Leuchtendes Kürbiskernöl

Spannende Experimente zum Vorführen.

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Pok
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Leuchtendes Kürbiskernöl

Beitrag von Pok »

Leuchtendes Kürbiskernöl

Organische Peroxide sind instabile Verbindungen, deren Zerfall oft von Chemolumineszenz begleitet ist, z.B. im Falle der Peroxyoxalate, bei Luciferin oder auch Lophin. Peroxide kommen auch im Haushalt vor, z.B. wenn Fette ranzig werden. So leuchtet etwa ranziges Öl, wenn es in Anwesenheit eines Fluorophors (z.B. Magnesiumphthalocyanin) erhitzt wird. Ein Öl, welches einen Fluorophor von Natur aus bereits in sich trägt, ist Kürbiskernöl. Mit ihm lässt sich eine Chemolumineszenzreaktion ohne weitere Chemikalien demonstrieren.


Materialien:

Kürbiskernöl, Bunsenbrenner oder Heizplatte, massiver Metallgegenstand (z.B. alter Kochtopf oder Eisenkugel), Pipette


Hinweis: Wegen der Rauchentwicklung sollte im Abzug, unter einer Dunstabzugshaube oder im Freien gearbeitet werden.


Durchführung:

Ein Metallgegenstand wird mit dem Bunsenbrenner so stark erhitzt, dass eine deutliche Rauchentwicklung zu beobachten ist, wenn etwas Kürbiskernöl darauf getropft wird. Der Raum wird abgedunkelt und ein Milliliter des Öls mit einer Pipette langsam auf den Gegenstand getropft. Dabei sind für einige Sekunden tiefrote, im Dunkeln gut sichtbare Leuchtspuren an den Stellen zu erkennen, wo das Öl herunterläuft. Ein etwas schwächeres Leuchten ist noch längere Zeit über eine größere Fläche verteilt zu beobachten.


Erklärung:

Kürbiskernöl ist reich an einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren, vor allem Linolsäure. Zwischen den Doppelbindungen kann Luftsauerstoff angreifen und ein Hydroperoxid bilden. Vereinfacht:

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Diese Reaktion wird durch Mesomeriestabilisierung einer Zwischenstufe begünstigt. Bei hohen Temperaturen bilden sich die Peroxide schneller, zerfallen aber auch gleich wieder (homolytische Spaltung der Peroxidbrücke). Die beim Zerfall freigesetzte Energie wird auf Chlorophyll übertragen, welches dem Öl die dunkelgrüne Farbe verleiht und hier als Fluorophor fungiert. Das angeregte Chlorophyll sendet beim Zurückfallen in den Grundzustand das rote Licht aus (Chemolumineszenz). Möglicher Reaktionsablauf:

Bild

In Wirklichkeit können durch Reaktion verschiedener Radikale (nicht abgebildete Zwischenstufen) neben Ketonen auch Epoxide, Aldehyde, Alkane, usw. entstehen.


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Zwei Fluorophore, die sich für die Chemolumineszenz mit Hydroperoxiden eignen: links das künstlich herstellbare Magnesiumphthalocyanin, rechts das im Kürbiskernöl enthaltene Chlorophyll.


Bilder:

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Kürbiskernöl

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Auftropfen des Öls auf eine heiße Eisenkugel

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Chemolumineszenz in der Dunkelheit


Quellen:

ChemgaPedia (Artikel: Antioxidatives Schutzsystem)

Brandl, Täuscher & Weiß (2016) Keine Angst vor Peroxiden. Chemie in unserer Zeit, 50, 130-139. doi: 10.1002/ciuz.201500680

Linschitz & Abrahamson (1953) Kinetics of Porphyrin-catalysed Chemiluminescent Decomposition of Peroxides, and the Mechanism of Photosensitized Oxidation. Nature, 172, 909-910. doi: 10.1038/172909b0

Gertz (2011) Veränderungen von Fetten und Ölen beim Erhitzen und bei der Lagerung. Chemisches Untersuchungsamt Hagen (Vortragsfolien, pdf)
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Sehr schön, Kürbiskernöl ist ein sehr faszinierendes Zeug!
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

cool, ein nettes Experiment für Grillabende im Sommer vielleicht! :) Erst grillen, dann im Feuer noch ein Eisenteil heiß machen und zum Finale zur Belusitgung der Gäste das Kürbiskernöl drübergießen...
Geht das mit frischem Öl oder sollte es bereits gut abgestanden bis ranzig sein? Hilft es, das Öl evtl mit H2O2 vorzubehandeln um den Effekt zu verstärken?
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Pok
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Beitrag von Pok »

Das geht mit frischem Öl. Für den analogen Versuch mit anderen Ölen und Magnesiumphthalocyanin soll man das Öl ranzig werden lassen. Die CL scheint dann auch heller zu sein und man muss offenbar nicht so hoch erhitzen. Ob das alternativ zum langen Stehenlassen auch schneller mit Wasserstoffperoxid geht, müsste ich mal probieren. Davon hab ich bisher nix gelesen.
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Uranylacetat
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Beitrag von Uranylacetat »

Find´s auch sehr cool - noch dazu mit einfachsten Mitteln! :thumbsup: Mit der "Ho iron ball" hat es irgendwie auch noch was Mystisches; so nach fließender Lava eines Vulkans...
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Faszinierend! Solche Sachen gafallen mir. Hätte nicht gedacht, daß das so einfach geht. :D

Fragen:
1. deine Eisenkugel scheint deutlich verrostet (vermutlich eine vom "smashing thermite"). Spielt das eine Rolle (irgendeine katalytische Wirkung)?
2. war das Kürbiskernöl alt oder frisch? d.h. entstehen die Peroxide bei dem Versuch, oder müssen sie vorher schon vorhanden sein?
3. wie hell ist das Leuchten? Ist das Foto mit kurzer oder verlängerter Belichtungszeigt aufgenommen?
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Pok
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Beitrag von Pok »

1. Richtig, spielt aber keine Rolle. Brandl und Co. empfehlen eine heiße Porzellanschale. Die kühlt aber natürlich schneller aus als ein massiver Metallgegenstand.
2. Frisch, die Peroxide entstehen hier in der Hitze.
3. Nicht besonders hell. 8 Sekunden Belichtungszeit mit ISO 1600. Allerdings habe ich in diesem Fall scheinbar die optimale Temp. nicht erreicht und etwas zu hoch erhitzt (bestimmt über 300 °C). Sie soll über 200 °C liegen, aber eine obere Grenze wurde nicht angegeben. Im Vorversuch schien mir das bei nicht ganz so hoher Temp. etwas heller gewesen zu sein und zum Eindruck auf dem Foto zu passen.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

[EDIT by lemmi: verschoben]
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