Trocknen mit Silicagel

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lemmi
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Trocknen mit Silicagel

Beitrag von lemmi »

Ich bin ja etwas altmodisch und betreibe meinen Exsikkator noch immer mit Schwefelsäure...

Jetzt kam ich auf die Idee vielleicht ein regenerierbares Trockenmittel zu versuchen und dachte an Kieselgel. Dazu hätte ich gerne Erfahrungsberichte. Funktioniert das gut? Wie hoch ist die Trockenleistung? Kann man es durch einfaches Erhitzen regenerieren? Und Blaugel (das ist ja wohl Kieselgel) ist doch irgendwie in Verruf bgekommen, wenn ich nicht irre. Warum?
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Nimm Blaugel. Bei Blaugel ist das "Problem" nur der Indikator, da Co-Verbindungen als giftig eingestuft sind. Gibt auch neue mit anderen Indikatoren, aber wenn man noch Blaugel rumliegen hat ist das kein Problem.

Was für Kieselgel meinst du? Ich hoffe nicht das feine für Chromatographie :D
Ich habe immer einen mit CaCl2 und einen mit P4O10 zum Trocknen.
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Pok
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Beitrag von Pok »

Die Trockenleistung liegt deutlich über der vom CaCl2. Selbst konz. Schwefelsäure zieht weniger Wasser als (vermutlich staubtrockenes) Silikagel, aber P2O5 ist um eine Größenordnung besser -> Dampfdrücke von Trockenmitteln.

Der Vorteil von Silikagel ist, wie du schon sagst, dass man es leicht regenerieren kann (im Ofen langsam entwässern). Ich hab mal ein Praktikum gemacht, wo sehr großen Wert auf die Wiederverwendbarkeit gelegt wurde. Und da hat man diese CaCl2-Trockenrohre immer im Silikagel-Exsikkator regeneriert. Ob die das Silikagel wiederverwendet haben und die Trockenleistung später genauso gut ist wie vorher, weiß ich nicht, vermute aber ja.

Edit: andere Quelle mit ähnlicher Reihenfolge -> link. Mit "konz. Schwefelsäure" war im ersten Beispiel vermutlich nur 96-98 %ige gemeint und im zweiten link jetzt aber offenbar 100 %ige. Die sonstigen Abweichungen sind eher gering und bezogen auf die o.g. Auswahl ist die Reihenfolge gleich. Allerdings ist unklar, wie stark sich der Dampfdruck mit zunehmendem Wassergehalt beim Silikagel ändert. Vielleicht steigt der im Vergleich zur Schwefelsäure (dafür gibts ja Daten im 1. link) stärker an.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Danke für die Tipps.

ein Vorteil bei dem Silicagel (nein, es ist nicht das feine für die chromatografie!) ist ja, daß man dem Indikator ansieht, wann man es erneuern muss. Bei Schwefelsäure bin ich mir da immer unsicher. Ich hab halt nur noch nie was anderes genommen... :wink:
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Nachteil von Schwefelsäure und P4O10 sind auch, dass man eine saure Atmosphäre hat, was nicht für alles geeignet ist. Silicagel sollte da wesentlich schonender sein.
Meistens kommt es drauf an was man machen will. Das CaCl2 kann man lange drinne lassen und es zieht halt immer ein wenig. P4O10 muss man oft wechseln und teilweise auch während eines Trocknungsvorgangs auffrischen, dafür geht es eben ziemlich schnell.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Ich habe mir mal die links von Pok angesehen, und nehme an, daß sie sich auf verschiedene Situationen beziehen.

Der erste stellt den Dampfdruck im Exsikkator, also die Trockenleistung in einem Gasraum, dar. Der zweite bezieht sich, so wie ich das verstehe, auf das Trocknen von Flüssigkeiten, d.h. das man das Trockenmittel in die Flüssigkeit gibt, um Wasser zu binden.

Überrascht hat mich, daß NaOH als weniger effektiv eingestuft wird als KOH. Nach meiner subjektiuven Wahrnehmung ist es umgekehrt: NaOH zieht an der Luft viel schneller Wasser an als KOH (wird z.B. beim Abwiegen viel schneller feucht). Auch verstehe ich den Unterschied zwischen KOH(fused) und KOH(Pellets) nicht. Fused bedeutet natürlich geschmolzen, aber die Pellets bestehen doch auch aus geschmolzen granuliertem KOH, oder geht durch erneuten Schmelzen ncoh Wasser flüchtig?

Überrascht hat mich auch, daß wasserfreier Gips so eimnen niedrigen Dampfdruck hat (erste Tabelle). Der übertrifft sogar die Schwefelsäure, welche ungefähr gleich stark wie Kieselgel wirkt.
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Pok
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Beitrag von Pok »

Ich glaube nicht, dass der zweite link nur für die Trocknung von Flüssigkeiten gilt. Mit Silicagel trocknet man m.W. keine Flüssigkeiten. Außerdem müsste die Trockenleistung im Gas und in Flüssigkeiten doch die gleiche Reihenfolge ergeben?!

Auch kann ich mir nicht vorstellen, dass es an normaler Luft einen merklichen Unterschied zwischen KOH und NaOH gibt, wenn man es mal genau wiegen würde. NaOH bildet m.W. keine Hydrate bei normalen Bedingungen. Deshalb sieht es schon bei geringer Wasseraufnahme feucht aus. Bei KOH ist das anders. Selbst wenn es noch trocken aussieht, dürfte es schon Wasser aus der Luft aufgenommen haben. Im zweiten link weiter unten steht, dass KOH und NaOH vergleichbar sind. "KOH fused" ist vermutlich wirklich wasserfrei (z.B. im Silbertiegel geschmolzen), aber technisches KOH (Pellets) wird nicht geschmolzen, sondern eingedampft. Das enthält ja so 5-10 % Kristallwasser.

Das mit dem Calciumsulfat wundert mich auch ein bisschen, aber die "Trockenkraft" ist doch etwas niedriger als die von Schwefelsäure. Das ließe sich ja auch sehr gut regenerieren und ist billig. Im zweiten link wird seine Leistung ebenfalls hervorgehoben, aber auch die niedrige Kapazität. Da müsste man nochmal andere Quellen zu Rate ziehen...
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Newclears
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Beitrag von Newclears »

Kleiner Tip noch, es gibt Katzenstreu das aus Silicagel besteht. Werde noch mal nachsehen von welchem Hersteller. Das dürfte deutlich billiger sein als das Labormaterial ist aber optisch identisch mit diesem. Stellt sich die Frage, ob es auch die gleichen Eigenschaften hat. Werde das mal testen. Falls nicht bekommt es halt die zuständige Katze um es dem eigentlichen Verwendungszweck zuzufüren ;) Sollte aber eigentlich kein Problem sein, das mit einer Kobaltchloridlösung zu versehen und dann im Backofen scharf zu trocknen. (...selbstverständlich nur frisches, nicht bereits von Katzen verwendetes ;) )
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Newclears hat geschrieben:Das dürfte deutlich billiger sein als das Labormaterial
Eventuell auch mal an Schulen oder bei Apotheken fragen, da viele das Blaugel entsorgen müssen (an meiner ehemaligen Schule werden aktuell massiv Nickelsalze entsorgt). Vielleicht hat man da noch Glück altes Blaugel umsonst zu bekommen.
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Beitrag von CD-ROM-LAUFWERK »

Ich würde direkt Silicalgel orange kaufen, da "völlig" ungefährlich. Kosten auch kaum etwas, da würde ich nicht auf Katzenstreu ausweichen.
5kg für 30€
Mir hat im Labor über Jahre immer 1kg gereicht, man kann es problemlos regenerieren.
Angeblich sollte man dabei aber nicht zu hoch heizen, zwecks Beschädigung des Indikators. Außerdem wird der durch H2O2 oxidiert, wenn man das damit aufkonzentriert. Da man es aber sowieso immer wieder durchmischt... es muss sich nicht jedes Körnchen verfärben.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Danke für die Vielen Kommentare! Bei mir wird also das Silicagel-Zeitalter anbrechen :D

Habe gerade im DAB9 gefunden, dass Silicagel bei 20°C etwa 30 % seiner Masse an Wasser aufnimmt. Da klingt schon ziemlich gut. Kann jemand abschätzen wieviel Wasser Schwefelsäure bindet?
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Pok
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Beitrag von Pok »

Kommt drauf an, wie die Luftfeuchtigkeit über dem Material ist, das man entwässern will. Hier (Tab. 54) gibts eine etwas leichter verständliche Angabe als beim ersten link mit den Dampfdrücken. So wie es da aussieht, gibt es einen Einbruch der Hygroskopizität zwischen 60 und 70 %. Bei einer Ausgangskonz. von 98 % und einer Endkonz. von 70 % entspräche das einer Wasseraufnahme von 40 gew-%. Ich hatte mal eine 50 %ige Schwefelsäure einige Wochen bei RT offen gelagert und deren Gewicht blieb nahezu konstant. Von 70 % auf 50 % wird die Wasseraufnahme aber nur noch sehr langsam sein.
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Lithiumoxalat
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Beitrag von Lithiumoxalat »

Ich verwende im Exsikkator schon seit langem Silicagel, das trocknet ziemlich schnell, und es geht lange, bis ich es wieder regenerieren muss. Wie sieht es eigentlich mit CaO als Trockenmittel aus?

mfG
Lithiumoxalat.
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