ich will 1. Erhöhung der Kapazitäten mit unkonventionellen Methoden durch den Staat, 2. massiv und regelmäßig Randomtests und 3. freiwilliges social distancing.
Okay, also gegen Punkt 1 aber ich nichts, ich glaube nur nicht daran, dass es viel mehr ist als ein Tropfen auf den heißen Stein, allein schon weil man keine ECMO oder anderen kritischen Geräte aus dem Ärmel schüttelt. Ob wir so wirklich viel kritische Kapazitäten aufbauen können, ist fraglich. Je nachdem wie sehr die Zahlen explodieren ist es sogar unplausibel, da der Ausbau der Kapazitäten relativ schnell an Grenzen stößt, während die Epidemie inhärent selbstbeschleunigend ist.
Massiv Tests finde ich auf jeden Fall gut und das sollte die Hauptsäule des Seuchenschutzes sein. Tests sondern die Infektiösen aus und durch Massentests im näheren Umfeld findet man auch asymptomatische Infizierte. Je mehr man isoliert, desto geringer das R. Die Wirkung eines guten Testregimes kann kann alleine schon das R unter 1 senken, aber das geht nur solange die Kapazitäten nicht überlaufen sind. Für komplette Randomtests sollte man entweder das auf einer früheren Seite geschilderte CoSplit-Verfahren verwenden oder Antikörpertests. Letzteres ist tatsächlich geplant damit wir ein genaueres Bild der Lage bekommen. Du hast natürlich Recht, solche Daten sind bitter nötig. Und Punkt 3 ist sowieso das allerwichtigste, die Leute müssen freiwillig Abstand halten und das tun sie umso mehr je mehr man ihnen erklärt, wie ernst und heikel die Lage ist. Sie werden nicht adaptiv auf eine Kippstufensituation reagieren. Das klappt nie, es würde nur bei einer sehr sanften, linearen Dynamik funktionieren und langsam sollten wir sowas verstanden haben. Es ist kein sanftes Kontinuum, wir laufen linear durch die Größenordnungen, das ist extrem kontraintuitiv. Aber dann frage ich mich, warum du alles zerredest. Ich will auf deine weiteren Argumente gar nicht weiter eingehen, weil das alles nur die gleiche Zerredung von Grundlagen ist, die mich nicht mehr interessiert. Entweder man interessiert sich für die Problematik oder nicht, das ist pures FUD und indiskutabel. Modelle sind ungenau, Prognosen waren falsch, ja alles richtig, aber nichts davon ist neu für mich. Ungenauigkeit ist genau der Grund, warum es mich nervt wenn jemand verbreitet, dass die Seuche fast harmlos ist und nur wie eine schwere Grippewelle verlaufen wird. Das ist totaler Unfug, weil
das niemand wissen kann. Wenn ich beweisen will, dass eine Vorsichtsmaßnahme unnötig ist, dann muss ich Sicherheit beweisen und nicht die Unbeweisbarkeit des worst case demonstrieren, die ist trivial denn sonst wäre es ja nicht der worst case, sondern das einzig mögliche Szenario, bzw. gar kein Szenario mehr sondern eine sichere Prognose.
Wir reden hier generell nicht von Prognosen, weil wir nicht wissen, wie die Antwort der Politik und der Gesellschaft sein wird. Dieser Punkt ist absolut richtig, aber ich dachte, das wäre klar. Wir reden von Projektionen, die z.B. wahr sind wenn z.B. das R konstant gehalten wird weil man unterstellt, dass sich im Verhalten der Leute nichts ändert. Was zeigen die? Sie sind kein Blick in die Glaskugel sondern Konditionale. Wenn dies, dann das. Wir sehen, dass in dem Falle, dass sich das R
0 am höheren Rande des Konfidenzintervalls bewegt und die Leute nicht reagieren, die täglichen Fallzahlen schnell auf eine Million pro Tag anwachsen können, vielleicht schon Ende des Monats. Wir sehen auch, dass dieses Szenario unvereinbar mit dem aktuellen Verlauf ist. Wir haben den freien, exponentiellen Kurs schon lange verlassen. Wir wissen aus solchen Überlegungen auch, dass die Reduktion der Ausbreitung mit Hilfe von Testregimes abhängig ist von der Testkapazität und der Anzahl der Verdachtsfälle. Je mehr die Lage außer Kontrolle gerät, desto verzweifelter wird das Testing. Je weniger das Testing nutzt, desto mehr muss man über Distancing erreichen. Die Bevölkerung kontrolliert zu durchseuchen benötigt daher u.U. strengeres social distancing als das Szenarios Hammer&Dance. Es sollte klar sein, dass mir das nicht gefällt. Ich will ja gar keine strengen Maßnahmen, ich will nur auch keinen Kollaps.
Mit solchen konditionalen Aussagen kann man sich ein wenig voran hangeln und man sieht, dass es äußerst optimistische Parameter in Bezug auf milde Verläufe und stille Feiung braucht, damit flatten the curve bis zur Herdenimmunität einen Sinn haben soll. Im Grunde kann man fast sagen, es ist reine Spekulation und deswegen verfolgt das auch keiner mehr. Wieso sollten wir das auch wirklich anstreben? Verglichen mit beliebig schlechten Impfstoffen bleibt die gezielte Infektion mit Covid19 die denkbar ungünstigste Option.
Alles in allem stimme ich zumindest deiner Selbstkritik zu. Du hast keine Ahnung, ob deine Vorschläge irgendwie dazu geeignet sind, einen Zusammenbruch des Gesundheitssystems abzuwenden. Sie hatten anscheinend auch nie das Ziel, so etwas zu adressieren und das sagst du jetzt auch selbst. Du würdest es in Kauf nehmen. Und da stimme ich zu, das ist deine Meinung. Wenn du das so siehst, dann ist das dein Ding. Wenn du sagst, du würdest dafür auch ins Gefängnis gehen, dann finde ich das stark, ich kann es nicht nachvollziehen, aber es ist wirklich eine starke Ansage. Ich möchte da auch nochmal klarstellen, dass ich nicht dich als Person dumm finde, ich finde nur den epidemiologischen Anteil deiner Ausführungen dumm. Natürlich werde ich schon nachdenklich wenn du so entschieden hinten deinen politischen Aussagen stehst.
Für mich hat die Debatte eigentlich zwei Ebenen. Eine politische und eine wissenschaftliche. Es wäre mir lieb wenn du auf der wissenschaftlichen Ebene etwas zurück rudern würdest was diese Verharmlosungen angeht. Du hast einfach kein Recht, so etwas zu verbreiten, denn es ist nicht belegbar und auch keine Meinungsfrage sondern eine Sachfrage. Deine Covid19 CFR-Werte sind die äußersten Ränder des Unsicherheitsbereichs, ich kenne diese Werte auch, aber ich brauche kein Plädoyer das sie als reine Wahrheit anpreist und mit den höchsten Werten vergleicht, die man für Influenza bekommen kann um dann zu einer maximal verzerrten Konklusion zu gelangen. Das ist wertlos bis schädlich, bitte unterlasse sowas. Du kannst anführen, dass sich die Unsicherheitsbereiche an ihren äußersten Spitzen überlappen, aber du kannst keine Gleichheit postulieren, bis wir präzisere Werte haben, das ist einfach nur peinlich und dafür werde ich dich immer wieder angehen, bis du das unterlässt. Falsch bleibt falsch, das kann man auch mit politischer Courage nicht ändern.
Die andere Seite ist die politische Ebene und ich gebe zu, dass ich da nicht fair war und auch nicht besonders kompetent bin. Es ist ja richtig, dass du deine Meinung äußern können musst und das auch beliebig laut wenn es dir wichtig ist. Ich möchte um Verzeihung bitten, was den schroffen Ton angeht, natürlich kann ich dir nichts verbieten. Du musst das sagen dürfen und das ist wichtig, aber ich wünsche mir, dass es von der wissenschaftlichen Seite getrennt wird. Es ist ein gewaltiger Unterschied ob man sagt "Ich finde die gesellschaftlichen Schäden viel wichtiger weil mir die Demokratie so wichtig ist" oder wenn man sagt "Ich finde die gesellschaftlichen Schäden viel wichtiger weil Covid19 nicht viel schlimmer als eine Grippe ist und wir gar keine Krise haben." Erstere Aussage finde ich mutig, weil sich kaum jemand traut, in dieser Zeit so heftig Partei für die Grundpfeiler der Demokratie zu ergreifen, aber letztere finde ich dumm und verwerflich.
entgültig von einem friedlichen Zusammenleben verabschieden und der vom Innenministerium befürchtete "Anarchie" näherkommen
Eine Sache noch. Könntest du bitte Anarchie nicht so negativ eingefärbt benutzen? Ich bin politisch nicht unendlich gebildet, aber für mich bedeutet das Herschaftslosigkeit und somit auch das Fehlen von Unterdrückung. Wenn Leute sich ohne Grundrechte zu beachten zusammen rotten um andere mit Gewalt zu entwürdigenden Dingen zu zwingen, ist das nach meiner Vorstellung Pöbelherrschaft und keine echte Anarchie. Nach meinem Verständnis ist Anarchie in der Regel eine utopische Gesellschaftsform wo gewaltfreie Selbstorganisation die Belange der Gesellschaft regelt und Herrschaft obsolet macht. Außer kapitalistische Anarchie, das ist eine Dystopie und abstrus.

#HateAncaps
Wer keinen Bock darauf hat, kann sich das "Idiot" jetzt vielleicht einfach denken und sich kooperative Wege überlegen.
Wie wäre es wenn wir uns auf das einigen, was uns jeweils wichtig ist? Ich werde nicht nachgeben wenn du einfach so tust als wäre Covid19 eine grippale Erkrankung, zumindest nicht bis es wissenschaftlich haltbare Belege dafür gibt, aber ich bin bereit, dir zuzustimmen, dass es wesentlich besser wäre wenn wir die Lage durch Freiwilligkeit alleine in den Griff bekämen. Ich sehe ja ein, dass dies der demokratisch beste Weg wäre. Das wird aber torpediert wenn man so tut als wäre die Lage nicht ernst. Dann schränkt sich ja keiner selbst ein. Und wenn man anderen auf die Nase bindet, dass man draußen Spaß hat, dann schadet das auch. Das gehört nicht zu den Dingen, die ich unterstütze. Wenn jemand dagegen sagt, ich muss nach draußen und mich treffen für [...] es liegt mir so am Herzen, das wäre etwas ganz anderes. Es muss nur glaubwürdig sein und mehr Relevanz haben als eine triviale Feier.