Malonsäurediethylester durch azeotrope Fischer-Veresterung

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mgritsch
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Malonsäurediethylester durch azeotrope Fischer-Veresterung

Beitrag von mgritsch »

Malonsäurediethylester durch azeotrope Fischer-Veresterung

Malonsäurediethylester (Diethylmalonat) ist in der organischen Synthese einer der wichtigsten und vielseitigsten Synthesebausteine. Mit seinen aciden H lassen sich viele Kondensationsreaktionen ausführen - z.B. sind über Malonestersynthese substituierte Essigsäuren oder Barbitursäurederivate zugänglich, Malonsäureester ist auch Ausgangsbaustein für die Knoevenagel-Reaktion. Der standard-Syntheseweg für Malonsäurediethylester läuft über Chloressigsäure → Cyanessigsäure → Verseifung des Nitrils bzw. Veresterung in alkoholischer Lösung direkt zum Ethylester. Dieser Weg ist aufwändig und erfordert Einsatz von Cyanid bzw. Einleiten von HCl-Gas - nicht gerade das was man unbedingt im Hobbylabor möchte.

Wikipedia sagt: "Malonsäurediethylester kann nicht aus der freien Säure durch Veresterung mit Ethanol gewonnen werden, weil Malonsäure bei erhöhten Temperaturen zu Essigsäure und CO2 zerfällt (Decarboxylierung)". Oder etwa doch? Alles nur eine Frage der richtigen Reaktionsführung! Azeotrope Veresterungen sind ein sehr eleganter Weg das Gleichgewicht gezielt in Richtung Produktseite zu verschieben. Durch geeignete Wahl eines Schleppmittels wird die Reaktionstemperatur niedrig gehalten und Reaktionswasser kontinuierlich entzogen, bis hin zu einer praktisch quantitativen Umsetzung. Für Veresterungen mit Ethanol bietet sich dabei besonders das System mit Chloroform an.


Geräte:

250 ml Rundhalskolben, Wasserabscheider für schwere organische Phasen, Rückflusskühler, Destillationsapparatur für Normaldruck bzw. Vakuumdestillation, Heizplatte mit Magnetrührer (idealerweise mit geregelter Temperatur), Ölbad, Vakuumpumpe mit zwischengeschalteter Sicherheitswaschflasche


Chemikalien:

Malonsäure
Ethanol
Chloroform
p-Toluensulfonsäure Warnhinweis: attn
Malonsäurediethylester Warnhinweis: attn


Hinweis:

Chloroform ist giftig und wirkt betäubend - unbedingt im Abzug arbeiten!
Bei Vakuumdestillationen besteht immer die Gefahr einer Implosion - als Schutz vor Splittern ist eine Schutzbrille zu tragen!


Durchführung:

Zuerst wurde die Apparatur zur Wasserabscheidung zusammengebaut, dampfführende Rohre wurden gut mit Alufolie isoliert um Wärmeverluste und ungenutzten Rückfluss zu minimieren. Im 250 ml 2-Hals Rundkolben wurden dann 30,0 g (0,288 mol) Malonsäure, 5 g (0,029 mol) p-Toluolsulfonsäure, sowie 60 ml Ethanol (50 % molarer Überschuss bezogen auf die Malonsäure plus Zuschlag für Verluste bei der azeotropen Destillation) und 100 ml Chloroform vorgelegt. Das Heizbad wurde auf 110-120 °C geregelt um einerseits einen kräftigen Rückfluss am Wasserabscheider zu erzielen, andererseits aber keine lokale Überhitzung zu erzeugen, die die Malonsäure zersetzen könnte. Unter kräftigem Rühren wurde nun ca. 2,5 - 3 Stunden lang gekocht, bis sich ca. die abgeschätzte Menge wässriger Phase (ca. 20 ml) gebildet hatte und keine weitere Wasserabscheidung mehr zu beobachten war. Das Kochen wurde beendet, die Reaktionsmischung etwas auskühlen gelassen und die Flüssigkeit aus dem Wasserabscheider vorsichtig abgelassen. Die untere, chloroformreiche Phase wurde aufbewahrt um bei zukünftigen Veresterungen mit Ethanol wieder eingesetzt zu werden. Die obere, wässrige Phase wurde verworfen.

Die Apparatur wurde nun auf eine einfache Destillation mit Liebig-Kühler umgebaut und bei Normaldruck das überschüssige Ethanol und Chloroform abgezogen. Insgesamt destillierten in einem Temperaturbereich von 57 - 61° C noch über 75 ml ab, überwiegend Chloroform bzw. Azeotrop Ethanol-Chloroform. Das Destillat wird aufbewahrt und kann bei zukünftigen Veresterungen mit Ethanol ebenfalls wieder ingesetzt werden. Zusammen mit der Chloroformphase aus dem Wasserabscheider wurden so ca 105 ml wiedergewonnen.

Der Vorstoß wurde nun auf einen Vakuumvorstoß mit Spinne gewechselt. Wiederum wurde zuerst gewartet bis die Reaktionsmischung etwas ausgekühlt war, dann wurde Vakuum angelegt. Nachdem noch die letzten Reste Chloroform abgezogen waren (Vorsicht - der Sumpf kann dabei teils kurz kräftig aufschäumen) wurde das Heizbad wieder aufgedreht und auf ca. 120-130° C geregelt. Nach nur wenigen Tropfen Vorlauf destillierte in einem sehr engen Intervall das reine Produkt in den vorher tarierten Kolben bei 76-77° C über. Bei Anwendung der Antoine-Funktion entspricht das 10-11 mbar. Erfahrungsgemäß erreicht meine Drehschieberpumpe ca. 7-10 mbar (kann ich leider nicht genau messen), was mit dem erwarteten Wert gut übereinstimmt.

Ausbeute: 42,96 g (93,0 % d.Th.)


Entsorgung:

Das wiedergewonnene Chloroform sollte aufbewahrt und für weitere Veresterungen mit Ethanol eingesetzt werden. Sonst zu den halogenhaltigen organischen Abfällen.
Alle anderen Reste kommen zu den organischen Abfällen.


Erklärung:

Es erfolgt eine klassische säurekatalysierte Fischer-Veresterung mit Ethanol und Malonsäure
Bild
Ein Blick in die "Azeotrope Tables" zeigt folgendes System:
Das ternäre Azeotrop Wasser / Ethanol / Chloroform = 3,5 / 4,0 / 92,0 (alle Angaben in Gewichts-%), siedet bei 55,5° C und zerfällt bei der Kondensation in 2 Phasen. Die schwerere, untere Phase hat die Zusammensetzung (0,5 / 3,7 / 95,8 ), besteht also fast nur aus Chloroform und etwas Alkohol. Die obere hat die Zusammensetzung (80,8 / 18,2 / 1,0), besteht also zum Großteil aus Wasser und nur sehr wenig Chloroform. Das Azeotrop enthält also mit 3,5 % zwar nur relativ wenig Wasser, durch die Phasentrennung kann dieses aber sehr leicht quantitativ abgeschieden werden und man verliert nur wenig Ethanol, das für die Reaktion gebraucht wird, bzw. sehr wenig "Schleppmittel" Chloroform. Die untere, chloroformreiche Phase wird kontinuierlich wieder der Reaktionsmischung zugeführt. Der Siedepunkt ist so niedrig, dass auch empfindlichere Moleküle das gut aushalten. Sofern der gebildete Ester also nicht zu niedrig siedet oder ein anderes, störendes Azeotrop bildet, ist dies ein geradezu ideales System zur schonenden Veresterung.

Weitere Azeotrope bzw. Dampfphasen, die hier mitspielen, sind:
Wasser / Chloroform (2,8 / 97,2) - Siedepunkt 56,1 °C
Ethanol / Chloroform (7,0 / 93,0) - Siedepunkt 59,4 °C
reines Chloroform - Siedepunkt 61,1 °C
Wasser / Ethanol (4,5 / 95,5) - Siedepunkt 78,1 °C
reines Ethanol - Siedepunkt 78,4 °C
reines Wasser - Siedepunkt 100,0 °C
reiner Malonsäurediethylester - Siedepunkt 199 °C


Bilder:

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Die fertig aufgebaute Apparatur zur Wasserabscheidung - bereits gut mit Alufolie isoliert

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Beginnende Wasserabscheidung - die Chloroformphase ist etwas getrübt da sich durch das Auskühlen die Löslichkeit von Wasser verringert

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Die Wasserabscheidung ist beendet

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Apparatur umgebaut auf Destillation bei Normaldruck

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Vorstoß durch Vakuumvorstoß mit Spinne getauscht

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Vakuumdestillation beginnt - immer alles schön kuschelig einpacken! Die Druckanzeige ist nicht wirklich genau, im Wesentlichen nur eine Indikation ob Vakuum anliegt

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Das fertige Produkt

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...und der verbliebene Rest im Sumpf - zurückgebliebene Toluolsulfonsäure, geringe Restmenge Produkt und diverse Verunreinigungen (selbst das könnte man für eine weitere Veresterung vermutlich wieder einsetzen)
Glaskocher
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Beitrag von Glaskocher »

Das ist ein toller Artikel, der beweist, daß man nicht alle Behauptungen "geht nicht..." sofort als Dogma nehmen darf. Die Ausbeute ist erfreulich nahe an "quantitativ" dran. Im Sumpf könnten noch Reste Malonsäure sein, die durch Disproportionierung des Monoethylesters (Zwischenstufe) rückgebildet wurden. Mit Chloroform als Schleppmittel kann man gut arbeiten, ich hatte es bei der Synthese von Isopropylbenzoat erfolgreich eingesetzt.

Schade, daß Du kein Sumpfthermometer drin hattest. Die Temperaturentwicklung während der Synthese wäre interessant gewesen, um die Stabilität des Esters abschätzen zu können. Ich vermute, daß sie leicht angestiegen sein könnte, da das Gemisch an leichter flüchtigen Komponenten (Wasser, Ethanol) im Verlauf der Reaktion verarmt ist.

Ich hatte meinen Wasserauskreiser leicht modifiziert, um die Oberphase bei einem größeren Ansatz kontinuierlich ablaufen lassen zu können, beim hier verwendeten Gerät müßte man halt beim Erreichen der Kapazität kurz den Inhalt unten raus lassen und mit entnommene Chloroform-Unterphase separat zurück geben oder ersetzen. Sobald sich kein flüssiges Wasser mehr abscheidet kann man noch versuchen, Reste gelösten Wassers in einer Molsiebschüttung (3A°) zu binden. Dieser Aufwand lohnt sich aber selten.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Finde ich auch gut: eine kreative Kombination von Methoden. Komisch, daß dieser Ansatz noch nicht allgemein gängig ist!
Kannst du noch was zur Verwendung von Toluolsulfonsäure als Kat sagen? Wäre Schwefelsäure deutlich nachteiliger? Gibt es Alternativen?
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

Glaskocher hat geschrieben:Das ist ein toller Artikel, der beweist, daß man nicht alle Behauptungen "geht nicht..." sofort als Dogma nehmen darf. Die Ausbeute ist erfreulich nahe an "quantitativ" dran.
dankeschön :) von "ich hab da noch einen Rest Malonsäure von zweifelhafter Reinheit, was könnte ich damit noch anfangen..." über Recherche und Planung bis zur Ausführung war es ein schöner Weg :) Und wenn dann die letzten wasserklaren Tropfen in die Vorlage fallen und man schon weiß das hat jetzt richtig gut geklappt dann ist das doch etwas wirklich schönes :)
Im Sumpf könnten noch Reste Malonsäure sein, die durch Disproportionierung des Monoethylesters (Zwischenstufe) rückgebildet wurden.
Theoretisch alles möglich wenngleich ich das hier nicht vermute. Wenn Malonsäure wirklich so thermolabil ist, dann hätte sie das letzte Braten bei der Destillation eher nicht überstanden, und ich habe definitiv keinen Geruch nach Ethylacetat oder Essigsäure bemerkt.
Mit Chloroform als Schleppmittel kann man gut arbeiten, ich hatte es bei der Synthese von Isopropylbenzoat erfolgreich eingesetzt.
bei i-Prop bin ich mir noch nicht sicher was das beste Schleppmittel ist.
Ein ternäres Azeotrop wie bei EtOH ist nicht in der Tabelle (weiß nicht ob weil es nicht erfasst ist oder weil es keines gibt?)
Die nächsten Kandidaten die überdestillieren wären sonst Wasser/Chloroform (56,1° C), mit 97,2% Chloroformanteil bzw. iPropanol/Chloroform (60,8°) mit 95,8% Chloroformanteil. Das zweitere Azeotrop liegt so nahe dran, das wird sicher auch übergehen, in Mischung transportiert man damit vermutlich mehr iProp als Wasser hinaus. zum Glück wenig iProp mit. Keine Ahnung wie sich diese beiden dann beim Phasentrennen benehmen .
Du sagst es hat gut funktioniert für Dich?
Ist sicher einen Versuch wert, sonst hätte ich für iProp eher mal Toluol ausprobiert - in der wässr. Phase bleiben dann 61 Wasser und 38 iProp, leider mit geringem Dichteuntschied - mal sehen wie gut die sich trennen würde.
Schade, daß Du kein Sumpfthermometer drin hattest. Die Temperaturentwicklung während der Synthese wäre interessant gewesen, um die Stabilität des Esters abschätzen zu können. Ich vermute, daß sie leicht angestiegen sein könnte, da das Gemisch an leichter flüchtigen Komponenten (Wasser, Ethanol) im Verlauf der Reaktion verarmt ist.
Sumpfthermometer nein aber der Ika-Regler misst und zeigt die Temperatur des Bads laufend an (Sonde war fast direkt am Kolben außen) und das ganze war immer sehr gut gerührt, ich nehme nicht an dass es da nennenswerte Temperaturunterschiede gab (und stark exotherm ist die Reaktion ja nicht). Okay, natürlich ist die Reaktionsmischung durch das Sieden ggü dem Bad immer kühler und man kann daraus nicht wirklich ableiten was die Sumpftemp war.

Der Ester ist auch stabil - andere Quellen destillieren ihn bei Normaldruck (199° C), lediglich die Säure decarboxyliert anscheinend leicht.

Dazu liest man auch unterschiedliche Angaben ab wann das eintritt - Wikipedia schreibt "Zersetzung ab 140 °C" und referenziert das auf die Gestis-Datenbank. Eine andere Quelle erwähnte (ohne genauere Spezifikation) mal etwas von 110°. Hier steht etwas von "Zersetzung der wässrigen Lösung ab 70°", auch hier wurde das genauer untersucht. Aber ich arbeite ja nicht in verdünnter wässriger Lösung :)

Praktisch war es jedenfalls kein Problem - ich kann experimentell bestätigen dass bis zu 120° Badtemp gut funktioniert!
Ich hatte meinen Wasserauskreiser leicht modifiziert, um die Oberphase bei einem größeren Ansatz kontinuierlich ablaufen lassen zu können, beim hier verwendeten Gerät müßte man halt beim Erreichen der Kapazität kurz den Inhalt unten raus lassen und mit entnommene Chloroform-Unterphase separat zurück geben oder ersetzen. Sobald sich kein flüssiges Wasser mehr abscheidet kann man noch versuchen, Reste gelösten Wassers in einer Molsiebschüttung (3A°) zu binden. Dieser Aufwand lohnt sich aber selten.
ja, den Plan B mit ablassen hab ich mir auch schon überlegt falls es mal mehr sein sollte. Ist ja keine große Sache - raus damit, wässr. Phase dekantieren und den Rest wieder rein.
Molsieb würde ich auch eher übertrieben finden. Spätestens beim Abziehen des Überschusses geht der letzte Rest Wasser ohnehin mit rüber...
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

lemmi hat geschrieben:Komisch, daß dieser Ansatz noch nicht allgemein gängig ist!
ich habe jedenfalls kein Kochrezept gefunden das so vorgeht, lediglich ein kurzer lapidarer Kommentar eines Users auf sciencemadness dass man das lediglich so machen müsse.
Das Organikum (7.1.4.1. Darstellung von Estern durch Alkoholyse von Carbonsäuren und Carbonsäurederivaten) hat die Malonsäure nicht in der Liste. Hmmm... für Salicylsäureethylester geben sie 60% Ausbeute bei azeotroper Veresterung an... wieder eine Challenge ob ich das toppen kann? ;)
Kannst du noch was zur Verwendung von Toluolsulfonsäure als Kat sagen? Wäre Schwefelsäure deutlich nachteiliger? Gibt es Alternativen?
Grundsätzlich geht Schwefelsäure sicher auch. Ich hätte aber Bedenken beim Destillieren zm Schluss wenn sich das ganze aufkonzentriert ob es dann nicht verstärkt zu Zersetzung kommt und die Ausbeute "nachträglich" leidet. Kommt auf einen Versuch an :)
Toluolsulfonsäure ist da einfach super angenehm - stark genug, hat aber keine störenden Nebenwirkungen durch heftigen Wasserentzug etc. Wie wäre es, sie einfach zu synthetisieren? Ich habe auch "selbstgekochte" verwendet :) Für Zwecke des Kats muß sie nicht sehr rein sein, da kannst du dir die eher schwierige Umkristallisation schenken, dann ist das noch einfacher und die Ausbeute sehr hoch.
Sonst wird in der Literatur (zB Organikum) auch saures Ionenaustauscherharz oder Salzsäure genannt.
Letztere ist halt nicht so bequem abtrennbar und dann überall verteilt, bis inklusive hin zur Pumpe ;)

Rein von der Säurestärke her sollte auch Amidoschwefelsäure gehen, weiß nicht wie löslich/wirksam die unter den Bedingungen ist bzw wie leicht sie dann zu Ammoniumhydrogensulfat hydrolysiert und ob das stört (evtl auch gleich NaHSO4 probieren?)

Carbonäuren, auch wenn teilweise durchaus stark genug wie zB die Trichloressigsäure, verbieten sich aus naheliegenden Gründen ;)
Interessant wäre auch, wie sich Sulfosalicylsäure benimmt...
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

Btw - falls ihr Empfehlungen für eine bessere Druckmessdose habt die im Bereich ca 10mbar einigermaßen genau arbeitet und kostengünstig ist... Immer gerne!
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Lithiumoxalat
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Beitrag von Lithiumoxalat »

Schöner Artikel!

Ich messe das Vakuum bei Destillationen immer mit einer Kleinen Quecksilbersäule, diese ist auf 1 mBar genau und dürfte recht günstig erhältlich sein (eBay...)


LG
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

Lithiumoxalat hat geschrieben:Schöner Artikel!
Dankeschön! :)
Ich messe das Vakuum bei Destillationen immer mit einer Kleinen Quecksilbersäule, diese ist auf 1 mBar genau und dürfte recht günstig erhältlich sein (eBay...)
klingt nicht schlecht, hab ich aber noch nie gesehen, und ich suche immer wieder was es so für interessanten Kram gibt... welches Stichwort sollte ich da suchen? Quecksilbersäule?
Unter sonstigen einschlägigen Stichworten findet man jede Menge der einfachen Dosen, ähnlich meinem Billigteil. Und man kann Pirani-Vakuummeter jenseits der 200EUR finden, aber ich glaube die sind auch erst <1 mbar sinnvoll einsetzbar...
Na ich bleibe wachsam ;)
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

Glaskocher hat geschrieben:Ich vermute, daß sie leicht angestiegen sein könnte, da das Gemisch an leichter flüchtigen Komponenten (Wasser, Ethanol) im Verlauf der Reaktion verarmt ist.
im Gegenteil - die am leichtesten flüchtige Komponente von der auch am meisten im Kolben ist, ist hier das Chloroform, der (höhersiedende) Ethanolanteil nimmt immer weiter ab, Wasser ist im Gleichgewicht vermutlich immer nur wenig vorhanden, wird immer abtransportiert. Könnte aber sein dass der gebildete hochsiedende Malonester den Siedepunkt der MIschung langsam erhöht.
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Cumarinderivat
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Beitrag von Cumarinderivat »

Wegen der Druckmessung ... der ältere Vakuumcontroller CVC24 von Vakuubrand ist immer wieder günstig zu haben. Der Preis schwankt recht stark, ich hab hier zwei rumstehen, für den einen hab ich 30 €, für den anderen 100 € gezahlt.
Chemistry is like cooking - just don't lick the spoon!

Sag' nicht, es funktioniert nicht, bevor du es nicht versucht hast!
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

Danke für den Tipp, Stichwort Vakuum-Controller kann also auch etwas brauchbares liefern...

Ich dachte ja auch schon mal daran mir so einen Vakuumregler für Medizinische Zwecke zu nehmen, weniger wegen der Druckmessung (die dort vielleicht nicht viel präziser, dafür aber hoffentlich richtiger sein sollte :) ) sondern eher um das Vakuum dass die Pumpe liefert effektiv besser dosieren zu können. Immer will man auch nicht gleich die 10 mBar haben...
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

lemmi hat geschrieben:Kannst du noch was zur Verwendung von Toluolsulfonsäure als Kat sagen? Wäre Schwefelsäure deutlich nachteiliger? Gibt es Alternativen?
Dazu kann ich jetzt etwas mehr sagen :)

Ich wollte zum Vergleich mal wissen, wie gut das mit Salicylsäure geht - in aller Kürze: es geht eher miserabel.
Ich habe genau den gleichen Prozess und etwa gleiche molare Mengen eingesetzt. Die Reaktion geht mit Toluolsulfonsäure nur sehr sehr langsam/schlecht, nach 3 Stunden war immer noch nur ein Bruchteil des erwarteten Wassers abgeschieden, möglicherweise überwiegend Wasser aus dem Ethanol bzw der nicht sehr trockenen Toluolsulfonsäure.

Also habe ich flugs zu Schwefelsäure gegriffen, dann sieht die Sache schon etwas besser aus, zumindest der Wasserabscheidung nach.

Die ersten Probleme zeigten sich dann schon beim Abdestillieren des Schleppmittels: da destilliert zuerst irgend etwas bei ca 51° über was (dem Geruch nach) viel Chloroform enthält aber der Temperatur nach vermutlich auch bereits Ether! Dann steigt die Temperatur wieder, verhält kurz bei ca 61-62° (reines Chloroform) um dann den nächsten Zwischenstopp bei ca 70-72° einzulegen (!?). Jetzt riecht es sehr intensiv nach Ether und auch bereits nach Produkt! Wie auch immer der Ether es bis zu der Temperatur schafft!? Oder er entsteht jetzt erst aus Ethanol das noch da war? Oder der Ester wird wieder gespalten und liefert dadurch das Ausgangsamterial für den Ether? Ether scheint mit dem Ethylsalicylat so etwas ähnliches wie "Wasserdampfdestillation" zu machen obwohl man noch gut 150° unter dem Siedepunkt des Produkts ist.

Das bunt gemischte Destillat aus Ethanol, Wasser, Ether, Chloroform und Ethylsalicylat (und wer weiß was noch?) war dann eine trübe Suppe und ein Fall für die Entsorgung, kein Recycling so wie beim Malonat.

Na gut, irgendwann ist der Ether weg, also auf zur Vakuumdestillation. Bei 10-11 mbar würde ich für Ethylsalicylat einen Kp von 98-100° erwarten.
Tatsächlich ist das Thermometer sehr langsam gestiegen und hat nirgends richtig halt gemacht, erstes Produkt (?) kam schon ca bei 50-60° Kopftemperatur langsam rüber.
Mit der Zeit hat es immer mehr genebelt -> die H2SO4 tut ihren Job als wasserentziehendes Oxidationsmittel und es entstehen jede Menge hässliche Nebenprodukte (Sulfonierter Ester? Kondensation über das Phenol?).
Im Endeffekt habe ich in schlechter Ausbeute ein trübes Produkt bekommen, das einen beißend schwefeligen Nebengeruch hat (ein wenig davon mit Wasser versetzt reagiert auch kräftig sauer). Was nach Auswaschen mit ges. NaHCO3-Lösung und Trocknen mit MgSO4 übrig bleibt war dann wohl OK.
Der Sumpf war voll mit einer Masse, die beim Auskühlen harzartig dick wurde (aber glücklicherweise ausreichend wasserlöslich war um noch herausgewaschen werden zu können).

So viel zu H2SO4 als nachteilige Alternative :)

Rückblickend würde ich eher nach Abziehen des Schleppmittels bei schonender Temperatur den Rest (der bereits eine Phasentrennung zeigte!) einfach mit Wasser auffüllen und das Produkt im Scheidetrichter so direkt abtrennen, denn die Veresterung ansich dürfte der Wasserabscheidung nach nicht so schlecht geklappt haben.
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Lithiumoxalat
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Beitrag von Lithiumoxalat »

Ethylsalicyalat habe ich auch schon mit H2SO4 als Kat. syntetisiert. Hierbei habe ich einen Ethanolüberschuss (ca. 1,5 fache Menge) verwendet und den Ansatz für etwa vier stunden unter Rückfluss gehalten, ohne dass sich Nebenreaktionen bemerkbar machten. Zur Abtrennung des Esters habe ich diesen dann einfach in Eiswasser gegossen, gewaschen und erst am Schluss destilliert.
In der Schule hat letztes Jahr ein Schüler sehr viele verschiedene Ester synthetisiert, hierbei zeigte sich, dass 4-Dimethylaminopyridin ein sehr guter, schonender Katalysator, gerade für Ester mit heikleren Carbonsäuren und "längeren" Alkoholen ist.

LG
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Phil
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Beitrag von Phil »

Wenn der Ester nicht Wasserlöslich ist, kann man die Schwefelsäure vor dem destillieren auswaschen, neutralisieren und dann erst destillieren. Da das Chloroform ja noch im Produkt enthalten ist, kann man es als Azeotropetrocknung verwenden und danach gleich abdestilieren.
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Beitrag von lemmi »

Verstehe ich das jetzt richtig, daß Schwefelsäure besser als Toluolsulfonsäure funktioniert hat aber man das Produkt nicht aus dem Reaktionsgemisch abdestillieren sollte? Braucht man für Ethylsalicylat überhaupt eine azeotrope Veresterung? Reicht Erhitzen am Rückfluss (wie für Methylsalicylat) nicht aus?
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