Synthese von p-Nitroanilin
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- mgritsch
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Synthese von p-Nitroanilin
Synthese von p-Nitroanilin
p-Nitroanilin ist eine interessante Substanz. Bekannt sind die Demonstrationsversuche, in denen es sich mit konz. H2SO4 explosionsartig zu einem schwarzen Kohlen-Schwamm aufbläht, eine etwas sinnvollere Verwendung ist z.B. die Synthese des Azofarbstoffs Para-Rot. Auf direktem Weg ist Anilin nicht zu nitrieren, da die Aminogruppe viel zu oxidationsempfindlich ist. Also muss eine Schutzgruppe eingesetzt werden - in dem Fall durch Acetylierung - die auch wieder leicht durch Hydrolyse entfernbar ist. Grundsätzlich eine einfache Übung, dennoch ergibt sich so rasch eine schöne, kleine, mehrstufige Synthese: Anilin -> Acetanilid -> p-Nitroacetanilid -> p-Nitroanilin.
Geräte:
Rundhalskolben, Rückflusskühler, Heizbad, Magnetrührer, Bechergläser, Sinternutschen zur Vakuumfiltration, Thermometer
Chemikalien:
Acetanilid
Essigsäure
Schwefelsäure
Salpetersäure
Ammoniak
Salzsäure
Ethanol
p-Nitroanilin
Durchführung:
in einem 400 ml-Becherglas werden 26,6 g Acetanilid (0,197 mol, Herstellung siehe hier) in 40 ml konz. Essigsäure unter leichtem Erwärmen gelöst. Anschließend werden unter Kühlung 40 ml konz. H2SO4 zugegeben. Die Lösung erwärmt sich dabei stark, sie wird etwas dunkel und wird im Eisbad auf 5-10 °C gekühlt. Inzwischen wird eine Mischung aus 14,5 ml 67%iger Salpetersäure (0,224 mol) und 21 ml konz. H2SO4 vorbereitet und ebenfalls in einem Eisbad gut gekühlt.
Die Nitriersäure wird nun langsam und in kleinen Portionen so zugegeben, dass die Temperatur nie über 15 °C steigt. Nach Beendigung der Zugabe wird das Eisbad entfernt und noch ca. 30-45 Minuten bei Raumtemperatur nachgerührt.
In einem 600 ml-Becherglas werden ca. 400 ml einer Mischung aus Eis und Wasser vorgelegt und die Reaktionsmischung unter Umrühren eingegossen. Allfällige Reste werden mit wenig Eiswasser nachgespült. Dabei fällt sofort das in Wasser unlösliche p-Nitroacetanilid als cremefarbenes Produkt aus. Dieses kann nun über eine Glassinternutsche abfiltiert werden. Da der Niederschlag sehr fein ist, gestaltet sich das Abfiltrieren sehr mühsam und man erhält eine dicke klebrige Paste. Da der nächste Schritt ohnehin eine saure Hydrolyse umfasst, wurde auf ein Nachwaschen oder Trocknen dieses Zwischenprodukts verzichtet.
Das p-Nitroacetanilid wird nun mit Hilfe eines Pulvertrichters und Glasstabs in einen 500 ml Rundhalskolben überführt und in 100 ml 24%iger HCl und 100 ml Wasser suspendiert. Nun wird so lange unter Rückfluss gekocht, bis sich alles gelöst hat. Die Suspension wird dabei immer mehr orange und schließlich ergibt sich eine klare dunkel-orange Lösung, das ist bereits das Hydrochlorid des p-Nitroanilins.
Die Lösung wird über Nacht stehen gelassen, am nächsten Tag von geringen Mengen an abgesetzten Verunreinigungen abfiltriert und in ein 1000 ml Becherglas in eine Mischung aus 100 ml 27%iger Ammoniaklösung und viel Eis (insgesamt ca. 400 ml) eingegossen. Dabei scheidet sich das freie p-Nitroanilin in orangenen Kristalle ab. Diese werden wieder abgenutscht. Man erhält ein gelbes, feinkristallines Pulver das aus siedendem Ethanol (ca. 100 ml) umkristallisiert wird. Beim langsamen Auskühlen scheidet sich das p-Nitroanilin in schönen langen Nadeln ab, zur Vervollständigung der Kristallisation wird noch ein paar Stunden im Kühlschrank stehen gelassen.
Die Kristalle werden erneut abgenutscht, mit wenig kaltem Ethanol kurz nachgewaschen und im Vakuumexsikkator getrocknet.
Ausbeute: 15,4 g (56,7 % d.Th.)
Schmelzpunkt: 141-145 °C (Lit.: 147 °C)
Das Produkt ist sicher noch mit Restmengen der entsprechenden ortho-Verbindung verunreinigt. Diese ist schwer abtrennbar. Da das o-Produkt einen Schmelzpunkt von 71° hat, dürfte (dem gemessenen Intervall nach) der Anteil aber bereits recht gering sein.
Entsorgung:
Abfälle kommen zu den organischen halogenfreien Abfällen.
Erklärung:
Bilder:
Die Lösung von Acetanilid in Essigsäure/Schwefelsäure wird nitriert
Das abgenutschte p-Nitroacetanilid, die Handhabung dieser klebrig dicken Masse ist sehr mühsam.
p-Nitroacetanilid wird mit verd. HCl hydrolysiert - beginnender Rückfluss. Das Produkt, das da oben noch am Hals klebt hat sich trotz kräftigem Rückfluss bis zu letzt beständig geweigert in die Lösung zu wandern, also immer darauf achten dass alles gut in den Kolben gespült ist bevor man mit dem Refluxieren beginnt.
Das abgenutschte, noch rohe p-Nitroanilin, wunderschön gelb
Umkristallisation aus heißem Ethanol - es bilden sich schöne große Kristalle.
Das fertige Produkt
Schmelzpunktsbestimmung: ein paar mg in einem kleinen Reagenzglas, das ganze im Ölbad. Der metallene Fühler ist der Heizregler für das Bad. Zwischen dem Präzisionsthermometer und der Reagenzglaswand bleibt weniger als 1 mm Spalt - so kann eine dünne Schicht des Produkts beim langsamen Aufwärmen sehr gut beobachtet werden und ein einigermaßen korrektes Messen der Temperatur sollte auch funktionieren.
p-Nitroanilin ist eine interessante Substanz. Bekannt sind die Demonstrationsversuche, in denen es sich mit konz. H2SO4 explosionsartig zu einem schwarzen Kohlen-Schwamm aufbläht, eine etwas sinnvollere Verwendung ist z.B. die Synthese des Azofarbstoffs Para-Rot. Auf direktem Weg ist Anilin nicht zu nitrieren, da die Aminogruppe viel zu oxidationsempfindlich ist. Also muss eine Schutzgruppe eingesetzt werden - in dem Fall durch Acetylierung - die auch wieder leicht durch Hydrolyse entfernbar ist. Grundsätzlich eine einfache Übung, dennoch ergibt sich so rasch eine schöne, kleine, mehrstufige Synthese: Anilin -> Acetanilid -> p-Nitroacetanilid -> p-Nitroanilin.
Geräte:
Rundhalskolben, Rückflusskühler, Heizbad, Magnetrührer, Bechergläser, Sinternutschen zur Vakuumfiltration, Thermometer
Chemikalien:
Acetanilid
Essigsäure
Schwefelsäure
Salpetersäure
Ammoniak
Salzsäure
Ethanol
p-Nitroanilin
Durchführung:
in einem 400 ml-Becherglas werden 26,6 g Acetanilid (0,197 mol, Herstellung siehe hier) in 40 ml konz. Essigsäure unter leichtem Erwärmen gelöst. Anschließend werden unter Kühlung 40 ml konz. H2SO4 zugegeben. Die Lösung erwärmt sich dabei stark, sie wird etwas dunkel und wird im Eisbad auf 5-10 °C gekühlt. Inzwischen wird eine Mischung aus 14,5 ml 67%iger Salpetersäure (0,224 mol) und 21 ml konz. H2SO4 vorbereitet und ebenfalls in einem Eisbad gut gekühlt.
Die Nitriersäure wird nun langsam und in kleinen Portionen so zugegeben, dass die Temperatur nie über 15 °C steigt. Nach Beendigung der Zugabe wird das Eisbad entfernt und noch ca. 30-45 Minuten bei Raumtemperatur nachgerührt.
In einem 600 ml-Becherglas werden ca. 400 ml einer Mischung aus Eis und Wasser vorgelegt und die Reaktionsmischung unter Umrühren eingegossen. Allfällige Reste werden mit wenig Eiswasser nachgespült. Dabei fällt sofort das in Wasser unlösliche p-Nitroacetanilid als cremefarbenes Produkt aus. Dieses kann nun über eine Glassinternutsche abfiltiert werden. Da der Niederschlag sehr fein ist, gestaltet sich das Abfiltrieren sehr mühsam und man erhält eine dicke klebrige Paste. Da der nächste Schritt ohnehin eine saure Hydrolyse umfasst, wurde auf ein Nachwaschen oder Trocknen dieses Zwischenprodukts verzichtet.
Das p-Nitroacetanilid wird nun mit Hilfe eines Pulvertrichters und Glasstabs in einen 500 ml Rundhalskolben überführt und in 100 ml 24%iger HCl und 100 ml Wasser suspendiert. Nun wird so lange unter Rückfluss gekocht, bis sich alles gelöst hat. Die Suspension wird dabei immer mehr orange und schließlich ergibt sich eine klare dunkel-orange Lösung, das ist bereits das Hydrochlorid des p-Nitroanilins.
Die Lösung wird über Nacht stehen gelassen, am nächsten Tag von geringen Mengen an abgesetzten Verunreinigungen abfiltriert und in ein 1000 ml Becherglas in eine Mischung aus 100 ml 27%iger Ammoniaklösung und viel Eis (insgesamt ca. 400 ml) eingegossen. Dabei scheidet sich das freie p-Nitroanilin in orangenen Kristalle ab. Diese werden wieder abgenutscht. Man erhält ein gelbes, feinkristallines Pulver das aus siedendem Ethanol (ca. 100 ml) umkristallisiert wird. Beim langsamen Auskühlen scheidet sich das p-Nitroanilin in schönen langen Nadeln ab, zur Vervollständigung der Kristallisation wird noch ein paar Stunden im Kühlschrank stehen gelassen.
Die Kristalle werden erneut abgenutscht, mit wenig kaltem Ethanol kurz nachgewaschen und im Vakuumexsikkator getrocknet.
Ausbeute: 15,4 g (56,7 % d.Th.)
Schmelzpunkt: 141-145 °C (Lit.: 147 °C)
Das Produkt ist sicher noch mit Restmengen der entsprechenden ortho-Verbindung verunreinigt. Diese ist schwer abtrennbar. Da das o-Produkt einen Schmelzpunkt von 71° hat, dürfte (dem gemessenen Intervall nach) der Anteil aber bereits recht gering sein.
Entsorgung:
Abfälle kommen zu den organischen halogenfreien Abfällen.
Erklärung:
Bilder:
Die Lösung von Acetanilid in Essigsäure/Schwefelsäure wird nitriert
Das abgenutschte p-Nitroacetanilid, die Handhabung dieser klebrig dicken Masse ist sehr mühsam.
p-Nitroacetanilid wird mit verd. HCl hydrolysiert - beginnender Rückfluss. Das Produkt, das da oben noch am Hals klebt hat sich trotz kräftigem Rückfluss bis zu letzt beständig geweigert in die Lösung zu wandern, also immer darauf achten dass alles gut in den Kolben gespült ist bevor man mit dem Refluxieren beginnt.
Das abgenutschte, noch rohe p-Nitroanilin, wunderschön gelb
Umkristallisation aus heißem Ethanol - es bilden sich schöne große Kristalle.
Das fertige Produkt
Schmelzpunktsbestimmung: ein paar mg in einem kleinen Reagenzglas, das ganze im Ölbad. Der metallene Fühler ist der Heizregler für das Bad. Zwischen dem Präzisionsthermometer und der Reagenzglaswand bleibt weniger als 1 mm Spalt - so kann eine dünne Schicht des Produkts beim langsamen Aufwärmen sehr gut beobachtet werden und ein einigermaßen korrektes Messen der Temperatur sollte auch funktionieren.
Hübsch. Kann man das Produkt wie Anilin diazotieren und zum Phenol (in diesem Falle 4-Nitrophenol - das würde mich interesssieren) verkochen?
"Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden. Aber nicht einfacher." (A. Einstein 1871 - 1955)
"Wer nur Chemie versteht, versteht auch die nicht recht!" (G.C. Lichtenberg, 1742 - 1799)
"Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung der Leute, die die Welt nie gesehen haben." (Alexander v. Humboldt, 1769 - 1859)
"Wer nur Chemie versteht, versteht auch die nicht recht!" (G.C. Lichtenberg, 1742 - 1799)
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- mgritsch
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Kann man sicher!
Diazotieren und daraus alles was Sandmeyer und Co hergeben am Substituenten einführen
Diazotieren und mit allem Kuppeln was die Küche so hergibt
Reduzieren und p-Phenylendiamin machen...
...
Btw - wenn diese Pantschei mit dem Nitroacetanilid nicht so mühsam wäre würde ich es glatt nochmal probeiren, diesmal bei noch niedrigerer Temperatur und dafür viel länger nitrieren. Evtl verbessert das die Ausbeute, denn die Hauptkonkurrenzprodukte sind ortho und mehrfach nitrierte, die sollten bei niedrigerer temp. noch weiter unterdrückt werden.
Diazotieren und daraus alles was Sandmeyer und Co hergeben am Substituenten einführen
Diazotieren und mit allem Kuppeln was die Küche so hergibt
Reduzieren und p-Phenylendiamin machen...
...
Btw - wenn diese Pantschei mit dem Nitroacetanilid nicht so mühsam wäre würde ich es glatt nochmal probeiren, diesmal bei noch niedrigerer Temperatur und dafür viel länger nitrieren. Evtl verbessert das die Ausbeute, denn die Hauptkonkurrenzprodukte sind ortho und mehrfach nitrierte, die sollten bei niedrigerer temp. noch weiter unterdrückt werden.
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- Beiträge: 581
- Registriert: Sonntag 5. Januar 2014, 23:05
NileRed, 04.09.17
Ich musste echt die Bilder vergleichen ob das die selben sind oder nicht...
Ich musste echt die Bilder vergleichen ob das die selben sind oder nicht...
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- Illumina-Mitglied
- Beiträge: 170
- Registriert: Montag 11. April 2011, 16:57
[EDIT: tempi im Abschnitt "Durchführung" vereinheitlicht und verschoben]
"Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden. Aber nicht einfacher." (A. Einstein 1871 - 1955)
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