Bologneser Leuchtsteine

Wissenschaftliche Experimente von besonderem historischem Interesse.

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lemmi
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Beitrag von lemmi »

NI2 hat geschrieben: @lemmi: kannst du kalkulieren wie lange du in etwa dran gearbeitet hast? Also theoretische Ausarbeitung und Durchführung?
Das ist schwierig, da ich das ganze nur in meiner Freizeit stückchenweise machen kann. Was möchtest du denn genau wissen?

Im Ganzen habe ich Anfang März begonnen und bis vorgestern daran gearbeitet (da habe ich das mit dem Aufleuchten in Schwefelsäure und beim Erwärmen ausprobiert). aber ich musste mir auch einige Ausgangsstoffe selbst herstellen und habe Versuche gemacht, die ich nicht im einzelnen hier vorgestellt habe, weil sie nicht funktioniert haben.

Die Literatur habe ich mir peu a peu zusammengesucht, d.h. man findet einen Artikel in dessen Anhang dann weitere Artikel oder Monographien genannt werden. Die Monographie von Vanino (die mit der Hommage) gab´s nicht bei der ZVAB und nicht online, aber ich konnte sie aus der UB ausleihen. Das Schmökern in den alten Büchern war echt toll - was in Händen zu halten , was vor 300 Jahren geschrieben wurde...wow!

Übrigens habe ich mich auch in einer Bastelei versucht und probiert, eine brauchbare Leuchtfarbe herzustellen. Dazu habe ich etwas UHU-Alleskleber mit ca. 3 Raumteilen Acteon verdünnt und dann von dem gepulverten blaugrünen Sr-Ca-Leuchtstein (weil ich von dem am meisten habe) so viel eingerührt, daß eine flüssige Paste entstand. Damit habe ich auf Karton geschrieben und die Schrift leuchtet im Dunkeln tatsächlich sehr kräftig nach, und zwar stundenlang! Sie ist seit jetzt gut 10 Tagen unverändert -sprich: nicht durch die Einwirkung der Luft verändert.

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Bild

Der Calciumstein leuchtet als Pulver viel weniger kräftig als als Brocken und ist auch schwerer zu zerreiben, da viel härter. Der Bariumstein ist auch sehr hart, leuchtet etwas kräftiger aber ziemlich kurz.

Ich möchte demnächst mal probieren, das Leuchtsteinpulver mit Klarlack anzurühren. Das Problem ist, dass man es ziemlich fein zerreiben muss, damit es eine verstreichbare Masse wird. Und ich weiß nicht, ob die Erdalkalisulfide in der Lack-Grundmasse stabil sind. Weiter habe ich vor, aus dem Leuchtpulver mit Polyesterharz eine Figur zu gießen (muß nur eine passende Form finden, vielleicht eine alte Weihnachtsplätzchenform). Ich werde dann nachberichten.
Cyanwasserstoff hat geschrieben:... wäre ich doch sehr dafür, einen Artikel daraus zu machen. :wink: :thumbsup:
Danke für die Anerkennung! Ich würde den Post nur nicht gerne umschreiben müssen. Bei den Artikeln sollen ja z.B. die Fotos am Ende stehen und das nimmt dem ganzen - finde ich - sehr viel von seinem Reiz.
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Cyanwasserstoff
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Beitrag von Cyanwasserstoff »

Nunja, in Anbetracht der Länge ist es ja kein ganz gewöhnlicher Artikel. Es wäre durchaus auch in meinem eigenen Sinne, für längere Artikel auch mal Ausnahmen zu machen. :wink:
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Uranylacetat
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Beitrag von Uranylacetat »

@lemmi,

die "Tinte aus Leuchtstein-Pulver" finde ich ja eine gute Idee! :wink: Ich würde das "Geschriebene" nach dem Trocknen durch Aufsprühen eines schnell verdunstenden Zapon- oder Nitrocellulose-Lack "konservieren".
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Wie wär's mit Haarlack? :D
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Uranylacetat hat geschrieben: Ich würde das "Geschriebene" nach dem Trocknen durch Aufsprühen eines schnell verdunstenden Zapon- oder Nitrocellulose-Lack "konservieren".
Auch ne Idee. Kommt bei Gelegenheit auch noch dran.
Aber die "UHU-Verdünner-Methode funktioniert auch nicht schlecht, jedenfalls riecht die Schrift nur ein ganz kleines bisschen nach H2S :angel:
Cyanwasserstoff hat geschrieben:Nunja, in Anbetracht der Länge ist es ja kein ganz gewöhnlicher Artikel. Es wäre durchaus auch in meinem eigenen Sinne, für längere Artikel auch mal Ausnahmen zu machen. Wink
Das würde mich freuen. Ich verpreche fest, auch mal was kürzeres zu posten :mrgreen:
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Newclears
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Beitrag von Newclears »

NC Lack ist nicht unbedingt die beste Idee. Feuchtigkeit diffundiert ohne Probleme durch NC Schichten und kann bei so reaktiven Stoffen wie den Erdalkalisulfid/Oxidgemischen innerhalb kurzer Zeit zu Funktionsverlust führen.Habs ausprobiert ;)Ich denke Acryllacke oder Alkydharzlacke wären da besser geeignet.Der hochgelobte "Zaponlack" oder "Nitrolack" ist für Möbel, bestimmte Kristalle, z.T. biologische Präparate von Feststrukturen etc ne Feine Sache. Bei Pulverigen Erdalkalisulfiden versagt er allerdings. Die Nitratreste in dem Zeug sind so agressiv, dass sic mal ein Testansat von Kupferpulver in NC Lösung(<12,6% von Wolff) als hochohmiger Leitlack innerhalb einer Woche in Grüne, gelatinöse Grütze verwandelte.Insofern ist die "UHU-Lösung vorzuziehen.
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Xyrofl
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Beitrag von Xyrofl »

Die Nitrogruppen in dem Zeug sind so agressiv
Nitrogruppen? Das ist aber ein organisches Nitrat. Ich bin der Meinung, dass eine Nitroverbindung das auch nicht getan hätte. Nitromethan ist ja auch reichlich inert, verglichen mit Methylnitrat, was leicht hydrolysieren kann und dann sauer wird und je saurer, desto mehr Hydrolyse. Mich wundert, dass die gekaufte NC nicht stabil ist, aber vielleicht ist auch das Kupfer Schuld und die NC hat sich nur gewehrt.
Wenn die Menschen und die Dschinn sich zusammentäten, etwas, das diesem Post gleicht, zustande zu bringen, würde ihnen das nicht gelingen – selbst wenn sie einander helfen würden.
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Newclears
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Beitrag von Newclears »

Nitrogruppen?
:oops: Hast natürlich recht.
Nichts desto trotz würde ich NC Lacknicht für feinpulverige, reaktive Pigmente verwenden. Das Cu- Pulver damals war sauber, oxidfrei und trocken.. Die Körnung ist mit Mehl vergleichbar. Bei späteren Basteleien hab ich es beispielsweise mit Epoxidharz vermischt als wärmeleitendes Material verwendet ohnedass sich irgendwas veränderte. Auch Celluloseacetatlösung veränderte da nichts.
Mich wundert, dass die gekaufte NC nicht stabil ist,
Ich vermute, dass die schon stabil ist, immerhin ist sie als Collodium ja für genau solche Anwendungen gedacht allerdings kann es gut sein, dass durch z.B. Feuchtigkeit im Lömi die Möglichkeit zur Reaktion mit dem Kupfer gegeben war..
However, das Ergebnis war bei mir mit NC Lack nicht zufriedenstellend.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Ich hatte auch daran gedacht, NC als Bindemittel in Aceton zu lösen, hab´s aber dann sein lassen, weil ich der Stabilität nicht getraut habe (mir ist es mal passiert, daß ich NC in einem Schraubdeckelglas aufbewahrt habe und nach 2 Monaten war da nur noch NOx und Matsch drin). Das mit dem UHU war so ein spontaner Einfall. Ich weiß gar nicht, was eigentlich die klebende Substanz darin ist? Ich wollte halt was auf Lösungsmittelbasis unter vermeidung von Wasser nehmen. Vanino hatte seine Leuchtsteine in verschiedenen Lösungsmitteln gelagert (Aceton, ether, Benzol etc.) und berichtet, daß die Lumineszenz über Monate erhalten bliebe. Allerdings kann man UHU ja auch mit Wasser auswaschen, so daß die Wasserfestigkeit wahrscheinlich auch nicht optimal ist.
Bezüglich des Polyesterharzes habe ich auch ein paar Fragezeichen. Weiß einer was sich beim Aushärten da drin genau chemisch abspielt? Ich habe mir eines gekauft, mit dem man auch biologische Objekte einbetten kann, weil ich annahm, daß das weniger aggressiv ist.
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Newclears
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Beitrag von Newclears »

Wikipedia bestätigt quasi meine Erfahrung:
Wikipedia Kollodiumwolle hat geschrieben:Trocknungsverlust: Die Kollodiumwolle wird bei 61 °C bis zur Gewichtskonstanz getrocknet. Der Gewichtsverlust soll zwischen 23 und 28 % liegen. Den erhaltenen Rückstand kann man gefahrlos beseitigen, indem man ihn mit Aceton und einer alkoholischen Kaliumhydroxidlösung einige Stunden lang auflöst.
Damit bestätigt sich indirekt mein Misserfolg von damals. Die bologneser "Pigmente" bestehen ja aus hochgeglühten Erdalalisulfiden und Oxiden die feuchtigkeitsempfindlich sind. Wenn also eine Restfeuchte im Lack enthalten ist ist es Kein Wunder, dass sich die NC in dem daraus resultierenden alkalischen Millieu langsam Zerlegt und die Pigmente zerstört werden. Beim Kupfer wird es vermutlich ähnlich gewesen sein.
Ich weiß gar nicht, was eigentlich die klebende Substanz darin ist?
Das müsste in erster Linie Polyvinylacetat sein.
Zu deinem Harzzkann ich dir jetzt ad hoc leider nichts sagen. Wie nennt sich das Zeug denn genau?
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Das Harz heisst "XOR-Giessharz" und ist von der Firma "Glorex of Switzerland" - aber offenbar in D-Land hergestellt. In der Produktinformation steht einerseits, daß es sich um ein Polyesterharz handele, andererseits ist vermerkt, daß es Styrol enthält und "mit Kobalt vorbeschleunigt" ist. Zum Aushärten muß 0,6%-3% eines beigefügten Härters zugemischt werden, der 2-Butanon-Peroxid enthält.
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Newclears
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Beitrag von Newclears »

...habe das ganze heut/gestern nachgebacken, mit dem bismutdotiertem Calciumpräparat. Das Zeug ist einfach nur heftig.
Habe lemmis Rezeptur verwendet , leicht abgewandeld (Lithiumsulfat und Kaliumcarbonat statt andersrum) und bei ~900 -1000 C zwei Stunden in einem Quarzbecherglas im Ofen geglüht.
Die von Ihm beschriebenen Ergebnisse bei dem Calciumpräparat kann ich einfach nur bestätigen.
Ein so lang anhaltendes und helles, blaues, Nachleuchten habe ich bislang bei keinem anderen Präparat auf Sulfidbasis bisher gesehen!

p.s.:
Der Begriff Leuchstein ist durchaus passend. ich musste das erhaltene Material auch zuerst mit dem Hammer spalten weil es einfach knüppelhart zusammengesintert ist.
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Jetzt muss ich nochma rumsche*ßen: Formatier das ganze noch ein klein wenig, so dass wirs als Artikel veröffentlichen können,... in der Spielwiese hat das hier eigentlich nix zu suchen ;)
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Beitrag von lemmi »

Nach den Ferien, Hannes!
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Okay freut mich :D

Wie gesagt, hier ist der Artikel einfach nicht richtig aufgehoben. ;)
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