Die Springbrunnenversuche - bei denen sich in einem “leeren“ Kolben gegen die Schwerkraft spontan eine Fontäne ausbildet - gehören spätestens seit dem Ende des 19 Jahrhunderts zum Kanon der Schauexperimente. Hier werden sie in ihrer bekannten Form vorgestellt. Das Besondere ist, dass zur Erzeugung der Gase Chlorwasserstoff und Ammoniak nur Haushaltsprodukte aus dem Supermarkt verwendet werden. Als kleiner Nebeneffekt wird außerdem die Darstellung von Wasserstoff unter Verwendung derselben Ausgangsstoffe gezeigt.
Material/Geräte:
Erlenmeyerkolben 100 ml, mehrere Gummistopfen mit Bohrung, zwei rechtwinklig gebogene Glasrohre, kurzes Schlauchstück, zwei Rundkolben 500 ml, Glasrohr mit Spitze, Chlorcalciumröhre (optional), Dreifuß mit Drahtnetz, Spiritusbrenner, Stativmaterial, (Glas)Wanne mit 1000 ml Fassungsvermögen, Reibschale, Reagenzgläser (für den Wasserstoffversuch)
Chemikalien:
Natriumhydroxid-haltiger Rohrreiniger in Pulverform

Hirschhornsalz (Ammoniumhydrogencarbonat)

Natriumhydrogensulfat-haltiger WC-Reiniger in Pulverform

Brennspiritus (vergälltes Ethanol)


Rotkohlblatt
Chlorwasserstoff



Ammoniak




Wasserstoff


Sicherheitshinweise:
Bei diesem Versuch werden Gase dargestellt, die in größeren Mengen gesundheitsschädlich sind. Dieser Teil des Experimentes sollte bei guter Lüftung, optimal unter einem Abzug, erfolgen.
Die verwendeten Rundkolben müssen absolut unversehrt sein und dürfen keine Sprünge aufweisen (kontrollieren!), da in Ihnen während des Versuchs ein erheblicher Unterdruck entsteht, und sie bersten können, wenn sie beschädigt sind!
Versuchsdurchführung:
Vorbereitung: Herstellung der Indikatorlösung:
Als Indikator wird hier Rotkohl eingesetzt. Um eine haltbare Indikatorlösung herzustellen wird ein großes Rotkohlblatt von der fleischigen Mittelrippe befreit, der Rest möglichst fein zerschnitten und in einem Erlenmeyerkolben mit so viel Brennspiritus übergossen, dass er gut bedeckt ist. Der Kolben wird über einer Spiritusflamme (Vorsicht! Alkoholdampf kann sich entzünden!) oder in einem heißen Wasserbad (besser!) erhitzt, bis der Spiritus siedet und dann bedeckt langsam abkühlen gelassen. Danach wird die tiefviolette Tinktur abgegossen und mit etwas Säure (z.B. einigen Körnchen WC-Reiniger) versetzt, bis sie klar tiefrot gefärbt ist. In dieser Form ist sie lange haltbar. Um 1 Liter Wasser eine kräftige Farbe zu erteilen sind ca. 20 ml davon erforderlich.
Alternativ kann man den Rotkohl auch mit kochendem Wasser aufbrühen, nach dem Abkühlen filtrieren und auf die gewünschte Farbkraft verdünnen. Die wässrige Abkochung ist aber nicht haltbar (im Kühlschrank für einige Tage - eingefroren nahezu unbegrenzt).
1. Der Ammoniak-Springbrunnen
Für diesen Versuch wird ein Rohrreiniger verwendet, der Natriumhydroxid enthält. Betrachte man die Substanz, so erkennt man, dass sie in einem körnigen, weißen Pulver silbrig glänzende Metallkörnchen enthält. Um diese abzusondern zerreibt man einen leicht gehäuften Esslöffel Rohrreiniger in der Reibschale und klopft dann mehrere Male rhythmisch seitlich gegen die Schale. Die groben Metallteilchen sondern sich in einer Seite der Schale ab und das Pulver kann mit einem kleinen Löffel entnommen werden. Durch wiederholen des Vorganges erhält man einen gestrichenen Esslöffel metallfreien, weißen Pulvers. Der Rest wird für den Zusatzversuch aufbewahrt
Zur Vorbereitung wird eine Schüssel unter ein Stativ gestellt (in das später der Kolben eingespannt werden kann) und mit 750 ml Wasser befüllt. Man setzt 20 ml Rotkohltinktur und eine Prise WC-Reiniger zu, so dass das Wasser deutlich rotviolett gefärbt ist. Ein 15-20 cm langes Glasrohr, das zu einer nicht zu feinen Spitze ausgezogen ist (Öffnung ca. 1,5-2 mm) wird in einen durchbohrten Stopfen geschoben, der auf die Öffnung des verwendeten Rundkolbens passt und zwar so weit, dass es, wenn der Stopfen eingesetzt wird gerade etwas über den Hals hinaus in den Kolben hineinragt. Nun kann der eigentliche Versuch beginnen.
In einem 100 ml-Erlenmeyerkolben mischt man das gepulverte Rohrfrei (ca. 12 g) mit einem Teelöffel Hirschhornsalz (ca. 4 g) und baut die unten gezeigte Apparatur auf. Das gebildete Ammoniak wird über zwei verbundene, rechtwinklig gebogene Glasrohre von unten in einen leeren, trockenen (!) 500 ml-Rundkolben (bevorzugt mit rundem Boden, also kein Stehkolben!) geleitet, dessen Hals locker mit einem Wattebausch verschlossen wird. Optimalerweise wird zwischen den Kolben und die Glasrohre ein Chlorcalciumrohr geschaltet, um Kondenswasser und mitgerissenen Rauch zurückzuhalten. In dieses legt man einen kleinen Bausch Watte, schüttet man etwas (nicht pulverisiertes) Rohrfrei darauf und schließt wieder mit einem Wattebausch ab.
Nun wird das Gemisch im Kolben mit dem Spiritusbrenner erhitzt, wobei Ammoniak frei wird, der sich bald durch seinen Geruch bemerkbar macht. Das Füllen des Rundkolbens geht schnell, nach etwa 2 Minuten kann man davon ausgehen, dass es beendet ist. Man zieht das Glasrohr samt Wattebausch aus der Kolbenöffnung (diese muss weiter nach unten gerichtet bleiben!) und setzt den vorbereiteten Stopfen mit dem spitzen Glasrohr ein. Dann spannt man den Kolben in das Stativ, so dass das Ende des Glasrohrs fast bis zum Boden der Schüssel in das Wasser eintaucht, und beobachtet.
Das Wasser steigt langsam im Glasrohr empor und färbt sich dabei bereits bläulich. Nach einer bis anderthalb Minuten ist es an der oberen Öffnung angelangt. Kurz nachdem der erste Tropfen ausgetreten ist, spritzt ein kräftiger Flüssigkeitsstrahl aus der Rohrmündung, prallt mit hörbarem Rauschen gegen die Kolbenwand und färbt sich dabei tief grün. Der Springbrunnen hält an, bis der Kolben fast völlig mit Flüssigkeit gefüllt ist
2. Der Chlorwasserstoff-Springbrunnen
Hierfür wird der saure WC-Reiniger verwendet. Er liegt als körniges, weißes Pulver vor, das einzelne kleine, blaue Kristalle enthält. Ein leicht gehäufter Esslöffel davon wird in der Reibschale solange verrieben, bis ein homogenes Pulver entstanden ist, in dem keine blauen Kristalle mehr zu sehen sind. Dieses gibt man in den Erlenmeyerkolben. Die Apparatur zur Gaserzeugung entspricht der vorigen, nur wird das Chlorcalciumrohr diesmal mit etwas (nicht pulverisiertem) WC-Reiniger beschickt und das zweite Winkelrohr nach unten gerichtet, um den entstehenden Chlorwasserstoff von oben in einen 500 ml-Rund- oder Stehkolben einzuleiten. Das Wasser, das wie oben mit Indikator versetzt und in der Glasschüssel vorgelegt wird, wird diesmal durch Zugabe einer Prise Rohrfrei blaugrün gefärbt.
Wieder wird die Substanz (ca. 15 g) im Erlenmeyerkolben mit einem Spiritusbrenner erhitzt. Sie färbt sich zunehmend schwarz, bläht sich etwas auf und schäumt ein wenig. Nach etwa fünf Minuten treten weiße Nebel aus dem Hals des Stehkolbens aus. Man erhitzt noch kurze Zeit, entfernt dann das Einleitungsrohr und setzt - die Kolbenöffnung stets nach oben gerichtet - den Stopfen mit dem spitzen Glasrohr auf. Spannt man nun den Kolben ist das Stativ über der Wasserschüssel, so steigt das Wasser allmählich - es geht deutlich langsamer als beim Ammoniak - empor und kommt nach etwa 2 Minuten an der oberen Öffnung an. Wieder entsteht, kaum dass der erste Tropfen ausgetreten ist, ein schöner Springbrunnen, der diesmal nicht ganz so heftig ist, wie beim Ammoniak. Der Indikator schlägt nach hellrot um, der Kolben füllt sich zu ca. ¾, dann kommt der Springbrunnen zum Stillstand.
Anmerkungen:
1. Man kann die Versuche auch ohne Zwischenschalten einer Chlorcalciumröhre durchführen. Dabei ist das entwickelte Gas aber durch mitgerissene Schwebeteilchen undurchsichtig trübe und daher die Spitze des Glasrohrs im Kolben nicht so schön zu sehen. Außerdem setzt sich in den Winkelrohren Kondenswasser an, das vor Wiederholung des Versuchs ausgetrieben werden muss. Dazu eignet sich ein Heißluftfön ganz gut.
2. Beim Chlorwasserstoffversuch verwendet man an Stelle von Watte besser Glaswolle zum Beschicken der Chlorcalciumröhre. Die Watte wird durch das Gas stark angegriffen und zerfällt zu einer schmierigen Masse.
3. Man kann die befüllten Kolben mit aufgesetztem Stopfen mit Glasrohr bis zur Vorführung des Versuches einige Stunden aufbewahren, wenn man die äußere Rohrmündung mit einem kleinen Gummistopfen verschließt. Dabei kühlt das Gas im Kolben jedoch ab, sodass das spontane Emporsteigen des Wassers seeehr lange (über 10 Minuten) dauert. Man verfährt daher so, dass man die Kolbenwand kurz vor der Vorführung, oder nachdem der Kolben ins Stativ eingespannt ist, von außen erwärmt (auch hier mit einem Fön) und dann einen mit kaltem Wasser getränkten Lappen auf den Kolben legt. Die Volumenkontraktion des Gases beim Abkühlen beschleunigt das Aufsteigen des Wassers erheblich.
3. Darstellung von Wasserstoff - Knallgasreaktion
Der bei der Vorbereitung des Ammoniakspringbrunnens erhaltene Rest des Rohrreinigers, der die Metallkörner angereichert enthält, wird in eine gewöhnliches Reagenzglas gegeben (ca. 2-3 cm hoch) und dieses schräg in ein Stativ eingespannt. Der auf das Glas aufgesetzte Stopfen trägt ein Winkelrohr, dessen Ende in eine mit Wasser gefüllte Glasschale eintaucht. Man bereitet mehrere mit Wasser gefüllte Reagenzgläser vor, die kopfüber in die so improvisierte pneumatische Wanne gestellt werden. Nun gibt man mit einer Pipette so viel Wasser zu dem Rohrfreipulver, dass dieses eben gut bedeckt ist und setzt rasch den Stopfen wieder auf.
Sofort entwickelt sich in lebhafter Reaktion Wasserstoff, der in den vorbereiteten Reagenzgläsern aufgefangen wird. Die Gläser werden in der pneumatischen Wanne unter Wasser mit einem Stopfen verschlossen. Man kann problemlos drei Reagenzgläser (zu 25 ml) mit Wasserstoff füllen. Eines oder mehrere Gläser befüllt man nur zu 2/7 mit Wasser (8 ml Wasser eingeben), so dass in ihnen eine Mischung aus 5 Raumteilen Luft und 2 Raumteilen Wasserstoff erhalten wird.
Der Nachweis des Wasserstoffs geschieht durch seine Brennbarkeit. Man öffnet die gefüllten Gläser und hält sie mit der Öffnung nach Unten an die Flamme des Spiritusbrenners. Das Gas entzündet sich mit einem leisen "Plopp!“ und eine kleine Flamme wandert in das Reagenzglas hinein. Beim ersten Glas, das noch die in der Apparatur vorhanden gewesene Luft enthält, ist ein leiser Knall zu hören. Beim Entzünden des Gasgemisches in den nur zu 2/7 mit Wasserstoff gefüllten Gläsern ertönt ein scharfer Pfiff. In der Regel wird die Flamme des Spiritusbrenners durch die Explosion gelöscht.
Entsorgung:
Die Rückstände in den Gasentwicklungsgefäßen und das gefärbte Wasser aus den Springbrunnenversuchen können über das Abwasser entsorgt werden.
Erklärungen:
Vorbemerkung: Bevor ich diese Versuche durchgeführt habe, habe ich die verwendeten Haushaltschemikalien qualitativ und quantitativ analysiert. Die Ergebnisse sind zusammengefasst wie folgt:
“00-WC-Reiniger“ enthält 48 % titrierbares Natriumhydrogensulfat und 40 % Natriumchlorid. Daneben ist ein wenig Natriumcarbonat enthalten, denn beim Anfeuchten entsteht Kohlendioxid (was selbsttätige Schaumbildung bewirkt), so dass der ursprüngliche Anteil an NaHSO4 etwas höher gewesen sein dürfte. Der Rest besteht (neben etwas Feuchtigkeit) aus einem Detergens, vermutlich Natriumdodecylsulfat. Die blauen Kristalle sind oberflächlich eingefärbte Kochsalzkristalle. Das Produkt ist parfümiert.
“Rohrreiniger PowerPulver“ enthält 40 % Natriumhydroxid und 1 % Aluminiumgrieß. Daneben fand ich 57 % Kochsalz, der Rest dürfte Feuchtigkeit sein.
Das in der Weihnachtsbäckerei als Treibmittel für Lebkuchen verwendete Hirschhornsalz ist Ammoniumhydrogencarbonat. Beim Erhitzen zerfällt es in Ammoniak, Kohlendioxid und Wasser, das Kohlendioxid wird vom Natriumhydroxid als Natriumcarbonat gebunden:
NH4HCO3 ---> NH3 + H2O + CO2
2 NaOH + CO2 ---> Na2CO3 + H2O
Ein Teil des Kohlendioxids entweicht aber und bildet mit dem Ammoniak wieder Ammonium(hydrogen)carbonat, das als feiner Rauch das gebildete Gas trübt. Durch das Natriumhydroxid im Chlorcalciumrohr wird dieser sowie mitgerissener Wasserdampf zurückgehalten, da Natriumhydroxid stark hygroskopisch ist. Ammoniak ist leichter als Luft (Verhältnis etwa 0,6:1), daher wird er in einem nach unten offenen Kolben aufgefangen.
Ammoniakgas löst sich sehr gut in Wasser, bei Raumtemperatur kann 1 Volumenteil (VT) 650 VT Ammoniak aufnehmen. Beim Eintreten des ersten Tropfens Wasser in den Kolben löst sich in diesem eine große Menge Ammoniak und es bildet sich ein gasverdünnter Raum aus. Der äußere Luftdruck presst das Wasser in den Kolben, wodurch der Springbrunnen entsteht. Wenn die Luft im Kolben vollständig durch Ammoniak verdrängt und das Wasser abgekocht - d.h. frei von gelöster Luft - war, füllt sich der Kolben vollständig mit Wasser.
Der Chlorwasserstoff wird durch die Reaktion des Natriumhydrogensulfates im WC-Reiniger mit dem darin ebenfalls enthaltenen Kochsalz erzeugt:
NaHSO4 + NaCl ---> HCl + Na2SO4
Bei den hohen Temperaturen zersetzt sich das im Reiniger vorhandene Detergens und verkohlt, außerdem entstehen Wasserdampf und multiple Nebenprodukte, die als Rauch das gebildete Gas trüben. Wieder werden diese in der Chlorcalciumröhre zurückgehalten. Auch Chlorwasserstoff ist außergewöhnlich gut wasserlöslich (460 VT in 1 VT Wasser bei 20°C), so dass dieselben physikalischen Vorgänge ablaufen, wie beim Ammoniak. Es ist mir nie gelungen, dass sich der Kolben ganz mit Wasser füllt. Dafür gibt es mindestens zwei Gründe. Chlorwasserstoff ist zwar schwerer als Luft (Verhältnis ungefähr 1,22:1) und wird daher in einem nach oben offenen Kolben aufgefangen. Da das entwickelte Gas aber warm ist, wird dieser Effekt teilweise wieder aufgehoben, indem die dichte des warmen Gases geringer ist als bei Raumtemperatur. Zweitens entwickelt der WC-Reiniger etwas Kohlendioxid, das sich dem Chlorwasserstoff beimengt und aus diesem nicht mit einfachen Mitteln zu entfernen ist.
Die Tatsache, dass die aufgefangenen Gase etwas wärmer sind als die Umgebung, beschleunigt das Hochsteigen des Wassers im Glasrohr zu Beginn des Versuchs, denn durch die Volumenkontraktion beim Abkühlen entsteht auch hier ein Sogeffekt. Das geringe Gasvolumen innerhalb des Glasrohres hat nur einen geringen Effekt, da er zunächst Luft enthält, und erst Gas durch die Glasrohrspitze hineindiffundieren muss. Wenn man den Versuch erst einige Zeit nach dem Füllen der Kolben vorführt ist daher der oben beschriebene Trick anzuwenden.
Zu den mit Rotkohl zu erzielenden Farben siehe diesen thread hier im Forum! Natürlich können auch andere Indikatoren eingesetzt werden, aber die Zielsetzung dieses Versuches war es, vollständig mit Ausgangsstoffen aus dem Supermarkt auszukommen.
Zuletzt der Wasserstoff! Er entsteht durch die Einwirkung von Natriumhydroxid auf Aluminium:
6 NaOH + 2 Al + 6 H2O ---> 2 Na3[Al(OH)6] + 3 H2↑
Die Reaktion beginnt spontan und verstärkt sich durch die Lösungswärme von Natriumhydroxid in Wasser selbst, so dass ein Erwärmen der Mischung unnötig ist. Wenn sie nachlässt, kann man durch Erhitzen mit dem Spiritusbrenner etwas nachhelfen.
Reiner Wasserstoff entzündet sich ohne größere Geräuschentwicklung. Sobald ihm Luft (d.h. Sauerstoff) beigemengt ist, tritt eine mehr oder weniger deutliche Explosion auf. Darauf beruht die sogenannte Knallgasprobe: muss eine mit Wasserstoff gefüllte Apparatur erhitzt erden so entnimmt man zuerst am Ende eine Probe des ausströmenden Gases mit einem Reagenzglas und prüft, ob dieses ohne Geräuschentwicklung abbrennt. Erst dann darf die Apparatur erhitzt werden (z.B. beim Arsennachweis nach Marsh). Die Bedingungen für eine Knallgasexplosion sind optimal, wenn man 5 VT Luft mit 2 VT Wasserstoff mischt. Da Luft 20 % (1/5) Sauerstoff enthält, entspricht das Gemenge einer stöchiometrischen Mischung aus Wasserstoff und Sauerstoff – wenngleich es mit etwas Stickstoff verdünnt ist.
2 H2 + O2 ---> 2 H2O
Diese Versuche geben Anlass, über das Volumen der entstehenden Gase zu staunen! Tatsächlich sind die eingesetzten Mengen etwa dreimal so groß, wie nötig wäre um 500 ml Gas zu erzeugen. Die Berechnung dazu funktioniert folgendermaßen: Ein Mol eines jedweden Gases nimmt unter Standardbedingungen (20 °C / 1013 HPa) ein Volumen von 22,4 Liter ein, darin sind 6,023 x 1023 Gasmoleküle enthalten - die Avogadro’sche Zahl. 500 ml Gas entsprechen damit 0,0223 Mol.
In meinem WC-Reiniger ist das Natriumhydrogensulfat die limitierende Komponente, Kochsalz ist im Überschuss enthalten. Aus 1 Mol NaHSO4 entsteht nach obiger Gleichung 1 Mol HCl. Die Molmasse des Natriumhydrogensulfats beträgt 120 g, was ungefähr 250 g Rohrreiniger entspricht. Um 0,5 Liter HCl zu erzeugen benötigt man 0,0223 x 250 = 5,58 g des Produktes.
Die Molmasse des Hirschhornsalzes ist 75 g. Um 0,5 Liter Ammoniak zu erhalten muss man 0,0223 x 75 = 1,67 g davon zersetzen. Um das Kohlendioxid zu binden sind außerdem 0,0223 x 80 = 1,78 g Natriumhydroxid (Molmasse 40 g) nötig, was 4,46 g Rohrreiniger mit einem Gehalt von 40% entspricht.
Und wie viel Aluminium muss man mit Natriumhydroxid umsetzen, um 0,1 Liter (4 Reagenzgläser zu 25 ml) Wasserstoff zu erhalten? Wie die Gleichung zeigt, entstehen aus 2 Mol Aluminium (54 g) 3 Mol Wasserstoff, also 67,2 Liter. Für 100 ml Wasserstoff sind 0,1 x 54 : 67,2 = 0,08 g (80 mg) Aluminium ausreichend!
Nachbemerkung : Die Angaben zur Löslichkeit von Ammoniak und Chlorwasserstoff in der Literatur sind auffällig inkonstant! Die oben genannten Werte stammen aus dem HAGER von 1949
Literatur:
Frerichs G, Arends G, Zörnig H: HAGER´s Handbuch der Pharmazeutischen Praxis; 2. berichtigter Neudruck 1949, Springer-Verlag Berlin-Göttingen-Heidelberg
Heumann, Karl: Anleitung zum Experimentiren bei Vorlesungen über anorganische Chemie zum Gebrauch an Universitäten und technischen Hochschulen sowie beim Unterricht an höheren Lehranstalten; zweite vermehrte und verbesserte Auflage 1893; Braunschweig, Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn: Seite 205
Kreißl, Friedrich und Krätz, Otto: Feuer und Flamme, Schall und Rauch – Schauexperimente und Chemiehistorisches; WILEY-VCH Verlag GmbH & CO KG Weinheim 2003 (ISBN 3-527-30791-5): Seite 254-257
Waselowsky, Kurt: 225 x Chemie – ein Experimentierbuch; Kosmos - Franck’sche Verlagshandlumg Stuttgart 1982 (ISBN 3-440-05045-9): Seite 49
Bilder:
Die verwendeten Produkte
Extraktion von Rotkohl mit Brennspiritus (besser im Wasserbad und nicht wie hier über dem Spiritusbrenner machen!) und die fertige Rotkohltinktur
Rohrreiniger - man erkennt die Aluminiumkörnchen
Füllung eines Kolbens mit Ammoniak, in der Mitte liegt der Stopfen mit dem spitzen Glasrohr für den Versuch bereit
Ammoniakspringbrunnen zu drei verschiedenen Zeiten
Der Ammoniakspringbrunnen im Video
“00“-WC-Reiniger – die blauen Kristalle sind gefärbte Kochsalzkristalle
Versuchsaufbau zur Füllung des Kolbens mit Chlorwasserstoff.
Der Chlorwasserstoffspringbrunnen im Video
Versuchsaufbau zur Darstellung von Chlorwasserstoff ohne Chlorcalciumrohr. Das austretende Gas ist rauchartig getrübt und füllt den Kolben von unten her an.
Derselbe Effekt beim Füllen eines Kolbens mit Ammoniak – hier von oben nach unten. Auch der in die Glasmündung gestopfte Wattebausch hält den Ammoniumcarbonatrauch nicht zurück.
Darstellung von Wasserstoff - Versuchsaufbau
Detail der Gasentwicklung
Entzünden des Wasserstoffs im Video: das erste Reagenzglas enthält die erste Portion Wasserstoff (noch Luft aus der Apparatur enthaltend), das zweite reinen Wasserstoff und das dritte enthält Knallgas (aus 2 VT Wasserstoff und 5 VT Luft).