Selbstentzündlicher Phosphorwasserstoff aus Calciumphosphid

Spannende Experimente zum Vorführen.

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lemmi
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Selbstentzündlicher Phosphorwasserstoff aus Calciumphosphid

Beitrag von lemmi »

Selbstentzündlicher Phosphorwasserstoff aus Calciumphosphid

Dieses einfache und klassische Experiment demonstriert die Selbstentzündung von Phosphorwasserstoff an der Luft.


Material/Geräte:

Waage, kleine Eisenschale, Spatel, kleines Fläschchen mit durchbohrtem Stopfen und kurzem Glasrohr, feiner Kies oder Glasperlen, großes Becherglas oder Glasschüssel


Chemikalien:

roter Phosphor Warnhinweis: fWarnhinweis: n
Calcium Warnhinweis: f
Magnesiumband

Diethylether Warnhinweis: f+Warnhinweis: xn
Calciumphosphid Warnhinweis: fWarnhinweis: nWarnhinweis: t+
Phosphorwasserstoff Warnhinweis: f+Warnhinweis: nWarnhinweis: t+


Sicherheitshinweise:

Die Darstellung des Calciumphosphids darf nur ein einer feuersicheren Umgebung erfolgen, es muss eine Schutzbrille getragen werden. Wegen der Giftigkeit des Phosphorwasserstoffs muss der Demonstrationsversuch zur Selbstentzündung im Freien oder unter einem Abzug durchgeführt werden.


Versuchsdurchführung:

Man mischt 3 g feine Calciumspäne und 1,7 g roten Phosphor (gewaschen und getrocknet!) durch Schütteln in einem Glas und gibt das Gemisch in eine kleine Eisenschale oder einen kleinen Tiegel. In die Mischung steckt man ein ca. 8 cm langes Stück Magnesiumband, so dass es über den Rand der Schale hinausragt, diesen aber nicht berührt. Im Freien stellt man die Schale auf eine feuerfeste Unterlage, entzündet mit einem Gasbrenner das Magnesiumband und tritt einige Meter zurück. Die Mischung reagiert unter Funkensprühen und greller Lichterscheinung (Nicht direkt in die Flamme sehen! Ggfs. dunkle Brille tragen!) und die Schale gerät ins Glühen. Man deckt mit einem kleinen Porzellanteller ab und stülpt eine Glasglocke über den Tiegel, um ihn, geschützt vor Feuchtigkeit, ca. 20 Minuten abkühlen zu lassen. Dann kratzt man das spröde Reaktionsprodukt aus der Schale und bewahrt es in einem luftdicht schließenden Gefäß vor Feuchtigkeit geschützt auf. Man kann es auch in Ampullen einschmelzen.

Ausbeute: 3,1 g (68 % d. Th.)
Braunrotes Pulver und Brocken, stellenweise schwarzblau (nicht umgesetztes Calcium?)


Demonstration von selbstentzündlichem Phosphorwasserstoff

Man beschafft sich ein kleines Glasfläschchen von 10 ml Inhalt und einen passenden, durchbohrten Gummistopfen, in den man ein ganz kurzes Glasrohr (6 mm äußerer Durchmesser) steckt, das den Stopfen nur um 8-10 mm überragt. Das Gläschen füllt man zu einem Viertel mit grobem Aquarienkies oder Glasperlen und gibt dann ein paar Spatelspitzen Calciumphosphid hinein (ca. 0,5 bis 1 g). Dann hält man es etwa eine Minute lang fest mit der Hand umschlossen, damit es sich etwas erwärmt, gießt mit der Pipette einige Tropfen (ca. 0,5 ml) Ether hinein, verschließt mit dem Stopfen und dreht es etwas, damit der Ether verdampft. Anschließend stellt man das Gläschen in eine große Schüssel, die mit kaltem Wasser soweit angefüllt ist, dass sich der Wasserspiegel 5-10 cm über der Mündung des Glasröhrchens befindet. Nach einer kurzen Wartezeit - die von der Weite des Glasröhrchens und der Temperaturdifferenz Wasser/Glasinnenraum abhängt - beginnen Gasblasen aufzusteigen. Sobald diese die Wasseroberfläche erreichen, entzünden sie sich mit leuchtend gelber Flamme und einem knatternden Geräusch. Dabei steigen Rauchringe auf. Der Effekt hält, je nach Menge des eingesetzten Calciumphosphids, mehrere Minuten an.

Nach Ende der Gasentwicklung öffnet man das Gläschen unter Wasser (um eine Entzündung des darin enthaltenen Gases beim Herausnehmen zu vermeiden) und lässt stehen, bis eine evtl. wieder einsetzende Gasentwicklung abgeklungen ist.


Anhang: Waschen von rotem Phosphor:

Der rote Phosphor wird in Wasser (etwa 20-fache Menge) aufgeschlämmt und unter Rühren tropfenweise mit Ammoniaklösung versetzt, bis die Flüssigkeit deutlich nach Ammoniak riecht. Dann wird filtriert oder abgenutscht und zunächst gründlich mit destilliertem Wasser gewaschen. Nachdem das Wasser ganz abgesaugt ist wäscht man noch dreimal mit je 20-25 ml Aceton nach, saugt erneut weitestgehend ab und trocknet den Phosphor auf einem Teller bei gering erhöhter Temperatur (auf der Heizung bzw. 30-40 °C).


Entsorgung:

Kleine Mengen überschüssiges Calciumphosphid zersetzt man im Freien durch vorsichtiges Eintragen in Wasser, wobei das Einatmen der gebildeten Gase vermieden werden muss. Die zurückbleibende Kalkmilch kann mit dem Abwasser entsorgt werden.


Erklärungen:

Calcium und Phosphor reagieren exotherm zu Calciumphosphid:

3 Ca + 2 P ---> Ca3P2

Dieses zersetzt sich mit Wasser unter Bildung von gasförmigem Phosphorwasserstoff, Phosphan (klassische Bezeichnung: Phosphin - Siedepunkt -87,8 °C). Bei obigem Demonstrationsversuch wird zunächst die Luft im Gläschen durch Etherdampf verdrängt. In kaltes Wasser gestellt, kondensiert der Dampf und durch den entstehenden Unterdruck dringt Wasser ein, wodurch die Phosphanbildung einsetzt.

Ca3P2 + 6 H2O ---> 2 PH3 + 3 Ca(OH)2

Neben dem normalen Calciumphosphid bildet sich bei der Reaktion von Phosphor mit Calcium auch etwas Calciummonophosphid (Ca2P2). Beim Calciummonophosphid handelt es sich um eine sogenannte Zintl-Phase: die Bindungen zwischen Calcium und Phosphor sind eher metallischen Charakters denn salzartig und es enthält P24--Ionen. Folgerichtig entsteht bei der Reaktion mit Wasser die Verbindung P2H4, der flüssige Phosphorwasserstoff, Diphosphan (früher Diphosphin - Siedepunkt 52 °C):

Ca2P2 + 4 H2O ---> P2H4 + 2 Ca(OH)2

Diphosphan ist an der Luft selbstentzündlich und bewirkt, dass die aufsteigenden Gasblasen spontan entflammen. Dabei entstehen Phosphor(V)-oxid und Wasser.

2 PH3 + 4 O2 ---> 3 H2O + P2O5

Leitet man selbstentzündliche Phosphan-Diphosphan-Gemische durch konzentrierte Salzsäure, so disproportioniert das Diphosphan. Dabei entstehen Monophosphan und höhermolekulare (phosphorreichere) feste Phosphorwasserstoffe bis hin zu elementarem Phosphor. Das zuletzt gasförmig austretende Phosphan ist dann nicht mehr selbstentzündlich.

Phosphan ist im Unterschied zu dem ihm homologen Ammoniak eine endotherme Verbindung, viel weniger wasserlöslich als dieses und viel weniger basisch. Die den Ammoniumverbindungen analogen Phosphoniumsalze werden schon durch Wasser zu Phosphan deprotoniert. Ausserdem bildet der Phosphorwasserstoff höhermolekulare Ketten, wodurch er eher den Kohlenwasserstoffen als dem Ammoniak ähnelt. Sogar cyclisch gebaute Phosphorwasserstoffe wie P5H5 und P6H6 sind bekannt.


Literatur:

Hofmann U, Rüdorff W: Anorganische Chemie; 16. Auflage 1956, Friedrich Vieweg & Sohn, Braunschweig
Dörmer KE, Dörmer L und Seeger W: Arendt/Dörmer – Technik der Experimentalchemie; sechste Auflage 1954, Quelle & Meyer Heidelberg
Binnewies M, Jäckel M, Willner H und Rayner-Canham G: Allgemeine und anorganische Chemie; Spektrum akademischer Verlag Heidelberg Berlin 2004; ISBN 3-82274-0208-5


Bilder:

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Reaktionsgefäß mit Calcium-Phosphor-Mischung und Magnesiumband zur Zündung (an der Zündstelle wurde etwas Magnesiumpulver aufgestreut)

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Exotherme Reaktion von Calcium mit Phosphor

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Das Reaktionsprodukt

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Glasfläschchen mit Stopfen und Glasrohr, Aquarienkies

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Selbstentzündung von Phosphan mit Bildung von Rauchringen (Bilder aus den unten angefügten Videos)

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Schwebende Flamme von sich selbst entzündendem Phosphan


Videos:

Das erste Video zeigt den Beginn der Reaktion. Auf dem zweiten ist vor dem dunklen Hintergrund die Bildung der Rauchringe schön zu erkennen.

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Danke an NI2 für die Hilfe beim Einbinden der Videos!
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meganie
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Beitrag von meganie »

Also ich konnte das Video eben ohne Probleme sehen. :) Außerdem sehr schöner Versuch! :thumbsup:
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Uranylacetat
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Beitrag von Uranylacetat »

Woow, wieder ein schöner Klassiker! :thumbsup:
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