12,13-Diphenyl-13H-chryseno[5,6-d]imidazol

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NI2
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12,13-Diphenyl-13H-chryseno[5,6-d]imidazol

Beitrag von NI2 »

Synthese von 12,13-Diphenyl-13H-chryseno[5,6-d]imidazol
(Chrysomidazol, Lophin V)

Da Imidazole und dessen Derivate in der Medizin eine wichtige Rolle spielen sind mittlerweile viele einfache Reaktionen bekannt mit denen sich schnell und leicht komplexe Imidazole aufbauen lassen. Ein Beispiel dafür wird hier gezeigt. Da der Name 12,13-diphenyl-13H-chryseno[5,6-d]imidazol recht kompliziert ist, wurde für die Substanz der einfachere Name "Chrysomidazol" vergeben.


Geräte:

Schlenkrohre oder 25 mL Kolben, Magnetheizrührer mit Ölbad, Möglichkeit zur Vakuumfiltration, Trockenschrank (optional)


Chemikalien:

Chrysen Warnhinweis: nWarnhinweis: t
Eisessig Warnhinweis: c
Chrom(VI)-oxid
Anilin
Benzaldehyd
Ammoniumacetat
Chrom(III)-chlorid Hexahydrat Warnhinweis: xn
Aceton
Chrysochinon Warnhinweis: xn
Chrysomidazol


Hinweis: Chrom(VI)-Verbindungen sind carcinogen und Chrysen steht im Verdacht ebenfalls carcinogen zu sein.

Durchführung:

Chrysochinon:

In einem Reaktionsgefäß werden 0,5 g Chrysen in 10 mL Essigsäure vorgelegt und auf 110 °C erhitzt. Anschließend werden in kleinen Portionen 0,75 g Chrom(VI)-oxid zugegeben, was etwas 2 h in Anspruch nimmt. Die Reaktionsmischung wird anschließend in 150 mL destilliertes Wasser gegeben, abgesaugt, mit siedendem Wasser gewaschen und im Trockenschrank bei 110 °C getrocknet. Das Produkt wird ohne weitere Reinigung für den nachfolgenden Schritt verwendet. Eine Reinigung ist säulenchromatographisch möglich (n-Hexan/Ethylacetat 4:1), das Nebenprodukt ist vermutlich die Di-Säure, die durch weitere Oxidation des Chrysochinons entsteht. Um das Chrysochinon von verbleibenden Spuren von Chrysen zu befreien kann es in konzentrierter Schwefelsäure gelöst und filtriert werden, durch Eingießen in Wasser fällt das Chrysochinon unverändert aus.

Ausbeute: 400 mg (70 % d.Th.) orangefarbenes Pulver


Chrysomidazol:

In einem geschlossenem Reaktiongefäß werden 260 mg Chrysochinon, 80 mg Ammoniumacetat (1 eq.), 93 mg Anilin (1 eq.), 106 mg Benzaldehyd (1 eq.) und 13 mg Chrom(III)-chlorid-Hexahydrat (5 mol%) vermischt und unter Rühren 2 Stunden auf 120 °C erhitzt. Anschließend werden 10 mL Aceton und ein paar Tropfen Wasser hinzugegeben und die Lösung gerührt, bis sich eine Suspension gebildet hat, welche filtriert wird. Der Filterkuchen wird in 20 mL Aceton/Wasser (10:1) aufgekocht und über Nacht stehen gelassen. Das Rohprodukt ist ein Gemisch aus 2 stark fluoreszierenden Verbindungen, welche die Isomere des Chrysomidazols darstellen, wobei das gewünschte Produkt überwiegt. Das Rohprodukt wird säulenchromatographisch (Dichlormethan) gereinigt und kristallisiert in feinen, fast farblosen Fasern.

Ausbeute nach der Säulenchromatographie: 51 mg (es wurde nur ein Teil des Rohproduktes gesäult)


Entsorgung:

Das chromhaltige Waschwasser wird dem Schwermetallabfall zugeführt. Die Lösungsmittel werden wenn möglich recycelt oder dem entsprechenden Lösungsmittelabfall zugeführt. Das Produkt wird aufbewahrt oder dem organischen Feststoffabfall zugeführt.


Erklärung:

Chrysen verfügt aufgrund seiner nicht-linearen Struktur, ähnlich dem Phenanthren, über eine olefinische Doppelbindung, welche durch Oxidationsmittel wie Chrom(VI)-oxid zu einem α,β-Diketon umgesetzt werden kann. Anschließend folgt eine lösungsmittelfreie Reaktion, bei der der Imidazolring aufgebaut wird. Da Chrysochinon ein asymmetrisches Diketon ist sind hier auch grundsätzlich zwei Isomere möglich, wobei das Zielprodukt überwiegt, da die Bildung des anderen Isomers durch eine Verformung des Chrysen- und Imidazolrings sterisch gehemmt ist. Diese Reaktion lässt sich durch viele Verbindungen katalysieren, wobei Chrom(III)-chlorid durch seine einfache Beschaffung und den günstigen Preis besticht.

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Darüber hinaus eignet sich diese Methode um vielfältige weitere Imidazole zu synthetisieren, bei denen analog verfahren wird und die nach einem Umkristallisieren aus Aceton/Wasser in hoher Reinheit erhalten werden, wobei unter Verwendung von 2 eq. Ammoniumacetat und ohne aromatische Amine ein Imidazol gebildet wird. Letzteres kann genutzt werden um Lophin in hoher Reinheit zu gewinnen. So wurden mit dieser Vorschrift weitere Imidazole synthetisiert:

Bild
(v.l.n.r: Lophin I, II, III, IV und VI)

Dabei ist bei größeren Ansätzen die Zahl der Nebenprodukte geringer, da die stöchiometrischen Verhältnisse genau stimmen müssen um ausschließlich das Zielprodukt zu bilden. Daher ist es bei den kleineren Ansätzen für das Chrysochinon- und Acenaphthenchinon-Derivat nicht verwunderlich, dass der Anteil der Nebenprodukte ausgeprägter ist. Eine säulenchromatographische Reinigung ist daher bei kleineren Ansätzen oder asymmetrischen Diketonen sinnvoll.


Bilder:

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Reaktionsmischung nach Zugabe einer Teilmenge des Chrom(VI)-oxids

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Nach beendeter Reaktion ist eine Lösung entstanden

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Ausfallendes Chrysochinon

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Chrysochinon

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Chrysochinon löst sich in konzentrierter Schwefelsäure unter Bildung einer blauen Lösung

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Nach Zugabe des Acetons zur dunklen Reaktionsmischung bildet sich ein Niederschlag (hier am Beispiel des Acenaphthen-Derivates, Lophin VI)

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Reines Chrysomidazol

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Reines Chrysomidazol unter UV-Licht, wobei die leichte blaue Fluoreszenz nicht gut zu erkennen ist.

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Übersicht über alle Syntheseprodukte (Lophin I bis VI)

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Syntheseprodukte unter UV-Licht (die beiden rechts enthalten noch Verunreinigungen)


Quellen:

C. Liebermann - Ueber Chrysen, Justus Liebigs Annalen der Chemie, 1871, 158, 3, 299–315
Bahador Karami, Khalil Eskandari, Mahnaz Farahi and Akram Barmas - An Effective and New Method for the Synthesis of Polysubstituted Imidazoles by the Use of CrCl3*6H2O as a Green and Reusable Catalyst: Synthesis of Some Novel Imidazole Derivatives, J. Chin. Chem. Soc. 2012, 59, 473-479
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Bemerkungen:

- Bei neuen Verbindungen muss die Löslichkeit besser untersucht werden um zum Umkristallisieren bzw Fällen des Zielproduktes das richtige Lösungsmittel zu finden, da das Acenaphthen-Derivat eine zu gute Löslichkeit in Aceton aufweißt und dadurch die Ausbeute geringer ausfiel als erhofft.
- Bis auf das Acenaphthen-Derivat wurden alle Verbindungen als Reinsubstanzen gewonnen. Beim Chrysomidazol fällt dabei auf, dass sich die Fluoreszenz von Rohprodukt und reiner Substanz unterscheidet. Bei erstgenanntem wird eventuell eine weitere Reinigung erfolgen, da dessen rote Farbe (mit der ich ehrlich gesagt nicht gerechnet hätte) sehr interessant ist.
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Pok
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Beitrag von Pok »

Wie immer schöne Bilder!
Hab mich schon gewundert, wo du das Chrysochinon her hast, weil das nicht so nach Standard-Chemikalie aussieht. Aber die Herstellung ist ja relativ einfach.
Die rote Farbe vom letzten Produkt find ich auch sehr interessant. Das wird doch aber nicht alleine von Verunreinigungen kommen, oder?
Interessant wäre jetzt noch, die Chemolumineszenz zu testen. Von Nr. 1 und 3 haste ja ein bisschen Material zum probieren. :wink:
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Das ist richtig, Chrysochinon ist schon ein wenig extravaganter, aber aus Chrysen recht leicht zugängig, auch wenn man es für andere Zwecke besser Säulen sollte, habe ich hier aber gleich beim Produkt mitgemacht, da die Verunreinigungen im Chrysochinon nicht sooo gravierend waren.
Ja, das Rot finde ich auch klasse! Vorallem die Fluoreszenz ist ebenfalls rot, fällt aber auf Bildern nicht so schön auf, wie wenn man es real sieht. Könnte man mal zum Forentreffen mitbringen :)
Jupp. vom Lophin will ich die auch nochmal machen, aber erstma muss ich mich weiter um mein Schneeflocken-Projekt kümmern :) Die Lophin-Geschichte war ja eher so spontan und nebenbei, als kleine Ergänzung zu deinem Artikel :mrgreen:
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Uranylacetat
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Beitrag von Uranylacetat »

Den "fluoreszenten Schnappschuss" finde ich ja interessant! :thumbsup:
"Der einfachste Versuch, den man selbst gemacht hat, ist besser als der schönste, den man nur sieht." (Michael Faraday 1791-1867)

Alles ist Chemie, sofern man es nur "probiret". (Johann Wolfgang von Goethe 1749-1832)

„Dosis sola facit venenum.“ (Theophrastus Bombastus von Hohenheim, genannt Paracelsus 1493-1541)

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NI2
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Beitrag von NI2 »

Weil es mir gerade noch einfällt: durch Verwendung von z.B. 4-Hydroxybenzaldehyd hätte man ein gut substituiertes Fluorophor, welche sich leicht an ein Monomer substituieren ließe woraus man am Ende ein fluoreszentes Polymer machen können, wobei dieses nicht nur eine einfache (mechanische) Mischung eines Polymers mit einem Fluorsophor ist, sondern ein "richtiges" fluoreszentes Polymer. Besteht an sowas Interesse?
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Feli
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Beitrag von Feli »

Schöne Bilder gut beschrieben. :thumbsup:
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Pok
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Beitrag von Pok »

@NI2: du meinst so ne Art "Kette", an der lauter Lophine hängen? Ist das nicht "sterisch gehindert" oder so? Welche Eigenschaften hätte das Zeug abgesehen vom Fluoreszieren? Wenn es da irgendwelche zusätzlichen Eigenschaften gibt, machs mal! :mrgreen:
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

NI2 hat geschrieben: Da der Name 12,13-diphenyl-13H-chryseno[5,6-d]imidazol recht kompliziert ist wurde für die Substanz der einfacherer Name "Chrysomidazol" vergeben.
In diesem Zusammenhang würde mich mal interessieren, wie die Regeln der chemischen Trivialnamensgebung aussehen!

Kann man einen Namen für eine Substanz einfach so vergeben? Hast Du, falls du diese Substanz zum ersten mal überhaupt synthetisierst, damit ein "Benennungsrecht"? Gibt es irgendeine offizielle Entität, die solche Namen (so ähnlich wie die INN-Namen bei Arzneistoffen) akzeptiert und allgemien verbindlich erklärt?
"Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden. Aber nicht einfacher." (A. Einstein 1871 - 1955)

"Wer nur Chemie versteht, versteht auch die nicht recht!" (G.C. Lichtenberg, 1742 - 1799)

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NI2
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Beitrag von NI2 »

Jain. Ich kann das Molekül nennen wie ich möchte, ich könnte auch Aspirin einfach als "Illuminin" bezeichnen. Inwiefern das ganze Akzeptanz findet steht auf einem anderen Blatt... Bei einer richtigen Publikation wäre das ebenfalls was anderes, aber das spielt hier eigentlich keine Rolle.

UPDATE: So spontan mal das Molekül mit der OH-Gruppe in p-Position geschraubt und siehe da: es fluoresziert nicht! Hätte ich jetzt nicht wirklich erwartet, aber spricht dafür, dass für eine starke Fluoreszenz durch orthoständige OH-Gruppen ermöglicht wird (N-H-Brückenbindung), insofern man Benzil als Edukt verwendet. Ist ein nahezu farbloser Feststof (evtl. noch Reste von CrCl3 enthalten und daher leicht grünlich). In den nächsten Tagen weiß ich vielleicht mehr.
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