oszillierendes System das auf der Basis von 3 Reaktionsgleichgewichten zwischen 2 Oxidationszuständen schwankt. Dabei können nicht nur, wie bei vielen anderen oszillierenden Reaktionen, homogene Wechsel in einer Flüssigkeitssäule sondern auch sehr schöne räumliche Wellen in einer Petrischale beobachtet werden.
Geräte:
Bechergläser, Kolben mit Schliffstopfen, Petrischale, Pipetten
Chemikalien:
Schwefelsäure 5%

Kaliumbromat



Natriumbromid

Malonsäure

Ferroin-Lösung 0,025M

Optional: Octoxinol 9 (Triton-X)



Hinweis:
Bei der Reaktion entstehen anfangs geringe Mengen freies Brom, es ist ggfs. im Abzug zu arbeiten.
Durchführung:
Zunächst werden 3 Lösungen vorbereitet:
Lösung 1: 2,93 g Kaliumbromat werden in 36 ml 5%iger Schwefelsäure gelöst (alternativ: 2,65 g Natriumbromat)
Lösung 2: 1 g Malonsäure wird in 10 ml destilliertem Wasser aufgelöst
Lösung 3: 1 g Natriumbromid wird in 10 ml destilliertem Wasser aufgelöst (alternativ: 1,16 g Kaliumbromid)
Nun werden in einem 50 ml Kölbchen mit Schliffstopfen 12 ml von Lösung 1 und 2 ml von Lösung 2 vermischt. Anschließend gibt man 1 ml von Lösung 3 hinzu und verschließt den Kolben sofort. Es kommt zu einer Gelbfärbung durch ausgeschiedenes Brom. Das Kölbchen wird immer wieder umgeschwenkt, nach kurzer Zeit ist alles Brom wegreagiert und die Lösung ist wieder farblos und klar.
Jetzt wird 1 ml der Ferroin-Lösung zugesetzt, umgeschüttelt und das ganze rasch in eine vorbereitete Petrischale gegossen (die Flüssigkeit sollte eine Schichtdicke von ca. 2-3 mm haben).
Beim Zugeben des Ferroins kann man in der Regel erste Farbwechsel zwischen Rot und Blau erkennen. In der Petrischale liegt anfangs normalerweise eine rote Lösung vor. Binnen weniger Sekunden sind bereits die ersten kleinen blauen "Tupfen" zu erkennen, die rasch mehr werden, sich ausbreiten und dann die bekannten ringförmigen Strukturen bilden.
Die Strukturen werden mit der Zeit immer komplexer und durchwachsener bis irgendwann nur noch ein fast unstrukturiertes Muster erkennbar ist. Durch Umschwenken der Lösung kann der Ansatz jedoch jederzeit wieder "zurückgesetzt" werden, und es wird wieder ein homogener Ausgangszustand erreicht, aus dem erneut schöne Strukturen entstehen.
Während der Reaktion wird ständig eine kleine Menge CO2 frei, das sich in Gasbläschen am Glas festsetzt und ggf. den optischen Eindruck stört. Zugabe einer kleinen Menge einer anionischen oder nicht-ionischen oberflächenaktiven Substanz (z.B. Triton-X) verhindert das Festhängen der Bläschen, verändert aber auch die Strukturen (mehr und kleinere Strukturen bilden sich, tendenziell auch schnelleres Wachstum).
Mit den angegebenen Mengen läuft die Reaktion insgesamt ca. 30 - 60 Minuten lang. Am Ende verbleibt eine blaue Lösung (oxidierter Zustand des Ferroins).
Entsorgung:
Abfälle kommen zu den schwermetallfreien anorganischen Abfällen.
Erklärung:
Zur Geschichte und den Mechanismen der Reaktion sei auf die ausgiebige Literatur verwiesen, die hierzu verschiedene komplexe Modelle anbietet. Besonders hervorzuheben sind dabei die Facharbeit von Jan Krieger: "oszillierende Reaktionen am Beispiel der Belousov-Zhabotinsky-Reaktion" (2001) sowie die Dissertation von Matthias Woltering: "Chaos und Turbulenz in der Belousov-Zhabotinsky-Reaktion" (Universität Dortmund, 2001). Sehr gute Erklärungen findet man ebenfalls bei Chem-Page.de . Das oft genannte Ce4+/Ce3+ ist bei Zugabe von Ferroin nicht für die Reaktion erforderlich, der Indikator übernimmt hier gleichzeitig die Rolle des Katalysators.
Im Wesentlichen ist es ein Ablauf von 3 aufeinander folgenden Reaktionen:
Reaktion 1 - Reaktion von Bromid und Bromat zu Brom das die Malonsäure zu Brommalonsäure bromiert. Dabei wird das anfangs vorliegende Bromid verbraucht:
3 CH2(COOH)2 + BrO3− + 2 Br− + 3 H3O+ --> 3 BrCH(COOH)2 + 6 H2O.
Entscheidend: Bromid wird verbraucht, am Ende steht eine kleine "Startmenge" Bromit für den nächsten Schritt zur Verfügung. Kein Farbumschlag des Ferroins.
Reaktion 2 - bei weitgehender Abwesenheit von Bromid kann die, bei der Reaktion zwischen Bromid und Bromat als Zwischenstufe gebildete, Bromige Säure mit Bromat zum sehr reaktiven Radikal BrO2. komproportionieren. Dieses fungiert als Oxidationsmittel für das Eisen im Ferroin zu Ferriin (Bromat alleine oxidiert Ferroin trotz des hohen E0 von +1,42V wegen kinetischer Hemmung nicht[4]!). Bei diesem Schritt kommt es in der Summenreaktion zu einer Autokatalyse und zum Anwachsen der Bromit-Konzentration:
HBrO2 + BrO3− + 3 H3O+ + 2 Fe2+ --> 2 Fe3+ + 2 HBrO2 + 4 H2O
Entscheidend: Es wird eine größere Menge Bromit erzeugt, der Indikator (und gleichzeitig Katalysator) wird zu blauem Feriin oxidiert.
Reaktion 3 - mit zunehmender Bromit-Konzentration nimmt auch die Disproportionierung zu hypobromiger Säure und Bromat zu:
2 HBrO2 + H2O --> HBrO + BrO3− + H3O+
Hypobromit wird nun unter gleichzeitiger Reaktion mit dem Ferriin und der Malonsäure bzw. Brommalonsäure wieder nach:
HBrO + 2 Fe3+ + 2 CH2(COOH)2 + BrCH(COOH)2 + 6 H2O --> 2 Br− + 2 Fe2+ + 3 HOCH(COOH)2 + 4 H3O+
zu Bromid und Hydroxymalonsäure (Tartronsäure) umgesetzt. Die Hydroxymalonsäure reagiert mit weiterem Bromat rasch zu CO2, Wasser und weiterem Bromid:
BrO3− + HOCH(COOH)2 --> Br− + 3 CO2 + 2 H2O
Entscheidend: das Feriin und Bromit wird via Hypobromit durch die Malonsäure wieder zu Bromid und Ferroin reduziert. Damit wird das Bromid für Schritt 1 wieder hergestellt, der Kreislauf kann wieder beginnen. Die Farbe schlägt auf Rot um.
Insgesamt gibt es also 2 Phasen in denen reduziertes, rotes Ferroin vorliegt und nur eine in der oxidiertes Feriin vorliegt. Es überwiegt somit meist die rote Form, in der sich intermittierende auftretende "blaue Wellen" ausbreiten. In Summe wird die Malonsäure dabei durch Bromat zu Brommalonsäure und CO2 oxidiert.
Diese Erklärung ist eine stark vereinfachte Version - komplexere Modelle umfassen schon mal 80 Reaktionsschritte![3]
Bilder:
die vorbereiteten Lösungen
Startreaktion - Bildung von Brom und Bromierung der Malonsäure
Sequenz an Bildern
Sequenz an Bildern - bei Zugabe des Tensids bilden sich weniger Blasen aber die Strukturen werden kleinteiliger
Detailaufnahme
Detailaufnahme
Detailaufnahme
Detailaufnahme
Literatur:
[1] Facharbeit von Jan Krieger: "oszillierende Reaktionen am Beispiel der Belousov-Zhabotinsky-Reaktion" (2001)
[2] Dissertation von Matthias Woltering: "Chaos und Turbulenz in der Belousov-Zhabotinsky-Reaktion" (Universität Dortmund, 2001)
[3] Journal of Physical Chemistry (1993) 97, p. 1931–1941 https://doi.org/10.1021/j100111a035
[4] Fresenius Z f. anal. Chemie (1938) 114, p. 116–119 https://doi.org/10.1007/BF01392995