Kristallolumineszenz von Erdalkalisalzen

Spannende Experimente zum Vorführen.

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Pok
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Beitrag von Pok »

Ja, wäre eine Möglichkeit. Allerdings funktionieren Gasentladungen doch bei niedrigerem Druck eigentlich besser, glaube ich. Das wäre auch leichter apparativ zu bewerkstelligen (einfach beim Kochen Stopfen rauf, dann abkühlen lassen). Vielleicht probiere ich das mal. Könnte mir aber vorstellen, dass die lokalen Kräfte beim Zerbrechen viel größeren Einfluss haben. Da wird ja praktisch sofort ein "Fastvakuum" erzeugt.

Bei N2O müsste auch dessen charakteristisches Spektrum zu sehen sein, das sich m.W. nicht so stark von dem des Stickstoffs unterscheidet (jedenfalls die grobe Farbe mit bloßem Auge betrachtet). Am besten wäre es, Neon einzusetzen. Bei Stoffen, deren TL auf der Gasentladung von Atmosphärenstickstoff beruht, kann man die Farbe so ins Rote verändern, möglicherweise auch verstärken. So könnte man auch gleich die Theorie stützen, dass die Ursache der XTL hier TL ist. Vielleicht probiere ich es mal mit Helium, wo auch schon eine Farbveränderung zu sehen sein sollte.
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eule
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Beitrag von eule »

Diese letzte verlinkte Studie befaßt sich ja nahezu ausschließlich mit der Tribolumineszenz an zumeist gezielt herbeigeführten, nur in der Nachbetrachtung bzgl. zufällig während der Kristallisation auftretenden Brüchen im Kristall.
Die dabei auftretenden Elektronenübergänge sind bekanntlich recht gut untersucht und verstanden.
Die Idee allerdings, daß sich bei der Kristallisation von Einzelsubstanzen aus der Lösung spotan Phasengrenzen zwischenverschiedenen Schichten des Kristalls ausbilden, die für innere mechanische Spannungen sorgen und so spontane Brüche - und damit Lichtemissionen - erzeugen, das kommt mir neu vor. So zumindest verstehe ich den Autor.
Das steht sehr im Gegensatz zu den vielfach erwähnten Gitterfehlern, ggf. mit einzelnen eingelagerten Fremdionen. Vllt. verstehe ich das ja verkehrt, aber ich denke da zuvorderst an aus anderen Systemen bekannte Modifikationen, nur daß diese eben in dn betrachteten Kristallen weniger auffällig - v.a. durch geringe Unterschiede im Brechungsindex - deutlich werden.
Dort wird eine Reorganisation der Kristallstruktur als Ursache nicht nur für die beobachteten Brüche sondern selbst auch als mögliche Quelle für Lichtemissionen überlegt, was so erstmal logisch klingt. (Bezug: Longchambon)
Dieser als Rekristallisation benannte Prozeß wird untermauert durch eine im Versuch stark verminderte Lumineszenz durch Kühlung und damit gebremste Rekristallisation.
erstehe ich den Artikel richtig, so findet der Autor zwei unterschiedliche Arten von Kristallolumineszenz, die eine, vom akustischen Phänomen begleitete und eine zweite ohne Knacken. diese unterscheiden sich außerdem in der Dauer der emittierten Lichblitze. Ob sie auch unterschiedliche spektrale Verteilungen nach Wellenlängen zeigen habe ich aber nicht herausgelesen.
Auf NaCl geht der Artikel kaum ein.

pers. Anmerkung: eine Untersuchung darüber, ob es eine Bevorzugung der Lichtemission in bestimmten Raumrchtungen relativ zur Bruchebene gibt und ob man, so vorhanden, dies zur Unterscheidung verschiedener Emissionsauslösender Ereignisse nutzen kann wäre aus meiner Sicht mal eine interessante Betrachtung, allerdings aufgrund des hohen apparativen Aufwands wohl kaum in absehbarer Zeit zu erwarten :)

[edit="Nachtrag"]
bekomme leider den NaCl-Artikel nicht auf.
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Pok
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Beitrag von Pok »

Wenn im Kristall Gitterfehler auftreten, wäre das keine Phasengrenze. Ansonsten ist die Erklärung richtig. An verschiedene Modifikationen wurde, insbesondere beim Arsentrioxid, auch gedacht, aber verschiedene Modifikationen bei den anderen Salzen sind m.E. nicht bekannt und das wäre auch leicht herauszufinden. Ja, anscheinend gibt es mind. 2 versch. Arten von XTL. Wie, du bekommst den NaCl-Artikel nicht auf? Wenn du keine Probleme mit "Raubkopien" hast, kannst du die doi 10.1063/1.3684548 in SciHub öffnen.

Der Autor hat mir nochmal geantwortet speziell zum NaCl. Auch Chemolumineszenz kann als Mechanismus ausgeschlossen werden (er bezieht sich auf denselben 100 Jahre alten Artikel), da die Emissionsrate nicht mit der Präzipitationsrate zunimmt. Er erklärt die XTL von NaCl mit einer schnellen Bildung von dichten, amorphen (nichtkristallinen) Clustern von NaCl. Diese könnten "liquid-like" sein und enthalten neben Natrium- und Chloridionen die Verunreinigungen (Ag+ und Cu2+) und ggf. noch etwas Wasser. Der Cluster ändert dann plötzlich seine Struktur und wird kristallin (als wenn ein Schalter umgelegt wird). Die eingeschlossenen verunreinigenden Ionen werden durch die Umwandlung von potentieller zu elektronischer Energie angeregt und emittieren das Licht. Die ganze Theorie beruht auf einer relativ neuen Keimbildungstheorie für Kristallisationen. Früher dachte man, dass Ionen oder Moleküle sich nach und nach aufbauen und abbauen (wieder lösen). Wenn eine kritische Größe überschritten ist, nahm man an, dass der Cluster als Keim fungieren kann. Dichte und Struktur nahmen kontinuierlich zu. Die XTL von NaCl lässt sich mit der neuen Keimbildungstheorie aber besser erklären, wonach erst die Dichte der Ionen steigt, und damit so einen "quasi-flüssigen" Cluster bildet, und dann der Schalter umgelegt wird, womit ein Kristallkeim entsteht. Die Blitzfrequenz hängt übrigens direkt von der Anzahl an Nukleationsereignissen ab, weshalb der Cluster-Paper-Typ (derjenige, der mir damals nicht geantwortet hat) Kristallolumineszenz auch lieber als "Nukleationslumineszenz" bezeichnen würde.

Diese NaCl-Erklärung werde ich nochmal im NaCl-Artikel ergänzen.
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eule
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Beitrag von eule »

Hmm, ich kam noch immer nicht dazu, das - nun zumindest heruntergeladene - Paper zu lesen.
Deine Schilderung aber klingt für mich doch irgendwie - naja - 'windschief' - eine Anwendung von Quanteneffekten auf vergleichsweise große Objekte - eben quasifluide Cluster von aquotisierten Ionenpaaren, die sich konzertiert entschließen, die Hydrathüllen abzustoßen und doch lieber zur Kristallform überzugehen.
Das entspräche wohl etwa einer Gruppe komplexierter Ionen, die plötzlich alle gemeinsam das Ligandenfeld gegen ein Molekülorbital eintauschen und die so veränderte Bindungslänge als Photon ausstoßen.

Warum nicht, aber bevor mir jemand den Trigger für den Übergang in einen kollektiven Quantenzustand vergleichbar vllt. dem LASen oder BE-Kondensat in der Lösung erklärt bleibe ich skeptisch.
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Pok
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Beitrag von Pok »

Der Begriff "quasiflüssig" sollte nur eine grobe Übersetzung der Bezeichnung "liquid-like" sein. Er schloss das nicht aus, gemeint war nur, dass der Cluster in diesem Zustand offensichtlich noch kein kristalliner Feststoff ist. Auch das mit den Wassermolekülen im Cluster war nur eine Vermutung. Von ganzen Hydrathüllen war nicht die Rede. Also nicht auf diese Begriffe fixieren. :wink: Ich halte die Theorie für gut verständlich. Nur wie die potentielle (Bewegungs?)energie zu angeregten Ionen führt, hat er nicht erklärt. Vermutlich weiß man es nicht.

Edit: nochmal zum Begriff "liquid-like". Dieses Paper beschreibt das ganze und spricht von "glassy", also einem glasartigen Übergangszustand, in dem sich die Cluster befinden.

Edit 2: "potentielle Bewegungsenergie" ist natürlich Blödsinn. Also muss er eine andere potentielle Energie gemeint haben, vielleicht die Gitterenergie - zumindest ein Teil davon, weil die ja riesig ist und im glasartigen Cluster die Ionen wegen der großen Nähe zu einander viel weniger als die theoretische Gitterenergie freisetzen werden, wenn sie sich zum Kristall vereinigen.
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eule
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Beitrag von eule »

hmm, wie er sich das vorstellt wird mir da auch nicht klar.
Ich denke mir das mal so: Die Übergangsmetallionen springen (warum auch immer - es gibt viele Möglichkeiten) in einen angeregten Zustand, der von ausreichend nahen Na+ und Cl- Ionensowie den Hydrathüllen stabilisiert wird.
Im Gegensatz zu dem Wassermolekülen können aber die Ionen sozusagen 'aktiv' am angeregten Zustand teilnehmen, indem bes. die Chloridionen ihre Überschußelektronen ins auf geradezu Rhydberg-dimensionen ausgedehnte erweitere Orbital des Übergangsmetallions mit einbringen, die elektronenarmen Natriumionen ihre (leere) rein virtuelle äußerste Atomhülle (das Elektron dieser Hülle befindet sich bekanntlich beim Chlorid)als Erweiterung eines gemeinsamen "Übergangsorbitals" vorhalten.
Damit würde - insb. wenn bestimmte, einer Resonanz für dieses "Übergangsorbital" entsprechende räumliche Muster (genau solche räumlich geordneten Umstände finden sich,wenn überhaupt, is übersättigten Lösungen, aber definitiv in Kristallen) in der Ionenverteilung vorliegen - eine Art lose gebundene Kristallstruktur vorgeprägt sein, die die Ladungsabschirmung durch die Hydrathüllen überwindet und zu einem geradezu ruckartigen "zusammenschnurren" der Struktur unter Ausstoß des Hydratwassers führen - Kristallbildung. Bei diesem Zusammenschnurren würde wohl genug Energie für ein paar Photonen frei, bzw. dasmit könnte auch das Orbital des Übergangsmetallions wieder in den Grundzustand zurückfallen und somit Photonen ausstoßen.

Nur ein Gedankengebäude, aber das entspräche wohl so ungefähr dem quantenmechanischen Ansatz, den ich da bereits zu 'wittern' andeutete.

ich glaube das zwar nicht, aber es ist zumindest eine Idee, auch wenn diese wie science fiction oder überdrehende Phantasie rüberkommt. Btw, was ergäbe wohl diffusere Spektren, als multipleSprünge von D- unf F- Orbitalen in ein P- oder S-Orbital - obendrein Spektren im UV-Band?
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

[EDIT: verschoben]
"Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden. Aber nicht einfacher." (A. Einstein 1871 - 1955)

"Wer nur Chemie versteht, versteht auch die nicht recht!" (G.C. Lichtenberg, 1742 - 1799)

"Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung der Leute, die die Welt nie gesehen haben." (Alexander v. Humboldt, 1769 - 1859)
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