Sulfanilamid

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t0bychemie
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Sulfanilamid

Beitrag von t0bychemie »

Synthese von Sulfanilamid

Geräte:

Heizpilz, Magnetrührer, Rührfische, Bechergläser, Nutsche, Saugflasche, Filterpapier, Spatel, Zweihalsrundkolben, Stopfen, Rückflusskühler, Gasableitungsrohr, Gaswaschflasche oder ähnliches, Thermometer, Nitrilhandschuhe

Chemikalien:

Chlorsulfonsäure Warnhinweis: c
Acetanilid Warnhinweis: xn
Ammoniaklösung Warnhinweis: cWarnhinweis: n
Natriumhydroxid Warnhinweis: c
Aceton Warnhinweis: fWarnhinweis: attn
Toluol Warnhinweis: fWarnhinweis: xn
Salzsäure, konz. Warnhinweis: c
Ethanol Warnhinweis: f
Natriumhydrogencarbonat
Wasser
Eis
p-Acetamidobenzensulfochlorid Warnhinweis: xn
p-Aminosulfonylacetanilid Warnhinweis: xn
Sulfanilamid

Hinweis:

Vorsicht beim Arbeiten mit Chlorsulfonsäure! Nitrilhandschuhe und ein gut ziehender Abzug sind bei dieser Synthese unabdingbar.

Durchführung:

Synthese von p-Acetamidobenzensulfochlorid:

In einer Rückflussapparatur werden unter Rühren 13,51 g Acetanilid vorsichtig bei 15°C in 40 mL Chlorsulfonsäure eingetragen. Der entstehende Chlorwasserstoff wird mit einem Gasableitungsrohr in konzentrierte Natronlauge geleitet und somit neutralisiert. Dann erhitzt man für eine Stunde unter Rückfluss. Ist die Reaktion beendet lässt man abkühlen und gibt dann vorsichtig (!) das Gemisch in Eiswasser. Hierbei sollte man besonders aufpassen, da der Überschuss an Chlorsulfonsäure heftig mit dem Wasser reagiert!
Das p-Acetamidobenzensulfochlorid fällt sofort als weißer Niederschlag aus, den man abfiltriert und in möglichst wenig 40°C warmem Aceton löst. Die Lösung stellt man in den Gefrierschrank oder in ein Eisbad, bis -10°C erreicht sind. Die ausgefallenen Kristalle werden abfiltriert und mit eiskaltem Toluol gewaschen.

Synthese von p-Aminosulfonylacetanilid:

Das p-Acetamidobenzensulfochlorid wird in einer Rückflussapparatur mit 70 mL konz. Ammoniaklösung versetzt und für eine halbe Stunde refluxiert. Die entstandene farblöse Lösung wird auf ~ 50 mL eingedampft und abkühlen gelassen. Beim Abkühlen fällt ein weißer Niederschlag von p-Aminosulfonylacetanilid aus. Das Rohprodukt wird in 140 mL einer 50%igen Ethanollösung in der Hitze gelöst und im Kühlschrank wieder ausgefällt. Danach wird es abfiltriert, mit eiskaltem Wasser nachgewaschen und getrocknet.

Synthese von Sulfanilamid:

Das p-Aminosulfonylacetanilid wird zuerst in einem Becherglas mit 200 mL Wasser unter Rühren suspendiert. Dann werden 100 mL konz. Salzsäure hinzugegeben und auf etwa 70 °C erhitzt. Hat sich das p-Aminosulfonylacetanilid vollständig gelöst, wird für 15 Minuten bei 70°C weiter gerührt. Danach lässt man die Lösung auf Raumtemperatur abkühlen. Zu der nun abgekühlten Lösung gibt man soviel festes Natriumhydrogencarbonat, bis die Lösung nicht mehr aufschäumt. Dies entspricht einem pH-Wert von etwa 5. Daraufhin fällt das Sulfanilamid aus, welches man abfiltriert, mit eiskalten Wasser nachwäscht und trocknet.

Ausbeute: 3,4 g (8,66% d.Th.)

Entsorgung:

p-Acetamidosulfonylchlorid, p-Aminosulfonylacetanilid und Sulfanilamid werden zu den organischen Abfällen gegeben. Salzsäure wird mit Natronlauge neutralisiert und verdünnt in den Abfluss gegeben. Überschüssige Chlorsulfonsäure wird mit konzentrierter Schwefelsäure verdünnt, vorsichtig mit Eis hydrolysiert, neutralisiert und ebenfalls verdünnt in den Abfluss gegeben.

Erklärung:

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Die Chlorsulfonierung verläuft mit 2 mol Chlorsulfonsäure. Zuerst wird das Acetanilid elektrophil angegriffen, wodurch die Sulfonsäure entsteht. Das zweite Molekül von Chlorsulfonsäure bildet in einem Additions-Eliminierungs-Mechanismus das Sulfochlorid unter Abspaltung von Schwefelsäure.

Bild

In einer nucleophilen Substitution greift ein Ammoniakmolekül den Schwefel der Sulfochloridgruppe nucleophil an. Ein Chloridion spaltet sich ab. Das resultierende Ammoniumion wird durch ein zweites Molekül Ammoniak deprotoniert. Es entsteht p-Aminosulfonylacetanilid.

Bild

Die Acetylgruppe, welche eigentlich als Schutzgruppe fungiert, wird hydrolisiert. Die Carbonylgruppe wird protoniert. Daraufhin addiert sich Wasser an den aktivierten Carbonylkohlenstoff. Das resultierende Oxoniumion wird neutralisiert. Es wird Essigsäure abgespalten und das Sulfanilamid liegt in wässriger Lösung protoniert vor.

Bild

Um das Sulfanilamid auszufällen wird das Natriumhydrogencarbonat hinzugegeben: Im Sinne einer Säure-Base-Reaktion deprotoniert das Hydrogencarbonation das Ammoniumion.

Bilder:

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Die Apparatur für die Chlorsulfonierung

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Das Acetanilid-Chlorsulfonsäure-Gemisch (die gelbliche Färbung kam leider durch eine Verunreingung vom Rührfisch, hat aber bei der Reaktion nicht gestört, das Gemisch sollte eigentlich farblos sein.)

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Das ausgefallene p-Acetamidobenzensulfochlorid

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Das abfiltrierte p-Acetamidobenzensulfochlorid

Bild
p-Acetamidobenzensulfochlorid wird mit konz. Ammoniaklösung refluxiert

Bild
Das Rohprodukt

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Beim Umkristallisieren aus 50%igen Ethanol

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Das reine p-Aminosulfonylacetanilid

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Hydrolyse des p-Aminosulfonylacetanilid

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Das fertige Sulfanilamid

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1H-NMR Spektrum vom Sulfanilamid. Gelöst in Methanol-d4.

Zu sehen ist der typische Dacheffekt für ein 1,4-substituiertes Benzen, resultierend aus einer Ha-Ha' / Hb-Hb' Kopplung der aromatischen Protonen. Die Protonen der Sulfamidgruppe resp. der Aminogruppe sind austauschbare Protonen, weswegen sie in dem Spektrum nicht auftauchen.
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Kohlenstoff
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Beitrag von Kohlenstoff »

Wunderschöne Synthese! :thumbsup:
Was willst du weiterhin damit machen? Wie groß sind in etwa die Verluste?
Wie hast du das getrocknet?
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t0bychemie
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Beitrag von t0bychemie »

Dankesehr! Mit dem Sulfanilamid habe ich nichts weiter mehr vor.. man könnte natürlich noch einen Azofarbstoff drauß machen aber das ist jetzt nicht wirklich interessant für mich. Bei dieser Synthese wollte ich nur mal eine Chlorsulfonierung ausprobieren, da ich die Chlorsulfonsäure ja nun fast geschenkt bekommen habe :mrgreen: Die Verluste scheinen doch nicht zu verachten zu sein, obwohl ich eigentlich, wie ich finde, recht sauber gearbeitet habe. Die Ausbeute wird natürlich noch nachgeliefert, ich werde mich auch bemühen ein DC zu schaffen oder den Stoff anderweitig zu analysieren.
Getrocknet habe ich es in einem improvisierten Exsikkator über CaCl2

mfg
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Kohlenstoff
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Beitrag von Kohlenstoff »

Wo war denn das Hauptproblem wegen der Ausbeute? Ich kann mir vorstelle, dass das Produkt auch noch mit p-Sulfonsäureanilin oder Salzen davon verunreinigt ist.
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Beitrag von t0bychemie »

Du meinst wohl Sulfanilsäure? Möglich wäre es schon das die Chlorsulfonierung nicht vollständig abläuft, oder auch eine Hydrolyse der Sulfochloride.. ich denke aber, dass dieser Prozentsatz, der das ausmacht, gering sein wird. 1. Habe ich mit einem kleinem Überschuss an Chlorsulfonsäure gearbeitet was ersteres durch simple Gleichgewichtsverschiebung so gut wie ausschließt.. Zweitens sind Sulfochloride erstaunlich stabil, eine Chlorsulfonierung ist übliche Laborpraxis und wird der Sulfonierung vorgezogen, das sagt denke ich einiges. Sollte trotzdem etwas Sulfanilsäure entstanden sein, so werde ich das durch das Waschen ebenfalls zu einem großen Prozentsatz herausbekommen haben, da Sulfanilsäure, ergo auch dessen Salze besser löslich sind als Sulfanilamid es ist.

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Kohlenstoff
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Beitrag von Kohlenstoff »

Ähm...ja...Sulfanilsäure^^ :mrgreen:
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t0bychemie
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Beitrag von t0bychemie »

Ausbeute eingefügt.
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t0bychemie
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Beitrag von t0bychemie »

1H-NMR Spektrum aufgenommen und eingefügt.
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Caesiumhydroxid
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Beitrag von Caesiumhydroxid »

Langsam wird das hier wirklich Standart... :mrgreen:
t0bychemie
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Beitrag von t0bychemie »

Wenn man die einmalige Chance hat soetwas aufzunehmen sollte man das auch tun, da es einem zeigt ob man wirklich das Produkt in den Händen hält. Und gibt zu gleich Kontra gegen das "Rumgepanschvorurteil" des Hobyychemikers. Eine WinWin-Situation :mrgreen:
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lord henry
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Registriert: Sonntag 6. Dezember 2009, 18:39

Beitrag von lord henry »

Hallo,

sehr gut ausgeführt und dargestellt.
Lediglich bei der Apparatur im ersten Bild sei anzumerken das man dort 2 Gaswaschflaschen benutzen sollte.

Ansonsten.......gut gemacht.

gruss
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